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Lehren aus den US-WahlenWo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Die US-Demokraten haben ihre Wählerschaft verloren und die Wählerschaft ihre Partei. Nach dem Wahlergebnis muss sich die Partei neu aufstellen.

Un­ter­stüt­ze­r:in­nen von Kamala Harris, während sie mit einer Rede am 6. November ihre Niederlage gegen Donald Trump einräumt Foto: Terrance Williams/reuters

Z wei Zahlen werden sich die US-Demokraten nach der Wahl von Donald Trump ganz besonders einprägen müssen: 91 und 86. 91 Prozent der Wähler.innen, die nach der Wahl angegeben haben, die Wirtschaft sei in exzellentem oder gutem Zustand, verorten sich bei den Demokraten. Von denjenigen hingegen, die die Lage der US-amerikanischen Wirtschaft als schlecht beurteilen, bezeichnen sich 86 Prozent als Wähler.innen der Republikaner. Die beiden Zahlen markieren eine paradox erscheinende Verschiebung in der US-Politik.

Ausgerechnet die Republikaner, die Partei der Reichen, die für ökonomische Deregulierung und sozialpolitischen Kahlschlag steht, sind unter Donald Trump zur Partei der einfachen Leute geworden. Von den Weißen ohne College-Abschluss versammeln sich rund 60 Prozent hinter ihm, bei den weißen Männern ohne College-Abschluss sind es sogar fast 70 Prozent. Und die einstige Partei der Arbeiter.innen, der Linken von Franklin D. Roosevelt und großer Sozial- und Arbeitsprogramme, ist zur Partei des wirtschaftlichen Wohlstands und gut ausgebildeter Eliten geworden.

Die Entfremdung von den nicht-akademischen traditionellen weißen Teilen der Bevölkerung spiegelt sich im Wahlergebnis. Gewiss, Kamala Harris war offenkundig die falsche Kandidatin. Und Harris hat auch deshalb verloren, weil die USA nicht bereit sind, eine Frau ins Weiße Haus zu wählen, noch dazu eine Schwarze.

Der US-Arbeiterklasse und der unteren Mittelschicht ist ihre Partei abhanden gekommen – und umgekehrt

Der größte Anteil der Trump-Wähler:innen hat problemlos für einen rassistischen, demokratieverachtenden, mit Elementen des Faschismus spielenden Mann gestimmt. Sie wollten genau dies und diesen im Weißen Haus: als starken Anführer. Dass sie ihre eigene wirtschaftliche Lage als schlecht beurteilen, mag also nicht das Hauptmotiv aller gewesen sein. Nur relativiert das nicht den Befund, dass der US-Arbeiterklasse und der unteren Mittelschicht ihre Partei abhanden gekommen ist – und umgekehrt.

Im Moment üben sich die Demokraten noch im Spiel der Schuldzuweisung. Joe Biden sei schuld: Sein Rückzug kam viel zu spät. Kamala Harris sei schuld: Sie konnte kein wirtschaftspolitisches Profil entwickeln. Tim Walz sei schuld: Er hat als Mann des einfachen Volks nicht geliefert. Wenn die Schuld ausreichend genug verteilt ist, werden die Demokraten diskutieren, wie sie die verlorenen Wähler.innen wieder zurückgewinnen können. Dabei wäre eine viel grundlegendere Frage zu klären: Wie sieht eine emotionale, linke, wenigstens sozialdemokratische, vielleicht sogar sozialistisch angehauchte Politik in einer globalisierten Welt aus?

Es gibt Lösungen

Die Klärung dieser Frage ist keine exklusive Aufgabe der US-Demokraten. Auf die Arbeitsplatzverlagerungen, Freihandelszonen und Deregulierungen im Zuge der Globalisierung hat kaum eine demokratische linke(re) Volkspartei des Westens eine erfüllende Antwort. Genauso wenig, wie auf die zunehmend ungleiche Verteilung des Wohlstands. Dabei warnen linke Ökonomen seit Jahrzehnten vor der größer werdenden sozialen Spaltung und den gesellschaftlichen Folgen. Der französische Ökonom Thomas Piketty hat aufgezeigt, dass heute vornehmlich aus Kapital mehr Vermögen entsteht, nicht durch eigene Arbeit, vulgo: Wer hat, dem wird gegeben. Wer nichts hat, hat kaum eine Chance auf Vermögen. Dagegen fordert Piketty radikale Steuerreformen.

Der frühere US-Arbeitsminister Robert Reich argumentiert, dass es politische Entscheidungen sind, die den Wohlstand von unten nach oben verlagern. Er verlangt eine Stärkung der Gewerkschaften, höhere Mindestlöhne und Vermögen- und Erbschaftsteuern. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz erkennt im Wohlstandsverlust der Mittelschicht ein demokratisches Problem und drängt auf progressive Steuersysteme, Bildungsinvestitionen, stärkere Arbeitnehmerrechte. Es gibt also Ansätze, ein linkes Gerechtigkeitsversprechen glaubhaft zu formulieren, ohne auf rassistische oder nationalistische Versprechen zurückzugreifen. Bernie Sanders, der viele dieser Positionen teilt, war und ist übrigens der einzige Demokrat, der annähernd eine Begeisterung von links entfachen konnte – wie Trump von rechts.

Wenn in Deutschland demnächst Neuwahlen stattfinden, werden sich auch die Sozialdemokraten mit dieser Frage auseinandersetzen müssen. Und das ein wenig grundsätzlicher, als sie es mit Olaf Scholz’ Respektkampagne im Wahlkampf 2021 vorgeführt haben. Den Respekt der Arbeiterschaft und der unteren Mittelschicht muss sich die Sozialdemokratie erst wieder verdienen. Sonst wird auch in Deutschland eine fortschreitende Amerikanisierung der Politik zu beobachten sein: Die Verlierer der gesellschaftlichen Entwicklung werden nicht mehr links, sondern rechts wählen.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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56 Kommentare

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  • Man man man, was ist hier in der Kommentarspalte los, ihr schreibt doch weitgehend nur was ihr glauben wollt. Die Gründe für den Trumpsieg sind doch seit Tagen und auch zuvor schon als Ahnungen klar dargelegt:



    1) Die Inflation war nicht nur "gefühlt". Erstens ist es zynisch, weil Inflation fühlen heißt zum Beispiel nicht genug Geld zum Essen zu haben. Zweitens sind die Realeinkommen der unteren Einkommensperzentile schon seit vielen Jahren am Sinken!



    2) Diese Schichten werden kulturell enteignet und als rückständig markiert, es wird über sie gesprochen, nicht sie sprechen. Wer macht das? Die demokrtische Elite die nachgewiesen Medien, manche staatliche Institutionen, Bildungsinstitutionen personell beherrscht - das ist keine Phantasie sondern Statistik!

    Was erwartet man denn von denen, wenn es immer schlechter wird und man "oben" (das es gibt...) als Selbstbedienungsladen wahrnimmt?

    Es ist wahr, dass die Reps auch mies sind und viel davon angerührt haben und keinesfalls für Arme sind, aber die führen nicht noch einen Kulturkampf und stellen sich nicht als die neue überlegen Schicht dar die fordert, das was man noch vom Leben hat zu opfern.

    Übr. hat Trump in vielen Lagern gesiegt

  • Jacke wie Hose oder Kapitalistische Einheitspartei


    Zitat: „Auf die Arbeitsplatzverlagerungen, Freihandelszonen und Deregulierungen im Zuge der Globalisierung hat kaum eine demokratische linke(re) Volkspartei des Westens eine erfüllende Antwort.“


    Was heißt hier „eine erfüllende Antwort“? Die ultra-liberale Deregulierung der Wirtschaft ist eine Kreation von Reagan und Thatcher von den Reps und den Konservativen, servil fortgeführt von Clinton und Sir Tony Blair von den Dems und New Labour. Ergo: Es gibt schlicht keine „demokratische linke(re) Volkspartei des Westens“ (mehr), falls es so was überhaupt je gegeben hat. Clinton und Blair haben insofern durchaus „erfüllende Antworten“ gefunden, nämlich solche, welche die Erwartungen des Big Money erfüllen. So gesehen trifft Gor Vidal den Nagel auf den Kopf: „«Es gibt nur eine Partei in den Vereinigten Staaten, die Eigentumspartei ... und sie hat zwei rechte Flügel: Republikaner und Demokraten.» Eine Wahl zwischen beiden ist folglich eine Wahl zwischen Pest und Cholera oder die Wahl zwischen den Farben der Stiefel, von denen der Kleine Mann getreten wird...

  • Leider mal wieder ein Artikel, der europäische Denkmodelle an US-amerikanisches Wählerverhalten anlegt. Das funktioniert nicht.

    In den USA ist - bis auf den linken Rand der Demokraten - die europäische Begeisterung für den Staat als sozial ausgleichendes Element VIEL weniger verbreitet. Egal ob Arbeiter oder Industriemagnat: Das Geld wird dort nicht aus der Umverteilung erwartet sondern aus einer brummenden Wirtschaft.

    Und wenn die Leute das Gefühl haben, sie haben zu wenig Geld in der Tasche, erwarten sie keine staatlichen Wohlfahrtsversprechen (und auch nicht die aus ihrer Sicht kontrafaktische Behauptung, die Wirtschaft sei doch vergleichsweise gut in Schuss), sondern Aufschwungskonzepte. Trump benennt Gründe (bzw. Schuldige) dafür, dass die Wirtschaft nicht besser läuft, und er sagt, was er dagegen unternehmen will. Und er lässt keine "widrigen äußeren Umstände" gelten sondern verspricht, sich über sie und alles andere "Mimimi" (insbesondere moralinsaures) brutal hinwegzusetzen. DAS verfängt.

    Ich bin guter Hoffnung, dass man genug US-Stimmen auch anders - seriöser und ethischer - gewinnen kann, aber eher nicht mit dem Versprechen, das sozialstaatliche Füllhorn auszupacken.

    • @Normalo:

      Seriöser ja, aber Ethischer? Igitt, moralinsauer.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Dioe goldene Mitte ist halt die Kunst: Einen Kurs finden, bei dem die bisher Unbekehrten sich selbst möglichst viel besser fühlen können als unter dem Banner des populistischen Rüpels, aber nicht so überhoch zu Ross wie die Streber, die ihnen ständig erzählen wollen, was sie tun, lassen, reden oder denken "dürfen".

    • @Normalo:

      Genau so ist es.

    • @Normalo:

      Das Beispiel Bernie Sanders zeigt ja schon, dass das nicht stimmt. Die US-Wähler:innen haben derzeit weder in den großen Medien noch in den Parteien aktives Personal, das solche Interessen vertritt, was vor allem an der Abhängigkeit der Parteien von privatem Kapital liegt, aber dass in Amerika die breite Masse einfach kein Interesse an staatlicher Sozialpolitik hätte, halte ich für falsch. Es bietet ihnen einfach niemand mehr an.

      • @Wonko the Sane:

        Bernie Sanders steht - wie auch AOC und ein paar Andere - genau für den erwähnten linken RAND der Demokraten. Dieser Rand ist durchaus lautstark, und seine Anhänger sind es erst recht. Von mangelnder Präsenz kann keine Rede sein. Die war nur im 2024er-Wahlkampf ausnahmsweise mal zurückgedrängt, weil es keinen Vorwahlkampf gab, wo sie ihre unselige "Bernie-or-nobody"-Mentalität zelebrieren konnten, die schon 2016 Trump mit in den Sattel gehievt hat.

        Aber die harte Wahrheit ist nunmal, dass diese Leute nicht einmal innerparteilich mehrheitsfähig sind, und abseits ihrer Hochburgen an den Küsten (wo eh der jeweilige demokratische Kandidat zuverlässig alle Wahlmänner abstaubt) nur einer kleinen Minderheit vermittelbar. Je weiter Sie davon wegkommen, desto weniger hoffungsvoll klingt die Kunde vom wohlwollenden Washington, das zukünftig den Unterdrückten gibt, was es den pösen Gewinnern des American Dream vorher getreulich abgeknüpft hat. Da ist die Angst größer, dass Wahington zwar nimmt, aber letztlich eher selbst daran satt isst.

    • @Normalo:

      Ihre Beschreibung der amerikanischen Verhältnisse ist an sich zutreffend. Und politisch gespalten ist die US-Gesellschaft seit jeher gewesen. Man hat sich dort jedoch immer wieder zusammengerauft, weil in der Bevölkerung Konsens über die grundsätzliche Richtung des „american was of life“ bestand (obwohl in dem Begriff auch eine ganze Menge Projektion von außen, also aus unserer europäischen Sicht steckt, sowohl unkritisch-begeistert als auch dämonisierend).



      Dieser gesellschaftliche Konsens scheint allerdings nicht bloß zu bröckeln, er scheint schon zerbrochen zu sein. Dafür ist die erneute Trump-Wahl ein Indikator und das ist (relativ) neu und besorgniserregend (historisch vergleichbar vielleicht noch mit den innenpolitischen Entwicklungen vor dem Bürgerkrieg Mitte des 19. Jahrhunderts).



      Mit dem Begriff des Tribalismus lässt sich m.E. gut erklären, was in den USA derzeit eigentlich los ist (was wir meist nicht verstehen) und warum Trump wieder Präsident werden konnte, trotz allem, was er auf den Kerbholz hat.



      www.ipg-journal.de...-stammstehen-2883/

      • @Abdurchdiemitte:

        Ich würde Ihnen allenfalls in Nuancen widersprechen. Allerdings ist die Spaltung der USA eben nicht anhand derselben ideologischen Trennlinien nachzuvollziehen, die wir in Europa gewohnt sind. Es gibt zwar in Tat ein großes Potenzial an Leuten, die finden, dass der Staat zu wenig für sie tut, aber was ihnen fehlt, ist nicht die klassische europäisch-sozialdemokratische Umverteilungs- und Wohlfahrtsstaatmentalität. Die meisten Enttäuschten wollen von ihrem Staat harte Arbeit und (vor allem fiskalische) Bescheidenheit sehen, nicht Einsammlung und Zuteilung von Goodies.

        Wenn Trump von "America" redet, das er wieder "great" machen will, dann redet er nur insoweit vom Staat und seinem Apparat, als er natürlich primär sich selbst als Chef vonnetjanze meint. Im Übrigen - und so verstehen es auch selbst die Anhänger, die ihn persönlich nicht leiden können - meint er das große Ganze als die Summer der privaten Individuen, NICHT irgendeinen allkümmernden staatlichen Überbau. Und nur wer das kapiert, kann Lösungsrezepte ABSEITS seiner reaktionär-nationalchauvinistischen MAGA-Mania finden, die auch bei den Wählern verfangen.

        • @Normalo:

          Ich sehe schon, Sie sollten das nächste Mal als Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten kandidieren - dann klappt das auch mit der Demokratie in den Staaten.😉



          Mir persönlich geht diese ganze USA-Versteherei ab, ich bleibe da lieber bei unserem guten alten europäischen Wohlfahrtsstaat in der bundesrepublikanischen Version. War ja nicht alles schlecht, was z.B. 1947 auf dem Ahlener CDU-Parteitag zum Thema Soziale Marktwirtschaft formuliert wurde - als Konsequenz aus den sozialen Verwerfungen, die 1933 zur Machtergreifung der Nazis geführt haben. Und DIESER gesellschaftspolitische Konsens scheint mir heute aufgekündigt zu sein, tragischerweise ausgerechnet von den Kräften, die ihn einst mitgetragen haben (Neoliberalismus-Diskurs). Der Gesellschaftskonflikt in den Staaten scheint mir da noch eher ein typischer Elitenkonflikt zu sein, da es dort um das Schleifen des für die USA essenziellen demokratischen Checks&Balances-System durch die MAGA-Bewegung geht. Der Mehrheit der US-Normalbürger scheint die Debatte jedoch am Allerwertesten vorbeizugehen - sie wollen funktionierende Brot&Spiele.



          Eine Entwicklung, die uns auch bald erreichen könnte bzw. schon erfasst hat?

          • @Abdurchdiemitte:

            Sehr starke Parallelen zumindest. Irgendwo schrieb hier letztens mal Jemand in etwa: Trump bricht die Regeln, und genau deshalb wollen seine Anhänger ihn haben. Denn sie glauben, dass die Regeln für sie nicht (mehr) funktionieren.

            Das fand ich sehr scharf beobachtet, und es klingt voll übertragbar, wenn ich unsere heimischen Populisten-Jünger betrachte. Die Frage ist aber trotzdem, was man anders oder besser machen muss, um den Leuten den Glauben an die Regeln wiederzugeben. Da helfen vielleicht nicht Brot & Spiele, aber ZU abstrakt darf es eben auch nicht werden.

            Um den Hüpf über den Teich wieder reinzubringen: Die Regeln sind halt bei uns andere als in den USA, und die Art der Enttäuschung auch. Was beide aber wieder gemein haben ist, dass die Populismusanfälligen sehr häufig eigentlich nicht von den Regeln selbst enttäuscht sind (also sie auch nicht notwendigerweise ändern wollen), sondern von der Art ihrer Anwendung durch die herkömmliche Politik. Trotzdem verschreiben sie sich Leuten, die die Regeln regelrecht verachten. Diese kognitive Dissonanz aufzulösen, könnte der Schlüssel sein. Aber dazu ist zumindest nötig, erst die Regeln im Sinne der Menschen "richtig" anzuwenden.

  • Linke sind im Schnitt offener, das hilft bei Weiterbildung und höherem Einkommen.



    Aber sie sind weiterhin interessiert an sozialer Gerechtigkeit, auch wenn sie ihnen persönlich nicht so viel zu nützen scheint.

    Also soziale Gerechtigkeit (da sind massive Defizite inzwischen), und Umweltschutz, gleiche Rechte, ... natürlich auch gleich, aber mehr Sanders wagen, denn der Gesellschaftsfrieden in den USA ist unter Feuer.

    • @Janix:

      Vielleicht sollte man das Ganze mal so betrachten. Dank der Möglichkeit zur Bildung/Weiterbildung haben Einige ein wesentliches höheres Gehalt. Das hilft für linke Ideen offen zu sein.

      • @Hauptschullehrkraft:

        Nein, ich vermute die Kausalität schon andersherum.



        Ansonsten ist das Einkommen und der Bildungsgrad der Eltern noch beim Einkommen dabei. Rechnet man das heraus, ist Offenheit von den Big Five der Faktor.



        Und der ist auf der linken Seite häufiger - Ausnahmen kennen wir alle.

        Schauen Sie FDP-Wählers an: reicher und nicht sozial. Man habe's ja angeblich verdient (von Statistik bis survivor bias nie etwas gehört).

  • Platt formuliert sollen die Leute - und das gilt für die Staaten wie hierzulande - nach dem Willen der Neoliberalen etwas verteidigen, das sie nicht besitzen, das ihnen lediglich wie eine Karotte vor die Nase gehalten wird, um sie zum Weiterlaufen zu motivieren: materielle Sicherheit, individuelle Freiheiten.



    Das Spiel betreiben die Liberalen wie die Autoritären gleichermaßen. Der Autoritarismus schafft es in einer Situation, in der die Menschen das Spiel zunehmend durchschauen, mit seiner Ideologie des nationalen „Kitts“ sowie rassistischer Ausgrenzung vermeintlich Schuldiger nur besser, Zustimmung, ja sogar Begeisterung für seine Agenda zu kreieren. Denn die Heilsversprechen der liberalen Demokratie haben sich nicht erfüllt.



    Auch darin liegt ein Grund für den Triumph des Orangenen.

  • Klar kann man von Japan lernen - aber dann muss man sich auch klar sein, dass das japanische Migrations- und Zuwanderungssystem AfD-kompatibel sein dürfte. Und auch, dass deutsche Vorstellungen von Sozialsystem und Work-Life-Balance nicht mit Japan kompatibel sind. Dem juristischen Recht auf Arbeit, das es auch in Japan nicht gibt, steht eine gesellschaftliche Pflicht zur Arbeit gegenüber (nur dass es keine Jugendwerkhöfe wie in der DDR gibt).

    Ohne diese - und noch ein paar andere Faktoren - gäbe es die von Ihnen so gelobten Verhältnisse in Japan nicht.

  • "Wenn in Deutschland demnächst Neuwahlen stattfinden, werden sich auch die Sozialdemokraten mit dieser Frage (Umverteilung) auseinandersetzen müssen"

    Nur die? Auch die Grünen, wenn die noch irgendwas reißen wollen. Als in der Partei zuletzt jemand laut darüber nachgedacht hat (Trittin), wurde er kaltgestellt. Falls sie umschwenken sollten, wofür es keine Anzeichen gibt: Die Grünen haben einen weiten Weg vor sich, damit ihnen das Thema Umverteilung überhaupt jemand abkauft. Vielleicht gibt es da manche, die endlich den Zusammenhang zwischen Umverteilung und Entwicklung nach rechts begreifen.

    Ansonsten kümmern sich halt SPD (nur Gequatsche) , BSW und "die Linke" darum. Das wird nicht reichen.

    • @uvw:

      Trittin wurde damals mit voller Kartätschenschar und wohl sehr bewusst für eigentlich Selbstevidentes kleingemacht: Medien, Parteien, PR, ...



      Das hat niemand vergessen. Die Grünen bräuchten Solidarität und Rückenwind, bevor sie das noch einmal so deutlich machen, fürchte ich

  • In dem Artikel wird die Hoffnung geäußert, dass mit einem sozialdemokratischen Umverteilungsprogramm die Arbeiter der USA wieder für die Demokraten zurückgewonnen werden können. Das glaube ich nicht: Biden hat mit Milliardensubventionen Hunderttausende Industriearbeitsplätze geschaffen, die Gewerkschaften haben mit Unterstützung der Demokraten Lohnerhöhungen bis zu 38% durchgesetzt, Harris wollte Trumps Steuersenkungen zurücknehmen. Das ist für amerikanische Ver-hältnisse ganz schön sozialdemokratisch. Trotzdem sind die Arbeiter zu Trump abgewandert, der Bidens Investitionsprogramm stoppen will und zusammen mit Musk die Gewerkschaften bekämpft. Trump-Wähler nennen zwei Hauptgründe für ihre Wahl: die Inflation betrug angeblich 30-40% (tatsächlich war sie 2 bis 7% bei hohen Lohnsteigerungen) und Biden hat angeblich 10 Millionen Illegale neu ins Land gelassen (tatsächlich stieg der Bestand der ‚unauthorized residents‘ nur von 10 auf 11 Mio.). Kurz, die Trump-Medien steuern durch Lügen die Wahrnehmung der Realität. Es ist egal, wie sozialdemokratisch die Politik der Demokraten ist – die Arbeiter wählen trotzdem Trump.

    • @Jooi:

      Wenn sich widersprechende Geschichten erzählt werden, muss man immer fragen, warum die einen verfangen und die anderen nicht so.

      Dass die parallelen Narrativ-"Realitäten" mittlerweile wirklich ziemlich hermetisch voneinander existieren, kann eigentlich nur erklären, dass die Fox News, Hannity oder Truth Social konsumierenden Blasenbewohner auch WEITER Trump wählen. Aber was ist mit denen, die dieses Mal zu Trump gewechselt sind?

      Dazu gibt es zunächst natürlich ein paar wohlfeile Erklärungen, wieso Menschen Verzerrungen für bare Münzer nehmen können. So ist z. B. Inflation nicht unbedingt mit dem empfundenen Preisniveau identisch: Wer für das halbe Pfund Butter 2021 knapp $ 2 gezahlt hat und seit 2022 eher $ 3 zahlt (so in etwa die Entwicklung), der glaubt das mit den 40% Inflation eher, als wenn die Butter bei $ 2,20 läge. Und manchmal funktioniert "Wiederhole es häufig genug, und es wird wahr." auch einfach.

      Soweit, so simpel (und durch Desinformation erklärbar). Aber daneben gibt es auch noch eine emotionale Zumessung von Glaubwürdigkeit. Die Trumpisten haben es geschafft, da massiv zu punkten. Ihnen wird geglaubt, weil ihnen gelaubt wird, dass sie sich kümmern.

      • @Normalo:

        Der Frage, warum die Menschen den Rechten mehr vertrauen als den Linken, obwohl die Rechten es am Ende nicht besser machen, wurde letztens bei Lanz und Precht nachgegangen. Die Antwortet ist, weil den Rechten eher geglaubt wird, dass sie die Probleme überhaupt lösen WOLLEN, während man bei den Linken daran zweifelt. Die Menschen glauben den Linken nicht, dass die das Migrationsproblem bekämpfen wollen, da sie über Jahre erzählt haben, was für eine Bereicherung das ist. Sie glauben den Linken nicht, dass die sich um das Problem der hohen Benzinpreise kümmern wollen, weil die seit Jahren predigen, dass Sprit teuerer werden muss. etc.

        • @Juleischka :

          Es ist so, wie Sie es beschreiben, Sie haben es anhand der Themen Migration und Benzinpreise gut erfasst - nur sind es nicht die Linken, die diese Dinge propagieren, es sind „Lifestyle-Linke“, Ex-Linke/Sozialdemokraten, Grüne und Linksliberale, die derart auf den Zug des Neoliberalismus aufgesprungen sind. Nebenbei: bei der CDU hat man offensichtlich auch vergessen, was Soziale Marktwirtschaft bedeutet. Das kritisiert nur niemand.



          Also hat Wagenknecht am Ende doch recht? Mein persönliches politisches Dilemma: die Analyse teile ich (zum Teil), jedoch die Antworten/Angebote der Wagenknechts nicht.

    • @Jooi:

      PR ist erschreckend bezahlbar zu betreiben von Superreichen und ihren Bütteln.



      Ein zweiter FD Roosevelt wäre gut, der gegenhielt und gewann.

  • Lehren aus den USA Wahlen...



    Mit Ängsten, Verunsicherung & Spaltung lässt sich gut regieren.



    Empfehlenswert hierzu - " Feur : An Alternative History of the World " von Robert Peckham



    Wie Könige, Kaiser, Diktatoren und die Kirchen über Jahrhunderte Ängste geschürt und instrumentalisiert haben.

  • Jacke wie Hose oder Kapitalistische Einheitspartei

    Zitat: „Auf die Arbeitsplatzverlagerungen, Freihandelszonen und Deregulierungen im Zuge der Globalisierung hat kaum eine demokratische linke(re) Volkspartei des Westens eine erfüllende Antwort.“

    Was heißt hier „eine erfüllende Antwort“? Die ultra-liberale Deregulierung der Wirtschaft ist eine Kreation von Reagan und Thatcher von den Reps und den Konservativen, servil fortgeführt von Clinton und Sir Tony Blair von den Dems und New Labour. Ergo: Es gibt schlicht keine „demokratische linke(re) Volkspartei des Westens“ (mehr), falls es so was überhaupt je gegeben hat. Clinton und Blair haben insofern durchaus „erfüllende Antworten“ gefunden, nämlich die Erwartungen des Big Money erfüllende Antworten. So gesehen trifft Gor Vidal den Nagel auf den Kopf: „Es gibt nur eine Partei in den Vereinigten Staaten, die Eigentumspartei ... und sie hat zwei rechte Flügel: Republikaner und Demokraten." Eine Wahl zwischen beiden ist folglich eher eine Wahl zwischen Pest und Cholera oder die Wahl zwischen den Farben der Stiefel, von denen der Kleine Mann getreten wird.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Jacke wie Hose ist ein gutes Beispiel, ich weiß noch wie Freunde meiner Eltern, Anfang der 70er Jahre anfingen ihre Textilien - für ihre bundesweiten Boutiquen - in Thailand fertigen zulassen.



      Für ganz clever wurde diese Entscheidung gehalten.



      Die Schwämme von Prdukten aus China lief da gerade an. Unsere Politik hat halt zugesehen...



      Wundern dürfen wir uns heute nicht über diese Entwicklung.

  • Denn es wird letztendlich die progressive Kraft von Amerika sein, welche die US-Demokratie wiederherstellen wird.

    Entweder in diesem, oder im nächsten Leben.

    • @Ice-T:

      Eher wohl im Jenseits.

  • Von Japan lernen ? In Japan ist der Abbau von Arbeitsplätzen ein absolutes Tabu, selbst beim fortschrittlichen und leistungsfähigen Eisenbahnsystem gibt es noch den Servicemitarbeiter auf dem Bahnsteig, während bei Deutschlands Chaosbahn am Wochenende oft nur noch Automaten im Einsatz sind. Ein Recht auf Arbeit und Auskommen -das es im Grundgesetz (noch?) nicht gibt- würde die kaum vermeidbaren Ängste um Arbeit und Auskommen im globalisierten (ausgereizten) Kapitalismus vielleicht reduzieren. So sind die Ärmsten die Verlierer, die zunächst Einkünfte verlieren und dann -oh Wunder- als Nachfrager wegfallen, was die Krisen noch einmal potenziert. Auf diese Weise zerstört das Wirtschaftssystem demokratische Bestrebungen, wenn aufrechte Politiker das nicht erkennen wollen und damit vor Ihren WählerInnen verbergen. Zunder für rechte Verschwörer wie Trump oder Schwurbler der AfD, die natürlich auch kaum Lösungen anbieten können. Sarah Wagenknecht hatte zwar -vor Putins Angriff auf die Ukraine- auf die Arroganz angeblich 'linker' Kräfte gegenüber den einfachen Menschen hingewiesen, das wurde aber kaum wahrgenommen, zu sehr hatten sich die Parteien um ihre Mittelschicht verkämpft.

    • @Dietmar Rauter:

      Das ist es eben, Bürgergeld dient doch nur der Ankurblung der Wirtschaft, es geht doch nicht um einzelne Schicksale, wie das Medienecho sagt. Hartz4 ist ein Wirtschaftsförderinstrument, das auch noch nebenbei die hohen Kosten des Umgangs mit Obdachlosen usw. reduziert. Will man Bürgergeld kürzen wird eben von den Millionen Beziehern weniger eingekauft und gehungert. Am Ende leidet sogar der CDU/FDP-Aktienhändler, weil seine Geldquelle weniger Umsatz macht. Von aussterbenden Innenstädten und weiteren Problemen ganz zu schweigen.

  • die nicht ganz so Linke hat keine einfachen, wirksamen Lösungen. Alle Versuche von Gerechtigkeit enden in bürokratischer Überregulierung. da setzt sich dann die Erkenntnis durch das alles andere nur eine Verbesserung sein kann....

  • „… Ansätze, ein linkes Gerechtigkeitsversprechen glaubhaft zu formulieren,…“



    Fehlt der Zusatz, theoretische Ansätze. In der Realität gibt es das in keinem größeren Staat. Und wenn man sich die Ergebnisse der Linken ansieht, wird das vom Wähler, m,w,d, auch nicht angestrebt.

    In den USA ist jedem klar, dass es Ungleichheit gibt, aber immer mit der Hoffnung, irgendwann selber, oder die Nachfahren, aufzusteigen aus dem Sumpf. Das ist dort nicht das große Thema. Eher die ganzen emotionalen Themen. Selbst wenn die Polemik über das Verspeisen von Hunden und Katzen nicht ernst genommen wurde, so ist es doch eine weiterer Tropfen in die Migrantenproblematik. Ob das eine reale Gefahr ist, ist wieder egal, aber man wird gefragt, ob man denn keine Angst hätte nach Texas zu fahren, da ist doch die Grenze so nah. Auch wenn die Wahl nicht von dem Thema dominiert wurde, so bleibt es im Hinterkopf, auch bei Leuten, die die Dems gewählt haben.



    Bei der Wirtschaft waren schliesslich 40% der Meinung, dass es gut geht und 40% der gegenteiligen Meinung. Das Zünglein ist dann was anders.

  • Jacke wie Hose oder Kapitalistische Einheitspartei

    Zitat: „Auf die Arbeitsplatzverlagerungen, Freihandelszonen und Deregulierungen im Zuge der Globalisierung hat kaum eine demokratische linke(re) Volkspartei des Westens eine erfüllende Antwort.“

    Was heißt hier „eine erfüllende Antwort“? Die ultra-liberale Deregulierung der Wirtschaft ist eine Kreation von Reagan und Thatcher von den Reps und den Konservativen, servil fortgeführt von Clinton und Sir Tony Blair von den Dems und New Labour. Ergo: Es gibt schlicht keine „demokratische linke(re) Volkspartei des Westens“ (mehr), falls es so was überhaupt je gegeben hat. Clinton und Blair haben insofern durchaus „erfüllendeAntworten“ gefunden, nämlich die Erwartungen des Big Money erfüllende Antworten. So gesehen trifft Gor Vidal den Nagel auf den Kopf: „Es gibt nur eine Partei in den Vereinigten Staaten, die Eigentumspartei ... und sie hat zwei rechte Flügel: Republikaner und Demokraten." Eine Wahl zwischen beiden ist folglich eine Wahl zwischen Pest und Cholera oder die Wahl zwischen den Farben der Stiefel, von denen der Kleine Mann getreten wird...

  • Ich empfehle den Film Fahrenheit 11/9 von Michael Moore. In dem stecken einige Erklärungen für das schlechte Abschneiden der Demokraten.

  • Danke, die Analyse finde ich überzeugend. Trump hat im popular vote in absoluten Zahlen nicht viel mehr Stimmen bekommen als bei seiner Niederlage gegen Biden. Der "Erdrutschsieg", von dem teilweise die Rede war, war eher eine Erdrutschniederlage der Demokraten, die etwa 10 Millionen Stimmen verloren haben. Diese Wähler:innen sind anscheinend nicht zu Trump übergelaufen, sondern haben gar nicht abgestimmt. Mit den beiden Zahlen am Anfang des Artikels könnte mensch vermuten, dass das 10 Millionen Menschen waren, die ihre wirtschaftliche Lage nicht als exzellent einschätzen. Aber doch nicht so weit gehen wollten, Trump zu wählen. Ohne Zahlen zu Wählerwanderungen allerdings etwas freihändig.

  • Mich wundert, dass immer noch die meisten, auch die meisten Medien, das Wahlergebnis als echt nehmen. Eine 4%-Führung von Trump vor Harris auf nationaler Ebene gab es vorher in keiner Umfrage. Schon in den Tagen vor den Wahlen gab es eine große Mobilisierung für Kamala Harris, und viele nahmen als Demokrat:innen an den Early Votings teil. Auch am Wahltag selbst gab es lange Schlangen.



    Das krasse Wahlergebnis lässt sich nur durch massives Eingreifen in den Wahlprozess erklären. Es geht um mögliches Verschwinden einer achtstelligen Zahl von Stimmen. Dazu passt, dass Trump schon vorher angekündigt hatte, er habe schon genug Wählerstimmen, und von einem "kleinen Geheimnis" am Wahlabend sprach. Mit Musk hat er ja einen Helfershelfer.



    Es gibt noch weitere Merkwürdigkeiten. Warum wählt man in North Carolina z.B. einen Demokraten zum Governor, um einen Nazi zu verhindern, aber einen Nazi als Präsidenten, um eine Frau zu verhindern?



    Umgekehrt muss man der Demokratischen Partei keine Vorwürfe machen. Kamala Harris war die Frau der Stunde und hat viele Herzen gewonnen.



    Die Frage des Eingriffs in den Wahlprozess aber wird weiter beschäftigen, auch uns in Deutschland.

    • @Hartmut Neubauer:

      "Das krasse Wahlergebnis lässt sich nur durch massives Eingreifen in den Wahlprozess erklären."



      Trumpsches Genöhle für die Demokraten. Dazu sollten wir uns doch lieber zu schade sein.



      Dass das US-Wahlsystem von Absurditäten strotzt, steht dabei auf einem anderen Blatt.

    • @Hartmut Neubauer:

      Woher haben sie diese Infos? Habe ich bis jetzt noch garnichts zu gehört/gelesen/gefunden.

    • @Hartmut Neubauer:

      Hm, das klingt jetzt aber seinerseits arg nach Verschwörungstheorie. Ist es Ihnen nicht möglich, einfach das Offensichtliche anzunehmen: dass Kamala Harris in den Augen der meisten US-Wähler mit leeren Händen dastand.

    • @Hartmut Neubauer:

      Verschwörungstheorien werden weder besser noch wahrer, nur weil sie ausnahmsweise mal nicht von rechts kommen.

    • @Hartmut Neubauer:

      Oh je, dann können Sie sich ja mit Trump zusammentun. Der fahndet auch noch nach den gestohlenen Stimmen von der letzten Wahl. Oder Sie erkennen einfach an, dass alle Umfragen recht uneindeutig waren, denn sie bewegten sich immer in dem statistischen Unschärfebereich, der jetzt eben in eine Richtung eindeutig ausgeschlagen hat. Außerdem war Harris als Vize unbeliebt, als Kandidatin waren ihre Botschaften uninteressant, sie hatte auch nicht viel Zeit, um sich vorzubereiten. Trump tourte überall da rum, wo man sein kann und sagte den Leuten das, was sie mobilisierte. Manches war sogar überraschend geistreich, wie sein Auftritt als Müllmann. Und manche "skandalöse Aussage" von ihm hat unsere gehobenen Feuilletons tagelang bewegt - der Bevölkerung in den USA war sie vielleicht einfach schnurz. Sie kennen ihn ja. Mich hat das Ergebnis nicht überrascht, ich halte es für unverfälscht. Es ist nicht so, dass hinter allem, was uns nicht passt, Putin oder irgendeine andere finstere manipulative Macht stehen muss. Es gibt eine Wirklichkeit außerhalb von Deutschland. Und da kann es tatsächlich sein, dass eine Mehrheit die Dinge völlig anders bewertet als wir es tun..

  • Ja, da bietet sich ein (sinngemäßes) Zitat von Gabriel an:



    Wer sich nur um den Hipster in Kreuzberg kümmert, muss sich nicht wundern, wenn die Arbeiterschaft anderswo ihr Heil sucht.



    Die SPD muss sich den Themen der Wähler stellen, oder wie bereits Die Linke ohne Anmut untergehen.

  • Was soll schon dabei herauskommen, wenn immer und überall das liberale Gesellschaftsmodell beworben wird? Die Menschen kriegen es ja rund um die Uhr erzählt, vom Kinderprogramm bis an die Bahre: 'Mach dein Ding! Du kannst es schaffen! Du musst nur wollen! Auch du kannst einE GewinnerIn, einE HeldIn, einE ChefIn sein.' Für Rücksichtnahmen, Solidarität und die Idee, dass Gesellschaften auch anders funktionieren können, bleibt da kein Platz mehr. Gesellschaft braucht und ist Wettbewerb, so das Credo und es gibt immer die, die oben stehen, die, die folgen und die, die abgehängt werden. Da wird auch der größte Narzisst, der unverhohlen für Egoismus und Nationalismus steht und populäre Vorurteile pflegt, schnell zum Vorbild und Messias: 'Führer befiehl, wir folgen dir!'

    Bei uns ist es ja nicht anders: Wenn Führung bestellt, aber nicht geliefert wird, kommt Enttäuschung bis Wut auf. Die Aussicht, dass eine Minderheitsregierung Kompromisse schließen müsste, macht Angst. Letzte Rettung schienen schnelle Neuwahlen, damit es bald wieder eine starke Regierung gibt. Alle Macht geht vom Volk aus und weg!

  • P.S.



    Das Milleu um die geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Fakultäten hat sich von der Arbeitnehmerschaft wegentwickelt. Es würde der SPD guttun, für ein paar Jahre nur noch Leute aus dem DGB aufzustellen und keine Leute mehr mit AStA -Hintergrund.

    • @Spickerfresse:

      Stimmt. Aber das ist nicht erst gestern passiert. Es gibt schöne Zeitdokumente davon, was die damalige Arbeiterschaft von der 1968er Studentenrevolte und später der RAF gehalten hat hält ("Aufhängen!") . Und das war sicher nicht alleine auf die Springer-Presse zurückzuführen.

      Kulturell sind Akademiker heute längst dominant. Die Hälfte eines Jahrgangs studiert mittlerweile. Eine Lehre zu machen, ist gefühlt etwas für Verlierer und Migranten geworden. Allerdings sind die Sieger dieses stillen Kulturkampfes sich nicht bewusst, wie sehr das den "kleinen Leuten" gegen den Strich geht.

      • @Chris McZott:

        ...die temporären Sieger. Wenn die Zeiten härter werden - und das werden sie - kann sich auch der Weltkonzern keine Armee von Bullshit-Jobbern mehr leisten.

  • Ich denke zur Frauenfrage: Wenn ich ein weißer Arbeiter oder eine weiße Arbeiterin bin. Dann frage ich mich nicht, wer potentiell im Weißen Haus sein kann, weil MEINE Gläserne Decke viel weiter unten ist, d.h. ich kann nur davon träumen, mal als Tourist hier durch zu laufen. Und ich frage mich auch nicht, ob der Kandidat manchmal dumme Sachen sagt. Talk is cheap.



    Ich frage mich: Welcher Kandidat/welche Kandidatin hat das Zeug, MEINE PROBLEME ZU LÖSEN. Also: Wohnungsnot, hohe Preise, schwache Lohnentwicklung.

  • Vielen Dank für diesen Artikel.

    Die Frage, die sich für mich stellt, ist: Warum wählen ausgerechnet sozial schwache Menschen Trump oder die AfD – und nicht Harris oder die SPD?

    Viele sozial schwache Menschen haben meiner Meinung nach das Vertrauen verloren, dass sozialdemokratische oder progressive Parteien tatsächlich ihre Interessen vertreten. Diesen Parteien wird vorgeworfen, sich mit akademischen und städtischen Wählerschichten zu identifizieren und die spezifischen Sorgen der „kleinen Leute“ nicht ernst zu nehmen. Gleiches gilt für Migrations- und Identitätsfragen (Siehe Reizwort "Woke").

    Hinzu kommt die Hoffnung dieser Menschen, dass der Nationalstaat ihnen Schutz vor äußeren Einflüssen wie steigenden Lebenshaltungskosten, Arbeitsplatzunsicherheit, Zuwanderung und Globalisierung bieten kann.

    Die früheren „Kernkompetenzen“ sozialdemokratischer und progressiver Parteien werden von diesen Wählern quasi kaum noch wahrgenommen.

    Ein Teil der Wahrheit ist auch, dass genau dieser Vertrauensverlust die Erfolge rechter Hetzer und Faschisten begünstigt.

  • Das geschilderte Situation gibt es meiner Meinung nach auch in D. Ein Gutteil der klassischen Arbeiterschaft wählt heute AfD. Frau Wagenknecht scheint am nächsten dran zu sein, dieses Milieu zurück zu gewinnen.



    Als jemand, der zwar selbst CDU wählt aber den ganzen Tag mit Leuten auf dem Hüttenflur zu tun hat, würde ich der SPD raten, sich mehr um die Themen zu kümmern, die die Leute bewegen:



    - Bezahlbares Wohnen und Bauen.



    - Alles, was mit Autos zu tun hat.



    Themen, die es nicht in die Top-10 schaffen:



    - Feminismus



    - Die Dritte Welt



    - Gendern



    - Grundeinkommen oder Bürgergeld: Unpopulär, da weniger für die arbeitende Masse übrig bleibt, und mehr bei den nicht Arbeitenden ankommt. Aber das wird durchaus differenziert gesehen. Jeder fühlt mit einem Kranken. Aber keiner fühlt am anderen Ende der Skala mit dem Studiker, der jahrelang arbeitslos ist aber meint, bei seinem Abschluss sei ihm nur eine Führungsposition zuzumuten.



    - Niemand lässt sich gerne belehren.

    • @Spickerfresse:

      Sie könnten den Leuten auch empfehlen die CDU zu wählen bei Ihren Vorschlägen, dabei ist der Elefant im Raum, doch die zu hohe Besteuerung von Lohnarbeit. Auch in guten Jahren ist man die Thematik nicht angegangen, das rächt sich jetzt.

    • @Spickerfresse:

      Bezahlbares Wohnen und Bauen sind jetzt aber auch nicht gerade die Kernkompetenzen der CDU, wollen sie mir jetzt nicht wirklich weis machen oder?

      • @PartyChampignons:

        Nein, das hat @Spickerfresse auch nicht behauptet.

        Seine Aussage war das er zwar die CDU wählt, aber eine Menge Menschen kennt die die oben genannten Probleme haben und er deswegen der SPD rät, sich um genau diese Probleme zu kümmern (eben weil es die CDU nicht tut).

  • "Die Entfremdung von den nicht-akademischen traditionellen weißen Teilen der Bevölkerung spiegelt sich im Wahlergebnis. Gewiss, Kamala Harris war offenkundig die falsche Kandidatin. Und Harris hat auch deshalb verloren, weil die USA nicht bereit sind, eine Frau ins Weiße Haus zu wählen, noch dazu eine Schwarze."

    Das ist kein amerikanisches Problem, sondern eins der heutigen demokratischen Linken allgemein. Und sicher gibts auch die, die "nicht bereit sind, für eine schwarze Frau". Sieht man aber die Wahlquoten von ethnischen Minderheiten und auch die von Frauen, kann man erkennen, dass diese identitätspolitischen Fragen nur am Rande eine Rolle spielen. Denn auch dort hat Harris viel weniger Stimmen geholt als erhofft. Im Vorfeld der Wahl hab ich über all diese Gruppen gelesen, sie wären das "Zünglein an der Waage". Aber auch die haben die gleichen Probleme an der Supermarktkasse wie der alte weiße Mann.



    Am Ende ist der Siegeszug der Populisten und der Rechten auch zu einem guten Teil mit der Schwäche, der Visionslosigkeit und der Entfremdung von sozialen Fragen durch demokratische und linke Parteien. In den Staaten, wie auch hier.

  • Ja. Eigentlich müssten die Demokraten in den USA und die SPD in Deutschland lernen.

    Aber ich gehe davon aus, dass man lieber ein paar "Schuldige" benennen wird und danach weiter macht, wie bisher. Der ernsthafte Wille zu einer Politikänderung führt letztlich zur Systemfrage. Und die fürchten die Salonlinken auf beiden Seiten des Atlantiks wie der Teufel das Weihwasser.

  • Man schaue sich den Film Fahrenheit 11/9 von Michael Moore an.