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Parteitag der GrünenAtomkraft und andere Zumutungen

Die Grünen stimmen den zwei AKWs im Süden als Einsatzreserve zu, lassen ihrem Minister darüber hinaus aber kaum Spielraum.

Im Zentrum der Atomdebatte: Wirtschaftsminister Robert Habeck am Freitag auf dem Grünen-Parteitag

Bonn/Berlin taz | Eigentlich hatten sich die Grünen auf eine Nachtschicht eingestellt. In ihrem Ablaufplan gingen die Verantwortlichen davon aus, am ersten Tag des Bundesparteitags bis mindestens um Mitternacht im Bonner Konferenzzentrum zu verbringen. Als die Beratungen am späten Freitagnachmittag beginnen, bittet das Tagungspräsidium noch mal explizit um die Einhaltung der Redezeitbegrenzung – „damit wir nicht bis 3 Uhr hier sitzen“. Am Ende wird es aber ganz anders kommen: Schon um 22:32 Uhr ist Schluss, die letzte Abstimmung des Tages absolviert.

Wer hätte das gedacht. Debatten um unpopuläre Entscheidungen gab es in der Partei zuletzt ja wieder vermehrt. Ein Abnicker-Verein wollen die Grünen explizit weiterhin nicht sein. Kaum ein Redner, kaum eine Rednerin kommt in Bonn ohne die Beteuerung aus, wie ernsthaft man doch um die richtigen Wege in der Krise hadere, ringe, streite und diskutiere.

Da ist einerseits was dran. Andererseits sind die Grünen im Jahr 2022 aber doch eine disziplinierte Partei: Bis kurz vor Beginn des Parteitags verhandelten Antragssteller*innen, Antragskommission und Bundesvorstand über Kompromisse, um offen ausgetragene Konflikte und Kampfabstimmungen zu vermeiden. In den meisten Fällen gelang das, so dass etliche Streitfragen auf der Parteitagsbühne gar nicht mehr verhandelt werden müssen.

Möglich wurde das zum Teil durch Abschwächungen ursprünglicher Forderungen, zum Teil aber auch durch die Bereitschaft des Vorstands zu harten Formulierungen – nicht zuletzt bei dem Thema, dass derzeit für den meisten Ärger mit dem Koalitionspartner FDP sorgt: der Atomkraft.

„Eine Zumutung“

Den Ton in dieser Debatte setzt Umweltministerin Steffi Lemke, die auch für nukleare Sicherheit zuständig ist. Die Vorlage des Bundesvorstands sei „eine Zumutung“, sagt sie – und dürfte damit vielen im Saal aus der Seele gesprochen haben. Lemke betont die Gefahren der Atomkraft, teilt gegen die Unionsspitze aus, die diese Gefahren verharmlose – und wirbt dann dafür, den Antrag des Bundesvorstands anzunehmen.

„Jetzt stehe ich hier vor einem Grünen-Bundesparteitag und werbe um eure Zustimmung für diese Zumutung“, sagt sie. Angesichts einer möglichen Krise im Winter halte sie die Einsatzreserve aber für vertretbar.

Diese „Zumutung“ hatte zuvor Parteichefin Ricarda Lang vorgestellt und dabei die Delegierten beschworen, nicht zu vergessen, warum die Grünen sich dieser Debatte nun stellen müssten. „Wir führen diese Diskussion, weil Wladimir Putin sich entscheiden hat, Energie als Waffe einzusetzen“, so Lang. In den Antrag des Bundesvorstands waren kurz vor Beginn des Parteitags noch zahlreiche Änderungen eingearbeitet worden, allein der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin hatte acht Änderungseinträge gestellt – unter anderem für ein festes Enddatum eines möglichen Streckbetriebs.

Jetzt sieht der Antrag vor, dass die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis zum 15. April in einer Reserve gehalten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung genutzt werden. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland soll zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden. Die Beschaffung neuer Brennstäbe, wie es FDP und Union fordern, schließt der Antrag aus. „Bündnis 90/Die Grünen werden im Bundestag keiner gesetzlichen Regelung zustimmen, mit der neue Brennelemente, noch dafür notwendiges neues angereichertes Uran beschafft werden sollen“, heißt es.

Zähneknirschend zugestimmt

Der Gegenentwurf, der später auch zur Abstimmung stehen wird, will am Atomausstieg zum Jahresende festhalten und spricht sich gegen Streckbetrieb und Laufzeitverlängerung aus. „Wer garantiert uns, dass wir den 15.4. nicht auch kippen?“, sagt einer der Unterstützer, der Delegierte Karl-Wilhelm Koch aus der Vulkaneifel. Es sei gefährlich, den mühsam ausgehandelten Ausstieg aus der Atomkraft aufzulösen.

Doch schon während der Debatte wird klar, dass die meisten Delegierten sich – wenn auch zähneknirschend – hinter den Antrag des Bundesvorstands stellen. Was bleibt ihnen auch? Mit einer Ablehnung würden sie nicht nur ihre Bundesspitze, die gerade erst seit acht Monaten im Amt ist, massiv schwächen, sondern auch Robert Habeck, ihren wohl wichtigsten Minister, auf offener Bühne demontieren. Dieser hatte die AKW-Reserve vorgeschlagen und zuletzt deutlich gemacht, dass er davon ausgeht, dass ein Weiterbetrieb nötig werden wird.

Habeck greift auch selbst in die Debatte ein. Die beiden Atomkraftwerke, sagt er, könnten im kommenden Winter einen sehr begrenzten Beitrag zur Sicherung der deutschen Stromversorgung leisten. Deshalb bitte er „als Minister, der am Ende für die Versorgungssicherheit zuständig ist“, um Zustimmung.

Am Ende nehmen die Delegierten mit großer Mehrheit den Antrag des Bundesvorstands an. Damit stärken sie Habeck den Rücken, lassen ihm aber auch keinen Spielraum für weitere Zugeständnisse an die FDP. Die Parteispitze hatte kurz vor dem Beginn des Parteitages betont, dass die Entscheidungen für die anstehenden Gespräche mit SPD und FDP bindend seien. „Warum sollen wir sie sonst beschließen?“, sagte Parteichef Omid Nouripour.

Solidarität und Wut

Noch mehr zu tun als zum Tagesordnungspunkt Atomkraft hatte die Antragskommission vorab mit dem Leitantrag des Vorstands zu Inflation, Wirtschaftskrise und sozialem Ausgleich. Zu ersterem waren 22 Änderungsanträge eingegangen, zu letzterem ganze 75. Bis zum Beginn des Parteitags gelang es aber in allen Fällen, einen Kompromiss auszuhandeln. Mögliche Streitpunkte sind weitestgehend abgeräumt, als die Debatte am Freitag beginnt.

„Machen wir aus dem Winter der Wut einen Winter der Solidarität“, fordert Co-Parteichefin Ricarda Lang in ihrer halbstündige Rede. Standing Ovations wird sie danach erhalten, ihr Beitrag kommt gut an in der Halle.

In der Rede zählt sie auf, was die Ampel bisher an Entlastungsmaßnahmen auf den Weg gebracht hat. Sie betont, dass die Grünen vieles davon vorangetrieben hätten und nicht etwa die SPD. Sie bekennt, dass das bisher beschlossene trotzdem noch nicht reiche. Und sie versucht sich an einer Erzählung, in der Verteilungsfragen zentraler Teil grüner Politik sind: Im Kern gehe es Grünen um Gerechtigkeit, das gelte beim Geld genauso wie beim Klima oder im Feminismus.

Lang, seit Jahresbeginn im Amt, setzt seit langem auf ein sozialpolitisches Profil. Sie entwickelt sich zum Gesicht der Partei in einem Bereich, indem den Grünen traditionell wenig Vertrauen entgegengebracht wird, was ihr wiederum gerade jetzt in der Krise Probleme bereiten kann. Ganz zutreffend ist das Image der Grünen als Partei für Wohlhabende zwar nicht mehr, das beweisen auch viele andere Beiträge in der Debatte auf dem Parteitag.

Unterschiedliche Akzente

Andererseits gibt es aber auch Spitzengrüne, die ihre Akzente ganz anders setzen als Lang. „Ricarda hat von der sozialen Not gesprochen und so ist es“, sagt zwar Robert Habeck in seiner Rede zum Inflations-Antrag. Viele Menschen wüssten nicht, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Dann ist das Thema bei ihm aber auch schon erledigt und er, ganz Wirtschaftsminister, geht über zu den Problemen der Wirtschaft, Noch aufmerksamer als bei Habeck muss man bei einer Videobotschaft von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zuhören, um zumindest einen Halbsatz zur Sozialpolitik zu erhaschen.

Was aber beschließt der Parteitag am Ende? In den Leitantrag übernommen wird zum Beispiel die Forderung nach einem Mietmoratorium: In Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt sollen Mieterhöhungen in der Krise für sechs Monate verboten werden. Die Grünen wollen auch höhere Regelsätze für das neue Bürgergeld. Eine konkrete Summe wird im letztlich beschlossenen Antrag zwar nicht genannt, dafür aber eine grundlegende Neuberechnung der Sätze.

Und die Grünen fordern jetzt, dass in der Krise „auch Menschen mit sehr hohen Vermögen etwas abgeben“. Auf einen Änderungsantrag von Bundestagsvizepräsidenten Katrin Göring-Eckardt geht dieser Beschluss zurück. Wegverhandelt hat der Bundesvorstand allerdings die konkrete Benennung des Instruments, das sich die Ex-Fraktionschefin gewünscht hatte: eine Vermögensabgabe.

Allein schon für den Antrag war die Bild-Zeitung die Grünen angegangen. Aus der FDP kamen Warnungen vor „Arbeitsplatzvernichtung“ und „Ideologie“. Auch hier noch einen harten Konflikt einzugehen: Das wagen die Grünen bei aller Liebe zur Gerechtigkeit offenbar nicht.

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37 Kommentare

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    Die Moderation

  • Habecks Alternativen müssten der FDP gefallen. Zumindest Kubicki - der Geruch von Auspuffgasen...

    www.focus.de/polit..._id_163908139.html

  • Irgendwie vermisse ich vor allem eines: Die Beschlüsse zur Beschleunigung von EE-Zubauten, der Entbürokratisierung der EE, und das Aussetzen der Merit-Orders im Strommarkt.

    Jeder Nebenkriegschauplatz bekommt Raum, aber die echten Lösungen nicht.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Der Kaiser ist nackt" Ach nee, anderer Beitrag.

  • "Und die Grünen fordern jetzt, dass in der Krise „auch Menschen mit sehr hohen Vermögen etwas abgeben“"

    Wie gibt man Gas ab, das nicht vorhanden ist? Wollen die Grünen nun weltweit jeden anderen Staat mit höheren Angeboten übertrumpf3n, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet ist und wir wie bisher weiterwursteln können?

    Warmum wurden nicht schon längst Gesetze verabschiedet, die das Spare von Energie und den Ausbau der Erneuerbaren forcieren?

    Eas ist aus dem Anspruch gewirden die Flächen für WKAs zu verdoppeln?

    Warum findet null Debatte zur Photovoltaik statt.

    Was ist mit einer Stadt- und Raumplanung die wohnortnahes Arbeiten bevorzugt und Pendeln reduziert?

    Was ist mit eine nachhaltigen Landwirtschaft & Ernährung

    Einfach nur mehr Geld haben zu wollen ist keine Politik.

  • Braunkohle statt Atomkraft, wenn das die Meinung der Grünen ist: von mir aus!

    • @GregTheCrack:

      Die Losung der Grünen war und wäre weder noch. Und wenn man gewollt hätte, wäre das auch bald drin. An ihnen ist das ja nicht gescheitert und konnte es schlecht; sie müssen's dafür jetzt ausbaden, werden dabei aber nicht einsam sein. Ich war z.B. auch deshalb gegen den Ausstieg zum damaligen Zeitpunkt, weil mir immer klar war, ohne dauerhafte, robuste grüne Mehrheiten auf Bundes- wie Länderebene ist das nicht zu schaffen. (BaWü zeigt, dass nicht mal das'n Selbstläufer ist.) Die eigentliche Frage ist aber, warum das die Meinung von 70-80% der Deutschen war, insb. als es (noch) drauf ankam, der Merkel und Kollegen ja dann auch pflichtbewusst entsprachen und zwar auch in dieser Reihenfolge: Atom vor Kohle. Das war bis vor wenigen Monaten keine Diskussion, ein Grund für Schulterklopfen, obwohl klimapolitisch Irrsinn, und wenn man sie doch gewagt hätte, fand man sich schnell in einer üblen Ecke. Jetzt ist das lange einfach gegessen und daran ändert auch Geschichtsklitterung nichts oder kalendarische Verweigerungshaltung. Man kann Kohlekraftwerke wesentlich einfacher wieder anfahren als Kernkraftwerke, auch das hätten wir euch aber schon vor 10 Jahren sagen können.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Damit stärken sie (die grüne Partei) Habeck den Rücken, lassen ihm aber auch keinen Spielraum für weitere Zugeständnisse an die FDP.""



    ==



    Nicht die "Grünen" stecken im Schwitzkasten - sondern die FDP. Stimmt die FDP nicht für die begrenzte Laufzeitverlängerung bis Mitte April für ISAR 2 & Neckarwestheim 2 tritt der Beschluss in Kraft, für den die FDP mitgestimmt hat - nämlich die Abschaltung aller AKW`s bis zum 31.12.22.

    Ein Ende der Ampel wegen der FDP kann sich die FDP auch nicht leisten, weil nach Lindners Spruch aus 2017



    "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren" die FDP derart beschädigt wäre als Koalitionspartner in einer Regierung , das sie wohl kaum noch Wählerstimmen bekommen würde als Koalitionspartner in einer Regierung.

    Habeck riskiert seinen Kopf, wenn sich zeigen würde, das entgegen den Erkenntnissen aus dem Härtetests in der Stromversorgung sich trotzdem große Blackouts im Winter ereignen würden.

    "High noon" mit showdown zuwischen grün & gelb in der Ampel -



    wobei Lars Klingbeil an der Seitenlinie mitmischt mit dem Versprechen, das dieser Konflikt Mitte nächster Woche gelöst sei.

    Das es bei diesem Hochrisiko - Tanz auf dem Drahtseil keinen Verlierer geben soll erscheint rätselhaft - wobei - sollte die Bundesrepublik ohne Blackouts durch den Winter kommen, wäre der strahlende Sieger Robert Habeck. - Lindner kann in diesem Show - Down nichts gewinnen.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      " wäre der strahlende Sieger Robert Habeck. - Lindner kann in diesem Show - Down nichts gewinnen."

      Ich bin gänzlich anderer Meinung. Warten wirs ab.

      • @GregTheCrack:

        Bin mir nicht sicher. Wenn Lindner zustimmt, verliert die FDP in Hessen und Bayern in 2023. Dann wird seine Stellung in der Partei schwierig bis unhaltbar. Wenn er nicht zustimmt, dann platzt die Ampel und Strack-Zimmermann wird todunglücklich sein. Aber Lindner wäre vorerst gerettet. Wenn er zustimmt und es gibt einen black-out, dann ist er erledigt. Mit anderen Worten: ja, Lindner kann nichts gewinnen aber er kann unterschiedlich viel verlieren - ein wenig, viel, oder alles. Ich habe kein Mitleid mit ihm, er wollte es so. Wenn ich wetten müsste, würde ich darauf setzen dass er den Weg des geringsten Widerstandes wählt, weil er nämlich zuwenig Substanz und Willen hat, alles verliert, und die FDP am Ende ruiniert.

  • Nein, das ist wohl leider nicht der Parteitag, der die grünen MinisterInnen und den Vorstand dazu zwingen wird, die Versprechungen aus dem Bundestagswahlkampf ernst zu nehmen und umzusetzen.



    Stattdessen wird der Ukraine Krieg unwidersprochen weiterhin als Vorwand für eine klima- und umweltfeindliche Politik genutzt.

    Es wird jetzt tatsächlich schon als Erfolg gefeiert, das die Grünen die AKWs nur ein bißchen länger laufen lassen wollen.

    Es hatte übrigens bereits damals seine Gründe, das die Grünen im wendländischen Widerstand gegen Gorleben für ihre unehrliche Politik verachtet und letztlich ausgeschlossen wurden.



    Wir sollten uns daran erinnern und uns auf unsere Stärke besinnen.



    Wir brauchen die Grünen nicht, sie brauchen uns.

    • @neu_mann:

      Genau so ist es AURFUEZEICHEN

  • Gut so. Das sind halt die pragmatischen Minimalkompromisse, die man als Regierungspartei machen muss, auch wenn es gegen die eigene Überzeugung geht. Eine ideologische Blockade dieser Energiereserve in der aktuellen Situation wäre außer an der eigenen Basis kaum vermittelbar und hätte enorme Sprenkraft für die Koalition.

    Dass man darüber hinaus eine rote Linie zieht ist hingegen konsequent. Die Atomkraft ist keine Zukunftstechnologie und schon gar nicht sauber. Ein schmaler und sicher schmerzhafter Grat, auf dem die Grünen da wandeln müssen, zeigt aber, dass die Partei erwachsen geworden ist.

    • @Deep South:

      Hallo Earth: In fast allen Industrie- und "aufsteigenden" Ländern ist die Atomkraft eine Zukunftstechnologie - egal, wie man dazu stehen mag.

      • @resto:

        Das ist nicht richtig und lässt sich auch nicht belegen. In den nächsten 30 Jahren werden erheblich mehr Reaktoren vom Netz gehen aus Altersgründen, als neu zugebaut werden können - gerade in Demokratien. Neue Reaktoren benötigen mindestens 20 Jahre von der Planungsphase bis zum Netzanschluss - und das ist schon ein günstiger angenommener Wert. Die Planungspipeline ist aber praktisch leer - es müssten jetzt hunderte (!) Neubauten bereits geplant sein um global die KKW-Kapazität auch nur zu halten. Echten Kapazitätsausbau gibt es nur punktuell in Autokratien wie China, der Türkei und im Iran (und das nicht aus Klimagründen) - die Welt als solches hat Atomkraft indirekt bereits abgeschafft durch fehlende Investitionen seit Jahren und Jahrzehnten - leider werden so immer mehr uralt-Meiler weiter am Netz bleiben - die richtig gefährliche Phase der Kernkraft beginnt jetzt erst.



        Dazu kommt: Kernkraft ist finanziell schlicht nicht kompetitiv, EE ist heute billiger und wird noch billiger, Kernkraft immer teurer.

        Wenn du dich ernsthaft und faktenbasiert zum Stand der Nuklearindustrie informieren willst, such nach „wnisr“, dem „world nuclear industry standard report“.

  • Die Grünen haben 20% der Wählerstimmen. Was sagen denn die restlichen 80%? Oder regiert Grün alleine?

    • @Gerdi Franke:

      Soll denn der Parteitag der Grünen zu 10-20% rechtsradikale Positionen vertreten um die allgemeine Bevölkerung zu repräsentieren? Auf dem Parteitag geht es um die Linie der Partei. Was davon, dann in Koalition und Parlament durchsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt.

      • @Ingo Bernable:

        Na ja, das ist doch ein ziemlich polemisches Beispiel. Natürlich hat eine Regierungspartei mehr Verantwortung, als die eigene Basis zu befriedigen. Diese dürften im bundesdeutschen Wähleranteil nicht mehr als 5 % ausmachen. In allen Umfragen ist eine erhebliche Mehrheit der Deutschen aber gegen eine Abschaltung zum 31.12. Und dass sich die Grünen dieser Verantwortung bewusst sind, zeigt doch, dass sie trotz zähem Ringen zu diesem AKW Kompromiss fähig sind.

  • Willkommen in einer Realität, die politisch notwendiges Handeln durch selbsterzeugte Sachzwänge (Liberalisierung der Finanz-, Energie-, Kapital-, Wohnungs- und sonstiger Märkte) nahezu unmöglich macht. Nur ein bisschen sozialer Reparaturbetrieb und politische Verwaltung scheint noch möglich zu sein. Überschrieben wird diese politische Machtlosigkeit mit: Pragmatismus.



    In dieser Realität wird von Energie sparen und Klimawandel geredet, aber den Bürger:innen werden lediglich die Benutzung von Waschlappen und der Austausch von Duschköpfen empfohlen. Es darf sich nichts verändern, weder im Alltag noch in den Köpfen.



    Weder Tempolimits, Sonntagsfahrverbote, verkürzte Ladenöffnungszeiten, noch Arbeitszeitverkürzungen, Abschöpfung von Übergewinnen (die in zusätzliche Spekulation und den Aufkauf von Bürger:innen Eigentum fließen) u.ä. sind in diesem Pragmatismus diskussionswürdig. Die eigenen Gesetze (Atomausstieg) und die Urteile des BverfG (Klimaschutz) werden ignoriert, wenn sie den Koalitionsfrieden bedrohen oder den ökonomischen Interessen zuwiderlaufen.



    "Lasst die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter!", war mal so ein typischer 80er-Jahre Spruch von Kanzler Kohl. Die Karawanenführer saßen damals schon nicht mehr in den Parlamenten. Die Grünen haben sich als Letztes in die Karawane eingereiht, die in eine vertrocknete Oase zieht.

  • Also: wenn sowohl "Bild" als auch die FDP kläffen, dann macht Ihr was richtig.

  • Die taz ignoriert, dass Habeck in seiner Rede auf dem Parteitag nebenbei verkündete, das Dorf Lützerath für den Braunkohleabbau wegbaggern zu lassen, obwohl es laut Spiegel große Zweifel an den zugrunde liegenden Gutachten gibt.

    Wenn die Grünen auch nur einen Hauch von dem Widerstandsgeist wie bei dem Thema Atomkraft haben, müsste es auf dem Bundesparteitag heute eine Redeschlacht um das "Symboldorf" Lützerath geben, doch dazu wird es nicht kommen, weil die Karten hinter den Kulissen durch Realos längst verteilt sind.



    Ein Verrat an der Klimabewegung und Teilen der eigenen Parteijugend, die Klartext zur sozialen Ungerechtigkeit in Deutschland und zur weltweiten Klimapolitik auf dem Parteitag sprach. Doch das sind wenige Einzelstimmen, der meisten jungen Grünen schwimmen konform im Realostrom mit.



    Dass die Vermögensabgabe still und heimlich hinter den Kulissen beerdigt wurde, zeigt den Verrat an den linken Idealen der Partei.



    Das Schlimme: bis auf ein paar mutige junge Parteimitglieder machen die meisten Parteimitglieder bei dieser Hinterzimmer-Abnickpolitik auf dem Parteitag mit.

    Deshalb braucht es starke Protestaktionen der Klima- und Sozialaktivisten, damit die gesetzte grüne Partei aus ihrer Komfortzone kommt und begreift, dass es beim "Symboldorf" Lützerath um den Kern eines verlogenen fossilen Systems geht, dass seine riesige Macht und Profite weltweit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigt.

    Lützerath ist symbolisch so wichtig, weil es um den konkreten Verlust von Lebensmöglichkeiten geht. Wie bei den Menschen in Pakistan, denen zurzeit durch klimabedingten stärkeren Monsunregen in einem riesigen Ausmaß ebenfalls die Lebensgrundlagen entzogen werden. Mehr als ein paar Krokodilstränen löst das bei den Grünen in Deutschland nicht aus.



    Lützerath kann weg, genau wie eine Vermögensabgabe, die die Grundlage einer neuen sozialen und ökologischen Marktwirtschaft sein könnte, die die Parteivorsitzende Ricarda Lang in ihrer Rede beschwor.

    • @Lindenberg:

      Ich machs mal kurz: Man kann in der Regierung halt nicht Opposition sein. Entweder will man rein, edel und gut gegen alles sein, dann sollte man nicht regieren, oder man will mit regieren (um eben Politik auch im großen und nicht nur im kleinen mit Protestbewegungen zu ändern), dann muss man Kompromisse machen. Beides zusammen geht nicht.



      Lüzerath ist eine rein symbolische Geisterstadt, an der man sich als Regierungspartei eben nicht aufhalten kann, weil es tatsächlich wichtigere Weichen zu stellen gibt.

    • @Lindenberg:

      "....Die taz ignoriert, dass Habeck in seiner Rede auf dem Parteitag nebenbei verkündete, das Dorf Lützerath für den Braunkohleabbau wegbaggern zu lassen ..."

      Kohlekraft + Atomkraft - nein danke? ...

      Ich beobachte mit großer Traurigkeit im Herzen aber auch mit einer gewissen Ruhe, dass die "Kinder der einstigen Rebellen" ruhig geworden sind.

      Traurig ist, dass sie - angekommen im Zirkel der Macht - sich verhalten, wie die, im Zirkel der Macht. Macht entzaubert. Daran ändern auch ein paar wenige Protestler nicht.

      Beruhigend und traurig zur gleichen Zeit.

  • Die Grünen sind angekommen: An der Macht. Daher auch diese Partei-Disziplin. Kaum Diskussionen, alles vorher verhandelt, abgeschächt, mithin geklärt. Super. Professionell. Nichts erinnert mehr an die Grünen der Anfangsjahre. Dass die Grünen ihre Seele verkaufen?

    Aufgekündigt (bzw. verschoben...) Atomausstieg. Kohlekraftwerke reaktiviert. Ja, liebe Grüne.. so ist das, wenn man an der Macht ist. Da muss man Realpolitik machen. War ja klar, oder? Da wird man auch - ein Stück weit - entzaubert. War ja klar, oder?

    ... „Wir führen diese Diskussion, weil Wladimir Putin sich entscheiden hat, Energie als Waffe einzusetzen“, so Lang.

    Naja, Frau Lang...

    ... ehe die Lieferung von Gas / Öl aus Russland stockte... erinnern wir uns ... waren es die Grünen, die laut tönten, wir müssen die Abhängigkeit von Russland reduzieren... - Waren es die Grünen, die am liebsten alle Lieferungen sofort gestoppt hätten - trotz bestehender Verträge...

    Klug wäre gewesen - "im Stillen" - nach Alternativen Ausschau zu halten, um den _einzigen_ relevanten (!) Geschäftspartner nicht zu verprellen....

    Gas / Öl in Katar zu kaufen, Diener für übelsten Menschenrechtsverletzern zu machen... ist sicher keine sinnvolle Alternative, Herr Habeck, oder?

    Ich hätte mir ggf. auch überlegt, warum Deutschland sein weniges Gas verheizen muss, um Frankreich Strom zu liefern, warum Spanien so viel _russisches_ Gas gekauft hat, wie _nie_ zuvor... und das alles hätte EU-weit abgestimmt werden können.. ehe ich einen Offenbarungseid ablege..

    Massiv umweltschädliches Fraking-Gas zu kaufen ... eine Alternative, die die Grünen begrüßen??

    Realpolitik entzaubert. War ja klar, oder?

    • @Zweitkorrektur:

      Habe den Parteitag gestern Abend auf Phoenix ein wenig verfolgt. Ich bin erschrocken, wie da überhaupt nicht diskutiert wurde, obwohl der Leiter auf der Bühne nach jedem Wortbeitrag von Delegierten, die Diskussionskunst der Grünen so gelobt hat: "Danke, liebe Delegierten für die friedliche und differenzierte Diskussion". Ich empfand das wie aus einem Paralleluniversum. Sie haben Recht, braver und bünzliger gehts kaum mehr. Vom salbungsvollen Auftritt Frau Roths ("wir diskutieren und ringen als einzige Partei respektvoll miteinander") und Frau Langs Ruf, jetzt ganz schnell ganz viele Waffen zu liefern, ganz zu schweigen.

      • @resto:

        es ist langweilig, sich gegenseitig Recht zu geben: Dennoch - was soll man dazu sagen: Haben sich alle soo lieb, bei den Grünen, dass nicht nur die Herzen sondern auch die Meinungen im gleichen Takt schlagen?

        "Danke, liebe Delegierten für die friedliche und differenzierte Diskussion"

        Differenzierte Diskussion. _Was_ will mir die Künstlerin mit dieser Konstruktion sagen?

        Was mich aber am meisten erschüttert, im Wortsinne, ist, dass die Grünen nach Waffen rufen. Laut. Von der CSU hätte ich das erwartet, von den Grünen??? Im Leben nicht. Tja, so kann man sich täuschen (lassen).

  • Ist denn Putins Energiekrieg, der lt. Fr.



    Lang



    die Grünen zu ihrem Beschluß



    nötigt, im Merz 2023 vorbei?

  • Komfortabel wenn man über Dinge entscheiden kann, die das persönliche Leben nicht betreffen. Betreffen tut es aber den Bäcker von nebenan, den Kleinunternehmer, Menschen die ihre Berufstätigkeit finanzieren müssen, durch höhere Spritpreise (Mensch muss ja zur Arbeit kommen), Strom und Gaspreise um die Wohnung am Feierabend warm zu haben.



    Warum verstehen das soviele Grüne nicht?



    Politik wird FÜR die Menschen gemacht, alles andere ist .......

    • @lutz thomas:

      ....Ideologie. Beim Phoenix-Kucken gestern habe ich das Ambiente und die Stimmung im großen Saal mit religiösen Großkirchen in den USA assoziiert: eine Welt, weg vom Alltagsleben.

  • Irgendwie tut das alles schon richtig weh und kann allenfalls als momentane Bestandsaufnahme gelten; nachdem zu viel zu lange geschlafen haben, ja insbesondere die Grünen! Warum? Weil man durch das billige Gas argumentativ sich gar nix getraut hat der Bevölkerung zum Thema Energiewandel was zuzumuten. Weder im Wahlkampf noch in Regierungsverantwortung, und das jahrelang.



    R. Lang sagt, 'wir stehen hier weil V. Putin Energid als Waffe eingesetzt hat.' Gegenfrage: Wo stünden wir denn wenn das nicht so wäre? Gas würde von allen Protagonisten billigst durch den Kessel gejagt und hinten käme CO2 raus! Das liebe Grünen ist das Vergleichsszenario, und Hand aufs Herz!: Wie viel besser wäre das denn als überzeugter Grüner? Und was hört man denn dann als Gegenargument? Rote Linie sind neue Brennstäbe (in Russlands Uranminen?) zu bestellen! ...weil dann der hochradioaktive Abfall in der Menge um geschätzte 0,1% zunehmen würde? Leute, ich lach mich Tod bei dieser Scheindiskussion vernab jeden Pragmatismus. Wir brauchen einen Wandel der Energieverdorgung, koste es was es wolle.... dazu, klar, Angst vor dem Wähler, davon hört man nix beim Parteitag.

    • @Tom Farmer:

      noch mal zur Festklebenfrage,,,, ich meinte, wo ist die Security, hat die gewartet bis das Bild im Kasten war? Wenn so viele Knipser da waren, was haben die solange gemacht?

      • @nutzer:

        Wie lange waren Sie nicht mehr im Museum?



        Also bei meinem letzten Besuch im September war das so, dass Security am Ringang war. Dann in den Sälen Museumsangestellte zwischen Typ Rentner und Studentin.



        Grob geschätzt: Bis echte Security kommt dauert das 2 bis 5 min. Oder: Es reicht für viele Bilder. bzw. bis der Sekundenkleber gehärtet ist.

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Beweist mal wieder die Ahnungslosigkeit von Politikern.



    Würden die Hürden bei Solarenergie vereinfacht, gäbe es keinen Notstand. Fertige Kraftwerke warten auf den Start. Sie müssten nur den Stecker einstecken. Geht nicht wegen Formular XYZ.



    Beispiele dafür gab es in der " Heute Show"



    Ernsthafte Beispiele.



    Jede Arbeitsstelle erfordert gewisses Können ausser bei Politikern und -innen?

  • 6G
    656279 (Profil gelöscht)

    Ich bin kein Freund der Atomkraft; und würde das komplette Abschalten zum 31.12.2022 für richtig halten.

    Aber ... bin ich auch kein Ideologe, kein Naivling. Und wenn gar offizielle Stellen mir vermelden, dass es ganz schlimm werden kann, weil sich ein paar Leute mehr als sonst in den letzten Monaten elektrische Heizlüfter gekauft haben;

    dann scheint es vollkommen nebensächlich, ob wir nun ein Strommengenproblem oder Netzstabilitätsproblem haben. In beiden Fällen ist jenseits politisch-medialer Beruhigungspillen die entsprechende Vorsorge wohl mehr als sinnvoll;

    falls kein Strom mehr aus der Steckdose kommt.

    Gerade die vollkommen unverdächtige Tagesschau macht heute in einem langen Artikel darauf aufmerksam, was "Vorbereitung" aktuell in der DDR 2.0 bedeutet.

    www.tagesschau.de/...sfall-faq-101.html

    • @656279 (Profil gelöscht):

      Die Tagesschau gibt da letztlich nur wieder was aus dem Katastrophenschutz schon seit Jahr und Tag gefordert wird. Daneben sollte man aber auch mal einen Blick in den Stresstest des BMWK werfen, der im Extermszenario beschreibt, dass es



      - wenn die französischen AKWs weiterhin nicht zur Verfügung stehen



      - und der Pegelstand der Flüsse zu niedrig ist um Steinkohle zu Kraftwerken transportieren zu können



      - und Reservekraftwerke in größerem Umfang nicht zur Verfügung stehen



      - und Verbrauchsspitzen durch massenhaften Heizlüftereinsatz entstehen



      es stundenweise(!) in einigen Regionen zu Stromausfällen kommen könnte. Die Folge: allgemeine Panik und Vorbereitungen auf Szenarien mit tage- und wochenlangem Blackout.



      www.bmwk.de/Redakt...m-stromsystem.html

    • @656279 (Profil gelöscht):

      Nehme ich ganz anders wahr. Der "lange Artikel" ist tatsächlich eine mäßig kurze Zusammenfassung der üblichen Katastrophenschutzhinweise für Stromausfälle. Das wird bereits am Beginn klar eingeordnet:

      "Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hält es "unabhängig von der aktuellen Lage für sinnvoll und empfehlenswert, sich generell im Rahmen der Eigenvorsorge Gedanken über die Folgen eines Stromausfalls zu machen"."

      Einen Widerspruch zur sonstigen Berichterstattung vermag ich nicht zu entdecken, und in letzterer auch keine "Beruhigungspille".

      Zur DDR 2.0 auch ein kurzer Widerspruch, obwohl es mich manchmal echt müde macht: Nein, keine Aufhebung der Gewaltenteilung, keine politische Lenkung der Berufswahl und Lebensführung, keine systematische Zensur in Kunst, Kultur und Medien, keine lückenlose Überwachung der Bürger:innen, keine umfassende Einschränkung der Meinungsfreiheit.

      Alle Gegenbeispiele (Bespitzelung von Aktivist:innen, Hartz-IV-Sanktionen, Polizeigewalt etc etc.) sind relevant, zu kritisieren und zu bekämpfen, sie können aber eben kritisiert und bekämpft werden.

      • 6G
        656279 (Profil gelöscht)
        @sàmi2:

        "Nehme ich ganz anders war"

        Ok, wo haben wir denn Dissens in Sachen Vorsorge, Vorratshaltung etc. wegen einem möglichen Stromausfall?

        Klar, war das Thema vor einem Jahr noch etwas für Verschwörungstheoretiker und sog. Prepper; während heute von taz bis Tagesschau etc. ein fürsorgender, seriöser Artikel den anderen jagt.

        Darüber hinaus und in Sachen DDR 1.0 hatten unsere Freunde drüben oft so eine Art Spannungswandler an zentraler Stelle in der Wohnung, an dem wichtige Geräte hingen. Starke Stromschwankungen mit Flackerlicht bis hin zu stundenweisen Stromausfällen kamen ebenfalls vor;

        haben damals Tagesschau und Co. eher hämisch darüber berichtet. Daher nun also ein klammheimliches: "wohl bekomms" ...