Karlsruher Urteil zur NPD-Finanzierung: Die AfD ist eine andere Partei

Das Urteil des Verfassungsgerichts mag mit Blick auf die AfD enttäuschen. Doch wen soll eine Demokratie überzeugen, die Schmuddelkinder benachteiligt?

Zwei Richterinnen der Bundesverfassungsgerichts in roten Roben und mit roten Hauben, weißen Schärpen

Klare Ansage – aber nur an die NPD: Das Urteil des Verfassungsgerichts Foto: Uwe Anspach/dpa

Die Erwartungshaltung war groß, nun sind manche enttäuscht. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die NPD/Die Heimat von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Doch zur AfD haben die Karlsruher Rich­te­r:in­nen nichts gesagt, weil es ja um die NPD und nicht um die AfD ging. Damit ist also weder geklärt, ob man auch der Höcke/Weidel-Partei die Mittel streichen könnte, noch ob ein Verbotsantrag erfolgreich wäre. Es gibt ja Leute, die glauben, dass die AfD sich heute kaum noch von der NPD unterscheidet. Wer so denkt, dürfte am Ende auf die Nase fallen.

Denn natürlich gibt es immer noch wichtige programmatische Unterschiede zwischen NPD und AfD, sogar beim Volksbegriff. Während die NPD nur Weiße als Deutsche akzeptiert und zwei deutsche Eltern verlangt, ist die AfD gegenüber Deutschen mit Migrationshintergrund deutlich offener. „Alle Deutschen sind ohne Ansehen von Herkunft, Abstammung, Weltanschauung oder Religionszugehörigkeit Teil unseres Staatsvolkes“, heißt es auf der AfD-Webseite.

Doch dann kommen auch bei der AfD Vorbehalte gegen eingebürgerte Deutsche. Willkommen sind sie nur, wenn sie „sich gesetzestreu verhalten, Steuern zahlen, hier arbeiten und sich in das gesellschaftliche Leben einbringen“. Eingebürgerte sind für die AfD eben doch nur Deutsche zweiter Klasse, denn solche Bedingungen werden bei Deutschen der x-ten Generation natürlich nicht gestellt.

Die AfD liegt mit ihrer Forderung nach Wohlverhalten also zwischen der NPD („Integration ist Völkermord“) und der demokratisch erforderlichen vollen Gleichbehandlung. Das ist weder eindeutig verfassungsfeindlich noch eindeutig verfassungskonform. Und weil die AfD oft so diffus im Dazwischen bleibt, weiß niemand, wie das Bundesverfassungsgericht über Anträge auf ein Verbot entscheiden würde.

Demonstrative Diskriminierung geht nach hinten los

Dabei ist der Ausschluss aus der Finanzierung keinesfalls ein milderes Mittel, das die Demokratie weniger beschädigt als ein Parteiverbot. Wen soll denn eine Demokratie überzeugen, die die meisten aussichtsreichen Parteien massiv bezuschusst, während die Schmuddelkinder gezielt benachteiligt werden?

Das Prinzip der demonstrativen Diskriminierung würde – – wie alle Maßnahmen der wehrhaften Demokratie – nach hinten losgehen, weil es so offensichtlich das Gerechtigkeitsempfinden verletzt. So etwas kann man vielleicht mit einer 0,1-Prozent-Partei wie der NPD machen, weil es dort eh keine Rolle spielt, aber nicht mit der AfD, die in Sachsen zehn mal so stark ist wie die SPD.

Am Ende würde die AfD sagen: Uns finanziert das Volk, euch finanziert das System. Es wäre eine Akzeptanzmaßnahme für deutschnationale Milliardäre, die der AfD ja nur gegen die Benachteiligung helfen wollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.