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Konjunkturpaket ohne Auto-KaufprämieBenzinrepublik Deutschland am Ende

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Das Konjunkturpaket ist eine Zeitenwende. Die Macht der Autoindustrie ist gebrochen. Das Ergebnis ist nicht ideal, aber besser als befürchtet.

Die Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotor liegt auf dem Schrott Foto: Davide Lolli/plainpicture

W as am späten Mittwochabend im Kanzleramt passiert ist, kann man getrost als eine Zeitenwende betrachten: Dass Union und SPD eine Kaufprämie für neue Autos mit Verbrennungsmotor abgelehnt haben, zeigt, dass die bisher fast unbegrenzte Macht der Auto-Lobby in diesem Land gebrochen ist.

Zwar hatte es schon im Vorfeld keinen Zweifel gegeben, dass dieses Vorhaben sowohl ökonomisch als auch ökologisch unsinnig gewesen wäre. Aber in der Vergangenheit hat das eben keine Rolle gespielt: Wenn die Autoindustrie etwas unbedingt wollte, waren Sachargumente in der Regel egal. Auch dieses Mal bei der Kaufprämie hatte sie mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und den Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) wieder eine parteiübergreifende Koalition geschmiedet, die für ihr Anliegen kämpfte.

Verbrennungsmotor-Ära vorbei

Doch die Gegenseite war stärker. Vor allem die SPD ließ den klaren Worten ihrer Vorsitzenden am Mittwoch wirklich Taten folgen. Zusätzliche Subventionen gibt es nur für Elektroautos (und leider wohl auch für die wenig ökologischen Plug-in-Hybride). Deutlich mehr Geld steht zudem für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Und auch die Autokonzerne selbst und ihre Zulieferer werden mit Unterstützung bedacht – aber eben nicht für ihre alten CO2-Schleudern, sondern speziell für Investitionen in neue Technologien. Auch wenn im Detail manches zu kritisieren bleibt, ist die Botschaft dieses Pakets klar: Das Zeitalter der Verbrennungsmotoren geht zu Ende.

Auch ansonsten fließt ein erheblicher Teil der Gelder, die die Regierung zur Belebung der Konjunktur einsetzen will, in den ökologischen Umbau der Gesellschaft: Es gibt mehr Geld für energetische Sanierungen und für den ÖPNV, und auch für den Einstieg in die Wasserstofftechnologie werden endlich die Weichen gestellt.

Im Angesicht der Klimakrise sind die Summen immer noch zu niedrig, die Ambitionen zu ­gering. Aber gemessen an dem, was wochenlang im Vorfeld diskutiert wurde, ist das Konjunkturpaket aus ökologischer Sicht eine positive Überraschung: Statt eines großes Schritts in die ­falsche Richtung gibt es immerhin einen kleinen in die richtige. Und das ist ja mehr, als man dieser Großen Koalition vor Kurzem noch zugetraut hat.

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29 Kommentare

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  • Bei einem jährlichen Neuwagenumsatz von 120Mrd.€ werden 3% weniger Umsatzsteuer über 3 Mrd.€ Förderung pro Jahr ausmachen, vor allem für Verbrenner.

    Das ist etwa das 16-fache dessen was 2016 - 2019 in 3 Jahren insgesamt an Umweltbonus für E-Autos inkl. Hybride ausgezahlt wurde.

    Bei einem Marktanteil der reinen E-Autos von unter 2% der Neuwagenkäufe versteht sich von selbst dass ein Konjunkturprogramm sich v.a. bei Hybriden und Verbrennern abspielt, sonst bringt das nichts.

  • ich war mir so sicher dass es eine Kaufprämie gibt insofern doch ein eher positives Zeichen dass die SPD gegenüber Söder, Kretschmer etc nicht umgefallen ist

    • @Opossum:

      Gegen Kretschmann von den Grünen!!! (und nicht Kretschmer).

  • Wenn ich an die fette Prämie für E-Mobile denke, die ja auch nur den massenhaften Individualverkehr begünstigen, denke ich z.B. an den Kongo, an Cobalt, an Kinderarbeit und an die brutale Ausbeutung bzw. Aneignung von natürlichen Ressourcen, ohne positive Wirkung auf Armut und Elend.



    Abgesehen davon ist das auch ein nettes Konjunkturprogramm für chinesische Unternehmen.

  • Bloß, weil die Autoindustrie mal laut nach Prämien gerufen hat, und einige MiniPräsidenten mit, werden jetzt die nicht ganz so hohen Geldflüsse an die Autoindustrie schon als Zeichen der Vernunft gepriesen?

  • Da ist auch viel Geld für fossile Energien im Paket mit drin, z.B. für



    * Diesel-LKW (je. 10-15.000 Euro)



    * neue Flugzeuge mit Kerosinantrieb



    * Erdgas-Kraftwerke



    * Erdgas-Schiffe



    * indirekte Wirkung der E-Auto-Förderung, die dem Absatz von verbrauchsfressenden SUV-Autos erleichtert (wegen Flottenemissionsregel)

  • Eine „Zeitenwende“ soll dieses „Konjunkturpaket“ sein? Geht es nicht bitte zwei bis fünf Nummern kleiner? Ich meine: Wie bescheiden muss ein Mensch sein, um in solchen Jubel auszubrechen angesichts der Tatsache, dass zur Abwechslung mal nicht der größtmögliche Blödsinn verzapft wird, sondern nur ein mittlerer? Dass „die Politik“ (nicht) tut, was sie (nicht) tut, braucht ja wohl niemanden zu wundern, wenn keiner etwas sinnvolles von ihr erwartet, oder?

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Eine Zeitenwende oder Umkehrpunkt ist NICHT eine 180° Wendung, sondern eine signifikante Abkehr von der bisherigen Richtung. Das ist gegeben.

      Mich stimmt diese Entscheidung positiv und ich bin ehrlich überrascht. Den Kompromiss hätte ich doch deutlich weiter auf der Auto-Seite vermutet. Ich bin froh das es nicht so gekommen ist.

      Aber manchmal glaube ich auch, dass Menschen ihren Feindbildern grundsätzlich widersprechen einfach weil es die Feindbilder sind.

    • @mowgli:

      Bescheidenheit ist eine Zier...

  • Mensch sollte sich allerdings nicht in die eigene Tasche Lügen und glauben, neue Autos, auch wenn sie EAutos sind, seien ökologisch gesehen die Lösung. Im Gegenteil sie sind ein Weiter-so in Sachen ungebremsten Konsum, Produktion und Ungleichheit! Wer kann sich überhaupt so ein Auto leisten? Wer nicht? Wieviele Autos gibt es aktuell? Wieviele Ressourcen und Enerige benötigt Herstellung und Nutzung von Autos ... wenn es also nur noch ein begrenztes CO2-Budget gibt, wenn Klimakatastrophe bevorsteht, Massenausterben von Tieren im Gange ist, Umweltzerstörung immer weitergeht, wie können dann Autos die Lösung sein?

    • @Uranus:

      Ja, das dürfen wir nicht vergessen. In dieser Reihenfolge:

      - wesentlich weniger Autos



      - wesentlich kleinere Autos



      - was davon übrig bleibt, elektrisch.

      Sonst fahren wir gegen die Wand. Unbequem, ich weiss.

      • @tomás zerolo:

        Dürfen wir nicht vergessen?:

        Jede*r nach Afrika zurück translozierte*r Migrant*in braucht in Afrika keinen einzigen Tropfen Heizöl, in Aschaffenburg, Aachen oder Aalen jedoch schon.

        Abschiebungen zum Klimaschutz(?), sonst fahren wir an die Wand.



        Unbequem, ich weiß.

        *Sarkasmus off*



        Man kann im Namen des Klimaschutzes auch alles madig machen.

        • @gradselääds:

          Geht es Ihnen nur um Provokation oder kommen da noch zusammenhängende Erläuterungen, Argumente, Begründung Ihrer Relativierungen ...?

    • @Uranus:

      Sagt doch auch wirklich niemensch dass alles bleiben soll wie es ist, also bei einem PKW auf zwei Bürger. Von der Verkehrswende ist die Rede, und wo dann trotzdem noch PKWs benötigt werden sollten diese halt möglichst emissionsfrei sein...deswegen ist es schon einmal ein richtiger und wichtiger Schritt fossile Verbrennungsantriebe nicht mehr weiter zu subventionieren.

      • @Saile:

        "Zusätzliche Subventionen gibt es nur für Elektroautos (und leider wohl auch für die wenig ökologischen Plug-in-Hybride). Deutlich mehr Geld steht zudem für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Und auch die Autokonzerne selbst und ihre Zulieferer werden mit Unterstützung bedacht – aber eben nicht für ihre alten CO2-Schleudern, sondern speziell für Investitionen in neue Technologien."



        Besser als nichts ist ein Ende der Verbrennungsmotoren schon. Worauf ich aber hinaus will, ist das, was notwendig ist: eine Transformation weg von Autos hin zu ÖPNV, Fahrrad usw.. Diese wird aber wohl kaum durch eine Subventionierung von EAutos samt Industrie erreicht. Etwas anderes wäre eine explizite Diskussion um kleine E-Lieferwagen oder E-Busse. Von CDU/SPD wie auch von anderen Regierungen ist eine radikal ökologische Politik aber wohl kaum zu erwarten.

        • @Uranus:

          "Besser als nichts ist ein Ende der Verbrennungsmotoren schon. Worauf ich aber hinaus will, ist das, was notwendig ist: eine Transformation weg von Autos hin zu ÖPNV, Fahrrad usw.."

          Völlig richtig. Aber bis es so weit ist, werden auf dem Land noch Autos gebraucht...

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Die Länge einer Übergangsfrist würde davon abhängen, wie strukturpolitisch verfahren wird. Auch auf dem Land gibt es jetzt noch ÖPNV. Dieser ist allerdings sehr ausgedünnt. Dieser muss ausgebaut, besser organisiert und am besten fahrscheinlos angeboten werden. DAZU wären Subventionen nötig. Autos gibt es in Deutschland mehr als genug - nämlich 47,7 Millionen. Es brauchen also keine neu gebaut werden. Für den Übergang gäbe es genug Geraucht-PKWs. Eine Subventionierung hinsichtlich von Privat-PKWs ist somit ökologisch falsch.



            Dann allgemein noch zu dem "auf dem Land"-Argument: Ich unterstelle folgendes nicht Ihnen, sehe allgemein in Diskussionen, dass dies oft genannt wird. Ich denke, das ist oftmals eine Ausrede mit der Autobesitz im allgemeinen gerechtfertigt wird. Tatsächlich, so nehme ich an, spielt Bequemlichkeit und Gewohnheit mit hinein. Zumal viele Menschen in Städten leben und dennoch ein Auto besitzen. Dann noch zum Pendeln: Leute meinen ja, dass sie das nicht aus Spaß tun würden - warum aber setzen diese sich nicht für andere Wohn- und Arbeitsverhältnisse ein? Warum stattdessen der Fokus auf das Auto?

  • Toller Artikel.



    Ich bin jetzt auch voll für die große Koalition, haben die echt gut gemacht, der bösenbösen Lobby widerstanden.



    Bravo!

  • Erstaunlich, wie simpel man eine Maßnahme verschleiern kann. 3 Prozent weniger Mehrwertsteuer bei einem 150.000 Euro V8 SUV sind 4500 Euro Prämie.

    • @schwarzwaldtib:

      Und wenn Sie sich gleich zwei davon kaufen sogar € 9000.

    • Malte Kreutzfeldt , Autor des Artikels, ehemaliger Redakteur
      @schwarzwaldtib:

      Das stimmt natürlich theoretisch. In der Praxis sind für Privatkunden (und nur die profitieren von der Mehrwertsteuersenkung) wohl eher günstigere Modelle relevant - und da fällt der Rabatt dann schon deutlich geringer aus als bei der ursprünglich angedachten Kaufprämie. Dazu kommt: Jetzt bekommt man den Rabatt auch, wenn man sich für das gleiche Geld was anderes kauft :-)

    • @schwarzwaldtib:

      Haha, super mitgedacht!



      Dankeschön.

    • 9G
      90857 (Profil gelöscht)
      @schwarzwaldtib:

      Ja gut, den Mitnahmeeffekt wird es, wenngleich in eher quantitativ geringen Mengen, ebenfalls geben.

      Entscheidender sind aus meiner Sicht und Erfahrung die großen Stückzahlen an Dienstfahrzeugen mit Bruttopreisen so um die 50.000 Euro.

      • @90857 (Profil gelöscht):

        Und wer sich als Privatperson Autos in solchen Preisklassen leistet, das ist Kategorie Cayenne Turbo, wird nicht wegen 4.500 Euro Prämie das Autohaus stürmen.

  • Hmmm - die Autohersteller und deren Beschäftigte beschließen also ihre Überflüssigwerdung. Wers glaubt, wird selig...

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Zwischen Juli und Dezember 2020 werden nun wohl die dieselgetriebenen Dienstwagenflotten auf einen aktuellen Stand gebracht. 1.500 Euro geringere Mehrwertsteuer bei einem Listenpreis von 50.000 Euro sind schon ein Wort.

    Ich weiss, wovon ich rede. War eine schöne, sehr preiswerte Zeit mit einer Tankkarte und der nach wie vor geltenden Einprozent-Regel zur Eigennutzung; vor Eintritt in den Ruhestand.

    Seitdem muß ich den Xer selbst bezahlen; auch den nächsten ...

    • Malte Kreutzfeldt , Autor des Artikels, ehemaliger Redakteur
      @90857 (Profil gelöscht):

      Da liegen Sie falsch. Für Unternehmen werden die Dienstwagen gerade nicht billiger, weil die Mehrwertsteuer für sie am Ende gar nicht anfällt.

      • @Malte Kreutzfeldt:

        Aber die 1%-Regelung bezieht sich auf den Listenbruttopreis. Und wenn der niedriger ist, profitieren auch die Dienstwagenfahrer.

    • @90857 (Profil gelöscht):

      Endlich profitieren auch mal die richtigen.