Orbáns Rede in Rumänien: Unerträgliches Salbadern
Die rassistische Haltung des ungarischen Premierministers ist kaum aushaltbar. Wie weit kann Orbán noch gehen, bis es der EU zu bunt wird?
V iktor Orbán hat mal wieder geredet. Und – mal wieder – schlimme Sachen gesagt. So weit nichts Neues – und anscheinend kein großer Aufreger mehr unter abgeklärten Leuten. Alles okay, also? Natürlich, wir haben uns daran gewöhnt, dass Orbán existiert und mit ihm sein Weltbild, in dem die Gleichstellung aller Menschen das größte Übel zu sein scheint.
Orbán ist weder der Erste noch der Einzige, der sein Leben dem Verhindern menschlichen Fortschritts widmet. In jeder Gesellschaft gibt es die, die ein solches Weltbild stolz vor sich her tragen, als wäre es nicht etwas, wofür man sich schämen sollte. Aber es kommt eben auch darauf an, wie viel Macht und Einfluss diese Menschen haben, wie sehr sie die Geschicke eines ganzen Landes prägen.
Natürlich, die EU kann ihren Mitgliedsstaaten nicht vorschreiben, wer dort demokratisch gewählt wird. Natürlich muss sie, müssen wir alle, unterschiedliche Haltungen zu politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen aushalten. Aber wie in Deutschland, wo das Argument, die AfD sei doch demokratisch gewählt, auch nur so lange valide bleibt, bis sich herausstellt, dass die Partei demokratische Grundsätze angreifen will: Es geht um Nuancen.
Um graduelle Unterschiede. Wie weit kann Orbán gehen, bevor jemand sagt: Jetzt ist’s genug? Er äußert sich stolz klar rassistisch und argumentiert, wie 2011 der Rechtsterrorist Breivik in Norwegen, der Westen gehe an einer angeblichen Vermischung mit angeblichen anderen „Rassen“ zugrunde. Was will Orbán überhaupt in der EU, wenn dort angeblich alle Länder außer Polen und Ungarn dem Untergang geweiht sind?
Sein unerträgliches Salbadern ist mehr als das, was Demokratien, die zumindest offiziell bemüht sind, alle Menschen als gleichwertig anzusehen und auch so zu behandeln, ertragen müssen. Und das ist ja nur die eine Äußerung. Vom unverhohlen vorgetragenen ungarischen Egoismus in Sachen Ukrainekrieg und Gaslieferungen haben wir da noch gar nicht angefangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind