piwik no script img

Insekten als LebensmittelGrünes Licht für Mehlwürmer

Insekten gelten als klimaschonender Ersatz für Steak & Co. Mehlwürmer sind nun EU-weit erlaubt. Insektenfarmen bergen jedoch auch Risiken.

Die Larven des Mehlkäfers dürfen in der EU als Lebensmittel gehandelt werden Foto: Pfeiffer/imago-Images

München taz | Unter Klimaschützern werden sie als so etwas wie der ultimative Rettungsanker angesehen. Denn bis 2050 werden zusätzliche 265 Millionen Tonnen Eiweiß pro Jahr für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung benötigt, so prognostiziert die UN-Welternährungsorganisation FAO. Vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern kommen mit dem Wohlstand auch mehr Steaks, Milch und Käse auf den Tisch, während westliche Länder seit Jahren ein Übermaß an tierischem Protein verzehren. Damit keine Lücke entsteht, müssten 50 Prozent mehr proteinreiche Lebens- und Futtermittel als heute erzeugt werden. Insekten gelten hier als probates Antidot, schließlich sind sie proteinreich und umweltfreundlicher zu produzieren.

Im Januar hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA grünes Licht für Produkte gegeben, die Mehlwürmer enthalten. Vor wenigen Tagen kam die offizielle EU-Zulassung: „Die getrocknete Larve des Mehlkäfers Tenebrio molitor darf als Ganzes oder gemahlen verkauft werden. Außerdem kann sie als Zutat bis zu einem Anteil von 10 Prozent in verschiedenen Lebensmitteln, zum Beispiel Nudeln oder Keksen, eingesetzt werden“, teilt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mit. Das heißt, dass diese Produkte als sicher für den menschlichen Verzehr eingestuft sind.

Weitere 14 Zulassungsverfahren für andere Insekten laufen, schließlich gelten die Krabbeltiere in Europa als „Novel Food“ und bedürfen einer eindringlichen Prüfung bevor sie produziert werden und in den Handel gelangen können. Zwar werden in einigen EU-Ländern, darunter Deutschland, entsprechende Produkte schon vermarktet. Dies sind jedoch Sonderregelungen. Die einheitliche Zulassung für alle EU-Länder gilt nun als wichtiger Schritt für die weitere Verbreitung von Insekten als Lebensmittel auch in westlichen Staaten.

Denn in Afrika, Asien und Südamerika sind sie heute weit verbreitet, rund 1.900 Insekten sind als essbar bekannt, und etwa ein Drittel der Weltbevölkerung konsumiert regelmäßig diese Protein-Snacks. Sie sind auch eigentlich gar nicht „neu“, sondern seit langem Teil der menschlichen Ernährung. Mindestens 10.000 Jahre schätzungsweise hat der Homo sapiens Insekten wie Heuschrecken, Grillen, Soldatenfliege oder Buffalowurm auf seinem Speiseplan.

Sie haben schließlich in getrocknetem Zustand einen Eiweißgehalt von 50 bis 60 Prozent. Andere tierische Produkte liegen mit 30 bis 50 Gramm darunter. Dabei ist auch die Eiweißqualität, also die Zusammensetzung der Aminosäuren günstig. Zudem liefern sie wertvolle langkettige Fettsäuren, fast alle Vitamine und wichtige Mikronährstoffe wie Eisen und Zink. Die FAO sieht darum Insekten als wichtige Nährstofflieferanten, damit zukünftig die Ernährung weltweit gesichert ist.

Umweltfreundlichere Produktion

Gleichsam sind sie in der Produktion umweltfreundlicher, wie Alejandro Parodi, Wissenschaftler an der Universität Wageningen, im Jahr 2018 in einer Vergleichsstudie errechnet hat. Mehlwürmer-Larven verursachen weniger als 1 Kilogramm C02-Äqivalent pro 50 Gramm Eiweiß, während es bei Hühnern 3 Kilogramm und beim Rind satte 12 Kilogramm für die gleiche Menge sind. Sie verbrauchen zudem wenig Landfläche sowie Süßwasser und begnügen sich mit Abfallstoffen als Futter. Es müssen also keine Futtermittel extra angebaut werden, womit auch wieder Umweltkosten verursacht würden. Lediglich der Energieverbrauch ist ähnlich zur Fleischproduktion, wenn die Tiere nicht als Ganzes, sondern als Eiweißpulver verzehrt werden. Denn die Extraktion des Eiweißes verbraucht viel Energie.

Derzeit ist allerdings noch unklar, ob sich auch Vorteile in Sachen Tierwohl ergeben würden, wie das vermutet wird. Bislang ist allerdings zu wenig erforscht, ob Insekten Schmerzen empfinden können und damit leidensfähig sind. Laura Schiel vom Chemischen Veterinäruntersuchungsamt in Freiburg fordert darum, dass man aus tierethischer Sicht davon ausgehen sollte, dass die Tiere Schmerzen, Leiden und Schäden erfahren und sie darum auch dementsprechend behandelt werden sollten.

Bei den jetzt zugelassenen Mehlwürmern ist eine Allergiewarnung jedoch vorgeschrieben

Zudem gibt es auch noch unerforschte Risiken, die für jede Insektenart einzeln und auch für größere Anlagen analysiert werden müssen. So haben einige Insekten etwa ein allergenes Potenzial. Vor allem Menschen, die auf Hausstaubmilben oder Schalentiere wie Shrimps al­lergisch reagieren, könnten betroffen sein. Forscher der Hochschule Albstadt-Sigmaringen sind derzeit dabei, einen Allergietest zu entwickeln, der in wenigen Minuten aufzeigt, gegen welche Proteine Antikörper der Klasse IgE gebildet werden, die auf eine Allergie hindeuten. „Das könnte helfen, die Lebensmittel so zu bearbeiten, dass die Allergene dem Menschen nichts mehr anhaben können“, sagt Dieter-Stoll, Leiter des Forschungsprojektes.

Das Thema „Allergiepotenzial“ wird von den Produzenten noch stiefmütterlich behandelt, eine umfassende Kennzeichnung ist nicht allgemein verpflichtend. Bei den jetzt zugelassenen Mehlwürmern ist eine Allergiewarnung jedoch vorgeschrieben. Auch der Hinweis, dass Kreuzreaktionen zu Allergien gegen Krustentiere oder Hausstaub-Milben möglich sind, muss auf den Mehlwurm-Produkten vorhanden sein.

Laut Verbraucherzentrale fehlen bei fast 60 Prozent der bei einem Marktcheck untersuchten Produkte Hinweise, ob diese erhitzt wurden oder einem anderen Verfahren zur Keimabtötung unterzogen wurden. Das ist jedoch wichtig zu wissen, schließlich können sich pathogene Keime wie Bakterien in Tierfarmen, wo viele Tiere auf kleinem Raum gedrängt leben, sehr schnell verbreiten. Meist werden die Tiere gefroren, gewaschen, blanchiert und gefriergetrocknet, was Keime abtötet. Grillen aus der Zoofachhandlung sollte man daher eher nicht verspeisen.

Zudem müssten weitere Risiken beachtet werden: Wenn vorbeugend Antibiotika oder andere Medikamente gegen Pathogene verabreicht werden, könnten giftige Rückstände im Lebensmittel landen oder auch Antibiotika-Resistenzen gefördert werden, warnte kürzlich ein polnisches Forscherteam.

Derzeit werden Insekten vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern in kleinen Farmen gezüchtet. Hier sind zwar keine Gefahren für Mensch und Umwelt bekannt. Werden die Anlagen jedoch zu großen Massenbetrieben ausgebaut, könnte es weitere Probleme mit den Grillen und Käfern geben. Die polnischen Forscher weisen darauf hin, dass es etwa bei einer Naturkatastrophe zu einem massenhaften Ausbruch der Tiere kommen könnte, mit verheerenden Folgen für die umliegende Landwirtschaft.

Da die EU-Lebensmittelüberwacher aus der BSE-Krise gelernt haben, dürfen derzeit sicherheitshalber keine tierischen Abfallstoffe an Insekten verfüttert werden. Auch einige andere pflanzliche Futtermittel wie Küchen- und Speiseabfälle sind nicht erlaubt. Ein Umstand, der dazu führt, dass in Europa ansässige Firmen noch nicht wirklich umweltschonend produzieren, da extra Futtermittel mit allen Nachteilen für die Umwelt angebaut werden müssen. Allerdings gehen Forscher davon aus, dass Insekten nicht in der Lage sind, Prionen zu bilden. Es laufen darum Zulassungsverfahren, die tierische Abfallprodukte auch als Insektenfutter freigeben.

Umgekehrt können auch Insekten als Futtermittel für unsere herkömmlichen Nutztiere eingesetzt werden. Auch hier lässt die EU wegen des BSE-Traumas Vorsicht walten. Im Fischfutter, in der Aquakultur sind sie jedoch bereits erlaubt. Aktuelle Studien weisen jedenfalls darauf hin, dass Insekten auch als Zutat in Geflügel- und Schweinefutter gute Fleischqualitäten zur Folge haben. Große Fleischkonzerne wie etwa der Wiesenhof-Mutterkonzern PHW sehen Insekten als Alternative für Sojafutter aus Übersee. Über seinen kanadischen Partner Entera hat PHW daher bei der EU-Kommission eine generelle Zulassung für Insektenmehl in der Tierhaltung beantragt. Insekten als Tierfutter würden wohl auch eine größere Akzeptanz beim Verbraucher genießen als Krabbeltiere auf dem Teller.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
  • im supermarkt wo Ich oft einkaufe sind die preise für pflanzliche proteinquellen deutlich gesunken:



    ein becher hummus kostete früher 130 cents und jetzt nur noch 79 cents.der soyayogurt der mit für veganer wichtigen vitamin b12 angereichert ist -ist um ungefähr ein drittel verbilligt worden



    das sind schritte in die richtige richtung

    macht vegane nahrungsmittel billiger.



    spendiert sie auch den tafeln

  • Das ist mal wieder ein Science-Hype, der zuende gedacht darin gipfelt, dass Menschen wie Vieh gehalten werden und mit Pellets aus Soja oder Insekten oder am besten gleich mit Soylent Green gefüttert werden.

    So lange, wie auch die Insektenproduktion in der Hand von internationalen Lebensmittelkonzernen und eingebunden ins neoliberale System bleibt, wird es weiter Hunger und Ausbeutung geben.

    Also ist der Traum von Insekten, die das Welternährungsproblem lösen, genau so ein Quatsch wie der von den Robotern, die demnächst die ganze Arbeit automatisch erledigen oder Permakulturen, die das Schlaraffenland schaffen.

    Viel drängender ist die Katastrophe, dass die Insekten heute in noch nie dagewesenem Maße Opfer des Artenschwunds werden. Das hat massive Auswirkungen auf alle Nahrungsketten und die weltweite Lebensmittelproduktion.

    • @Khaled Chaabouté:

      Soylent Green? ;-)



      Dass Hunger systembedingt ist und die Auswahl der Nahrungsmittel zur Erzeugung daran kaum etwas ändern würde, sehe ich auch so. Das Stellen Verteilungs-/Eigentums-/Systemfrage würde zur Wurzel des Problems führen.

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Als Kinder mussten wir um in die Gemeinschaft der Einheimischen aufgenommen werden einen Regenwurm herunterschlucken( 1954 ). Hinterher gabs Dresche. Heute müssen Millionen und Aber Millionen von Mehlwürmern ihr Leben lassen um die Gier nach Protein zu stillen. Sie gründen Startups um Kapital zu generieren und braten die Würmer bei lebendigen Leib. Ich weiß, das ein Hummer brummt wenn man ihn in kochendes Wasser schmeißt, es würde mich interessieren ob das Mehlwürmern ähnlich ist. Wäre es nicht einfacher Ratten zu essen( gesotten oder gebraten), davon gibt es viele auf der Welt und hätte den Vorteil die Ratte als Krankheitsübertrâger zu dezimieren und zu kontrollieren. Es gilt immer noch der alte Spruch: Fresst Scheisse- Millionen Fliegen können nicht irren.

  • Danke, aber ich bleibe lieber Vegetarier.

  • Sehe hier eigtl nur 2 Probleme:



    1. Die Vorstellung insekten zu essen ist eklig.



    2. Die Art der Schlachtung ist alles andere als schön. Weiss net, ob sich das mittlerweile das geändert hat, aber vor paar Jahren hat man die Insekten mit feuer und/oder Hitze getötet

  • Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß, vielmehr ist jedes Protein anders zusammengesetzt. Ein wichtiger Anhaltspunkt ist die biologische Wertigkeit. Diese gibt an, wie viele Gramm Körpereiweiß aus jeweils 100 Gramm Nahrungseiweiß aufgebaut werden können. Die biologische Wertigkeit gibt also an, wie gut die Nahrungsproteine den Bedarf des Organismus decken, und bestimmt die ernährungsphysiologische Qualität einer Eiweißquelle. Je höher die biologische Wertigkeit eines Nahrungsmittels, desto ähnlicher ist dessen Anteil an lebensnotwendigen Aminosäuren (=essentielle Aminosäuren) dem im menschlichen Organismus vorkommenden Verhältnis. Demnach ist es nur logisch, dass tierisches Eiweiß eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliches hat. Schließlich hast Du als Mensch physiologisch wesentlich mehr mit Tieren gemein als mit Pflanzen. Tierische Proteine ähneln dem Körpereiweiß also einfach viel mehr.



    Q:www.fitness.de/ern...beim-muskelaufbau/

    die DGE empfiehlt sogar, dass zwei Drittel des täglich aufgenommenen Proteins pflanzlicher Herkunft sein sollten. Eine Kombination aus tierischen und pflanzlichen Eiweißen kann zudem die biologische Wertigkeit sogar über einen Wert von 100 steigern. Eine Mischung aus 36 Prozent Eiweiß aus Vollei und 64 Prozent Kartoffeln ergibt die höchstmögliche biologische Wertigkeit von 136. Das Verhältnis von 75 Prozent Milcheiweiß und 25 Prozent Protein aus Weizenmehl ergibt einen Wert von 125. Aber auch die Kombination aus rein tierischen oder rein pflanzlichen Eiweißquellen steigert die biologische Wertigkeit



    Q:www.fitness.de/ern...beim-muskelaufbau/

    • @avatar4:

      "Proteins are made out of chains of amino acids. Some amino acids can be made by the body—generally from other amino acids—but some cannot. The ones that cannot are known as essential or indispensable.



      Because some amino acids are essential, the amino acid requirements are as important as protein needs. But because the essential amino acids are found in fairly consistent amounts in the average diet of Americans, the U.S. Recommended Dietary Allowance (RDA) for protein is able to account for amino acid needs.



      The percentages of essential amino acids in both animal and soy products closely mimic those found in human proteins, and they are, therefore, considered complete or high-quality protein. Non-soy plant proteins have a lower percentage of at least one amino acid, although all legumes are almost as “complete” as soy.



      A common belief is that most plant foods are completely devoid of at least one essential amino acid, but the truth is that all plant proteins have some of every essential amino acid. As a general rule, legumes are lower in the amino acid methionine while most other plants foods are lower in lysine. In general, though, only lysine is likely to be a concern for most vegans because almost all vegans naturally eat plenty of foods high in methionine ..."



      veganhealth.org/pr...art-1/#amino-acids

      • @Uranus:

        "... In an effort to make sure vegetarians were getting enough of all the amino acids, in the early 1970s in her book Diet for a Small Planet, Frances Moore Lappe popularized the idea of combining plant proteins at each meal in order to get a “complete” protein. The idea was that mixing beans and grains would allow you to ensure that you’re getting both methionine and lysine at each meal.



        Since the 1980s, it’s been well known that our livers store the various essential amino acids. For example, the 2009 American Dietetic Association’s Position Paper on Vegetarian Diets says:



        “Plant protein can meet requirements when a variety of plant foods is consumed and energy needs are met. Research indicates that an assortment of plant foods eaten over the course of a day can provide all essential amino acids and ensure adequate nitrogen retention and use in healthy adults, thus complementary proteins do not need to be consumed at the same meal.”



        In other words, just get enough lysine in general and you don’t need to worry about combining proteins."



        [ebenda]



        Lysin ist u.a. in folgenden pflanzlichen Nahrungsmitteln enthalten:



        Kürbiskern 35,49 g 2283 mg 6,4 %



        Erbsen, getrocknet 24,55 g 1772 mg 7,2 %



        Tofu, fest 15,51 g 1000 mg 6,4 %



        Walnüsse 15,23 g 424 mg 2,8 %



        Weizen-Vollkornmehl 13,70 g 378 mg 2,8 %



        Mais-Vollkornmehl 6,93 g 195 mg 2,8 %



        Reis, ungeschält 7,94 g 303 mg 3,8 %



        Buchweizen-Mehl 11,73 g 595 mg 5,1 %



        Quinoa 13 g 860 mg 6,6 %



        de.wikipedia.org/wiki/Lysin

  • Die Vorsilbe ist "Mehl", und läßt sich vielfältig austauschen. Der Stammbegriff ist "Würmer", und das ist es dann auch, was der Kommerz so spannend findet - wegen der möglichen Rendite. Ich befürchte, auch da wird die EU zwar angemessen langsam, aber dennoch sehr gefällig sein.

  • Sie haben in Ihren Argumenten geundsätzlich recht aber eben auch nur grundsätzlich.



    Es nicht das Thema des Artikels gewesen, ob Mensch Tier essen muss oder nicht.

    Ich will dennoch ein wenig auf Ihre Argumentation eingehen.



    Biologisch ist der Mensch ein Jäger und auch ein Fleischfresser.



    Ihn zum Veganer zwingen zu wollen, nur weil man es kann, ist in erster Linie Mal eine Ideologie.

    Vielleicht hätten Sie Ihren ersten Einwurf auch nur ein wenig anders ausdrücken müssen, um diese eher fruchtlose Diskussion zu vermeiden.

    Es erscheint nämlich in der Tat ein wenig inkonsequent, bei dem großen Schritt vom Steak zu einer formlosen Proteinmasse nun ausgerechnet wieder auf ein tierisches Produkt zu setzen.



    Warum macht der Mensch das dann?

    • @Sonntagssegler:

      Jein, der Artikel baut auf der Vorannahme auf, dass es tierlicher Proteine bräuchte bzw. diskutiert Insektenproteine als Option. Aus veganer/Tierrechtsperspektive würde mensch kaum auf die Idee kommen, Insektenproduktion und selbige als Proteinquelle zu thematisieren. Da ginge es um Hülsenfrüchte, Getreide usw. und deren weiterverarbeitete Produkte wie Tofu und Seitan.



      Ja, biologisch ist der Mensch auch Sammler. Und sicher, er wohnte auch mal in Höhlen. Ich will nicht bestreiten, dass er Fleischen essen kann. Allerdings kann der menschliche Körper auch gut pflanzliche Proteine verwerten, wie er herausfand. Generell würde ich sagen, dass der Mensch ein Kulturwesen ist und seine Ernährungsweise und -möglichkeiten stark verändert hat.



      Menschen werden nicht zu veganer Ernährung gezwungen. Allerdings gibt es eine ethische/politische Diskussion darüber, wie eine Gesellschaft mit Tieren umgehen solle. In Anbetracht seiner Wahlmöglichkeiten ist es auch eine Ideologie, zu sagen, mensch dürfe Tiere für die Ernährung töten (siehe auch Karnismus).



      Warum der Mensch Insektenproduktion verfolgt, ist eine gute Frage. Ich schätze, u.a. aus dem verbreiteten Mythos, er bräuchte tierliche Proteine. Andererseits bezweifel ich, inwieweit Insektennahrung hierzulande erfolgreich werden kann, da das Verspeisen von Insekten die meisten Menschen ekeln dürfte.

  • Insekten sind als Nahrung ungeeignet, die ganzen Parasiten und Pilze die sie haben sind extrem gefährlich und übersteigen alles, was höhere Wirbeltiere so haben. Zu glauben, dass sie kostengünstiger und gar nahrhafter sind als Wirbeltiere ist ein Irrtum.

    Das einzige Insekt als Haustier, das die Menschheit hinbekommen hat, ist die chinesische Seidenraupe, und die ist in freier Natur nicht lebensfähig.

    • @el presidente:

      Da wird ja nun an vielen Orten der Welt gerade das Gegenteil bewiesen.



      Sie behaupten also, Insekten-Parasiten überstehen einen Garprozess?



      Woher nehmen Sie das?

    • @el presidente:

      Honigbiene ?

  • Der Mensch braucht für eine gesunde Ernährung keine tierlichen Proteine. Proteine sind in pflanzlichen Quellen enthalten. Eine gute Abdeckung in der menschlichen Ernährung kann durch eine Mischung aus Hülsenfrüchten (Linsen, Erbsen, Bohnen) und Vollkornprodukten erreicht werden. Die Direktverwertung pflanzlicher Nahrungsmittel ist dabei nicht nur besser für das Klima sondern auch für Tiere. Hier durch müssen keine Tiere extra eingesperrt, gezüchtet und Medikamenten vollgepumpt werden - auch keine Insekten.



    Ernährungswissenschaftlich aufbereitete Seite über Proteinversorgung des Menschen:



    veganhealth.org/protein/

    • @Uranus:

      Allerdings ist die Proteinqualität und -quantität nicht dieselbe.

      • @h3h3y0:

        Das stimmt. Deswegen schrieb ich ja, dass eine Mischung verschiedener pflanzlicher Proteinquellen angestrebt werden sollte, um den Proteinbedarf komplett abdecken zu können. Meist ist eine kohlenhydrathaltige Proteinquelle bereits eine Zutat beim Essen, sei es Weizen im Brot und Hummus dazu aus u.a. Kichererbsen oder Reis als Beilage zum Tofucurry (>Soja) usw.. Weiter oben postete ich Zitate zu Grundlagen zu Proteinen und zu Proteinquellen.

    • @Uranus:

      Eins funktioniert beim Thema Problemlösung ganz schlecht:Dogmatismus.Herzen und Köpfe erreichen,das ist die Kunst!

      • @Clobert:

        Mein Kommentar geht auf die Vorannahmen/Voraussetzungen des Artikels ein - braucht es bzw. braucht der Mensch Nahrungsmittel, die von Insekten bzw. Tieren stammen? Was für Gründe werden für Insektenausbeutung genannt? Können die Gründe anderweitig angegangen werden, d.h. ohne dass Tiere extra produziert werden müssen? Dann gehe ich auf die klimapolitische Dimension ein, die anhand der Insektenprodukte verbessert werden soll und weise auf die Klimaeffizienz von pflanzlicher Nahrung hin. Zusätzlich problematisiere ich die tierethische Dimension, die mit der Ausbeutung von Tieren einhergeht. Diese wird im Artikel nicht angeschnitten. Der Artikel behandelt bloß die anthropozentrische Sicht auf menschliche Ernährungsoptionen, deren mögliche Risiken für (menschliche) Gesundheit und Landwirtschaft sowie deren klimatische Auswirkungen. Aus tierethischer Sicht könnte theoretisch durchaus diskutiert werden, inwieweit Insektenausbeutung gerechtfertigt werden könnte oder als weniger grausam gegenüber der von Säugetieren wie Rindern gelten könnte. Allerdings gibt es bereits einen Hinweis in der vorherrschenden Kultur über die Existenz eines Bewusstsein für die Fähigkeit zur Schmerzempfindung von Insekten - nämlich, dass es innerhalb dieser als wichtig erachtet wird, heranwachsenden Kindern zu vermitteln, dass mensch sogar Würmer oder Käfer nicht quälen soll. Demgegenüber geht es im Artikel um ein Ersetzen der Produktion von u.a. Rindern durch Insektenproduktion - was gigantische Ausmaße bedeutet, eine Massenproduktion, bei der es mir naheliegend erscheint, dass in dieser zwangsläufig einzelne Insekten untergehen bzw. nicht berücksichtigt werden können - wie das auch in jetizger Massentierhaltung als Regelfall zu beobachten ist.

        • @Uranus:

          - Was soll eigentlich die Einordnung des Dogmatismus bei der Thematisierung von Tierrechten bezwecken? Würde mensch diesbezüglich bei Menschenrechten auch zu solcher Einordnung greifen? Wäre es dogmatisch, bspw. in der Debatte um Moria die Position zu vertreten, dessen Auflösung und Aufnahme der Geflüchteten zu fordern anstatt zu sagen, nur die minderjährigen Kinder sollen aufgenommen werden und das Lager ansonsten aufrechterhalten werden und viele erwachsene Geflüchtete dort weiterhin perspektivlos "dahinvegetieren"? Würde mensch nur bei zweitem Ansatz "Herz und Köpfe erreichem"? Oder wäre ersteres nicht einfach eine Forderung auf Basis der Menschenrechte/Humanität?

          • @Uranus:

            "Was soll eigentlich die Einordnung des Dogmatismus bei der Thematisierung von Tierrechten bezwecken?"

            Da häng ich mich mal ungefragt rein. Was soll es denn bezwecken, wenn bei einem Artikel über Mehlwürmer von Tierrechten und "Insektenausbeutung" schwadroniert wird? Hier gehts nicht um grausame Massentierhaltung, nicht um Quälerei, nicht um Monokulturen für Futtermittel, nicht um klimaschädlichen Metanausstoß. Es geht um einen Ansatz, der ein Schlüssel sein kann, all diese Probleme zu minimieren.

            Und da kann man auch mal nen Gang zurückschalten und das Missionierungsklavier zuklappen. Viele Menschen schreckt das einfach nur ab und es hilft ein kein Stück dabei, Bewußstein für Umweltschutz und Tierrechte zu schaffen.

            Und dann - es geht immer noch um Mehlwürmer- im Vergleich noch Menschenrechte heranziehen. Findest du das nicht selbst irgendwie "drüber"? Was soll das bringen?

            • @Deep South:

              Naja, dass sind Ihre Annahmen. Widersprüche zwischen Erziehung zu Leidvermeidung und hiesigem Ansatz der Massenproduktion von Mehlwürmern führte ich ja bereits auf. Zudem müssen die Mehlwürmer auch ernährt werden.



              Mag sein, dass es etwas "drüber" ist/rüberkommt. Ich kann den Ansatz aus veganer Perspektive schwerlich nachvollziehen. Nach 11 Jahren veganer Ernährung habe noch nicht wirklich Verzicht verspürt oder etwas vermisst und finde es krude Milliarden von Mehlwürmern züchten, töten, zermahlen zu wollen, um daraus Nahrung herzustellen, obgleich es doch vielfältiges, leckeres veganes Essen gibt. Ich denke, es braucht da u.a. mehr Aufklärung über Mythen wie Bedarf an Proteinen und generell Tierprodukten ...

    • @Uranus:

      "Hier durch müssen keine Tiere extra eingesperrt, gezüchtet und Medikamenten vollgepumpt werden - auch keine Insekten."



      Sie möchten die Menschheit also zu Veganern erziehen. Wird aber nicht klappen.



      Was spricht denn gegen Insekten? Deren Aufzucht kann man wohl kaum mit der von Rindern vergleichen.

      • @Stefan L.:

        Ich würde es so formulieren: Aus meiner Sicht gibt es gute Gründe, Wesen und Interessen der vorherrschend ausgebeuteten Tiere zu berücksichtigen und entsprechend für eine Änderung menschlichen Handelns einzutreten, die diesen Rechnung trägt. In letzter Zeit hat die Popularität der Kontroverse um Tierausbeutung und Ernährung zugenommen, ebenso wie das Angebot an veganem Essen (sei es in Restaurants oder Supermärkten und Rezepten) und die Zahl an Menschen, die sich für Veganismus entscheiden bzw. für vegane Produkte und Mahlzeiten. Also gesellschaftliche Veränderungen sind durchaus auszumachen. Wie sich das weiterentwickelt, kann mensch nicht zu 100 Prozent sagen. So allerdings die Tierproduktion weiterhin in Form der Massentierhaltung erfolgt und dessen Grausamkeit öffentlich wird, finde ich es realistisch, anzunehmen, dass sich mehr Menschen gegen diese wenden werden. Zumal weitere Gründe wie der Kampf gegen die Klimaerhitzung und Massenaussterben von Tieren dieser Position in die Hände spielt.



        Gegen Insekten spräche, dass es keine Notwendigkeit für tierliche Proteine gibt, dass sie Tiere mit Nervensystem sind und somit einen Unterschied zum Wesen von Pflanzen darstellen, dass sie in wesentlich größerer Zahl erzeugt und getötet werden müssten als bspw. Rinder und dass die Direktverwertung pflanzlicher Kalorien effizienter ist als die "Veredelung" derer durch Insekten.

        • @Uranus:

          "Gegen Insekten spräche, dass es keine Notwendigkeit für tierliche Proteine gibt, dass sie Tiere mit Nervensystem sind und somit einen Unterschied zum Wesen von Pflanzen darstellen,..."

          Also bitte, das Nervensystem von Säugern, Wirbeltieren oder auch Fischen ist etwas komplexer, als bei Insekten. Und bei letzterem kommt es auch darauf an, wie man sie "schlachtet".



          Und das Insektenzucht genauso umweltschädlich sein soll, wie konventionelle Nutztierhaltung, dazu würde ich gerne mal fundierte Studien sehen.



          Und wenn acht Milliarden Menschen nur vergan leben sollten, dürfte das auch zu einer extremen Erhöhung der landwirtschaftlichen Flächen führen.



          Ich glaube, Insektenzucht könnte sich zu einer sehr sinnvollen Alternative zu Tierzucht entwickeln. Und alle Menschen zu Vegaanern machen zu wollen, ist einfach naiv - gelinde ausgedrückt.

          • @Stefan L.:

            Dass das Nervensystem von Säugetieren usw. komplexer ist, will ich nicht bestreiten.



            Sehen Sie da keinen Widerspruch drin, dass Kindern hierzulande beigebracht wird, keine Würmer etc. zu quälen und wird über ein massenproduzierte Würmerzucht nachgedacht, weil einige Würmer essen wollten?



            Ich habe hier durchaus schon Diskussionen mit Leuten geführt, die Tiere mit Pflanzen verglichen, um die Unterschiede zu nivellieren und damit das Verspeisen von Tieren versuchen zu rechtfertigen... Wie auch immer, ich würde einfach meinen, mensch braucht keine Würmernahrung. Ich finde es überflüssig.

  • "Da die EU-Lebensmittelüberwacher aus der BSE-Krise gelernt haben, dürfen derzeit sicherheitshalber keine tierischen Abfallstoffe an Insekten verfüttert werden."

    Ich sehe hier einen kleinen Unterschied. Wenn ich mich richtig erinnere kam bei den Untersuchungen zum Ursprung von BSE heraus, dass das Verfüttern nicht ausreichend erhitzter Schlachtabfälle an Wiederkäuer (Pflanzenfresser) die Ursache war. Das zunächst ausgesprochene Verbot der Verfütterung von hygienisierten Schlachtabfällen an alle Masttiere wurde inzwischen wieder aufgehoben. Die Ressource Schlachtabfall darf wieder an Tiere verfüttert werden, die sich auch in der Natur daran bedienen würden.



    Zu ihnen zählen natürlich viele Insekten (zumindest Soldatenfliegen, beim Mehlwurm weiss ich es nicht). Die irre hohe Effizienz dieser Tiere bei der Futterverwertung kann Baustein bei der notwendigen Ernährungswende sein, wie es ja auch im Artikel anklingt. Wenn diese Insekten ungeniessbare Lebensmittel verwerten können sollten/müssen wir das nutzen. Und es wäre gut wenn wir das in unserem Kulturkreis einführen um damit anderen Menschen auf dem Globus zu zeigen, auch bei uns spielen Insekten ein Rolle. Und wir müssen nicht alle auf Rind- und Schweinefleisch umsteigen um unseren Wohlstand zu dokumentieren. Denn noch ist auch in Asien, nach meiner Information, der Drang zu mehr Fleischkonsum ungebrochen. Klar, dass das gesundheitliche und ökologische Optimum in den meisten Regionen dieser Welt eher in der veganen Ernährung zu suchen ist. Es geht aber auch um die Gegenwart.

  • Ich hatte bereits den unzweifelhaften Genuss Insekten zu probieren (allerdings nicht in Asien sondern ganz profan in Essen) und muss feststellen: Sehr lecker.

    Getrocknete Mehlwürmer sind allerdings nicht unbedingt die Haute Cuisine.



    Heuschrecken und Larven sind dagegen sehr wohlschmeckend und sind auch vom Biss sehr angenehm.



    Anfängern empfehle ich frittierte oder zumindest mehlierte Zubereitungen oder gerne auch Zubereitung um Teigmantel - das Ganze in einem etablierten Restaurant.



    Ich würde sagen: Sehr viel besser als Froschschenkel, Schildkröte, Kaviar oder Austern. Trüffel und Schnecken können allerdings gut mithalten - wobei Schnecken ja schon "nah dran" sind.



    Maikäfersuppe konnte ich allerdings noch nicht auftreiben - daher muss ich den Vergleich schuldig bleiben.



    de.wikipedia.org/w...Maik%C3%A4fersuppe