Konjunkturpaket ohne Auto-Kaufprämie: Benzinrepublik Deutschland am Ende
Das Konjunkturpaket ist eine Zeitenwende. Die Macht der Autoindustrie ist gebrochen. Das Ergebnis ist nicht ideal, aber besser als befürchtet.
W as am späten Mittwochabend im Kanzleramt passiert ist, kann man getrost als eine Zeitenwende betrachten: Dass Union und SPD eine Kaufprämie für neue Autos mit Verbrennungsmotor abgelehnt haben, zeigt, dass die bisher fast unbegrenzte Macht der Auto-Lobby in diesem Land gebrochen ist.
Zwar hatte es schon im Vorfeld keinen Zweifel gegeben, dass dieses Vorhaben sowohl ökonomisch als auch ökologisch unsinnig gewesen wäre. Aber in der Vergangenheit hat das eben keine Rolle gespielt: Wenn die Autoindustrie etwas unbedingt wollte, waren Sachargumente in der Regel egal. Auch dieses Mal bei der Kaufprämie hatte sie mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und den Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) wieder eine parteiübergreifende Koalition geschmiedet, die für ihr Anliegen kämpfte.
Verbrennungsmotor-Ära vorbei
Doch die Gegenseite war stärker. Vor allem die SPD ließ den klaren Worten ihrer Vorsitzenden am Mittwoch wirklich Taten folgen. Zusätzliche Subventionen gibt es nur für Elektroautos (und leider wohl auch für die wenig ökologischen Plug-in-Hybride). Deutlich mehr Geld steht zudem für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Und auch die Autokonzerne selbst und ihre Zulieferer werden mit Unterstützung bedacht – aber eben nicht für ihre alten CO2-Schleudern, sondern speziell für Investitionen in neue Technologien. Auch wenn im Detail manches zu kritisieren bleibt, ist die Botschaft dieses Pakets klar: Das Zeitalter der Verbrennungsmotoren geht zu Ende.
Auch ansonsten fließt ein erheblicher Teil der Gelder, die die Regierung zur Belebung der Konjunktur einsetzen will, in den ökologischen Umbau der Gesellschaft: Es gibt mehr Geld für energetische Sanierungen und für den ÖPNV, und auch für den Einstieg in die Wasserstofftechnologie werden endlich die Weichen gestellt.
Im Angesicht der Klimakrise sind die Summen immer noch zu niedrig, die Ambitionen zu gering. Aber gemessen an dem, was wochenlang im Vorfeld diskutiert wurde, ist das Konjunkturpaket aus ökologischer Sicht eine positive Überraschung: Statt eines großes Schritts in die falsche Richtung gibt es immerhin einen kleinen in die richtige. Und das ist ja mehr, als man dieser Großen Koalition vor Kurzem noch zugetraut hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist