piwik no script img

Olaf Scholz’ erfolglose UkrainepolitikFriedenskanzler? Wäre schön gewesen!

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Olaf Scholz' Ukrainepolitik ist immer stringent, aber ohne echte Strategie gewesen. Seine Kyjiw-Reise bestätigt diesen Eindruck.

Wie gehts weiter? Wolodymyr Selenskyj und Olaf Scholz unterhalten sich vor der Sophienkathedrale in Kyjiw am 02.12.2024 Foto: Kay Nietfeld/dpa

Z um zweiten Mal seit Beginn des russischen Krieges in der Ukraine reist Bundeskanzler Olaf Scholz nach Kyjiw. Die Union wittert sofort wahltaktische Motive. Tatsächlich ist es komplizierter. Denn kein Thema eignet sich weniger als Gewinnerthema als der Ukrainekrieg. Für die einen tut Deutschland von Beginn an zu wenig, während die anderen kritisieren, dass mit jeder Waffenlieferung an der Eskalationsspirale gedreht würde. Recht machen konnte es der Bundeskanzler bislang keiner Seite. Und wie auch? Dieser Krieg kennt keine Gewinner.

Gewiss, der schnelle Sieg, auf den Russlands Präsident Wladimir Putin hoffte, als er am 24. Februar 2022 die Ukraine überfiel, ist dank der Gegenwehr der Ukrai­ne­r:in­nen und der westlichen Unterstützung ausgeblieben. Doch im dritten Kriegswinter zeigt sich, wie hoch der Preis dafür ist. Hunderttausende Menschen haben ihr Leben verloren, die russische Armee rückt vor und der Westen hat einen Teil seiner Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Die von der SPD angeführte Bundesregierung ist von Anfang an zweigleisig gefahren: Hat nach anfänglichem Zögern Waffen in großem Stil geliefert, aber gleichzeitig darauf geachtet, dass eine bestimmte Schwelle nicht überschritten wird, heißt, deutsche Sol­da­t:in­nen nicht aktiv mitmischen. Diese Zweigleisigkeit demonstriert Scholz nun auch im Wahlkampf: Im Oktober telefonierte er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, nun besucht er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. So weit, so stetig.

Man kann Scholz nicht vorwerfen, er hätte seinen Kurs umfragegetrieben schnell mal geändert

Man kann Scholz nicht vorwerfen, er hätte seinen Kurs umfragegetrieben schnell mal geändert. Und zweifellos ist sein Besuch in Kyjiw auch ein wichtiges Zeichen der Solidarität in Zeiten, da Donald Trump sich anschickt, das Weiße Haus zu übernehmen und den Krieg binnen 24 Stunden zu beenden.

Raunen über Gebietsabtretungen

Stünde die Ukraine heute besser da, wenn Deutschland, wie Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz gefordert hat, frühzeitig Taurus-Marschflugkörper geliefert hätte? Wohl kaum. Der Taurus, das sagen Mi­li­tär­ex­per­t:in­nen übereinstimmend, ist kein Gamechanger. Was immer fehlte, sowohl bei Merz als auch bei Scholz, war eine Idee für eine Strategie, die auf mehr setzt als bloße militärische Überlegenheit.

Vor zwei Jahren reiste Scholz noch in Begleitung von Emmanuel Macron und Mario Draghi. Diesmal kommt er allein. Das sagt viel aus. Es ist Scholz weder gelungen, eine entschlossene europäische Allianz zu schmieden, noch mit Joe Biden ein internationales Bündnis zu formen, das Russland zum Einlenken zwingt.

Nicht nur die ukrainische Front, auch die internationale Solidarität bröckelt. Dass der frühere Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg inzwischen Gebietsabtretungen für eine Option hält, ja dass gar Selenskyj selbst einen – vorläufigen – Verzicht auf die von Russland besetzten Gebiete ins Gespräch gebracht hat, ist im Grunde ein Wedeln mit der weißen Fahne.

Die Ukraine wird auf Verhandlungen setzen müssen – aber nicht aus einer Position der Stärke. Und das ist auch der Schwäche des Westens und Deutschlands geschuldet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
Mehr zum Thema

26 Kommentare

 / 
  • Irgendwie wird Deutschland mit den Protgonisten überschätzt. Als käme es auf die Friedensliebe der deutschen Politik an. Niemand möchte Krieg! das Monopol für Frieden liegt nicht bei der AFD, dem BSW oder Teilen der SPD. Die Frage ist wie ist "Frieden" in Europa erreichbar? Durch Deutschland? Wie das? Diese Frage sollten die "Friedliebenden" schon irgendwie beantworten. Kann am Deutschen Wesen Europa genesen? Weniger Waffen für die Ukraine könnte ja auch mehr Eskalation des Krieges bedeuten. Das wird gerne übersehen. Das Abschlachten von Menschen, ja auch russischen Menschen eskalliert momentan weil Russland sich militärisch (waffentechnisch) im Vorteil sieht und Fakten schaffen will.



    Wie Russland für Frieden sorgt zeigt das Beispiel Syrien. Totale Waffenüberlegenheit und Lufthoheit hat dazu geführt dass das halbe Land komplett zerlegt wurde und massenweise Menschen ermordet wurden. Von der Fluchtentwicklung ganz zu schweigen.



    Weniger Waffenlieferungen und Verhandlungen von Deutschland mit Russland als Friedenspolitik?



    Rosa Wagenknecht als Friedensbotin, als Friedensheilige wird es nicht geben, eher ein Kampfhund beim Friedensbesuch.

  • Es rächen sich leider auch hier die Unterlassungen der Vergangenheit. Große Teile der politischen Parteien, aber auch der Öffentlichkeit, haben systematische Realitätsverweigerung betrieben und waren nicht bereit, aus dem russischen Überfall 2014 und der aggressiven Politik Putins ernsthafte Konsequenzen zu ziehen (und sind es teilweise bis heute nicht). Noch 2020 plädierte MP Stephan Weil, durchaus symptomatisch, für eine Ende der ohnehin harmlosen Sanktionen. Eine konsequente Aufrüstung war in diesem Klima kaum möglich, obwohl die Mängel der Bundeswehr auch damals schon unübersehbar waren..



    Entsprechend groß war die kollektive Entrüstung, als Habeck im Mai 2021 für die Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine plädierte.



    Was man Scholz tatsächlich ankreiden muss, ist, dass er nicht spätestens 2022 jene Schwätzer in der eigenen Partei beiseitegeschoben hat, die heute wieder unverdrossen genau die Politik predigen, die so desaströs gescheitert ist. Dass Abschreckung nur funktioniert, wenn sie glaubwürdig ist, mag man dort einfach nicht wahrhaben. Aber Führungsstärke heißt eben auch, dass man der Öffentlichkeit reinen Wein einschenkt, anstatt Stimmungen zu bedienen.

  • Außer Scholz scheint sich allerdings niemand für den Frieden zu interessieren.

    • @Joachim Kappert:

      Scholzens Interessen sind innenpolitisch motiviert: er richtet seinen Blick auf die bevorstehenden Bundestagswahlen, und das war's dann auch schon. Ein sicherheitspolitisches Konzept, das der von einem aggressiven, imperialistischen Russland auch auf lange Sicht ausgehenden Bedrohung für Europa angemessen Rechnung trägt, vermag ich bei ihm nicht zu erkennen.

  • Ein Vertreter der US-Trumpublikaner hat bei der letzten Münchner Sicherheitskonferenz deutlich gemacht, dass die Priorität für ihn nicht in der Verteidigung der Ukraine sondern, so die Gleichsetzung, in der Verteidigung der USA gegen die Einwanderung aus Süd- und Mesoamerika liegt. Von unwählbaren Figuren wie Merz, Lindner, Weidel, Wagenknecht lässt sich nur eine Übernahme des rassistischen Narrativs "Migration ist Invasion" erwarten. Bei Merz, Lindner bzw. Strack-Zimmermann wird dieses Narrativ durch forcierte Pro-Ukraine-Rhetorik (+Taurus) überblendet. Von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hätte ich erwartet, dass sie einer solchen Gleichsetzung in migrationspolitischem Handeln und Rhetorik wirksam widerspricht. Auch im Hinblick auf rassistische Diskriminierung durch EU-Staaten an den Grenzen zur Ukraine haben sie das nicht getan. Sie reden nur noch von "irregulärer" und "illegaler" Migration, als ob es legale Wege gäbe - außer für "Fachkräfte". Ich erwarte von SPD und Bündnisgrünen, hohlen Pro-Ukraine-Kompromissen mit Faschist*innen wie Meloni und Teilzeit-Rassisten wie Merz entgegenzutreten. Dann gewinnt vielleicht an Kontur, wofür "die Ukraine" steht in ihren Augen.

  • "Olaf Scholz' Ukrainepolitik ist immer stringent, aber ohne echte Strategie gewesen."

    Das sehe ich auch so. Aber ich würde entschuldigend hinzufügen: niemand hat seit drei Jahren eine Strategie vorgelegt. Seit Beginn des Krieges haben die Leute in unzähligen Interviews nicht ein einziges Mal auch nur konkrete Ziele festgelegt, geschweige denn eine Strategie dahin. Ziele waren immer "die Ukraine darf nicht verlieren", "Russland darf nicht gewinnen" oder so. Ein Militärtheoretiker würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

    Wie die Waffenlieferei zum Frieden führen soll, hat nie jemand gesagt. Die "Strategie" scheint zu sein, dass man die Ukraine so lange mit Waffen versorgt, bis eine maximale Anzahl von Menschen gestorben sind. Der einzige schlüssige Punkt ist das Liefern von Luftabwehrwaffen, die natürlich sicher Raketen abwehren können.

    Tatsächlich zeigt seit ein paar Wochen immerhin die Ukraine selbst so etwas wie eine Strategie, indem sie Kursk eingenommen hat, was als Verhandlungsmasse in Verhandlungen eine Rolle spielen könnte. Aber wir haben nur die Strategie, unsere Rüstungsindustrie zu mästen.

  • Scholz will sich vielleicht jetzt schon mal als zukünftiger Außenminister unter einem Kanzler Merz in Stellung bringen.

    Unter Scholz' Kanzlerschaft hat Deutschland bisher etwa 30 Milliarden € an Waffen an die Ukraine geliefert; das ist mit Abstand der Spitzenwert in Europa.

    Und das ist kompatibel mit dem, was Merz und seine Partei in der Oppositionsrolle ausdrücklich unterstützt haben und zusammen mit der SPD fortführen werden, womöglich auch mit Taurus.

    Zur Ansicht der Autorin, Scholz hätte kein Konzept, kann man nur sagen: die Rolle des europäischen Musterschülers bzgl. der Menge der Waffenlieferungen IST sein Konzept als Kriegskanzler, der er von Anfang an gewesen ist.

    Mit seinem aktuellen Besuch alleine in der Ukraine demonstriert er genau dies noch einmal nachdrücklich.

  • "Die Ukraine wird auf Verhandlungen setzen müssen – aber nicht aus einer Position der Stärke. Und das ist auch der Schwäche des Westens und Deutschlands geschuldet".

    Zum Realismus gehört anzuerkennen, dass die Sanktionen des Westens gegen Russland fast wirkungslos sind, weil China, Indien und andere Staaten russisches Öl kaufen und alle sanktionierten Waren liefern - mit tatkräftiger Hilfe des Natopartners Türkei.

    Der Westen ist also viel schwächer, als er anfangs dachte und vor allem spürt auch er die massiven Ausgaben für die Rüstung der Ukraine und dass der Staatshaushalt der Ukraine auch noch vom Westen finanziert wird. Plus Kosten für Flüchtlinge.



    Der Westen kann das demographische Ungleichgewicht der Kriegsgegener nicht ändern. Der wichtigste Punkt.

    Zu verhandeln, wenn Druck aus den USA kommt, ist ist kein wedeln mit der weißen Fahne, sondern purer Realismus.



    Die Ukraine erhält Sicherheitsgantien und für Wiederaufbau und Rüstung der Ukraine gibt es einen Soli, der auch die Bundeswehr finanziert. Diese Belastung wird jeder Bundesbürger massiv spüren. Denn Trumpsche 3 Prozent des BIP für Rüstung bedeuten 25 des Haushalt des BRD, was die Parteien lieber verschweigen!

  • Dazu kann man nichts sagen. Wer mit einem Köfferchen Reiseutensilien auf diesem Bahnsteig erscheint hat doch genug gesagt.

  • Ja, Scholz hat im Bezug auf Deutschland eine klare Strategie, er verhindert, dass Deutschland mit in einen Krieg gezogen wird.



    Das wäre, angesichts der Mitgliedschaft in der Nato wahrscheinlich der Beginn eines dritten Weltkriegs. Dass es nicht dazu kommt, ist im Interesse der Deutschen und Aller Anderen.



    Schaden vom deutschen Volk abzuwenden ist die grundlegende Aufgabe eines Bundeskanzlers.



    Gerade jetzt noch für Unterstützung mit Waffensystemen zu sorgen ist wichtig. Selensky beklagt ja auch, dass die Flugabwehr gestärkt werden muss. Der Schutz der Zivilbevölkerung ist das Beste, was man über Waffen sagen kann. Dass auch der ukrainische Präsident betont, dass Deutschland hier die meisten Ressourcen zur Verfügung gestellt hat, ehrt die Verteidigungsstrategie.



    Was militärische Strategien betrifft, so ist Selensky dafür verantwortlich. Dabei hat er, mit seiner verpatzten "Frühjahrsoffensive" und dem Angriff auf das Kursker Gebiet, kein glückliches Händchen bewiesen.



    Der Abzug von Truppen an der Front, hat den Vormarsch Putins beschleunigt. Der nun erfolgte Einsatz von Mittelstreckenraketen ändert daran offenbar nichts.



    Nicht Tod, Leben muss das Ziel heißen.

  • ...für eine Strategie, die auf mehr setzt als bloße militärische Überlegenheit...



    Wenn es wenigstens so gewesen wäre! Wann genau hat man den - bewusst - militärische Überlegenheit hergestellt und nicht lediglich Löcher gestopft? Es war doch immer das unausgesprochene Narrativ, dass die Ukraine nie zu stark werden durfte um Russland ernsthaft zu gefährden. Das das eine furchtbar gefährliche Strategie ist, ähnlich gefährlich wie ein kraftstrotzendes Ukraine, muss doch jedem klar gewesen sein.

    Olaf (Kanzler) ohne Land hat es verpasst eine stringente Strategie zu erstellen und zu folgen. In sofern hat die Autorin zweifelsfrei recht.

  • Ein Friedenskanzler ist er nicht geworden. Aber er hatte objektiv auch mit schweren Bedingungen, Partnern und Mitspielern zu tun. Dass Deutschland sich von einem gewissen Zeitpunkt an auf die schiefe Ebene der immer mehr ausgeweiteten indirekten Kriegsbeteiligung begeben und damit eine Vermittlerrolle komplett aufgegeben hat, halte ich für einen schweren Fehler. Fairerweise muss man sagen, dass das nicht Scholz so entschieden hat, sondern dass fast die gesamte "politische Klasse" samt der Leitmedien lange Zeit den Siegfrieden wollte und für möglich hielt. Scholz hatte massenhaft Falken im eigenen Lager und eine ganz und gar kriegerische öffentliche Stimmung gegen sich. Dass er unter diesen Bedingungen zumindest beim Taurus standhaft geblieben ist, rechne ich ihm hoch an. Jedenfalls kann man m.E. nur hoffen, dass die heiße Phase des Krieges vorbei sein wird, wenn er vermutlich im nächsten Frühjahr sein Amt übergibt.

  • Da der Kanzler, wie unseren anderen Politiker und Industriekapitäne, nicht systemisch denken, wurde planlos über einzelne Waffensysteme diskutiert, statt mir deutschen und ukrainischen Generälen abzuklären, was im Verbund sofort und was später in welcher Anzahl benötigt wird und dann zu liefern, um sich danach um den Nachschub zu kümmern.



    Ebenso absurd ist die Beschränkung, nicht auf russischen Boden schießen zu dürfen. Nicht nach Moskau ist nachvollziehbar, aber Nachschubbasen, Militärflughäfen, Transportwege, Feuerleitsysteme usw. 250 bis 300 Km Entfernung?



    Einfach nur ein Trauerspiel, das auf allen Seiten Menschenleben fordert und noch erhebliche Folgekosten auslösen wird.

    • @2Cents more :

      Es sollte wohl klar sein, dass das, was die Presse und damit wir erfahren, nicht all das ist, was beraten und besprochen wird. Auf der anderen Seite ist das, was an die Öffentlichkeit gelangt, auch immer eine Information/Botschaft an Russland ...

      Es ist überheblich zu meinen, man wüsste es in diesem komplexen Geschehen, von dem man nicht mal die Hälfte mitbekommt, besser als diejenigen, die sich mit dem Thema und Entscheidungen tagtäglich herumschlagen müssen ...

    • @2Cents more :

      www.dbwv.de/aktuel...der-irrsinn-endete

      Man kann sich aus historischer Perspektive die Frage stellen, wie ein so umfassender Krieg bislang gewonnen wurde. Der Erste endete kurz vor der absoluten Niederlage mit einem Waffenstillstand und anschließender Kapitulation. Die brachten aber nur eine Pause von nicht einmal zwei Dekaden. Erst mit der vollständigen Besetzung des deutschen Staatsterritoriums, kehrte wirklich Frieden ein.

      Unabhängig davon, wie sich die Kämpfe in der Ukraine noch entwickeln, mehr als eine Situation, wie sie Ende 1918 bestand, ist gegen eine Atommacht durch konventionell bewaffneten Staates schwer herauszuholen. Ohne stringente Unterstützung der NATO dürfte die Ukraine alsbald einem erneuten Krieg ausgesetzt sein.

  • Es gab von Anfang an bei niemandem eine Strategie. Das Interesse an der Unterstützung der Ukraine war sogar eher mau. Erst als Selensky den Westen bei seinen Werten packte, kamen sie aus der Sache nicht mehr raus, ohne das Gesicht zu verlieren. Entsprechend lustlos ist die Unterstützung seit fast drei Jahren. Nur das nötigste, bloß nicht reingezogen werden. Diplomatie als Königsweg? Fehlanzeige. Statt dessen markige Worte und mäßige Taten und ein löchriges Sanktionsregime. Im Grunde wird die Ukraine für einen Abnutzungskrieg geopfert. Sagen will das niemand, weil es eine ethische Schweinerei ist.

  • Aufgeben wäre jetzt falsch. Russland wankt bereits, Inflation bei 20%, die Sanktionen wirken. Die Ukraine wird vielleicht nicht militärisch gewinnen, der Westen insgesamt aber wirtschaftlich.

  • "Dieser Krieg kennt keine Gewinner.



    (...) die russische Armee rückt vor und der Westen hat einen Teil seiner Glaubwürdigkeit eingebüßt."



    Wie jetzt, keine Gewinner? Der gute Wladi lacht sich schlapp!

  • Unglaublich schwieriges Thema. Eine Frage, vermutlich ziemlich bekloppt, frage ich mich seit einiger Zeit.



    Kann ein Land an ein anderes Land sein Luftraum verpachten?



    Also könnte die USA von der Ukraine dessen Lauftraum, für sagen wir, die nächsten 10 Jahre pachten?

  • Scholz' Stärke war immer auch das Verhandeln. Auch hat Deutschland immer noch theoretisch das Ohr beider Seiten, auch wenn die beide eigentlich die USA vorziehen.



    Darum soll er kurz vorführen, dass die ADi- und BSW-Märchen genau das sind: Märchen.

    Strategisch hätten sehr schnelle Gegenmaßnahmen zu Beginn etwas gebracht, ja auch symmetrische Angriffe auf russische Flughäfen und Luftüberlegenheit herstellen. Nach dem Eingraben wurde es schwerer.

    Ein Indiz für Russlands beginnende Überdehnung ist übrigens gerade Aleppo. Dort können die russischen Schergen offenbar nicht mehr ausreichend Einsatz fahren.

  • Warum sollte Scholz eine Strategie haben? Wenn er Fragen hatte, gab es genug fähige Leute, die sie beantworten konnten. Man mußte nur das liefern, was die Ukraine benötigt, dazu die nötige Munition und die Instandsetzungskapazitäten. Wem Vorstellungen von der Gegend und den Dimensionen fehlen, könnte entweder Peter Bamms "Unsichtbare Flagge" lesen (der ist als Chirurg einer pferdebespannten Sanitätskompanie auch in der Ukraine gewesen) oder, wenn das zu viele Buchstaben sind, sich einfach mal vorstellen, daß man mit dem, was die NATO-Staaten zur Verfügung gestellt haben, eine Front vom Alten Land bis zum Kaiserstuhl halten solle. Das sind Luftlinie etwas mehr als 1.000 km, käme also ungefähr hin.

  • Und im Übrigen bin ich dafür, dass die Bundesregierung endlich die Taurus-Raketen an die Ukraine senden soll.

  • 100 Tage Scholz Show !

    Nun wird die SPD alle paar Tage ein neues Thema raushauen, so dass die SPD als Dauerthema bis zur Wahl zuvorderst in den Medien ist. Da wird kein Blatt papier einer anderen Partei mehr dazwischen passen. :-)

  • Dann entspricht die Haltung Scholz' doch der der Wähler.

    Was anderes als militärische Überlegenheit interessiert Putin offensichtlich nicht.

    Sonst hätte er anders agiert.

    Wenn Putin den Westen nicht richtigerweise als schwach wahrnehmen würde, wäre er gar nicht erst in die Ukraine einmarschiert.

    Jedes Volk kriegt den Anführer, den es verdient.

    Ein militärisch selbstbewußter Kanzler mit der Ambition, die Ukraine hundertprozentig zu unterstützen, hätte vermutlich Massenproteste ausgelöst.

  • "[...] das ist auch der Schwäche des Westens und Deutschlands geschuldet."

    Genau so! Und nein, Taurus ist kein Gamechanger. Hat nie jemand behauptet. Aber es wäre ein wichtiges Puzzleteil gewesen, dass - wäre es frühzeitig geliefert worden - einen kleinen Unterschied hätte machen können. Noch viel wichtiger wäre aber gewesen, dass Deutschland frühzeitig z.B. deutlich mehr Leopard 2, Marder und PzH 2000, Stinger, Patriot geliefert hätte. Hunderte ukrainische Soldaten hätten dadurch noch am Leben sein können. Ja, die Bundeswehr wäre dadurch geschwächt worden. Die Bundeswehr musste aber - und das war klar absehbar - in 2022 bis 2024 auch nicht gegen Russlands brutale Aggression verteidigen, die Ukrainer schon. Aber ja, auch die Amerikaner haben weniger geliefert, als sie hätten liefern können. Joe Biden hat auch zu zaghaft reagiert.

    Nun kommt, was viele auch hier im Forum bestenfalls noch als "Falken" geschmähte Experten schon lange vorhergesagt haben: Viele Flüchtlinge für Westeuropa, und für die Russen die Erkenntnis, dass der Westen schwach und uneins ist - nach dem bereits gegen uns geführten hybriden Krieg kommt vielleicht bald der kinetische.

  • Wie wahr! Einfach gemeinsam und meist allein verbockt.