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Katars WM-Botschafter gegen HomosexuelleDenken kann er, was er will, aber …

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Die Fußball-WM findet in einem Land statt, in dem Homosexualität verboten ist. Das allein hätte Grund genug sein sollen gegen Katar als Ausrichter.

Werbung für die Fußball-WM in einem Shoppingcenter in Katar Foto: reuters

D as ZDF hat es famos geschafft, auf seine Dokumentation zur fragwürdigen Fußball-WM der Männer in Katar hinzuweisen. Im Interview sagte der katarische WM-Botschafter und frühere Nationalspieler des Landes, Khalid Salman, sein Land respektiere schwule Fußballfans in seinem Land, die zu einem Spiel anreisen, selbstverständlich. „Das Wichtigste ist doch: Jeder wird akzeptieren, dass sie hierherkommen. Aber sie werden unsere Regeln akzeptieren müssen.“

Konkret führte er aus: Schwul sein sei ein „geistiger Schaden“. Alle Welt ist jetzt – zu Recht – empört über diese Pathologisierung von Homosexuellen, ob in Katar oder nicht. Schwules als geistig beschädigt zu fantasieren – und dies auch noch zu sagen –, ist selbstverständlich abwegig. Und so weiter. Was man dann so sagt, um sich als edle Seele zu zeigen.

Wahr ist aber, dass viele Menschen, auch in den ach so aufgeklärten Teilen Europas oder Nordamerikas oder Ozeaniens, so denken wie der katarische WM-Botschafter. Und noch wahrer scheint mir, dass es auf die geistigen Befindlichkeiten eines solchen Mannes gar nicht ankommt. Wichtiger wäre doch, dass in Katar nicht nur während des WM-Turniers schwule Männer und lesbische Frauen wie auch trans Menschen offen agieren können und dass keine drakonischen Gesetze gegen sie wirksam werden können.

Wie es nämlich jetzt – und immer schon – der Fall ist. Was ein jeder oder eine jede denkt, ist vollkommen letztrangig, auch wenn Menschen, die Homosexuelles partout nicht mögen wollen, spintisieren, Schwule seien im Angesicht von Kindern von traumatisierender Wirkung. Egal: Was jemand denkt und fühlt – und sei es Antihomosexuelles –, ist Privatsache. Nur seine oder ihre Taten, seine oder ihre Handlungen zählen.

Katar hätte auch aus genau diesen Gründen, also wegen seiner staatsoffiziellen Homophobie, niemals den Zuschlag für die WM bekommen dürfen. Katar ist für schwule Männer eine No-go-Area. Abstoßend ist das, nichts weiter.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!