Olaf Scholz auf der „Republica“: Dem Kanzler lieb und teuer

Die TV-Moderatorin Linda Zervakis versuchte erfolglos, eine taz-Veröffentlichung zu verhindern. Nun ist klar, wie viel Geld sie vom Kanzleramt bekam.

1.130,50 Euro brutto: Zervakis hatte versucht, die Höhe der „Kostenpauschale“ zu verheimlichen Foto: dpa

BERLIN taz | Linda Zervakis war zufrieden mit ihrem Bundeskanzler-Interview auf der Digitalkonferenz Republica, so erzählte sie es im Herbst 2022 in einem Podcast von t-online. „Es zu schaffen in 20 Minuten, dass ein Olaf Scholz auch hin und wieder mal lacht, da war ich ein bisschen stolz drauf“, sagte sie. Kein Wort verlor sie über die Umstände: Pro7-Moderatorin Zervakis war auf der Republica keine unabhängige Journalistin, sondern wurde vom Kanzleramt engagiert – ohne dass das transparent gemacht wurde. Scholz’ Leute fürchteten offenbar zu kritische Fragen. Die PR-Aktion kam erst vor einem Monat durch eine taz-Recherche ans Licht.

Mit der taz will Linda Zervakis nicht sprechen. Ihr Manager Ansa Seidenstücker hat die allermeisten Fragen nicht beantwortet und nur eine Sache betont, als er mit der Recherche konfrontiert wurde: Zervakis habe für die Moderation auf der Republica kein Honorar bekommen.

Zervakis bekam vom Kanzleramt aber eine „Kostenpauschale“ überwiesen: 1.130,50 Euro brutto. Die Summe hat ein Regierungssprecher der taz in der vergangenen Woche mitgeteilt. Zuvor hatte das Kanzleramt die Angabe mit Verweis auf das „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ noch strikt verweigert. Die taz ist dagegen vor das Verwaltungsgericht gezogen. Bevor das Gericht eine Entscheidung gefällt hat, kam nun die Antwort.

Nach wie vor nicht offenlegen will das Kanzleramt, welche Kosten erstattet worden sein sollen. „Mit der Kostenpauschale sollten pauschal alle anfallenden Kosten von Frau Zervakis und ihrem Team abgedeckt werden“, sagt ein Regierungssprecher lediglich. „Eine Aufschlüsselung liegt daher nicht vor.“

Zervakis selbst hatte versucht, die Höhe der „Kostenpauschale“ zu verheimlichen. Schon am Tag der Online-Veröffentlichung der Recherche kam Post von ihrem Anwalt. Er wollte der taz untersagen, auch nur den Verdacht zu äußern, dass Zervakis für die Moderation auf der Republica eine Bezahlung erhalten haben könnte, die als Teil einer großzügigen Kostenpauschale getarnt wurde.

Zervakis ging vor Gericht, zog aber dann ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Die zuständige Pressekammer des Landgerichts Hamburg hatte ihr zuvor signalisiert, dass sie wohl keinen Erfolg haben wird – weil die Berichterstattung der taz nicht zu beanstanden sei.

„Kosten für Styling und Maske“

In einem Schriftsatz nennt ihr Anwalt den Grund, warum Zervakis nicht möchte, dass bekannt werde, dass sie manche Moderationen auch ohne Honorar übernehme: Das mindere ihre Verhandlungsposition bei anderen Moderationen, etwa öffentliche Firmenveranstaltungen.

Dass Zervakis auch gegenüber dem Gericht die Höhe der Kostenpauschale nicht offenlegen wollte, hat offenbar einen guten Grund: Es handelt sich um eine recht hohe Summe, die selbst ein Honorar bei vergleichbaren Moderationen übersteigt. So bekommt man etwa beim RBB laut Honorarrahmen weniger Geld für eine halbstündige „TV-Moderation unter erschwerten Bedingungen“. Auf der Republica werden Mo­de­ra­to­r:in­nen in der Regel überhaupt nicht bezahlt.

Gab es also die Kosten gar nicht und in Wahrheit geht es doch um ein getarntes Honorar? Zervakis’ Manager hat das dementiert: „Die Kostenpauschale beinhaltete – ausschließlich – Kosten, die Linda Zervakis im Zusammenhang mit der Moderation des Gesprächs mit Bundeskanzler Olaf Scholz auf der re:­pu­bli­ca Berlin am 9. Juni 2022 entstehen“, so hat es Ansa Seidenstücker gegenüber dem Gericht eidesstattlich versichert. Eine Anfrage der taz, um welche Kosten es gegangen sein soll, beantwortete er nicht.

Die An- und Abreise zur Konferenz hat Zervakis’ Sender Pro7 bezahlt. Sie fuhr morgens aus München mit dem ICE nach Berlin und abends zurück, gerade einmal sechs Stunden verbrachte sie in der Hauptstadt, sie übernachtete dort nicht. Das geht aus Bahntickets und der Reiseverbindung hervor, die Zervakis’ Anwalt ans Gericht geschickt hat.

Ihr Sender Pro7 hatte mitgeteilt, dass er kein Problem mit dem Interview habe, sie habe dafür ja kein Honorar bekommen. „Ein solches Interview ist mit unseren journalistischen Werten sehr gut zu vereinbaren“, sagte ein Sprecher. Auf die Nachfrage, ob das auch bei einer hohen „Kostenpauschale“ gelte, kommt keine direkte Antwort. Der Sprecher macht aber deutlich, dass der Sender in der intransparenten PR-Moderation weiter kein Problem sieht.

Zugleich nennt er von sich aus eine mögliche Erklärung, was für Kosten angefallen sein könnten: „Mit der Kostenpauschale von 1.130,50 Euro können wir für einen Moderationsauftritt nicht die Kosten für Styling und Maske bezahlen – weder für Frau Zervakis noch für eine andere Moderator:in“, schreibt er.

Transparenzhinweis: Der Autor hat 2019 einen Vortrag auf der Republica gehalten. Er bekam dafür kein Geld, aber kostenlosen Eintritt.

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