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Nahost-KonfliktKeine Analogie von Palästina-Demos und Bürgerrechtsbewegung

Michaela Dudley
Gastkommentar von Michaela Dudley

Der Kampf der 60er gegen Rassismus in den USA lässt sich mit den pro-Palästina-Kundgebungen nicht vergleichen. Zu unterschiedlich sind die Ziele.

Propalästinensische Demonstrantinnen Anfang Juli in Berlin Foto: Soeren Stache/dpa

D ie öffentliche Debatte leidet unter einer unzulässigen Gleichsetzung: Die aktuellen Free-Palestine-Demonstrationen werden zunehmend mit den legendären Demonstrationen der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre in den USA verglichen. Diese Analogie ist jedoch historisch unpräzise und zutiefst problematisch.

Die Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre kämpfte gegen Rassismus und für die Gleichberechtigung und Würde aller Bürger – ein unzweifelhaft moralisches Ringen um Inklusion und Gerechtigkeit. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Demonstrationen der Free-Palestine-Bewegung. Ihre Rhetorik und Symbolik überschreitet in der öffentlichen Artikulation die Grenze zum blanken Judenhass. Hier wird mitunter offen die Existenz eines Staates infrage gestellt.

Weder die Demonstrierenden noch ihre Fürsprecher in Talkrunden erheben Freiheitsforderungen, die sich an die Hamas richten. Das Fehlen von Wahlen unter der Hamas seit nahezu 20 Jahren und die schwierige Lage von Frauen oder der LGBTQ+-Community werden geflissentlich ignoriert. Auf den propalästinensischen Kundgebungen wartet man vergeblich auf auch nur ein Wort Empathie für die über eintausend Opfer der Hamas vom 7. Oktober. Stattdessen wird von „Widerstand mit allen Mitteln“ gesprochen.

Michaela Dudley

geboren 1961 im Schatten der Freiheitsstatue, Berlinerin mit afroamerikanischen Wurzeln, Kolumnistin, Kabarettistin, Keynote-Rednerin und Juristin (Juris Dr., US). Ihr Buch „Race Relations: Essays über Rassismus“, erschienen 2022 im GrünerSinn-Verlag, reüssiert als lyrischer Leitfaden zum Antirassismus und liefert Hintergründe zu den bis heute anhaltenden Diskriminie­rungen.

Doch selbst die angeblich „harmloseren“ Aktivitäten dieser Bewegung richten Schaden an. Man denke an Greta Thunbergs medienträchtigen Segeltörn. Nicht zuletzt versinnbildlichte der gescheiterte Global March to Gaza, der an der ägyptischen Mauer zerschellte, die performative Solidarität pur.

Nahost-Debatten

Der Israel-Palästina-Konflikt wird vor allem in linken Kreisen kontrovers diskutiert. Auch in der taz existieren dazu teils grundverschiedene Positionen. In diesem Schwerpunkt finden Sie alle Kommentare und Debattenbeiträge zum Thema „Nahost“.

Solche Aktionen untergraben die Ernsthaftigkeit des „eigenen“ Anliegens, indem sie zur Bühne für White Saviors verkommen, die in einer Art Reality-Soap heulend und zähneklappernd mit der Wahrheit und ihrer eigenen Naivität konfrontiert werden. Dies steht in scharfem Kontrast zu 1964, als Aktivisten vom Ku-Klux-Klan gelyncht wurden Die undifferenzierte Gleichsetzung verhöhnt die Errungenschaften der Bürgerrechtsbewegung.

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2 Kommentare

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  • Ach Frau Dudley, lassen Sie's einfach sein. Ihre Worte werden nicht richtiger, nur weil Sie sich wiederholen.

  • Wer stellt den zunehmend diese Vergleiche auf?



    Das Problem mit dem Global March for Gaza habe ich nicht verstanden, außer das Ihnen die Hautfarbe bestimmter Teilnehmer nicht passt.