Klausur der Grünenfraktion in Leipzig: Partei setzt auf Soziales
Die Grünen bauen Druck auf die Koalitionspartner auf: Sie fordern einen höheren Mindestlohn und die Auszahlung des Klimageldes.

Mittags steht Habeck dort zwischen den beiden Fraktionsvorsitzenden und sagt Habecksätze. Dass man sich zuhören und gemeinsame Lösungen finden müsse etwa, denn der Populismus ziele darauf, dass Probleme nicht lösbar seien. „Dazu darf es nicht kommen.“ Dass die Grünen derzeit so viel Hass auf sich ziehen, liege, so Habeck, auch an ihrer aktuellen Rolle: „Wir halten die politische Mitte.“
Fraktionschefin Katharina Dröge wird deutlicher: Die Bevölkerung erwarte von der Politik, dass sie ihre Lebensrealitäten im Blick habe, etwa beim Thema Mieten. „Die Mietregulierung, die im Koalitionsvertrag verabredet ist, hängt seit zwei Jahren“, sagt sie und fordert die Koalitionspartner auf, den Weg dafür frei zu machen. Nach „tiefgehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schocks“ habe zudem die Akzeptanz konkreter Klimaschutzmaßnahmen gelitten, heißt es in einem Papier, das die Fraktion am Mittwoch beschließen soll. Umso wichtiger sei es, „stringent die sozialen Fragen mitzudenken“.
Neben der Verlängerung der Mietpreisbremse fordern die Grünen die Einführung des Tariftreuegesetzes, eine dauerhafte Preisgarantie für das 49-Euro-Ticket und die Auszahlung des Klimageldes noch in dieser Legislaturperiode. Zudem setzen sie sich für eine Erhöhung des Mindestlohns ein, der derzeit bei 12,41 Euro liegt. Dieser schütze nicht dauerhaft vor Armut, heißt es in dem Papier.
Deshalb soll das Verfahren in der Mindestlohnkommission reformiert werden: Als Untergrenze des Mindestlohns wollen die Grünen 60 Prozent des Medianlohns festlegen. „Das hieße für 2024 deutlich über 14 Euro Mindestlohn, 2025 wären es knapp 15 Euro“. Bisher handelt eine Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Höhe des Mindestlohns aus.
Auffällig an dem Papier ist, dass sozialpolitische Maßnahmen wie die Kindergrundsicherung und die Erhöhung des Bürgergelds gar nicht vorkommen. Vielleicht liegt das an der Einschätzung, dass man mit Politik für die Armen nicht unbedingt die untere Mittelschicht mit ihren Abstiegsängsten für Klimaschutz gewinnen kann.
Reform der Schuldenbremse erwünscht
In einem zweiten Papier, das am Mittwoch beschlossen werden soll, wird zudem ein „Deutschlandinvestitionsfonds“ gefordert, was im Klartext eine Reform der Schuldenbremse bedeutet. Sie erwarte, dass der Kanzler dies in der kommenden Woche bei der Ministerpräsidentenkonferenz zum Thema mache, so Dröge. Die Grünen hoffen auf Unterstützung durch die Ministerpräsidenten der CDU, Unionsfraktionschef Friedrich Merz ist bislang strikt dagegen.
Die Stärkung der Demokratie ist ein weiteres großes Thema der Klausur. Dröge sowie ihre Co-Vorsitzende Britta Haßelmann betonten, dass die Angriffe auf Politiker*innen nicht nur die Grünen treffen. Dennoch erwarte Dröge teils mehr Unterstützung: „Ja, da wünsche ich mir eine klarere Haltung von Markus Söder und auch mehr Worte von Friedrich Merz.“
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