Keine Belohnung für besondere Leistung: Dobrindts Turbo gegen schnellere Einbürgerungen
Wer sich extra anstrengt, soll nicht schneller den deutschen Pass kriegen, fordert der Innenminister. Die SPD ist einverstanden.

Damit soll nun wieder Schluss sein. Bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Union und SPD, diesen Teil des Einbürgerungsgesetzes abzuschaffen. Ein entsprechender Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium von Alexander Dobrindt, CSU, soll am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Dobrindt hatte die Regelung schon bei ihrer Einführung kritisiert. Mit der „Turbo-Einbürgerung“ würde der deutsche Pass „verramscht“, Integration erschwert und es würden „Pull-Effekte“ bei illegaler Migration erzeugt, sagte er. Dass die Einbürgerungspraxis an strenge Auflagen geknüpft ist, erwähnte er nicht.
In dem aktuellen Gesetzentwurf heißt es, ein Zeitraum von drei Jahren sei zu kurz, um sich so nachhaltig in die „hiesigen Lebensverhältnisse“ zu integrieren, als dass daraus ein Anspruch auf Einbürgerung erwachsen könne.
Über Pro & Contra eines Verbots der AfD diskutieren aus linker Perspektive Ricarda Lang, Angela Furmaniak, Thorsten Mense und Lukas Wallraff – am Mittwoch, 28.05.2025, 19:30 Uhr, in der taz-Kantine.
Der Eintritt ist frei, aber eine Platzreservierung erforderlich. Bitte nutzen Sie dafür das Reservierungstool von Pretix hier.
Die Veranstaltung wird auch live gestreamt auf dem Youtube-Kanal der taz.
🐾 Ricarda Lang ist Bundestagsabgeordnete des Bündnis 90/Die Grünen und ehemalige Parteivorsitzende.
🐾 Angela Furmaniak ist Rechtsanwältin und als Strafverteidigerin tätig. Sie ist im Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV), der die Initiative „AfD-Verbot Jetzt!“ mitträgt.
🐾 Thorsten Mense ist Soziologe, Autor und als Journalist unter anderem für Jungle World und konkret tätig. Er findet Antifa sinnvoller als Verbote.
🐾 Lukas Wallraff ist seit 1999 bei der taz – zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt als Titelseiten-Redakteur bei tazeins. Er steht einem AfD-Verbot skeptisch gegenüber.
🐾 Lotte Laloire moderiert diesen taz Talk. Sie ist taz-Redakteurin und Herausgeberin eines Buchs über die extreme Rechte.
Migration soll begrenzt werden
Es ist das erklärte Ziel der neuen Regierung, Migration nicht nur zu „steuern“, sondern auch zu „begrenzen“. Die Abschaffung der schnelleren Einbürgerung reiht sich ein in die rechtlich umstrittene Zurückweisung Schutzsuchender an den deutschen Außengrenzen, die Dobrindt bereits durchgesetzt hat, sowie in seine Ankündigung, den Familiennachzug für Menschen unter subsidiärem Schutz in Deutschland vorerst auszusetzen.
Schmerzhaft müsste das Vorhaben eigentlich für die SPD sein. Sie hatte die Einbürgerungsregeln mit der Ampel selbst eingeführt und sich dafür gefeiert, Deutschland zu einem fortschrittlichen Einwanderungsland zu machen. Dirk Wiese, heute Erster parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, hatte im vergangenen Jahr auf Dobrindt geantwortet: „Wir verramschen deutsche Pässe nicht – wir entstauben sie.“
„Vernünftiger und gangbarer Kompromiss“
Am Montag äußerte sich Wiese gegenüber der taz pragmatisch: In puncto Staatsbürgerschaft hätten Union und SPD einen „vernünftigen und gangbaren Kompromiss erzielt“. So blieben andere Bestandteile des Gesetzes erhalten: etwa die Möglichkeit zu doppelten Staatsbürgerschaften oder die darin festgelegte Einbürgerung nach fünf statt nach acht Jahren. Die geplante Abschaffung der Drei-Jahres-Regelung sei wegen der geringen Fallzahl „in der Sache verschmerzbar“.
Die Grünen, die die Reform des Einbürgerungsgesetzes gemeinsam mit der SPD und der FDP vorangetrieben hatten, sie nun aber nicht gemeinsam mit der Union wieder abschaffen, zeigen sich weniger versöhnlich. Filiz Polat, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Bundestag, nennt die geplante Abschaffung „weder fair noch klug“. Vor allem in Zeiten, in denen Deutschland auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sei und diese langfristig im Land halten möchte. „Mit so einer rückwärtsgewandten Politik schadet Dobrindt der Integration und der deutschen Wirtschaft.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„ACAB“-Gate von Jette Nietzard
Kein Rückhalt, keine Zurückhaltung
Keine Belohnung für besondere Leistung
Dobrindts Turbo gegen schnellere Einbürgerungen
Klamottenberge mit „Störstoffen“
Altkleidersammlung in Deutschland mit massiven Problemen
Hessische Ausländerbehörden
Arbeit faktisch eingestellt
Deutsche Waffen in der Ukraine
SPD gegen geplante Aufhebung der Reichweitenbeschränkung
Schwarz-rote Koalition
Scheitern ist gestattet