Proisraelische Richterin am IGH: Die zionistische Fundamentalistin
Richterin Julia Sebutinde stimmte beim IGH in Den Haag als Einzige gegen Auflagen für Israel in Gaza. Sie gehört einer mächtigen evangelikalen Kirche an.
Die Watoto-Kirche zählt zu einer der größten und einflussreichsten Freikirchen Ugandas. Sie hat mittlerweile Ableger im Nachbarland Südsudan, in Burundi, in Israel – und selbst im entfernten Australien. Gegründet 1984 während des Bürgerkriegs in Uganda vom kanadischen Ehepaar Gary und Marilyn Skinner, gilt sie mittlerweile als Aushängeschild der evangelikalen Bewegung, die nicht nur quer durch die ugandische Gesellschaft, sondern auch in der ugandischen Politik über viel Einfluss verfügt.
In der Debatte rund um das sogenannte Anti-Homosexuellen-Gesetz, das vergangenes Jahr nach mehreren Anläufen letztlich in Kraft trat, hetzten Watoto-Prediger gegen die LGBTQI-Community. Sie boten Schwulen und Lesben an, sich durch den Glauben zu Gott „konvertieren“ zu lassen, wie eine Art Teufelsaustreibung. Für diejenigen LGBTQI-Leute, die sich weigern, forderten sie die Todesstrafe. Als Kirche mit einem besonderen Fokus auf Kinder und Jugendliche besitzt Watoto in Uganda zahlreiche Schulen, Internate und Waisenhäuser, in welchen jegliche Art von Sexualaufklärung untersagt bleibt.
Watoto-Kirche
Und sie unterhält enge Beziehungen nach Israel. Jährlich organisiert die Kirchenverwaltung Reisen nach Jerusalem. In Sonntagsmessen wird aufgerufen, für das „Wunderland“, wie sie Israel nennen, zu spenden. Zur Frage der Palästinenser hat Watoto eine klare Haltung: „Gott hat die Israeliten gesegnet und ihnen das Land der Palästinenser als Geschenk gegeben – für immer“, heißt es in einem X-Post der Watoto-Kirche, die sich explizit zum Zionismus bekennt.
Sebutindes Mann gehört zu Gründern der Watoto-Kirche
Der Einfluss der Watoto-Kirche reicht mittlerweile bis in die internationale Justiz. Dies zeigte sich vergangene Woche, als in Den Haag der Internationale Gerichtshof seine Entscheidung bekannt gab, dem von Südafrika erhobenen Völkermord-Vorwurf gegen Israel im Gazastreifen nachzugehen und Israel Auflagen zu erteilen. Die einzige der insgesamt 17 Richter:innen, die sich ausnahmslos gegen jeden der IGH-Kritikpunkte an Israel aussprach, war Julia Sebutinde aus Uganda.
Sebutinde ist eine angesehene Juristin auf dem internationalen Parkett. In ihrer 11-seitigen Erklärung, die der taz vorliegt, erklärt sie, der Konflikt in Gaza sei „im Wesentlichen und historisch gesehen ein politischer Streit“ zwischen Israel und den Palästinensern und keine rechtliche Angelegenheit für das Gericht. Für sie gibt es keinen Anlass, den Internationalen Gerichtshof zu bemühen, da „die angeblich von Israel begangenen Taten nicht mit einer völkermörderischen Absicht einhergehen“.
Diese Argumentation ist auf Kritik gestoßen. Adonia Ayebare, Ugandas Botschafter bei den Vereinten Nationen (UN), reagierte auf X und erklärte: „Ugandas Unterstützung für die Notlage des palästinensischen Volkes wurde durch das Abstimmungsverhalten Ugandas bei den Vereinten Nationen zum Ausdruck gebracht.“ Ugandas Regierung, die erst eine Woche vorher auf dem Blockfreien-Gipfel in Kampala eine sofortige Feuerpause in Gaza und Hilfe für die Palästinenser gefordert hatte, stellte klar: Die Entscheidung von Sebutinde sei allein ihre „individuelle und unabhängige Meinung“.
Nun wird in Uganda diskutiert, wie Sebutinde zu ihrer Haltung gekommen sei. Wie ugandische Journalisten recherchierten: Richterin Sebutindes Ehemann gehört zu den Gründervätern der Watoto-Kirche in Uganda, sie selbst zählt zu den ersten 30 Mitgliedern. Menschenrechtsanwältin Sherry Kyama stellt auf X die Frage in den Raum: „Könnte die Position von Richterin Sebutinde durch ihre religiösen Überzeugungen beeinflusst worden sein?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin