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Pro Asyl-Chef zu Vorwürfen von rechts„Wir lassen uns davon nicht einschüchtern“

Seit dem Gerichtsbeschluss zu Zurückweisungen wird der Verein Pro Asyl massiv angegriffen – auch von der Union. Co-Geschäftsführer Kopp nennt die Vorwürfe „bizarr“.

Die Bundesregierung hält trotz eines Gerichtsentscheids und deutlicher Kritik an ihrem harten Kurs in der Migrationspolitik fest Foto: Patrick Pleul/dpa
Frederik Eikmanns
Interview von Frederik Eikmanns

Vor knapp einer Woche erklärte das Berliner Verwaltungsgericht die Zurückweisung dreier So­ma­lie­r*in­nen für rechtswidrig. Sie wurden von Pro Asyl unterstützt. Seitdem hetzen rechte und rechtsextreme Medien gegen die Flüchtlingsorganisation. Auch CDU und CSU stiegen ein. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Alexander Throm sagte, Pro Asyl habe „eine Grenze überschritten“. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag Alexander Hoffmann sagte: „Für mich trägt das klare Züge einer Inszenierung durch Asyl-Aktivisten.“ Und die deutsche Polizeigewerkschaft DPolG stellte Anzeige gegen Unbekannt, legte aber nahe, dass sie damit auf Pro Asyl abzielt. Nun äußert sich der Co-Geschäftsführer der Organisation, Karl Kopp, erstmals ausführlich zu den Vorwürfen.

taz: Herr Kopp, ist Pro Asyl insgeheim eine Schlepperorganisation, wie es Rechtsextreme, Polizeigewerkschafter und zuletzt auch hochrangige Unionspolitiker behaupten?

Kopp: Das ist eine Kampagne mit verleumderischen Falschbehauptungen. Pro Asyl arbeitet fachlich und ethisch auf sehr hohem Niveau. Unser Ziel ist klar: die Menschenwürde von Asylsuchenden zu verteidigen und Opfern von Menschenrechtsverletzungen beizustehen. Europaweit werden Men­schen­rechts­ver­tei­di­ge­r:in­nen angegriffen. Jetzt trifft es uns, aber wir lassen uns davon nicht einschüchtern.

taz: Konkret wird Pro Asyl vorgeworfen, den Fall der drei somalischen Flüchtlinge instrumentalisiert zu haben, um den Gerichtsbeschluss gegen die Zurückweisungen zu erreichen.

Kopp: Das ist eine Diffamierung. Unsere Aufgabe ist es, Schutzsuchende bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen. Das tun wir im Fall der drei somalischen Asylsuchenden genauso wie seit knapp 40 Jahren in Deutschland und Europa.

Bild: Shirin Shahidi/pro asyl
Im Interview: Karl Kopp

ist Co-Geschäftsführer von Pro Asyl und leitet die Europa-Abteilung der Organisation. Er vertritt Pro Asyl außerdem im Europäischen Flüchtlingsrat ECRE (European Council on Refugees and Exiles).

taz: Warum brauchten die drei denn Hilfe?

Kopp: In Polen drohte den dreien Abschiebungshaft, gar Abschiebung. Wir sind sehr dankbar, dass polnische Organisationen humanitäre Hilfe geleistet haben. Die jungen Menschen waren mittellos und obdachlos, die Jugendliche unter ihnen musste dringend medizinisch behandelt werden. Ohne diese humanitäre Hilfe, ohne Gewährleistung von Menschenwürde, gibt es kein rechtsstaatliches Verfahren, weil die Betroffenen das gar nicht durchstehen würden. Die Kombination aus Rechtshilfe in beiden Staaten und Menschlichkeit ist keine Inszenierung, sondern ein menschenrechtlicher Ansatz.

taz: Rechten Medien zufolge hat Pro Asyl die drei gezielt über die Grenze geschickt, um ein Rechtsverfahren zu initiieren.

Kopp: Unsere Mitarbeitenden haben die drei offenkundig geschundenen und völlig erschöpften somalischen Geflüchteten am 7. Mai zum ersten Mal gesprochen – bei Tageslicht auf offener Straße im Beisein anderer Menschen. Da hatten die Schutzsuchenden bereits zweimal versucht, nach Deutschland einzureisen, wurden aber jedes Mal rechtswidrig zurückgewiesen. Sie hatten also den Plan, nach Deutschland einzureisen, lange bevor wir mit ihnen in Kontakt waren.

Diese jungen Menschen haben nach der dritten Zurückweisung in Polen geduldig wochenlang ausgeharrt, auf die Gerichtsbeschlüsse gewartet, um legal die deutsch-polnische Grenze überqueren zu dürfen. Der eigentliche Skandal ist, dass sie vorher dreimal europarechtswidrig zurückgewiesen wurden.

taz: Pro Asyl hat das Rechtsverfahren gegen die Zurückweisungen unterstützt. Weckt das nicht automatisch Misstrauen?

Kopp: Wer will, dass Geflüchtete zu ihrem Recht kommen, muss für angemessene juristische Vertretung sorgen. Die drei haben eine harte Fluchtgeschichte und einen monatelangen Fluchtweg, begleitet von Gewalterfahrungen, hinter sich. Und hier wurden sie dann europarechtswidrig und unmenschlich behandelt. Wenn das kein Grund ist, dass eine Menschenrechtsorganisation tätig wird – was dann? Wir haben die rechtliche Vertretung der drei deshalb aus unserem Rechtshilfefonds unterstützt.

taz: Gibt es Verbindungen von Pro Asyl zu den Richter*innen, die in dem Fall entschieden haben?

Kopp: Nein. Der Vorwurf, wir hätten Einfluss auf das Gericht genommen, ist absurd. Es ist klar geregelt, dass das Verwaltungsgericht Berlin zuständig ist. Und im Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist festgelegt, welche Kammer zuständig ist. Dramatisch ist in einem Rechtsstaat, wenn Rich­te­r:in­nen so massiv angegriffen werden. Es ist unser aller Aufgabe, den Rechtsstaat, die Unabhängigkeit der Gerichte, die bundesdeutsche Demokratie zu verteidigen. Wir leben nicht in autoritären Staaten wie Ungarn oder der Türkei.

taz: Dann gibt es noch die Vorwürfe, die Geburtsurkunde der Frau sei gefälscht, sie sei gar nicht minderjährig, und Pro Asyl habe das verschleiert.

Kopp: Erstmals habe ich Teile der Geburtsurkunde verstörenderweise in der Bild am Sonntag gesehen. Nach unserer Kenntnis wurde bei der zweiten Zurückweisung von der Bundespolizei handschriftlich vermerkt, dass sie minderjährig sei. Zu diesem Zeitpunkt wusste Pro Asyl noch nicht einmal von der Existenz der drei Schutzsuchenden.

taz: Sind Sie überrascht, dass auch aus der Union so scharfe Töne kommen?

Kopp: Dass uns beispielsweise der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag mit bizarren Falschbehauptungen angreift, hat uns schon überrascht. Selbst als wir schwerste Menschenrechtsverletzungen der griechischen Küstenwache offengelegt haben – mit Ermittlungen und Verurteilungen in erster Instanz wegen Folter und unmenschlicher Behandlung – wurden wir nicht so verleumderisch attackiert wie jetzt.

taz: Fühlen Sie sich und Ihre Mitarbeitenden bedroht?

Kopp: Wir achten sicherlich noch mehr aufeinander. Pro Asyl ist aber in der privilegierten Situation, dass wir ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen arbeiten. Viele unserer Partner in Europa sind hingegen physischer Gewalt oder existenziellen Bedrohungen ausgesetzt.

Die Kampagne gegen uns ist ein Nebenkriegsschauplatz. Sie soll davon ablenken, dass das Bundesinnenministerium und die Bundespolizei eine krachende Niederlage erfahren haben. Die Kammerbeschlüsse des Berliner Verwaltungsgerichts sind sehr grundsätzlich und glasklar. Die Bundesregierung sollte sie genau lesen – und die rechtswidrige Praxis der Zurückweisungen unverzüglich beenden.

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38 Kommentare

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  • Die 3 haben erst im 3. Versuch der Einreise nach Deutschland Asyl beantragt. Das war nach dem Gespräch mit ProAsyl. Also hat der Verein Einfluss genommen auf das Ganze Verfahren obwohl sie eigentlich nach gültiger Rechtslage wissen müssen, dass sie wegen der Einreise aus einen sicheren Staat, in Deutschland kein Recht auf Asyl haben.



    Das ist menschlich verständlich weil die Bedingungen in Deutschland besser sind, aber trotzdem ignoriert der Verein bewusst die europäische und deutsche Gesetzeslage.

    Wie gesagt ist das menschlich verständlich. Aber man schickt bewusst diese Flüchtlinge nach Deutschland obwohl man weiß, dass sie dort nach gegebener Rechtslage kein Recht auf Asyl bekommen. Man könnte das auch als unfair den Flüchtlingen gegenüber werten.

    Falls Polen sich nicht an die Gesetze hält, kann ProAsyl doch



    besser in Polen klagen um die Bedingungen dort für alle zu verbessern.

  • Was sollte man von der GroKo auch anderes erwarten? Die CDU ist eh mittlerweile in den rechtspopulistischen Diskurs eingeschwenkt. Von der SPD hätte man zumindest erwarten können, das sie genau das stoppt, was die CDU an grundrechtsfeindlichen Gesetzen im Bereiche Geflüchtete und Migration eingebracht hat. Deutschland war schon immer ein Einwanderungsland! Auch wenn die Realität nicht erkannt wird. Nur sollte sich die SPD auch in Erinnerung rufen, dass ein größerer Teil ihrer Wähler*innen-Basis von Menschen mit Migrationshintergrund und Gastarbeiterhintergrund entstammt gewählt wird. Deren Rechte vertritt sie gerade in dieser Situation nicht. Und das wird ihr wie bei dem Rollback in der konservativen Politik wahrscheinlich auch wieder schaden. Hier hätte ich deutlich mehr Haltung von der SPD erwartet, was Protest gegen Merzes Vorhaben betrifft!

  • taz: *Herr Kopp, ist Pro Asyl insgeheim eine Schlepperorganisation, wie es Rechtsextreme, Polizeigewerkschafter und zuletzt auch hochrangige Unionspolitiker behaupten?*

    Dass Rechtsextreme 'rechts' sind, das ist ja keine große Überraschung; und dass viele Polizeigewerkschafter einen 'Rechtsdrall' haben, ist ja auch seit Jahren bekannt. Und wer sich noch daran erinnern kann, dass Friedrich Merz Anfang des Jahres mit der AfD gemeinsame Sache gemacht hat (mit der Hilfe der AfD hat die Merz-CDU eine Mehrheit bekommen), ist sicherlich auch nicht überrascht, dass die CDU/CSU jetzt häufiger im 'rechten' Fahrwasser fischt.

  • Das einzig Positive an dem Ganzen ist, dass ich in dem Wissen bestätigt werde, dass meine Spenden an Pro Asyl gut investiert sind.

    • @Flix:

      Ja, ich werde auch spenden.

  • Meine Fresse, was ist das für ein Verständnis von Recht und demokratischer Ordnung, das (Teile der) CDSU haben und das sich auch hier in den Kommis findet? Nur weil jemand "meint", dass nach Dublin-VO Polen zuständig sei und eine "Mehrheit" das so sähe, wird aus einer Zurückweisung noch kein rechtskonformes Handeln. Gesetze lassen sich, für Minister und Foristen, z.B. bei buzer.de einsehen, Herr Dobrindt macht Populismus statt Politik.

    Und dass eine NGO, die sich für das - bestehende - Recht von Flüchtenden einsetzt, und Richter, die in richterlicher Unabhängigkeit rechtsprechen, derart diffamiert werden seitens Lobbyisten (DPolG) und MdBs, ist unfassbar und mit einem demokratischen Verständnis von Rechtsstaat nicht vereinbar.



    Aber: Solange das nur Geflüchtete trifft und man sich selbst erhaben fühlen kann und davon ausgeht, dass ministerial verfügte Rechtsbrüche einen nie selbst treffen, ist es den werten Mitbürgern und, erschreckend, manchen Mit-taz-Lesern egal.

  • Da so viele kommentieren, Polen sei ein sicheres Land für Geflüchtete: Polen hält sich nicht an europäisches Recht.



    Es ist schon länger bekannt, dass Polen Menschen illegalerweise an der Grenze zu Belarus abschiebt. Die drei Personen aus Somalia sind von dort nach Polen eingereist.



    In der Abschiebehaft drohen "abscheuliche Haftbedingungen", bis zu körperlicher Misshandlung (zwangsweise Medikation, Taser) - s. www.amnesty.de/all...en-sind-willkommen

  • Warum hilft Proasyl den drei somalischen Flüchtlinge nicht, den Antrag in Polen zu stellen?



    Diese Menschen befanden sich vor dem Binnengrenzenübertritt nach Deutschland bereits in einem völlig sicheren, demokratischen EU-Land.



    Warum sollte es Asylbewerbern gestattet sein, EU-Binnengrenzen zu überqueren?

    • @drafi:

      Die Antwort auf die 1. Frage findet sich im Artikel: In Polen droht ihnen Abschiebehaft und Abschiebung. Polen hält sich eben nicht an EU-Recht.

      • @Francesco:

        Hier auch.

    • @drafi:

      Warum nicht?

    • @drafi:

      Guck doch einfach mal ins Asylgesetz und ins Aufenthaltsgesetz, die entsprechenden EU-Verordnungen sind auf öffentlich einsehbar. Und solange das geltendes Recht ist, ist das auch die Antwort auf deine Fragen.



      Wenn du es ändern willst, beschreite den politischen Weg der Legislative. Aber eine Exekutive muss sich in einem Rechtsstaat ans Gesetz halten.

  • "Der Vorwurf, wir hätten Einfluss auf das Gericht genommen, ist absurd."



    Interessant, dass ProAsyl dieser Vorwurf gemacht wurde. Merkwürdigerweise vermutet niemand jemals Einfluss von der anderen Seite. Wie "rechtens" sind z.B. Asylverfahren denn generell? Ich bin sicher, wenn man sich eine große Auswahl an Verfahren genauer ansehen würde, bei denen der Asylantrag abgewiesen wurde, würde man eine Menge Fälle finden, bei denen fadenscheinige Gründe herangezogen wurden, sie abzuweisen. Denn auch bei den FallbearbeiterInnen wird es mindestens den gesellschaftlichen Durchschnitt an AfD- und cdU-SympathisantInnen geben. Wie objektiv mögen die wohl sein?

  • Erstmal vielen Dank für das Interview, dass mit einigen Falschmeldungen der Vergangenheit aufräumt.



    Eine Sache aber erscheint mir unterbeleuchtet: es ist rechtlich unumstritten, dass ein Asylantrag in dem Land gestellt werden muss, in dem Europa das erste Mal betreten wurde. Oft lässt sich das nicht genau ermitteln. Okay. Aber hier ist doch klar, dass die 3 in einem sicheren Land sind. Warum will Pro Asyl dann, dass der Antrag in Deutschland gestellt wird? Er hätte ebenso in Polen gestellt werden können, da dort die Abschiebewahrscheinlichkeit genauso hoch ist, wie in Deutschland. Oder will Pro Asyl lieber, dass sich die Flüchtlinge ihr Zielland aussuchen können?

    • @Bommel:

      "In Polen drohte den dreien Abschiebungshaft, gar Abschiebung. ... Die jungen Menschen waren mittellos und obdachlos, die Jugendliche unter ihnen musste dringend medizinisch behandelt werden. Ohne diese humanitäre Hilfe, ohne Gewährleistung von Menschenwürde, gibt es kein rechtsstaatliches Verfahren, weil die Betroffenen das gar nicht durchstehen würden. "

      • @Francesco:

        Und wenn sich Polen nicht an geltendes Recht hält, geht es weiter nach Deutschland und wir müssen uns dann drum kümmern?



        Das ist, mit Verlaub, idiotisch. Dann können wir das Ganze auch gleich bleiben lassen.

    • @Bommel:

      2. Schritt vor dem 1.



      Pro Asyl hat unterstützt, weil die Zurückweisung/Abweisung an der Grenze rechtswidrig war - und in nahezu jedem Einzelfall sein wird, zwei Blicke in die Gesetze sollten auch Herrn Dobrindt genügen. (1. Schritt)



      Die Prüfung der Zuständigkeit findet nicht durch Augenschein an der Grenze statt sondern i.d.R. durch das BAMF im Rahmen der Asylantragstellung (2. Schritt). Das ist der rechtl. verbindl. Weg in der EU. Und das hat nichts mit dem Wunsch und Willen von Pro Asyl zu tun.

  • Dauert nicht mehr lange, dann wird auch, wie schon Attac und Campact, die Gemeinnützigkeit entzogen. Die suchen nur noch nach einem passenden Grund den man halbwegs plausibel vortragen kann.

  • Ergäzend: Wer Gerichtsurteile nicht akzeptiert, Richter angreift, Menschenrechtler angreift und die Gewaltentrennung des Staates angreift, hat den demokratischen Boden verlassen und sollte vom Verfassungschutz beobachtet bzw. verboten werden. Die CSU unterscheidet sich da inzwischen nicht mehr von der AfD.

  • Da sind natürlich ganz viele Falschbehauptungen im Umlauf, wie Hr. Kopp es richtig darstellt.



    Nur muss sich Hr. Kopp eben auch entgegenhalten lassen, dass er eine absolute Mindermeinung in Deutschland vertritt hinsichtlich des von Proasyl vertretenen sehr weiten Begriffs von Anspruch auf Asyl.



    Viele in Deutschland lebende Personen erwarten von den Flüchtlingen, dass sie Ihren Asylantrag im ersten Land in Europa stellen, wo dies möglich ist. Das ist im Zweifelsfall nicht Deutschland. Dass den drei SomalierInnen in Polen Abschiebehaft und eine Ablehnung des Antrages droht, ist sicher richtig. Nur gilt hier exakt der gleiche Satz. Vielleicht mit anderen Wahrscheinlichkeit.



    Warum hilft dann Proasyl nicht, den Antrag in Polen zu stellen? Z.B. über eine Schwesterorganisation vor Ort? Warum muss der Antrag in Deutschland gestellt werden.



    Danke für das interessante Interview.

    • @CR43:

      Würde Pro Asyl in Polen ,,helfen", dann käme doch direkt der Vorwurf der PiS und von dem Hooligan-Historiker Nawrocki, es seien ,,feindlche Agenten" im Land.



      Dobrindt und Merz haben der polnischen Regierungskoalition doch bereits genug geschadet, indem sie nicht bereit waren an der Grenze Verantwortung zu übernehmen.



      Stattdessen: Hocheskalieren, von Notlagen und Ausnahmezuständen schwadronieren, die Menschen auf allen Seiten verhetzen, in Angst versetzen.

      Die ,,Notlage" wird übrigens auch vom Berliner Verwaltungsgericht als nicht hinreichend dargestellt bezeichnet.

      www.ardaudiothek.d...-aktuell/14693125/

      Da ist man von Trump doch nicht weit weg! Wollen wir das?

      Sollen die Orbans, Nawrockis, Wilders', Kickls, Höckes, Weidels ... wirklich den Laden übernehmen? Wer glaubt, das sei eine prima Zukunft, kann es ja gleich direkt sagen, braucht nicht Pro Asyl belehren.

      • @gleicher als verschieden:

        Den Vorwurf bringt hier die AfD auch.

        Was ist mit der Verantwortung der polnischen Regierung?

        Stellt sich die Frage, inwieweit Pro Asyl nicht ungewollt den Wilders', Kickls, Höckes, Weidels ... hilft, den Laden zu übernehmen.

        In dem es die Dyafunktionalität und die fehlende Entscheidungsmacht der Regierung vorführt.

        Pro Asyl würde nur dann in diesem Fall etwas gegen AfD und Co. getan haben, wenn eine Mehrheit in diesem Land es für diese drei Somalier unzumutbar hält, in Polen Asyl zu beantragen.

        Ich habe meine Zweifel, dass dem so ist.

    • @CR43:

      Polen ist doch ziemlich offensichtlich auch nicht zuständig.

    • @CR43:

      "Mindermeinung in Deutschland hinsichtlich des von Proasyl vertretenen sehr weiten Begriffs von Anspruch auf Asyl."

      Das ist keinesfalls Mindermeinung, sondern - anders als die rechtswidrige Praxis der Zurückschiebungen - schlicht das geltende Recht.

      Rechtsgrundlagen sind die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Asylzuständigkeitregeln der EU. Diese Regeln haben Gesetzesrang in Deutschland. Die Asylzuständigkeitsregeln der EU gehen gemäß Art 16a Abs 5 Grundgesetz auch der insoweit obsoleten deutschen Drittstaatenreglung des Art 16a Abs 1 Grundgesetz vor. Es gibt keine namhaften Fach-Jurist*innen, die all das ernsthaft in Frage stellen würden.

      Der Innenminister und auch einzelne Polizisten können sich durch die Zurückweisungen im Übrigen auch strafbar machen, darauf weist auch die GdP hin www.lto.de/recht/h...ssen-des-vg-berlin

    • @CR43:

      Grundrechte sind aus gutem Grund nicht von Mehrheiten abhängig. Sie wollen ernsthaft, dass eine junge schwarze Frau in Polen in der Obdachlosigkeit lebt und in ein Kriegsland abgeschoben wird. Es ist bekannt, wie stark die polnische Justiz rechtspopulistisch infiltriert wurde. Ein faires Verfahren ist doch nicht sicher. Eine Frau, die auf der Flucht z.B. durch sexuelle Gewalt schwanger ist, könnte in Polen nicht legal die Schwangerschaft beenden. Es ist nicht okay, pauschal zurückzuweisen.

      • @Corina Strößner:

        Ähm ... Asyl.net bietet eine Information für Asylbewerber, die nach Polen rücküberstellt werden.

        Die Sache mit der Obdachlosigkeit scheint nicht ganz zu stimmen.

        Zumindest nicht für Asylbewerber.

        Ich stelle mir dann immer die Frage, wie zuverlässig dann die übrigen Angaben sind.

        Ändert selbstverständlich nichts an der fehlenden Rechtmäßigkeit der Zurückweisung.

    • @CR43:

      Sehe ich genauso. Sie waren in Polen, damit ist Polen zuständig.

    • @CR43:

      "Nur muss sich Hr. Kopp eben auch entgegenhalten lassen, dass er eine absolute Mindermeinung in Deutschland vertritt"

      Selbst wenn man das als gegeben annimmt, ist es seit zehn Jahren keiner Bundestagsmehrheit oder Regierung gelungen, die mutmaßliche Mehrmeinung irgendwie mit Grundgesetz, Europarecht und UN-Menschenrechtskonvention in Einklang zu bringen. Gefühlte Mehrheiten reichen eben nicht für geltendes Recht und können auch keine ausreichende Rechtfertigung dafür darstellen, den Vertreter der Mindermeinung mit einer Schmierenkampagne zu überziehen.

      • @nihilist:

        Laut Dublin-Regeln ist das Erstbetretungsland der EU für das Asylverfahren zuständig.



        Alle EU-Länder haben den Dublin-Regeln zugestimmt.

        • @drafi:

          Ja, alle HABEN einmal zugestimmt.

          Und viele sagen seit Jahren, dass die Dublin Regelungen ein FEHLER waren.

          Auf Migration bezogen: Man ließ die Länder an den Außengrenzen allein.

          Stattdessen oder in der Folge wurde man zunehmend unsolidarischer und ethno-nationalistisch (rassistisch).

          Anstatt gemeinsam um faire Bedingungen und Regelungen für alle zu ringen bzw. bereits ausgehandelte Kompromisse zu akzeptieren, tritt Dobrindt in die Fußstapfen Trumps. Germany first.



          Eine solche Haltung wurde auch auf dem Deutschen Anwaltstag kritisiert:

          www.ardaudiothek.d...-aktuell/14693125/

          Ja, da wird auch von ,,Einzelfallentscheidung" gesprochen aber es heißt auch, dass ,,selbstständiges Denken doch ausdrücklich erlaubt" sei. Und es wird auf den richterlichen Begründungstext verwiesen.

        • @drafi:

          Und Deutschlands Aufgabe ist es, zu klären, welches das Erstbetretungsland ist.

          • @Francesco:

            Um danach festzustellen, dass die trotzdem hier bleiben werden, weil das Erstbetretungsland nur Rückführungen akzeptiert bei Ankunft ausschließlich Donnerstags vor 14:00, von nicht mehr als 5 Personen auf einmal, aber nicht mit Linienflügen und bei nicht mehr als 20 Personen pro Monat?



            Das kann man sich auch sparen...

        • @drafi:

          Und an ihr jeweils geltendes nationales Recht, das u.a. EU-Recht umsetzt. Asylsuchende dürfen an dt. Grenzen nicht einfach zurückgewiesen werden und das Recht darf nicht nach Gutdünken oder Schlechtdünken eines Ministers angewandt werden.

      • @nihilist:

        eine Gefühlte Mehrheit ist es nicht. Mittlerweile ist es eine festgestellte Mehrheit durch die Bundestagswahl

      • @nihilist:

        "Selbst wenn man das als gegeben annimmt, ist es seit zehn Jahren keiner Bundestagsmehrheit oder Regierung gelungen, die mutmaßliche Mehrmeinung irgendwie mit Grundgesetz, Europarecht und UN-Menschenrechtskonvention in Einklang zu bringen."

        Sie meinen es sicher anders herum. Das Europarecht muss angepasst werden, nicht die Mehrheitsmeinung.

        • @Chris McZott:

          Menschenrechte müssen nicht an die Mehrheitsmeinung angepasst werden.

          • @Francesco:

            Danke! 🙏

  • Wer jetzt noch zweifelt, dass die CSDU ganz nah und immer näher an der AfD ist, der sieht die Wirklichkeit nicht mehr oder will sie nicht sehen....