Kommentar Klimagesetz: Rezo, bitte übernehmen
Die Unions-Minister lehnen das Klimagesetz der Umweltministerin ab. Dabei soll es nur erreichen, dass Deutschland seine Klimaziele bis 2030 einhält.
D ie Union hat keinen Kurs in der Klimapolitik. Annegret Kramp-Karrenbauer mag beteuern, wie wichtig das Thema sei, aber das war es dann auch schon. Seit Monaten überlässt sie dem Wirtschaftsflügel der Union die Arena in Klimafragen, und der ist bei dem Thema so glaubhaft, wie der YouTuber Rezo als, sagen wir mal: Wirtschaftsminister wäre.
SPD-Umweltministerin Svenja Schulze hat das erkannt. Am Montag wollte sie die Ungunst der Stunde nach der Horror-Europawahl für CDU und SPD nutzen und schickte das von ihr erarbeitete Klimagesetz in die Ressortabstimmung. Das bedeutet: Die Unions-Ministerien Wirtschaft, Landwirtschaft und Verkehr plus das Bauressort aus dem Innenministerium, die das Gesetz seit Monaten ablehnen, sind gezwungen, genau das nochmal zu sagen: Klimagesetz wollen wir so nicht. Das sagten sie dann auch.
Ihr Argument, seit Monaten: das Gesetz sei „Klimaplanwirtschaft“. Das ist so ein Buzzword, das Teile der Union gern verwenden, um den Menschen zu verdeutlichen, wie schlimm Klimaschutz sein kann: Planwirtschaft! Offenbar glaubt der konservative Flügel der Union, dass scharenweise zu den Grünen abgewanderte Wähler*innen zurückkommen, wenn man das Wort mehrmals täglich in möglichst vielen Interviews sagt.
Was so schlimm sein soll: Dass Deutschland seine Klimaziele bis 2030 einhält, dafür will Schulze künftig alle Ministerien mit speziell auf ihren jeweiligen Verantwortungsbereich heruntergebrochenen Zielen verpflichten. Am Mittwoch redet das Klimakabinett darüber.
Mit Planwirtschaft hat das freilich nichts zu tun, wenn der Staat durch Steueranreize oder schlichtes Ordnungsrecht der Wirtschaft einen Klimarahmen setzt. Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel müssten ihren Wirtschaftsflügel gemeinsam auf Linie bringen, aber die eine will nicht, weil sie die Konservativen nicht verärgern will, und der anderen fehlt wohl schlicht die Macht. Schulzes Vorstoß ist also richtig, allerdings: die Kids von Fridays for Future wird die SPD so auch nicht überzeugen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl