Rechte mobilisieren gegen Energiepolitik: „Es droht ein Flächenbrand“

Rechtsextreme beschwören einen „heißen Herbst“. Die Amadeu Antonio Stiftung warnt die demokratischen Parteien, gemeinsame Sache mit ihnen zu machen.

Demonstrant:innen mit Schildern und Fahnen.

Proteste beim Besuch von Kanzler Scholz in Magdeburg am 25. August Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Die Amadeu Antonio Stiftung warnt vor einer Instrumentalisierung von Protesten gegen die Energiepolitik durch Demokratiefeinde. In dem Milieu werde schon jetzt zu „Widerstand, Aufruhr, Systemsturz“ aufgerufen, erklärte Geschäftsführer Timo Reinfrank am Freitag auf einem Pressetermin. Das Protestgeschehen entwickele „eine neue Qualität“, man stehe vor einem „Herbst der Demokratiefeindlichkeit“. „Es droht ein Flächenbrand.“

Tatsächlich rufen die AfD und Rechtsextreme wie die „Freien Sachsen“ zu einem „heißen Herbst“ und Protesten gegen die Energie- und Russlandpolitik der Bundesregierung auf. Die AfD mobilisiert zu einer Großdemonstration am 8. Oktober nach Berlin. Ihr Landesverband in Sachsen-Anhalt protestierte bereits am Donnerstag in Magdeburg gegen den Besuch von Kanzler Olaf Scholz. Ein weiterer Protest explizit gegen die „Preisexplosion“ soll am 5. September in Magdeburg folgen.

Auch die „Freien Sachsen“ beschworen schon vor Wochen eine „Welle der Energieproteste“ und sattelten das Thema auf ihre Aufrufe zu den Montagsprotesten gegen Coronamaßnahmen auf. Die Gruppe verbindet dies mit wüsten Vorwürfen gegen die Landes- und Bundesregierung und der Forderung nach Einstellungen der Russlandsanktionen.

Mehrere Ver­tre­te­r:in­nen der Amadeu Antonio Stiftung wiesen darauf hin, dass sich schon seit 2014 – seit den „Mahnwachen für Frieden“ sowie den Pegida- und Anti-Asyl-Protesten – und zuletzt mit der Bewegung gegen die Coronapolitik ein demokratiefeindliches Milieu entwickelt habe. Dieses lasse sich inzwischen unabhängig vom Thema mobilisieren und trete derzeit „so selbstbewusst wie nie auf“, so Geschäftsführer Reinfrank. Zudem erreiche ihre Agenda mehr Menschen als je zuvor.

Auch die Linke ruft zu einer Kampagne auf

Nach den Coronaprotesten vollziehe sich nun „nahtlos“ der Übergang zu den Energieprotesten. Dazu komme die AfD als „parlamentarischer Arm“ der Bewegung. Reinfrank erklärte aber auch, dass man mit Sorge beobachte, wie „auch Teile der Linkspartei einen Anschluss an dieses Milieu suchen“.

Die Stiftung fordert klare politische Entscheidungen, um soziale Unsicherheiten auszuräumen – und so offene Räume für Desinformation zu nehmen. Auch müssten Rechtsverstöße der Szene konsequent geahndet werden. Fehler aus der Coronapandemie dürften sich nicht wiederholen, so Reinfrank. Und: Parteien und Organisationen dürften keine gemeinsame Sache mit den Demokratiefeinden machen, denen es nicht um konkrete Verbesserungen, sondern nur um Systemkritik und „permanente Wut“ gehe.

Gerade die „Freien Sachsen“ oder Rechtsextreme wie der Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer fühlen sich indes auch zu linken Protesten hingezogen. Dort wird etwa der Protestaufruf des Linken-Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann für Montag, den 5. September, begrüßt und zu einer Teilnahme aufgerufen. Pellmann selbst distanziert sich von den Rechtsextremen. In seiner Partei gibt es aber durchaus Sorgen, dass die Demonstration von rechts vereinnahmt werden könnte.

Neben Pellmann plant auch die Spitze der Linkspartei eine Kampagne für einen „Heißen Herbst“, mit Forderungen nach Entlastungen, einem Energiepreisdeckel und einer Übergewinnsteuer. Details sollen am Montag vorgestellt werden. Es brauche „massive und fortschrittliche“ Proteste gegen eine soziale Schieflage in Deutschland, sagte Linkenchef Martin Schirdewan zuletzt der taz. Gegen eine rechte Vereinnahmung werde man sich „mit allem, was wir haben“ wehren.

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