Schüler interviewt Po­li­ti­ke­r*in­nen: Leon Damerow findet Schäuble nett

16 Po­li­ti­ke­r*in­nen haben der 18-Jährige und sein Team interviewt, darunter Granden wie SPD-Chefin Saskia Esken. Die Clips gibt's auf Youtube.

Ein junger Mann mitblonden Haaren, einem schwarzen Pulli und einer Brille interviwet Gregor Gysi

Prominente Gäste: Leon Damerow interviewt Gregor Gysi Foto: Leon Bachmann

NEUMÜNSTER taz Wussten Sie, dass Jens Spahn seinen Beitritt in die CDU nach seinem Bauchgefühl entschieden hat? „Es hat mir gesagt, die CDU passt irgendwie zu mir, erst danach habe ich mir das Programm erarbeitet“, sagt der CDU-Vize Spahn in der ersten Folge „Politik-Talk“ zum Interviewer Leon Damerow.

Damerow ist seit einem Jahr Vorsitzender im Kinder- und Jugendbeirat Neumünster. Ausgerechnet in dem Schuljahr, in dem der 18-Jährige sein Abitur macht, hat er gemeinsam mit seinen Kol­le­g*in­nen aus dem Beirat 16 prominente Bun­des­po­li­ti­ke­r*in­nen interviewt, darunter SPD-Chefin Saskia Esken, Gregor Gysi (Linke) und Wolfgang Schäuble (CDU). Die recht professionell anmutenden, rund 20-minütigen Videos erscheinen nun immer freitags auf der Videoplattform Youtube. Spahn hat vergangene Woche den Anfang gemacht. Am heutigen Freitag folgt Esken.

Die Interviews hat Damerow alle selbst angefragt, meist erfolgreich. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir mit so vielen hochrangigen Leuten sprechen können“, sagt er der taz. Als surreal beschreibt er die Situation, als FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann ins Zimmer gekommen sei und sinngemäß gefragt habe: Wer ist dieser Leon Damerow, der hier in Berlin alle verrückt macht? „Und dann“, erzählt Damerow weiter, „sitzt man plötzlich dem dienstältesten Abgeordneten unserer Geschichte, Wolfgang Schäuble, gegenüber – und dann ist der auch noch nett.“

Nur Esken habe „anscheinend nicht den besten Tag erwischt“ und hinter der Kamera recht kritisch gefragt, warum die Jugendlichen sich denn Staatsverschuldung neben dem Klimawandel als zweites Schwerpunktthema der Interviews ausgesucht haben. „Das kommt uns in der Medienberichterstattung zu kurz“, sagt Damerow der taz, dabei bereite die Verschuldung jungen Menschen auch Sorgen.

In den Herbstferien nach Berlin

Damerow und sein Beirat wollen mit dem Projekt jungen Menschen die Bundespolitik näherbringen. Mit den zwei großen Themen Klima und Schulden, aber auch mit Fragen zu Fachkräftemangel, Kinderarmut, Rentensystem – und Persönlichem. Dafür sind die Jugendlichen in den vergangen Herbstferien für vier Tage nach Berlin gefahren. Technisch unterstützt hat sie der Jugendverband Neumünster, finanziell gefördert hat sie das Bundesprogramm „Demokratie leben“.

Die Antworten der Po­li­ti­ke­r*in­nen sollten kurz und verständlich sein, erklärt Damerow, die Videos nicht zu lang. Er weiß, was junge Menschen heutzutage konsumieren, und scheint selbst diesbezüglich schon fast aus der Reihe zu tanzen: Manchmal schaue er „Tagesschau“ oder „heute journal“, „aber nur in der Mediathek“. Podcasts spielen bei ihm eine kleinere Rolle als Spiegel, FAZ und taz. Neben Beirat und Schule, wo er eine Politik-AG leitet und Schülersprecher ist, arbeitet Damerow als freier Journalist; hat in einer Lokalzeitung eine eigene Kolumne. Journalismus, das ist eine Möglichkeit für die Zukunft. „Momentan tendiere ich aber dazu, in Kiel Jura zu studieren.“ Und das mit der Politik will er auch nicht ganz ausschließen.

Auch zwei Mitglieder der AfD haben die Jugendlichen interviewt. „Ich finde es falsch, per se nicht mit denen zu reden.“ Anhand der Videos könne sich schließlich jeder selbst eine Meinung bilden. Herausfordernd seien die Gespräche aber gewesen. Die Annahmen über das politische System und die Klimawandel seien grundlegend andere.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.