Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen: Für Scholz wird's schwierig
Die SPD hat kaum etwas falsch gemacht, umso schmerzlicher ist ihre Niederlage. Auch im Bund wird es unbequem für Scholz. Die Ampel wackelt.
F ür die SPD ist das Ergebnis der Wahl an Rhein und Ruhr dramatisch – in NRW und im Bund. Denn die Sozialdemokratie hat in Düsseldorf ja viel richtig gemacht. Sie hat sich vorsichtig modernisiert, ist etwas jünger und migrantischer geworden. Sie hat sich von einer verstockten Kohlepartei zu einer forschen Partei für Ökoenergie verwandelt, mit einem brauchbaren Kandidaten und einem freundlichen, milde linken Programm. Alles war bereit, damit Thomas Kutschaty den Erfolg von Scholz wiederholen konnte.
Die SPD hat nichts Wesentliches falsch gemacht. Diese Niederlage schmerzt besonders, da eben keine Fehler erkennbar sind, die man künftig vermeiden könnte. Nun stellen sich unschöne Fragen. War der SPD-Sieg im Bund 2021 nur eine Ausnahme, der sich einem momentanen Schwächeln der Grünen und der Post-Merkel-Krise der Union verdankte? Das von Lars Klingbeil vollmundig ausgerufene sozialdemokratische Jahrzehnt scheint jedenfalls Politmarketing gewesen zu sein, Wunschdenken ohne Wurzeln. Die (Sinn-)Krise der SPD schwärt im Halbdunkel ungelöst weiter.
In Berlin wird nun alles schwieriger. Die Merz-CDU kann vor Kraft kaum laufen. Das wird den Deal um das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr, bei dem sich der Kanzler vom guten Willen der Union abhängig gemacht hat, noch heikler machen.
Und in der Ampel wird es noch lauter als bisher knirschen. Denn dies ist die dritte Niederlage der FDP in Folge. Die Versuchung ist groß, jetzt in Berlin noch mehr den Problembären zu geben und mit Attacken auf den Kanzler in Bundestagsausschüssen querzuschießen. Manche Liberale werden sich fragen, ob es nicht besser ist, im Bund nicht zu regieren als mit Rot-Grün.
Empfohlener externer Inhalt
Die Grünen wiederum werden in NRW wohl tun, was sie 2021 im Bund geplant hatten: mit der Union regieren. Schwarz-Grün rückt näher, die FDP wird noch nervöser. All das macht die Ampel noch instabiler. Für Scholz wird ab jetzt alles schwergängiger, riskanter.
Trotzdem: Putins Krieg führt in Deutschland zur Wiederbelebung der Volksparteien. Rund 60 Prozent haben in Nordrhein-Westfalen CDU und SPD gewählt, im Saarland waren es mehr als zwei Drittel. Dass die Volksparteien in unserer hoch individualisierten Gesellschaft an Einfluss verlieren, wurde schon oft mit bestechenden Argumenten nachgewiesen. Doch in der Krise rücken die Deutschen in der Mitte zusammen – dieser Effekt stellt sich verlässlich ein.
Empfohlener externer Inhalt
Erfreulich ist, dass es mit der AfD weiter bergab geht. Sie konnte sich lange fast alles erlauben: Weder offener Rechtsradikalismus noch interne Schlachten oder bizarre Coronatheorien bremsten ihre Erfolge. Dass manche Putins Kriegspropaganda nachplappern, ist jetzt offenbar dann doch zu viel. Immerhin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml