Extremistische Gruppen in Deutschland: Rechtsextreme schüren gezielt Ängste

Der Verfassungsschutz warnt vor rechten Gruppen, die den Krieg, die Inflation und die Pandemie für ihre Zwecke ausnutzen. Auch russische Geheimdienste mischen mit.

Eine Menschenmenge, einige Teilnehmer tragen die Fahnen Russlands und des deutschen Reichs

Görlitz im April: Eigentlich ein Protest gegen die Coronamaßnahmen der Regierung Foto: Matthias Wehnert/imago

BERLIN rtr | Der Verfassungsschutz warnt, dass extreme Gruppierungen und Russland die derzeitigen Krisen gezielt für eine Spaltung der Gesellschaft in Deutschland ausnutzen wollen. Man beobachte, dass sich eine radikalisierte Minderheit aus Rechtsextremisten, sogenannten Delegitimierern, Reichsbürgern und Verschwörungsgläubigen in Stellung brächten, sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang am Mittwoch.

Die Gruppierungen, die sich teilweise überschneiden würden, versuchten gezielt, Themen wie den Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation und die Coronapandemie zur Mobilisierung zu nutzen. „Erschwerend kommt hinzu, dass Russland Instrumente wie Cyberangriffe und Desinformation als hybride Hebel einsetzt, um die Gesellschaft in Deutschland zu spalten“, sagte Haldenwang.

Allerdings sei noch unklar, wie groß das Mobilisierungspotenzial überhaupt sei. „Bisher gibt es noch keine Anzeichen für flächendeckende staatsfeindliche Proteste oder gar gewalttätige Massenkrawalle“, sagte Haldenwang. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hatte gesagt, dass er trotz steigender Energiepreise keinen „heißen Herbst“ und Unruhen in Deutschland erwarte. Die Regierung hatte zudem ein drittes Entlastungspaket für Bürger zugesagt, um soziale Härten abzufedern.

Es gibt aber Warnungen verschiedener Bundes- und Landesminister, dass man vor einem „heißen Herbst“ stehen könnte, etwa wenn die Preiserhöhungen für Energie voll durchschlagen oder es einen Gasmangel geben sollte. So gab es Hinweise, dass es wieder verstärkt zu Protesten wie etwa den Montags-Demonstrationen kommen könnte.

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Russland verstärkt Desinformationskampagnen

Man beobachte die Lage sehr aufmerksam und habe etwa bei Rechtsextremen gesehen, dass der Unmut und Probleme im Alltag der Bevölkerung instrumentalisiert und bewusst Ängste angefacht würden, „um so langfristig das Vertrauen in Staat, Regierung und Demokratie zu unterminieren“, erklärt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Inflation und Energiekrise würden dabei als direkte Folgen der aktuellen westlichen Sanktionspolitik und nicht des russischen Angriffs auf die Ukraine dargestellt.

Neben der Corona-Pandemie, die bereits seit 2020 die sogenannte Querdenker-Bewegung antreibt, würden jetzt von anderen Gruppen auch der Ukraine-Krieg und Inflationsängste instrumentalisiert. Die bewusste Verbreitung von Verschwörungstheorien spiele dabei eine Rolle.

Im Spektrum des Linksextremismus wiederum beobachte man, dass es seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Aktionen gegen Rüstungsunternehmen gegeben habe. Dies dürfte auch mit dem milliardenschweren Finanzpaket zur Aufrüstung der Bundeswehr im Zusammenhang stehen. „Mit Blockaden und Sabotageaktionen muss gerechnet werden“, heißt es beim Verfassungsschutz. Zudem würde dort Stimmung gegen die weitere Nutzung fossiler Energieträger gemacht. Man habe Aktivitäten gegen die fossile Infrastruktur im Blick.

Die Gemengelage werde noch dadurch erschwert, dass Russland als externer Akteur diese Versuche einer Mobilisierung von Unmut anstachele. „Russische Propaganda wird im extremistischen Milieu voraussichtlich noch zunehmen und Verschwörungstheorien befeuern mit dem Ziel, einen Keil in unser Gesellschaft zu treiben“, heißt es beim BfV. Man wolle „mit der gezielten Verbreitung von Falschinformationen“ Ängste vor einer existenzbedrohenden Energie- oder Lebensmittelknappheit“ erzeugen. Russland verstärke zudem neben Desinformationskampagnen auch seine politische und militärische Aufklärung in Deutschland.

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