Nina Warken zu Cannabis: Kampfansage gegen das Kiffen
Die Gesundheitsministerin will die Abgaberegeln für medizinisches Cannabis verschärfen. Betroffen wären davon vor allem schwerkranke Menschen.
A usgerechnet die Abgabe von medizinischem Cannabis will Gesundheitsministerin Nina Warken erschweren. Cannabis auf Rezept soll es bald nur noch in Apotheken und nach persönlichem Praxisbesuch geben. Man fragt sich, warum es nach der Teillegalisierung von Cannabis letztes Jahr nun zuallererst die treffen soll, denen die umstrittenen Blüten gesundheitliche Erleichterung verschaffen.
Nur schwerkranke Menschen, bei denen die verfügbaren Standardtherapien keine ausreichende Wirkung erreichten, können „in Ausnahmefällen“, wie es bei Krankenkassen heißt, ein Rezept für medizinisches Cannabis bekommen. In der Praxis tun sich noch viele Ärzte schwer damit, es zu verschreiben, was umso unverständlicher ist, da Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel gilt und ohne gesonderten Antrag bei den Krankenkassen verschrieben werden kann.
Es sind vor allem PatientInnen mit Multipler Sklerose, Tumorkranke, Menschen mit schweren psychischen Problemen oder chronischen Schmerzen und Palliativpatienten, die sich von Cannabis Erleichterung erhoffen, es bislang mit wenigen Klicks bestellen und sich per Post liefern lassen konnten. Das per Videokonferenz mögliche Abklären zwischen Patient und Ärztin geht Warken gegen den Strich.
In die ohnehin oft überfüllten Wartezimmer soll sich jetzt auch noch die Gruppe der Schwerkranken drängeln, die bislang per Online-Rezept bedient wurde. Die Gesundheitsministerin begründet ihren drastischen Vorstoß mit der Zunahme der Importe von Cannabisblüten. Nichts anderes war doch nach den Abgabeerleichterungen zu erwarten. Wenn der Spaziergang ums Haus, vielleicht sogar ein ganz normaler Arbeitstag wieder ohne Medikamente möglich ist, dann greift man doch gerne zu.

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Für Warken ist der Angriff auf das medizinische Cannabis wohl nur ein erster Schritt von vielen, um die von ihrem Vorgänger im Amt, Karl Lauterbach (SPD), vorangetriebene Teillegalisierung wieder zurückzudrehen, die sie von Beginn an abgelehnt hat. Dann wäre man wieder bei null angekommen.
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