RBB und die Schlesinger-Affäre: Beispielhafte Aufarbeitung
Der Fall Schlesinger ist ein gefundenes Fressen für Gegner:innen der Öffentlich-Rechtlichen. Dabei macht der RBB gerade selbst vor, was kritischer Journalismus ist.
P atricia Schlesinger, inzwischen Ex-Intendantin des RBB und Ex-Vorsitzende der ARD, hat den Feinden des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) das größtmögliche Geschenk gemacht. Vetternwirtschaft und schamlose Geldverschwendung zum eignen Nutzen gibt all jenen Auftrieb, für die die Abschaffung des ÖRR samt der Rundfunkgebühren schon seit Langem politisches Projekt ist.
Für die AfD, Querdenker und andere Gegner:innen einer demokratischen Gesellschaft scheint nun der endgültige Beweis erbracht, dass das durch „Zwangsgebühren“ finanzierte „korrupte System“ nicht mehr zu retten ist. Höhnisch fordern sie die Abwicklung des „Staatsfunks“. Richtig ist: Das System Schlesinger, also diese Selbstbedienungsmentalität in den Chefetagen, muss überwunden werden. Niemand will Rundfunkbeiträge für Massagesessel und Boni zahlen.
Außer dass dieses verjubelte Geld der journalistischen Arbeit fehlt, haben die Exzesse jedoch nichts mit dieser zu tun. Wären die Pressefeinde, tatsächlich kritische Bürger:innen statt Aktivist:innen, die für ihr politisches Ziel die Glaubwürdigkeit anderer delegitimieren müssen, würde ihnen nun nämlich auffallen: Die Journalist:innen des RBB zeigen in diesen Tagen, was kritischer, unabhängiger Journalismus ist.
Im Programm des Senders nimmt die Auseinandersetzung mit der Affäre im eigenen Haus breiten Raum ein. Geradezu beispielhaft hat sich die Nachrichtensendung „Abendschau“ die vergangenen beiden Tage in mehr als der Hälfte ihrer Sendezeit der Aufarbeitung gewidmet. Dabei wird nichts schöngeredet, nichts verschwiegen und man scheut nicht davor zurück, den eigenen Programmdirektor oder Mitglieder des Aufsichtsrats zu grillen.
Tragisch dabei ist, dass nicht Schlesinger und die Geschäftsleitung, sondern die redlichen Journalist:innen die Folgen des Skandals in ihrer täglichen Arbeit zu spüren bekommen. Sie werden angefeindet, verächtlich gemacht und immer öfter auch körperlich angegriffen. Dabei machen sie nur ihren Job. Zurzeit einen exzellenten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen