piwik no script img

Klimaschutz und die BahnTempolimit für die Bahn

Mehr Geld für die Schiene bedeutet nicht automatisch Klimaschutz. Nötig ist ein Paradigmenwechsel.

Hochgeschwindigkeitszüge haben eine schlechte Klimabilanz Foto: dpa

E ins scheint bei Umweltbewegten bis in die Klimawissenschaft hinein festzustehen: „Bahn ist ökologisch!“ Da klingt es gerade in diesen Zeiten gut, dass die DB 2022 die Rekordsumme von 13,6 Milliarden Euro, 900 Millionen mehr als im Vorjahr, in Bahnhöfe und Infrastruktur investiert. Wofür genau – erst mal unwichtig. Endlich mal gute Nachrichten von der Bahn: neue Hochgeschwindigkeitszüge und Trassen, die den Flugverkehr unattraktiv machen sollen, Überwindung von Zeit und Raum mit Rennstrecken, Bahnhofsbauten für den Deutschlandtakt, spektakulären Brücken- und Tunnelprojekten.

Mehr Geld für die Schiene gleich mehr Klimaschutz! Diese Gleichung geht nur auf, wenn man in der Klimabilanz der Bahn all das ausblendet, was bei anderen Themen einzurechnen meist Standard, zumindest aber bekannt ist. Nämlich die Modi der Nutzung, die den unmittelbaren Energieverbrauch bestimmen, und die „graue Energie“, das heißt der Energieaufwand und Klima­belastungen aus Vorprodukten, zurückgehend bis zur Rohstoffgewinnung.

Bei jedem Staubsauger gibt es Energieeffizienzklassen, angesichts des explodierenden Einsatzes von Mikrochips und Batterien wird über die problematische Gewinnung von Lithium und Kobalt diskutiert. Bei jedem Auto weiß man, dass der Verbrauch, ob Benzin oder Strom, abhängt von seinem Gewicht, der gefahrenen Geschwindigkeit, und dass bei gleichen Tempi weniger verbraucht wird als bei ständigem Bremsen und Beschleunigen.

Auto ist also nicht gleich Auto, aber Bahn ist gleich Bahn und immer klimafreundlich? Physikalische Basics gelten aber auch bei der Bahn. Bei einer geilen Tempo-300-Sause verdreifacht sich der Energiebedarf beziehungsweise THG-Ausstoß pro Kilometer gegenüber 160 km/h. Auf Extremgeschwindigkeiten ausgelegte Züge müssen schwerer gebaut werden, gewichtsbedingt daher höherer Energieaufwand bei Bau und Betrieb sowie signifikant höherer Verschleiß von Gleisen und Gleisbett.

privat
Werner Sauerborn

ist promovierter Soziologe und seit 2015 Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Stuttgart 21. Zuvor war er Vorstandssekretär von Ver.di Baden-Württemberg.

Hendrik Auhagen

war Mitglied der ersten Grünen Bundestagsfraktion 1983-87, ist Mitgründer des Bündnisses Bahn-für-Alle, das seit 2004 gegen die Privatisierung der Deutschen Bahn kämpft.

Tunneldurchfahrten sind energieaufwendiger als Fahrten auf offenem Gelände. Immens der Energieaufwand eines voll besetzten, fast 1.000 Tonnen schweren ICE4 beim Beschleunigen auf seine Höchstgeschwindigkeit.

Eine Studie im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung errechnet, dass der CO2-Ausstoß für den Bau der 30 Tunnel zwischen Köln und Frankfurt bei mehr als 850.000 Tonnen liegt. Mehr Geld für die Schiene bedeutet nicht automatisch mehr Klimaschutz. Nötig ist ein Paradigmenwechsel weg von der Beton- und Hochgeschwindigkeitsbahn.

Der Verkehrswissenschaftler Karlheinz Rößler hat Ähnliches für die in Stuttgart geplanten sogenannten Ergänzungsprojekte ermittelt. Von den Pro­jekt­geg­ne­r*in­nen als „zweites Stuttgart 21“ kritisiert, sollen mit weiteren 47 Kilometern Tunnel inklusive einem zusätzlichen unterirdischen Kopfbahnhof die immer deutlicher zutage tretenden Defizite von Stuttgart 21 behoben werden.

Der Bau allein der geplanten Tunnelstrecken erfordert fast 3,5 Millionen Tonnen Material, im Wesentlichen Stahlbeton für die Tunnelwände, -böden und -decken. In der Klimawährung ausgedrückt: zusätzliche 730.000 Tonnen Treibhausgase, vor allem CO2! Je aufwendiger das Projekt, umso geringer der Klimagewinn.

Ähnlich verheerende Klimabilanzen dürften die vielen bundesweit geplanten Großprojekte der DB aufweisen, wie die Verlegung des Bahnhofs Hamburg-Altona, der Nord-Zulauftunnel zum Brenner-Basistunnel, der Fehmarnbelt-Tunnel durch die Ostsee, der Fernbahntunnel in Frankfurt am Main, der zweite S-Bahn-Tunnel in München.

Zu all diesen Vorhaben gibt es Bürgerinitiativen, die klimaverträglichere Alternativen entwickelt haben. In Stuttgart zum Beispiel das Konversionsprojekt Umstieg 21. Eine ehrliche Klimabilanz würde zeigen, dass der gefahrene Personenkilometer mit dem Auto oder dem Flugzeug weniger klimabelastend ist als ein Kilometer Zugfahrt in diesen Tunnel- und Hochgeschwindigkeitswelten.

Auf jeden Fall verkleinert diese anachronistische Ausbaustrategie den klimapolitischen Systemvorsprung der Schiene gegenüber den Verkehrsträgern Auto und Flugzeug, die ja mit der Verkehrswende zurückgedrängt werden sollen.

Die Alternative heißt Klimabahn und meint einen bahnpolitischen Paradigmenwechsel, entwickelt von 19 namhaften Bahnexperten und Politikern, darunter der ehemalige DB-Manager Prof. Karl-Dieter Bodack, der frühere nordrhein-westfälische Verkehrsminister Christoph Zöpel (SPD), die Verkehrs- und Stadtplanungsprofessoren Christian Holz-Rau (TU Dortmund), Helmut Holzapfel (Uni Kassel) und Hermann Knoflacher (TU Wien), der Sprecher des Bündnisses „Bahn für Alle“, Bernhard Knierim, der Naturfreunde-Vorsitzende Michael Müller sowie der Bahnexperte und Publizist Winfried Wolf.

Mit weitgehenderen und vor allem schnelleren Kapazitätserweiterungen soll die Attraktivität des Bahnfahrens so verbessert werden, dass bis 2030 eine Verdreifachung der Personenbeförderung per Bahn und ein deutlicher Verlagerungseffekt des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene möglich wird. Kern des Konzepts ist die Verflüssigung des Bahnverkehrs auf einem hohen mittleren Durchschnittstempo, das Fern-, Regional- und Güterverkehr integrieren und zulasten der Straße stärken würde.

Aufgeräumt werden muss auch mit der Denke, die Bahn müsse vor allem den Kurzstreckenflugverkehr niederringen, woraus sich dann die Fixierung auf die Hochgeschwindigkeitsbahn ableitet. Das Verlagerungspotenzial ist aber im Bereich unter 300 Entfernungskilometern zehnmal so hoch wie zwischen 300 und 800 Kilometern. Die Konkurrenz ist also das Auto.

Schnelle und ästhetisch beeindruckende ICEs soll und muss es weiter geben. Statt sich disruptiv auf den Flächenbahnbetrieb auszuwirken, müssen sie aber in ein Konzept harmonisierter Geschwindigkeiten eingebunden werden, damit die Verkehrsverlagerung gelingen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

42 Kommentare

 / 
  • Sicherlich sind Hochgeschwindigkeitszüge zu kritisieren. Allerdings aus ökologische Perspektive und nicht aus Pro-Auto-, Pro-Flugzeug-... Perspektive. Die Leute, die "ihr" Auto schön reden/rechnen wollen, lügen sich ob der negativen Folgen der Klimaerhitzung und Umweltzerstörung entweder in die eigene Tasche oder denen ist es egal. Dabei sollten doch zumindest für Anthropozentrist*innen[1] Menschen nicht egal sein, weder die im globalen Süden oder die jüngeren Generationen hier wie dort. Menschen die auf Tiere und Tierschutz etwas geben, sollten darüberhinaus Tiere als solches mitdenken, von denen viele auszusterben drohen.



    [1] de.wikipedia.org/w...Anthropozentrismus

  • Das absurde ist, dass sich bei der Bahn allein mit geänderter Tarifstruktur (Umbuchbarkeit der Tickets ohne Wertverlust bzw. Ticketpreis ohne Mehrkosten bis kurz vor Abfahrt) ein enormer Attraktivitätsgewinn fast gratis erreichbar wäre.



    Übrigens ist auch dabei der Wettbewerb und Bezugspunkt der Flugverkehr und nicht das flexible Auto.



    Da kam noch kein Tankstellenbetreiber auf die Idee, den Sprit billiger anzubieten, wenn man sich drei Monate vorher auf einen bestimmten Zeitpunkt und Ort zum Tanken festlegt.

    • @meerwind7:

      Bei den Sparpreisen und Supersparpreisen geht es darum, die Züge gleichmäßiger auszulasten. Das ist nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch sinnvoll. Ohne diese Mechanismen wären die Züge zu Spitzenzeiten erheblich voller oder man müsste zu diesen Zeiten viel mehr Züge einsetzen. Dafür bräuchte man erst Recht neue Strecken mit Tunneln etc., weil die gegenwärtige Kapazität nicht ausreicht. Dann würden außerhalb dieser Zeiten leere Züge durch die Gegend fahren oder Verbindungen eingestellt, so dass wieder mehr Leute mit dem Auto fahren müssten.

      Es spricht eigentlich auch nichts dafür, dass Verbindungen zu Spitzenzeiten erheblich billiger angeboten werden könnten, wenn man auf den Steuerungsmechanismus Sparpreis verzichten würde. Für viele sind diese eine sehr gute Möglichkeit, billig(er als mit dem Auto oder Flugzeug) von A nach B zu kommen, ohne dass sie die mangelnde Flexibilität stört.

  • Zu differenzieren ist zwischen Projekten wie dem Fehmarntunnel, der wegen der Ostsee praktisch aternativlos ist, und einem langen Brenner-Zulauftunnel in relativ flachem Bereich, der vor allem dem Umwillen der Lokalpolitiker geschuldet ist, für eine preiswertere und klimaschonende Lösung ein paar örtliche Befindlichkeiten zu verstören.

  • Man kann natürlich auch einer sich vegan ernährenden Person vorwerfen, das auch mal eine Avocado oder Tofu auf dem Teller landet, oder den Bahnfahrenden, das sie schnell am Ziel ankommen wollen.



    Fakt ist, das beides klimafreundlich und ökologisch sinnvoll ist.

    Die Treibhausgasemissionen einer Bahnfahrt im Fernverkehr liegt bei einem Viertel dessen, was ein PKW verbraucht. Nur der vollbesetzte Linienbus steht pro Kopf noch besser da.

  • Ein ICE hat ein Leergewicht von deutlich unter 1T / Passagier, dazu einen niedrigeren Luftwiderstand, Rollwiderstand und selteneres Bremsen/Beschleunigen als sein Äquivalent aus unzähligen mit 1-2 Personen besetzten Autos. Das kann nicht klimaschädlicher sein als die Verteilung auf den motorisierenden Individualverkehr mit 1,5-3 T / Passagier. Zumal auch der auf Stahlbeton-hochgeschwindigkeitstauglichen Strecken mit Tunnels und Brücken rollt - selbst wenn die Fahrer*inenn freiwillig langsam unterwegs sind.

    Natürlich wären langsamere Züge klimafreundlicher als schnelle - aber Zuhausebleiben toppt alles.

  • Etwas verkürzt ausgedrückt: Es mangelt eklatant an kompetenten Verkehrsministern seit langer Zeit: Ramsauer (Milliardengrab S21), Dobrindt (Milliardengrab Maut), Scheuer (Milliardengrab Maut 2.0), Wissing (Bremser par Excellence). Was haben die jeweils auf die Reihe gebracht?

  • Guter Artikel. Habe auch in meinem Umfeld schon oft beobachtet, dass Leute die Bahn klimafreundlicher einschätzen, als sie ist. Tatsächlich: Nahverkehr Bahn 60g/Personenkilometer, PKW 140g/Personenkilometer. Jemand der nicht pendeln muss, spart gegenüber einem Pendler, der jeden Tag 40km fahren muss, 2.4kg CO2 ein. Davon könnte man fünf Schweineschnitzel essen oder drei Mangos oder jeden Tag 25000 Plastik-Trinkhalme mehr verwenden.

  • "Tunneldurchfahrten sind energieaufwendiger als Fahrten auf offenem Gelände." - das stimmt nur vordergründig. Der Tunnel gleicht das wieder aus, indem er die Fahrt auf der direkteren Linie ermöglicht. Der Zug muss keinen Berg erklimmen oder einen langen Umweg um den Berg herum fahren.

    Einen Tunnel zu bauen, ist eine einmalige Investition, die natürlich Beton erfordert und einmalig das Klima belastet. Jedoch muss man dagegen rechnen, wie viele Millionen Personenkilometer so ein Tunnel im Lauf der nächsten Jahrzehnte einsparen wird. Immer die Gesamtbilanz vergleichen! Es gibt viele Eisenbahntunnel in Deutschland, die schon mehr als 100 Jahre in Betrieb sind! Die haben sich mit Sicherheit gelohnt.

    • @Winnetaz:

      Hm. Sapperlot?! Das klingt ja,



      als gälte es (ähnl.) ebenso für Autobahnen?!



      ZB der Lückenschluß der A33 nahe Bi spart ca 15Min Fahrtzeit; tägl für 55.000 PKW im Schnitt...



      ...des wären "am Stück" 82 Wochen "Lebenszeit" - täglich...

  • Was mir bei der Argumentation zum Energieverbrauch noch fehlt, ist die Tatsache dass sich der Energieverbrauch auf der Schiene zu 100% und umwandlungs-/batteriefrei aus Strom decken lässt - und damit fast verlustfrei aus erneuerbaren Energien. Das kann man von keinem anderen Fernverkehrsmittel sagen, und ist auch in der Hochgeschwindigkeitssparte immer noch wahr.

    Ich bin außerdem etwas skeptisch was die Aussage angeht, dass (langfristig) die Emissionen aus Bahn-Tunnel-Personenkilometern höher sind als die aus anderen Verkehrsmitteln - Tunnel werden schließlich, wie andere Infrastrukturmaßnahmen auch, sehr lange genutzt.

    Trotzdem ein interessanter Artikel mit wichtiger Perspektive.

  • Wer gerade an diesem Wochenende mal wieder die immense Zeitvernichtung durch die DB hautnah miterleben durfte, kann einen solchen Vorschlag eigentlich nur noch lächerlich finden.

  • Was bitte ist THG?

    • @o_aus_h:

      Treibhausgas(e). Nur CO2 zu schreiben wäre sachlich falsch, und zum ständigen Ausschreiben ist das Wort zu lang.

  • Wenn die Bahn attraktiv sein will, wird Ihr nichts anderes übrig bleiben, als auch Ihr Streckennetz anzupassen (wie im Straßenverkehr) und der politische Wille dazu muß da sein, nicht alle Gelder in die Straße samt Fahrzeuge zu stecken ( Wahnsinn E-Autoprämien).



    Und nicht weitere Bahntrecken abbauen. Z.B. Steigerwaldbahn.



    Fahre diese Woche von Mannheim nach Prag(ca 500 AutoKM) mit der Bahn und es gehört schon eine Menge Idealismus dazu dies zu tun. Mindestens 8 Stunden Fahrzeit, 2 bis 3mal Umsteigen, inkl. hoffen und bangen (echtes Ärgernis), das es auch gut geht. Was häufig nicht der Fall ist.



    Wichtig ist übrigens die Durchschnittsgeschwindigkeit und nicht die Spitzengeschwindigkeit. Und auch nicht die großen Umwege wie bei meiner Reise.



    Und auch nicht die Rauf -und runter Bewegungen wie am Brenner besonders beim Güterverkehr.



    Und in der Ostsee entsteht paralell zur Bahn ein Autotunnel. Hatten Sie vergessen zu erwähnen. Die Eisenbahnfähren wurden leider abgeschafft.



    Geradezu erschreckend finde ich aber, das Sie die neue 8-Gleisige, schiefe unterirdische Haltestelle immer noch als Bahnprojekt bezeichnen, wie von der Exkanzlerin samt abhängigen Bahnmanagern bis zum Erbrechen vorgegaukelt.



    In Wahrheit aber geht es nur um die oberirdischen Grundstücke des HBF infolge von Vetternwirtschaft der EX-Groko.



    Wie auch in Hamburg und sicherlich auch andere Standorte wie z. B Lindau.



    Das ertragreichste Geschäftsmodel der Bahn in Deutschland ist aber der Verkauf der 1994 Ihr geschenkten Grundstücke.



    Kernkompetenz der CDU und SPD, Investoren, auch aus Steueroasen glücklich zu machen. Böse ausgedrückt, "Maskendeals mit Grundstücken".



    Ohne Nutzen für Fahrgäste der Bahn. Bezahlmeister Steuerzahler.



    Und wo ist Ihr Hinweis über die krassen steuerlichen Nachteile des Bahnverkehrs gegenüber der Straße und noch erschreckender dem Luftverkehr? Fehlanzeige.



    Ein "schnarrchender, teurer, politisch unerwünschter Verkehrsträger Bahn" hat leider keine Zukunft.



    Sehr sehr Schade.

  • Und schon wieder wird ein Klimaschutznarrativ in Zweifel gezogen.

    Traurigerweise ist es kein Wunder, dass der Klimaschutz mit seinen diversen Wenden nicht so richtig vom Fleck kommt.

    Die Richtung ist noch immer recht unklar, wo diverse Ziele kollidieren.

    • @rero:

      Der Klimawandel wurde wesentlich durch technologischen Fortschritt verursacht. Die Tatsache, dass weiterer technologischer Fortschritt dem Kampf gegen den Klimawandel dienlich sein kann, ist daher für viele kontraintuitiv. Viel mehr haben die Leute das Gefühl, man müsste das Rad zurück drehen, in eine mehr oder weniger vortechnische Vergangenheit. Deswegen werden Windkraftanlagen und Bahnstrecken bekämpft. Die Bahn gilt zwar als gut, aber der Fortschritt nicht, deswegen sehnt man sich in Dampflokzeitstrukturen zurück. Rational ist das natürlich nicht. Wer im Konjunktiv behauptet "eine ehrliche Klimabilanz würde zeigen" statt eine solche vorzulegen oder "ähnlich verheerende Klimabilanzen dürften ... haben" vermutet, der braucht keine Fakten, weil es ihm reicht, irgendwelche wirren Annahmen zu formulieren.

  • "Ähnlich verheerende Klimabilanzen [wie Stuttgart 21] dürften die vielen bundesweit geplanten Großprojekte der DB aufweisen, wie die Verlegung des Bahnhofs Hamburg-Altona"

    Das ist schon deswegen Quatsch, weil für den neuen Altonaer Bahnhof kein einziger Tunnel gebaut wird und er auf einer bereits vorhandenen Strecke entsteht. Außer dem Bahnhof selbst wird da überhaupt nichts gebaut

  • "Eine ehrliche Klimabilanz würde zeigen, dass der gefahrene Personenkilometer mit dem Auto oder dem Flugzeug weniger klimabelastend ist als ein Kilometer Zugfahrt in diesen Tunnel- und Hochgeschwindigkeitswelten."

    Verstehe ich das richtig, dass hier reine Tunnelkilometer bei der Bahn den gesamten durchschnittlichen Streckenkilometern bei Auto und Flugzeug gegenüber gestellt werden, wobei bei der Bahn die Klimabelastung im Bau der Infrastruktur mitzählt, bei den anderen aber nicht und fossiler Energieverbrauch bei Flieger und Auto dem Ökostrom bei der Bahn gleichgesetzt wird? Das ist schon mehr als unseriös.

    Die Fernstrecken in Deutschland stammen, soweit es sich nicht um die überwiegend mit vielen Tunneln für den ICE seit den 80er Jahren gebauten Neubaustrecken handelt, überwiegend aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aus der Dampfbahnzeit. Bahnstrecken sind Jahrhundertinvestitionen, das muss man auch in die Klimabilanz im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln einrechnen.

    Die Kapazitäten lassen sich insbesondere auf den Verbindungen zwischen den Metropolen nur durch neue Stecken erhöhen. Es wäre schlicht nicht möglich, auf der alten Strecke zwischen Stuttgart und Ulm neben dem dort laufenden S-Bahn-, Regional- und Güterverkehr noch einen Deutschlandtakt des ICE durchzuführen, ähnlich ist es auf anderen Strecken.

    Selbst wenn es so ist, dass diese zusätzlichen Passagiere mehr vom Auto als vom Flugzeug kommen, bleibt es ja trotzdem so, dass Inlandsflüge nur dann verzichtbar sind, wenn die Bahn entsprechend schnell ist, und dass sie für Autofahrer erst attraktiv wird, wenn sie nicht gleich schnell, sondern signifikant schneller ist.

    Man bekommt fast das Gefühl, dass hinter den Kritikern der "Beton-Bahn" die Autolobby steckt, jedenfalls geht es nicht darum, ein insgesamt klimafreundliches Verkehrsmittel zu push

    • @Ruediger:

      Ulm-Stuttgart wird ja schon gebaut.



      Die meisten Kapazitätsengpässe kommen entweger durch nicht nieveaufreie Kreuzungen oder Einmündungen oder durch stark unterschiedliche Geschwindigkeiten verschiedener Züge auf einer Strecke.

  • Ein bisschen Hafer, ein wenig Wasser und schon ziehen die Gäule den Wagen. Umweltfreundlicher geht`s doch nicht, oder.

    • @cuba libre:

      "Ein bisschen Hafer, ein wenig Wasser und schon ziehen die Gäule den Wagen."



      Im Ernst??? Getreide als Tierfutter??? Das wäre ja Antrieb mit Bioenergie, und die ist ja bekanntlich gaaanz phöööse...

      • @sollndas:

        Bahn attraktiver!



        Ich hatte den Ruhebereich gebucht. Was war? Dauerquatschen von drei Frauen.



        Als ich mich bei der Schaffnerin freundlich erkundigte, wass "Ruhebereich" eigentlich bedeutet antwortete sie: "Sie können sich unterhalten, aber kein Handy".



        Bin dann nach einer Weile durch die 2. Klasse - Großraum gegangen. Muksmäuschenstill - alle hatten Handy oder Tablet vor der Nase. Verkehrte Welt?

        Ich schlage vor, die DB führt ein "Mönch-Abteil" ein, wo Schweigegelübte für die Dauer der Fahrt besteht. Kein Kleiderzwang!



        Bleibt aber ein frommer Wunsch, denn schon seit Jahrhunderten ist der Redfluß der Frauen nicht zu bremsen.



        Liegt wohl an mir, dass es mich stört.

      • @sollndas:

        Oh ja, erwischt!!! Möhrchen? Auch nicht. Veggie-Burger?

        Aber immer noch besser als wenn Mio von Tonnen Getreide in indischen Silos verrotten. So war das vor ein paar Jahren.

        Lebensmittel-Verschwendung Indien lässt Millionen Tonnen Getreide verrotten



        Viele Inder sind unterernährt - zugleich verrotten in dem Land derzeit Millionen Tonnen von Weizen. In Nordindien türmen sich Berge von Getreide, die von Schimmel geschwärzt sind. Grund für das Drama: gute Ernten, zu wenig Lagerkapazität.

        Das Netz vergisst nicht!

        • @cuba libre:

          Ich fahre viel Bahn und ich würde mir nichts mehr wünschen als ein Hochgeschwindigkeitsnetz zwischen den Großstädten Deutschlands und Europas, gerne so 400km/h+. Freitag noch bis Mittags im Büro und dann zur Familie mit der Bahn fahren wenn die weiter weg ist, ist einfach Tortur. Da ist das Stranden an irgendeinem Provinzbahnhof schon einkalkuliert Ankunft Samstag Morgen. Wir leben in einer Welt hoher Mobilität Bummelbahn ist nicht mit der Welt in der wir leben kompatibel.

        • @cuba libre:

          Jup die Just-in-Time Wirtschaftsmethode die wir global haben ist absolut idiotisch. Bei der Bundeswehr das gleiche.



          Deutschland sollte Lager von allem was essentiell ist für 1 Jahr anlegen und Produktionsanlagen für alles bereit haben das man sich dann innerhalb eines Jahres autark machen kann wo es möglich ist..

    • @cuba libre:

      Doch, natürlich. Man könnte den Wagen selbst schieben. Damit schont man die Tiere und tut nebenbei was für die Gesundheit. Außerdem ist der Methan-Ausstoß eines Menschen bedeutend geringer als der eines Pferdes.

  • @CRUSHEDICE

    ... oder das Auto langsam.

    *TEMPOLIMIT JETZT*

    • @tomás zerolo:

      Das Tempolimit würde da nicht viel bringen. Die Raserei spart kaum Zeit (nachts um 2 Uhr vielleicht schon, aber nicht zu normalen Tageszeiten). Das Auto wäre auch mit Tempolimit bei 120 schneller.

      Das Tempolimit macht natürlich trotzdem Sinn!

      • @Strolch:

        Sicherlich machte es Sinn, das Auto in Gänze abzuschaffen. Besser als gar nichts ist aber ein Tempolimit. Wie wirksam es Treibhausgase einsparen würde, hängt von der festgelegten Höchstgeschwindigkeit ab. Bspw. 100 auf Autobahnen, 80 auf Landstraßen wären eine spürbare Ersparnis von Kraftstoff und Vermeidung von Emissionen.

      • @Strolch:

        @Strolch Absolut richtig!



        Wer tagsüber fährt hat fast überall durch den Verkehr bereits ein Limit für die Durchschnittsgeschwindigkeit.



        Und für diejenigen die nachts fahren ist die (deutsche) Bahn sowieso keine Alternative.

  • Schade, dass im Artikel kein Systemvergleich für Bahn, Auto und Flugzeug für den CO2-Austausch pro Personenkilometer (nicht nur Kraftstoffe sondern auch Herstellung der Fahrzeuge und Infrastruktur) unter Nennung einer Quelle gemacht wird. So fehlen mir hier Fakten und der Kommentar wirkt spekulativ.

    • @arbitrax:

      Die Daten gibt es auch kaum (nicht?) öffentlich. Insbesondere der Stromverbrauch ist nicht aufzutreiben. Aus dem ließe sich dann das CO2 berechnen und vor allem der Stromverbrauch mit dem Auto vergleichen.

  • Als überwiegend Dienstreisender hätte ich mit einer Entschleunigung der Bahn kein Problem, es zahlt ja die Firma.

    Die würde das naturgemäß völlig anders sehen.

  • Endlich! Danke Taz! Jetzt wäre mal der durschnittliche Verbrauch in kWh auf 100 Personenkilometer interessant. Und nicht der schöngerechnete CO2 Ausstoß. Allein, dass die Bahn diesen Wert nicht angibt, lässt einen misstrauisch werden.

  • Auch um mit dem Auto zu konkurrieren muss die Bahn schnell sein. Denn sie hat den Prinzip bedingten Nachteil dass Zwischenhalte eingelegt werden. Der Autofahrer kann hingegen auch mal 5h durchfahren wenn er möchte.

    Und viele die ein Auto besitzen werden die Bahn auf der Langstrecke nur in Betracht ziehen wenn es nicht mehr als eine Stunde länger dauert. Auf zu vielen Strecken ist das leider schon heute nicht der Fall..

    • @CrushedIce:

      Da stimme ich Ihnen in der Grundaussage zu, aber der Kritikpunkt bleibt, wie im Artikel erwähnt, die starke Beschleunigung auf Tempo 300 km/h und mehr. Diese Beschleunigungen machen auch wenig Sinn, wenn kurze Zeit später wieder auf 0 km/h runtergebremst wird, weil der nächste Bahnhof nur 20 km entfernt ist. In Frankreich ist das übrigens anders.

      Solche Prestige-Projekte kosten nicht nur enorm viel Energie im Betrieb, sondern auch enorm viel Geld, für die teure Hochgeschwindigkeitstrasse und entsprechende Züge. Geld, das dann für die Ausstattung des Schienennetzes fehlt.



      Ich fahre schon seit Jahren kaum noch Bahn, obwohl ich es gern würde, einfach weil ich mein Dauerabo der "Fahrgastrechteformulare" beenden wollte.

      Was in den vergangenen Jahrzehnten bei der Bahn runtergewirtschaftet wurde, ist ein Betrug am deutschen Steuerzahler.

      Max Uthoff und Claus von Wagner haben das Problem "Bahnreform" seinerzeit sehr gut in ihrer Sendung "Die Anstalt" auf den Punkt gebracht.

      • @Manzdi:

        Was soll das denn für eine Strecke sein, wo für 20km auf 300km/h beschleunigt wird?

        Im Auto wird teils für wenige 100 Meter auf 200km/h oder mehr beschleunigt und dann wieder abgebremst, weil jemand ausschert. Und da sitzt nur einer in 2,5 T Blech.

        • @Benno Groß:

          Frankfurt - Köln



          Limburg wird mit 300 km/h angefahren, auf 0 gebremst, dann wieder beschleunigt, um in 25 km entfernten Montabauer erneut zu halten. Der Zug beschleunigt nicht auf 300 km/h, sondern auf 200 km/h, aber wozu die Hochgeschwindigkeitstrasse und diese tonnnenschweren kW-Monster. Das ginge energieffizienter. Entweder rauscht der Zug von F nach K durch, oder es fahren leichtere Züge mit geringer Geschwindigkeit und Beschleunigung..

    • @CrushedIce:

      Finde ich grundsätzlich einen wichtigen Einwand, könnte sich durch ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen vielleicht entschärfen.

      • @snapesnottinger:

        Das ist doch albern.

        Es gibt vernüftige Gründe für ein Tempolimit.

        Autos langsamer zu machen, weil die Bahn zu langsam ist und ihre Kunden nicht überzeugt, ist jedoch kein vernüftiger Grund.