piwik no script img

KlimapolitikFridays for Fortschritt

Die Klimakrise eskaliert, aber Klimapolitik ist unbeliebt. Dabei könnte sie bei der Bundestagswahl zum Gewinnerthema werden.

„Wir können es uns nicht leisten, keinen Klimaschutz zu machen.“ Illustration: Katja Gendikova

E s ist absurd: Die Klimakrise ist so sichtbar und fühlbar wie noch nie. Trotzdem dominieren Ignoranz und Ablehnung gegen Klimapolitik. Österreich säuft ab, wählt aber die FPÖ, die das Hochwasser als Hysterie abtut. In Brandenburg, Thüringen und Sachsen klagen Bauern und Hausbesitzer über Dürren, Stark­regen und Fluten, wählen aber die Grünen aus den Regierungsbeteiligungen heraus, wo sie als Einzige das Thema vorangetrieben haben.

Wie sehr sich der Wind zum Sturm entwickelt und gleichzeitig gedreht hat, merken „Fridays for Future“. Noch vor ein paar Jahren beschwerten sich die AktivistInnen, man habe ja „nichts erreicht“. Heute wäre die Klimabewegung gern so „machtlos“ wie damals – als sie die politische Debatte prägte, Wahlen dominierte und ein schärferes Klimaschutzgesetz erzwang. Fünf Jahre später ist die Klimapolitik in Deutschland unter die Räder von Corona, Ukrainekrieg, Inflationsangst und populistischer „Migrationspolitik“ geraten.

Die Klimakrise ist nicht weg. Wenn aber niemand über sie spricht, kann sie nicht eines der entscheidenden Themen der nächsten Bundestagswahl werden. Das muss sie aber, wenn wir noch eine kleine Chance haben wollen, die Weichen zur gesetzlich geforderten Klimaneutralität 2045 zu stellen. Das ist kein Selbstläufer, aber machbar. Denn die Debatten rund um die Erderhitzung werden mit Macht zurückkommen und die Politik dominieren.

Wenn es die Klima­bewegten geschickt anstellen, kann das Klimathema im Wahlkampf und danach zum Gewinnerthema werden. Steile These? Vieles spricht dafür: Die Physik, denn Klimaextreme werden immer häufiger und härter; der rasante Siegeszug der Erneuerbaren, der wirtschaftliche Eigennutz, wenn Unternehmen von der Regierung einen klaren Kurs Richtung Dekarbonisierung fordern.

Vorwärts in eine bessere Zukunft

Und schließlich die Sehnsucht nach guten Nachrichten und praktikablen Lösungen, wie das klimaneutrale Deutschland die nächste große wirtschaftliche, politische und soziale Erfolgsgeschichte werden kann. Und muss. Schwer genug. Denn derzeit kommt das apokalyptische Geschrei ja nicht von den Klimaschützern, die dafür wirklich Grund haben. Nein, der Weltuntergang wird von den Populisten von AfD bis BSW und Teilen der Union für ein Land beschworen, in dem so viele Menschen wie noch nie sicher, gesund und wohlhabend leben.

Während KlimaschützerInnen pragmatisch und wissenschaftlich argumentieren, fantasieren Politiker wie Friedrich Merz ideologisch vom angeblichen „Kontrollverlust“ an den deutschen Grenzen – während sie den tatsächlichen Kontrollverlust über Hochwasser und Waldbrände achselzuckend ignorieren. Es bietet sich ein Weg an, in dieser Extremwetterlage voller Stimmungstiefs und Populistenhochs Lust und Hoffnung auf eine effiziente Klimapolitik zu machen: mit einer neuen Interpretation des Begriffs „Fortschritt“.

Nur mit einem ökologisch und sozial fundierten Konzept für ein mutiges „Vorwärts“ in eine bessere Zukunft ist dem schwarzen Loch beizukommen, das gerade jeden zukunftsfähigen Ansatz von Klima­politik verschlingt. Und das einen Namen hat: Angst vor und Unwillen zur Veränderung. Das nämlich ist die große Bremse und der Grund dafür, dass „Klimapolitik“ bei vielen Menschen inzwischen einen toxischen Klang hat.

Wir leben in einem Land, das sich häufig über die „German Angst“ definiert und mit Ausnahme des friedlichen Aufstands gegen die DDR-Führung keine ordentliche Revolution auf die Beine gestellt hat. Da machen die Aussicht auf grundlegenden ökonomischen Wandel, Abschied vom Gewohnten, disruptive Technologien und scharf gestellte Machtfragen eher Angst statt Lust auf etwas Neues. Dass die Grünen dabei als „Verbotspartei“ wahrgenommen werden, liegt in der Natur der Sache.

Keine Angst vor Veränderung

Tatsächlich können und wollen sie ja kaum etwas verbieten. Aber das andauernde Erinnern und Mahnen an die ökologischen Grenzen führt dazu, dass alle Menschen ahnen oder wissen: Wenn ich das ernst nehme, muss ich mir den fossilen Überkonsum/das regelmäßige Fliegen/das nächste ­dicke Auto selbst versagen – und für diese Frechheit, mich zu einer selbst gewollten Einschränkung meiner Konsumfreiheit zu bringen, mache ich die Ökos verantwortlich.

Wie also ankommen gegen diese Furcht vor Veränderung? Nötig wäre es erst einmal, diesen Unwillen anzuerkennen: Wer in den letzten Jahrzehnten rasante Veränderungen wie den Niedergang der DDR-Industrie erlebt hat, der ist nicht scharf darauf, dass alles sich immer noch mehr wandelt. Umso mehr muss die Idee vom neuen Fortschritt den Menschen Halt und Stabilität anbieten.

Und klarmachen, dass Veränderungen auf jeden Fall kommen: In der unruhigen Geopolitik, mit der Digitalisierung, bei der Migration, vor allem auch in der Klimakrise – es kommt darauf an, wie man diese Veränderungen gestaltet. Echter Fortschritt muss den Menschen Mut und Lust auf die Zukunft machen und die Angst-Narrative der Populisten entschärfen. Dazu gehört eine ehrliche Bilanz.

Die Ampel ist zwar nicht die versprochene „Fortschrittskoalition“, hat aber aus Klimasicht erstaunlich viel auf den Weg gebracht: Ausbau der Erneuerbaren, Senkung der Emissionen trotz Versagens im Verkehr, die Weichen für die Dekarbonisierung der Industrie gestellt, die Wärmewende begonnen, natürlichen Klimaschutz angeschoben … alles zu wenig und zu langsam, aber: Es kann vorangehen. Die letzten drei Jahre zeigen aber auch: Katastrophen bringen die Menschen nicht automatisch dazu, Klimaschutz zu wählen.

Kompromisse zwischen Erneuerbaren und Naturschutz

Angst ist kein guter Wahlhelfer. Wut auch nicht. Wer, wie die „Letzte Generation“ Menschen mit blockierten Straßen und Flughäfen nervt, erntet nicht Einsicht und Zustimmung, sondern Empörung und Ablehnung, selbst bei Sympathisanten. Gezeigt hat sich auch: Bündnis 90/Die Grünen sind die einzige Partei, die bei allen Fehlern und Versäumnissen das Klimathema ernst nimmt und es in Politik umsetzen will.

Alle anderen Parteien sind auf diesem Gebiet nicht wahrnehmbar (SPD), stellen „technologieoffene“ Scheinlösungen wie CCS oder synthetische Treibstoffe nach vorn (CDU/CSU und FDP) oder leugnen einfach das Problem. Für die Klimabewegung bleiben die Grünen damit die einzigen verlässlichen Partner im Parlament. Fortschritt fordert von Grünen, anderen Progressiven und der Klimabewegung allerdings die Bereitschaft, auch mal über den eigenen Schatten zu springen.

Nötig sind neue Ideen und Erfindungen. Fortschritt ist im besten Sinn technologieoffen: Das bessere Neue ersetzt das schlechtere Alte. Konkret: Der E-Antrieb vertreibt den Verbrennungsmotor, Jobs und Wertschöpfung verlagern sich. Das muss fortschrittliche Politik gestalten. Gebraucht sind auch Kompromisse: zwischen Ausbau der Erneuerbaren und Naturschutz, zwischen Bürgerbeteiligung und Milliardeninvestition von Konzernen.

Und echter Fortschritt braucht „Klimagerechtigkeit“, um die Kosten des Wandels viel gerechter zu verteilen: eine Rückzahlung an die Konsumenten (Klimageld nach sozialem Bedarf); höhere Belastungen für Reiche und Unternehmen für Klima-Investitionen, der Abbau umweltschädlicher Subventionen. Konkret: Das Klimageld muss den SUV-Besitzer belasten, um der pendelnden Krankenschwester eine fossilfreie warme Wohnung zu ermöglichen.

Gute Argumente gegen Fake News

Statt abstraktem „Klimaschutz“ gehören die direkten Vorteile aktiver Klimapolitik in den Vordergrund: Wertschöpfung im Land anstelle von hohen Ausgaben für fossile Importe; bessere Luft und Gesundheit, Energiesicherheit statt Abhängigkeit von fossilen Diktaturen, tendenziell niedrigere Energiepreise. Diese „Co-Benefits“ unterstützen heute oft die Klimaforderungen – man könnte das Verhältnis umdrehen: sichere Energie, Wertschöpfung, Jobs – und nebenbei die Emis­sio­nen reduzieren.

Jede Idee, auch der Öko-Fortschritt, begeistert mit Erfolgsgeschichten: Da sind der weltweite Preisverfall bei Erneuerbaren und Batterien, der rasante Aufbau der Erneuerbaren durch das EEG und Wohlstand durch dezentrale grüne Technik. Konkret: die Möglichkeit, mit dem Solarstrom vom eigenen Dach das eigene E-Auto kostenfrei zu tanken. Statt Kulturkämpfen soll die Debatte um Lösungen kreisen: Wer ein Lastenfahrrad ablehnt, soll eine andere Art des CO2-freien Güterverkehrs anbieten.

Wer für den Fortschritt argumentiert, sollte auch Gegenstrategien für Fake News und griffige Gegenargumente haben. Konkret: Wenn die Populisten hundertmal sagen: „Wir können uns Klimaschutz nicht leisten!“, heißt die Antwort hundertundeinmal: „Wir können es uns nicht leisten, keinen Klimaschutz zu machen.“ Dann müssen die KlimaschützerInnen dazu die einschlägigen Fakten und Daten gut verständlich parat haben.

Die Erzählung vom Fortschritt, die wir brauchen, richtet sich nicht vor allem an die Klima-Blase und nicht an die WutbürgerInnen. Sondern an die große Mehrheit der Menschen, die laut Umfragen nach Orientierung und positiven Optionen in der Klimakrise suchen. Ihnen können die Klima-Progressiven etwas Wertvolles bieten: eine Idee, eine Hoffnung, eine Gemeinschaft, die dafür arbeiten, dass Aufgeben keine Option ist. Und dass es sich lohnt, gegen jedes Zehntelgrad der Erd­erwärmung zu kämpfen.

Sicher ist: Die nächste grüne Welle kommt. Die Klimabewegung muss alles daransetzen, dass das früh genug passiert und schon bei der nächsten Bundestagswahl zu einem entscheidenden Thema wird. Eine attraktive Erzählung vom neuen Fortschritt ist dabei zentral.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
Mehr zum Thema

37 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Danke für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Es ist schon lustig, dass der Autor ausgerechnet die "German Angst" als Ursache dafür ausmacht, dass die Grünen zurzeit die Wahlen verlieren. Ohne diese Angst hätten die Grünen nie Wahlen gewonnen und auch den Atomausstieg nicht durchsetzen können. Und ohne das Schüren von Angst vor einer Klimakatastrophe können die Grünen auch keine "Transformation" der Industrie zu Zwecken des sog. Klimaschutzes durchsetzen.

    • @Budzylein:

      Bitte bei den Tatsachen bleiben! Die Grünen haben den Atomausstieg nicht durchgesetzt. Das war eine CDU-Regierung - mehr als eine Dekade vorher.



      Und das Schüren von Angst vor einer Klimakatastrophe ist nicht notwendig. Betrachtet man die Prognosen für die Zukunft, kommt die Angst von ganz alleine. Auch bei diesem Thema kämpfen Sie gegen Fakten.



      Sorry, die Welt ist nun mal kein "wünsch Dir was".

      • @Jörg Schubert:

        Der Atomausstieg wurde bereits von der rot-grünen Koalition (Kanzler Schröder) beschlossen und gesetzlich geregelt, und in der Folge wurden einige AKWs abgeschaltet. In der Merkel-Regierungszeit wurden lediglich die Laufzeiten verlängert. Und auch das wurde nach Fukushima wieder rückgängig gemacht, weil Merkel befürchtete, dass die CDU sonst die Landtagswahlen in Baden-Württemberg verliert, was dann trotzdem geschah; der Grüne Kretschmann wurde Ministerpräsident. Die Grünen hatten bereits in den 80er Jahren den Atomausstieg gefordert, und sie hatten sich damit bereits in der Schröder-Regierungszeit durchgesetzt und auch nach Fukushima - auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht im Bund regierten - durchgesetzt, denn wenn Merkel nicht den Verlust von Stimmen an die Grünen befürchtet hätte, wäre es bei der Laufzeitverlängerung geblieben. Und das endgültige Atom-Aus kam während der jetzigen Ampel-Regierungszeit mit Habeck als Wirtschafts- und Klimaschutzminister.

        Das sind die Tatsachen. Und die Grünen haben es dementsprechend bekanntlich als eigenen Erfolg gefeiert, als das letzte AKW abgeschaltet wurde.

  • "In Brandenburg, Thüringen und Sachsen klagen Bauern und Hausbesitzer über Dürren, Stark­regen und Fluten, wählen aber die Grünen aus den Regierungsbeteiligungen heraus..." - Das ist nur ein scheinbarer Widerspruch:. Um gewählt zu werden reicht es nicht für "besseres" Klima zu sein (dafür sind nämlich alle), es gehört auch die Fähigkeit dazu, die richtigen Maßnahmen auszuwählen und sachgecht umzusetzen. Und da haben sich die Grünen in den drei Jahren Regierungsbeteiligung nicht mit Ruhm bekleckert. Die Grünen verlieren ihre Wähler nicht, weil das Klima nicht mehr interessiert, sondern wegen erwiesener Inkompetenz bei der Lösung.

    • @Samvim:

      Welche Art von Lösung meinen Sie denn? Das Klima bekommt man nicht mit ein paar Staudämmen in den Griff.

      • @Jörg Schubert:

        Ok und was ist Ihre Lösung die die Menschen auch mitnimmt?



        Da wird es nämlich ganz still oder utopisch, bei Leuten die nur sagen, dass die jetzigen Maßnahmen nicht ausreichen.

        • @Whatever1984:

          Also entweder Ohren zugemacht oder zuviel Angst vor Veränderung: Es gibt reichlich Lösungsvorschläge für eine positive Zukunft, nur nicht in der Politik. Die macht lieber das Gegenteil von dem was in der Wissenschaft diskutiert wird, ohne Rücksicht auf offensichtlich katastrophale Prognosen. Degrowth wäre ein Anfang, oder schon die Lösung, wenn man den Mut hat umfassend anzupacken. Keine Angst, schlechter wird es uns danach nicht gehen.

        • @Whatever1984:

          Es wird sowieso nie ausreichen, egal was wir hier in D machen. Wer glaubt, den Klimawandel nachhaltig aufzuhalten oder zukünftige Naturkatastrophen abwenden zu können, wenn man nur die "richtige" Partei" wählt, sitzt einem gewaltigen Irrtum auf.

          Dafür sind die Emissionen in D einfach zu gering, als das eine weitere Verminderung etwas ändern würde, und andererseits die Unwetterphänomene erst der Anfang einer nachgelagerten Eskalation, deren Ursachen vor mehreren Jahrzehnten gelegt wurden. Auch wenn wir also unsere Emissionen von heute auf morgen auf Null senken würden, werden die Katastrophen in den nächsten Jahrzehnten weiter zunehmen (abgesehen davon dass sich das Klima ebenfalls Null dafür interessiert, ob in D nun 2 Prozent, 1,5 oder 0,00 Prozent der weltweiten Emissionen entstehen.

          Bevor es Missverständnisse gibt: das bedeutet nicht, dass die gegenwärtigen Maßnahmen zur Energiewende falsch sind, im Gegenteil. Aber es sollte ebenso klar sein, das die im Artikel ausformulierte Schlussfolgerung einfach Unsinn ist. Die Menschen geraten wegen des Klimawandels nicht in Panik und werden mehrheitlich keine Parteien wählen, deren Agenda nur daraus besteht.

          • @Tom Tailor:

            "Die Menschen geraten wegen des Klimawandels nicht in Panik..."

            Noch nicht. Die Panik kommt mit immer verheerenderen und zahlreicheren Naturkatastrophen in Deutschland und immer stärkeren Fluchtbewegungen in Richtung Europa schon noch. Sicher.

  • Baum im Garten? Wachsen lassen!



    Danke für diesen umfangreichen Artikel, der viel Wahres enthält.



    Darüber hinaus enthält er auch Positives, ein mittlerweile rares Gut in der Berichterstattung.



    Das fällt aber besonders auf!



    Es ist, glaube ich, der bereits dritte Artikel in der taz, der innerhalb der letzten Wochen eine positive Perspektive bietet.



    Ja, die Ampel ist die deutsche Regierung, die am Meisten für den Klimaschutz getan hat.



    Leider wurde das von einer SPD Ministerin geschaffenes Klimaschutzgesetz unter einer grünen Umweltministerin verwässert.



    Dennoch ist diese Regierung in diesem Sinne fortschrittorientiert.



    Es scheint den Deutschen mittlerweile schwer zu fallen, aus dem Klugscheißermodus auszubrechen: Alles Neue scheint verbesserungswürdig, jede neue Initiative meint der Durchschnittsdeutsche besser machen zu können.



    Bei so viel politischer Meinung ist überraschend, wie wenig BürgerInnen noch den Weg in Ratsversammlungen finden. Das "Besser wissen" wird nicht in " besser Machen" umgesetzt.



    Dummes Geschwätz ist jedoch wenig zielführend.



    Wir müssen mit der Umsetzung beginnen.



    Da kann JedEr schon mal bei sich anfangen und sich in diversen NGO s oder Parteien engagieren.

    • @Philippo1000:

      Ich denke auch, dass die Ampel deutliche Fortschritte erzielt hat. Sie werden kaputt geredet. Nur das neue GEG wurde so richtig vermurkst. Wir wissen ja, wie das passiert ist...

      Engagement geht noch viel einfacher: Wenn es denn ein neues Auto sein muss, dann elektrisch. Und danach allen erzählen, wie toll das ist. Hat bei mir ganz gut geklappt.



      Oder man bringt als erster in der Straße Solar aufs Dach und erzählt den Nachbarn, wie viel Geld die Anlage bringt.



      Das adressiert das nur einige Probleme von Vielen. Die Masse macht es. Wenn alle ein bisschen das tun, was sie können, ist das deutlich effektiver als Flugblätter für eine NGO zu verteilen.

      Als wichtigste Aufgabe der NGOs sehe ich Lobbyarbeit. Dieses Feld darf nicht der Industrie überlassen werden. Wer die Zeit hat, kann natürlich auch da zuarbeiten.

  • 6G
    611245 (Profil gelöscht)

    „tendenziell niedrigere Energiepreise“…



    Haha. Die Preise beruhen zum Großteil auf Steuern, Abgeben etc.

    Und das kennt nur einen Weg: Nach oben. Jede/r erinnert sich an Trittins „Kugel Eis im Monat“.



    Das kann sich die grüne Kern-Klientel aus Beamten und Hochverdienern leisten.



    Aber bereits in der Mittelschicht (die verlorenging) ganz zu schweigen von den Prekären, ist das ein wesentlicher Punkt.



    Die Neigung deutscher Politik, alle Probleme mit (Klima) Geld zuzuschütten, gerät hier ans Ende der finanziellen Möglichkeiten.

  • Äh Ja!

    Mit einer Einschränkung: Die 100 km pendelnde verarmte Krankenschwester gibt es nicht. Seit einigen Jahren schon sind Pflegeberufe recht gut bezahlt. Wenn man bereit ist, weite Strecken zu wechselnden Arbeiten in Kauf zu nehmen, sogar sehr gut. Wenn die Krankenschwester dann noch ein günstiges e-Auto least, steht sie finanziell noch besser da. Das ist kein Unsinn - ich kenne eine Person, die genau das tut.



    Das ist ein blödes und Stimmung machendes Argument.

  • "Eine attraktive Erzählung vom neuen Fortschritt ist dabei zentral."



    Leider braucht es für den "neuen Fortschritt" nicht nur eine "Erzählung", sondern eine nachvollziehbare, zielführende und finanzierbare Energie- und Klimapolitik.



    Davon sehe ich bei den Grünen wenig. Möglicherweise sind andere Parteien noch lernfähig.

  • Die Koryphäen der Bewegung hängen doch selbst einem falschen Wohlstandsbegriff an und haben in völlig inkonsistenter Weise eine Art Klima Jet-Set formiert. Das ist der Unterschied zu alten Öko-Bewegung, der es um eine ganz andere Form des "guten Lebens" ging. Deren Helden waren Ökobauern, Anti Atomkraft Aktivisten, Kommunarden und Künstler - dies nicht selten in einer Person.

    • @H. Wolfgang B.:

      Nun ja, diese Klimaschutz-Sache sorgt sauber durchgezogen ganz nebenbei dafür, dass wir unser Geld und damit unsere Arbeitsleistung weniger für irgend welche Ölscheichs aufwenden müssen.



      Weniger Arbeitsleistung bedeutet mehr Freiheit. Mehr Freiheit bedeutet, dass wir wählen können, ob wir Kommunard oder Mitglied der 08/15 Standard-Familie werden wollen - oder irgend etwas dazwischen.

  • Wenn Klimaschutz zu Sozialismus mit anderen Begründungen wird, hat er keine Chance.

    • @Gorres:

      Weil Amis unser System "Free Health Care", also unsere kostenlose Gesundheitsvorsorge, als sozialistisch ansehen, dann kann Klimaschutz gerne auch sozialistisch werden.

  • "Konkret: die Möglichkeit, mit dem Solarstrom vom eigenen Dach das eigene E-Auto kostenfrei zu tanken."

    Wenn die Geschichte so enden würde, könnte es eine Erfolgsgeschichte werden. Nur ist es ganz konkret leider so, dass ich ungeachtet meiner Solaranlage, Wärmepumpen und E-Auto auch noch für die Kosten der Anderen aufkommen soll und die Frage der Fernwärme mit Anschlusszwang nicht vom Tisch ist. So wird man mich ganz sicher nicht erwärmen

    • @DiMa:

      Vorher investiert und dann Anschlusszwang? Das würde ich bis in den EU-Gerichtshof ziehen.



      Ich hoffe, sie haben einen guten Rechtsschutz!

    • @DiMa:

      Ja, das ist das Problem der Sozial-Ökologischen Transformation. Sie ist teuer, und man muss dem Nachbarn die Sache auch noch bezahlen. Das macht sie doppelt teuer. Und das geht dann nicht.

  • taz: *Die Klimakrise eskaliert, aber Klimapolitik ist unbeliebt.*

    Die Menschheit steht vor dem Abgrund, aber anstatt sich umzudrehen und ein paar Schritte zurückzugehen, und endlich mal normal zu werden, möchte sie lieber noch einen weiteren Schritt machen. Außerdem möchte der Bürger an seinem klimaschädlichen Lebensstil nichts ändern, also glaubt er/sie den Versprechungen der Wirtschaft und unseren "Volksvertretern", dass man den Klimawandel irgendwann schon besiegen wird - und deshalb fliegt der Bürger auch ohne Skrupel mit dem Billigflieger weiterhin in den Urlaub und ist gegen autofreie Großstädte und ein Tempolimit auf Autobahnen.

    Und sind wir ehrlich, wer rechte Parteien wählt (ob nun in Österreich oder Deutschland), die den Klimawandel weiterhin verharmlosen, der ist ohnehin nicht besonders intelligent - aber das ist ja das eigentliche Problem, dass der Mensch immer dümmer wird. Und weil der Mensch immer dümmer wird und sogar seinen Heimatplaneten schon fast unbewohnbar gemacht hat, muss er jetzt irgendwie seine Wut an einem anderen abreagieren, und deshalb "prügelt" der Bürger jetzt auf Klimaschützer und die Grünen ein, weil die ihn ständig an den Klimawandel erinnern.

    • @Ricky-13:

      Noch etwas: Rechte Parteien wählen hat nichts mit Intelligenz zu tun. Wer zu den oberen 5% Einkommen gehört, ist bei der AFD bestens aufgehoben - und weiß das auch.



      Wer darunter liegt, und trotzdem AFD wählt, entscheidet emotional. Emotion wird von einer üblichen Intelligenzmessung nicht erfasst.

      • @Jörg Schubert:

        *Wer zu den oberen 5% Einkommen gehört, ist bei der AFD bestens aufgehoben - und weiß das auch.*

        Nur weil man ein gutes Einkommen hat, bedeutet es ja nicht automatisch, dass man auch über ein gut funktionierendes Hirn verfügt. Wer nichts aus der Geschichte gelernt hat, und den Rechten wieder mal die Tür zur Macht aufmachen möchte, der ist sicherlich nicht sehr intelligent - egal wieviel Geld er besitzt.

    • @Ricky-13:

      Äh nein, die Menschheit steht nicht vor dem Abgrund.



      Wer es sich leisten kann, zieht ans norwegische Nordkap oder gleich in die Antarktis.



      Nur die, die so etwas nicht leisten können, stehen am Abgrund. Ist das irgendwie auffällig?

      • @Jörg Schubert:

        Doch, sie steht am Abgrund. Umziehen - nett gedacht aber nicht zu Ende gedacht. Der Wegzug ans Nordkap oder sonstwohin wird für diese Menschen nur für einen zeitlichen Aufschub sorgen. Und schließlich geht ja immer um mehr als nur ums reine Wohnen. Infrastruktur, Ernährung usw. usf. ...

  • "Idee vom neuen Fortschritt" das ist gefährlich nah am "neuen Mensch" und erinnert an 1984.

    Bisher klappt das mit dem grünen Wirtschaftswunder nicht so richtig, oder wie der Berater von Clinton sagte "its the economy stupid" oder wie B.Brecht sagte "erst kommt das Fressen ...". Ihr müßt leider die Wirtschaft zuerst lösen, sonst wird das nix.

  • "... SUV-Besitzer belasten, um der pendelnden Krankenschwester eine fossilfreie warme Wohnung zu ermöglichen"



    Schon mal die Parkplätze der Klinikangestellten angesehen? Ja, die Chefarztparkplätze werden von teuersten Autos belegt, aber der SUV, wenn auch nicht der Mercedes AMG, ist in der breiten Menge angekommen. Einen rostigen Corsa sieht man da nicht.

    • @fly:

      Es ging hier eher um die sprichwörtliche Krankenschwester, die gerne dafür herhalten muss, dass Klimaschutz nichts kosten darf.



      Weniger um realexistierende Personen mit systemrelevanten Berufen.

  • An den realen Erzählungen soll es nicht scheitern. Wichtig ist dabei aber wie die Medien damit umgehen. Denn mit den guten Beispielen und Gegenbeispielen zur Fake-News kann es nur klappen, wenn die Medien diese auch transportieren, im Gegensatz zu Bild, Welt, oder FAZ und anderen die für Ihr Klientel jede Fake-News bringen und der Rest der Medien undifferenziert in den Chor einstimmt.



    Es gibt eine große Anzahl von Menschen die ihr Leben durch regenerative Energien bereits unabhängig machen konnten. Sei es durch frühe Investition in PV- oder Windanlagen, oder den Einstieg in den Vertrieb oder Verkauf. Selbst Handwerker sind mittlerweile zu finden die stabile und lukrative Geschäfte machen können und dabei stolz auf Ihre Anlage sind und sein können.



    Aber auch viele Beispiele von Menschen die sich mit regenerativen Energien eine bessere und bezahlbare Wohnmöglichkeit erschaffen konnten. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten inbegriffen. Die innovativen Fortschritte gehen auch 2025 bereits gesetzt weiter mit z.B. dem dynamischen Strompreis. Daher ran an die Stromspeicher mit Energiemanager die Strompreise selbstermächtigt drücken.

  • "... und mit Ausnahme des friedlichen Aufstands gegen die DDR-Führung keine ordentliche Revolution auf die Beine gestellt hat."



    Und was war mit Wackersdorf?

    • @Sonnenhaus:

      Solche lokalen Erfolge finden Sie an vielen Stellen. Doch eine Regierung zu stürzen ist den Wackersdorfern definitv nicht gelungen.

      • @Herma Huhn:

        Und das meinen Sie im Ernst? Ich denke das die DDR eher an schlechter wirtschaftlicher Lage und zeitgleicher fehlender Unterstützung der UDSSR am Ende war. Da waren die Proteste und Geflüchteten nur mehr das Gramm auf der Waage. Der wahre Wegbereiter und das Zünglein an der Waage war der ehrenwerte Herr Gorbatschow. Der letzte friedensliebende russische Staatenlenker mit größtem Vertrauen in die westlichen Politgrößen. Ohne Herrn Gorbatschow wäre das alles ganz anders ausgegangen.

  • Kann Klimaschutz Konsumenten begeistern? Im Prinzip ja, solange er nicht als Verzichtsstrategie verkauft wird. Das ist in der Tat das Hauptproblem. Solange die einen immer als erstes ihre Unzufriedenheit mit den bisherigen Veränderungen griesgrämig vor sich her tragen und die anderen nur genau darauf warten, um genau so missmutig über angebliche Verbote und Vorschriften zu lamentieren, schwappt die breitete Masse zwischen Verunsicherung und Hoffnung hin und her. Und die per SUV pendelnde Krankenschwester fürchtet sich dann vor allen Verteuerungen und Veränderungen, um im Bild zu bleiben.

    • @vieldenker:

      Konsumenten werden von gewissen Interessengruppen verschreckt und in Panik versetzt. So bleibt nicht viel Raum für Begeisterung.

      Bestes Beispiel ist das Thema "Reichweitenangst". Nach über 90.000 km eAuto, fast nur Autobahn, habe ich nicht mal mehr ansatzweise Verständnis dafür.

      Diskussionen zum e-Auto sind der Irrsinn schlechthin. Da sitze ich in einer Karre, die so viel PS hat, dass ich immer nur mit halber Leistung fahre. Und das im Schnitt für 6-7€ Strom auf 100km. Im Notfall kann ich an hunderten Millionen Stellen im Land tanken - denn fast jede normaler Haushaltssteckdose reicht - wenn ich Zeit habe.

      Selbst in einem echten Krisenfall stehe ich mit einem elektrischen Auto besser da. Tausende Solaranlagen lassen sich anzapfen. Sie werden niemals leer - man muss nur warten, bis die Sonne scheint. Erzählt mir mal, woher Ihr Benzin bekommen wollt, wenn die ersten Bomben auf ein paar Raffinerien gefallen sind!

      • @Jörg Schubert:

        Mit dem letzten Absatz habe ich mal gezeigt, wie man mit Angstthemen argumentiert.



        Ich mag so etwas nicht. Aber es ist eben das Ding, mit dem gewisse Leute erfolgreich sind.