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Infektionswelle überlastet KinderklinikenSelbstverschuldeter Skandal

Manuela Heim
Kommentar von Manuela Heim

Seit Einführung der Fallpauschalen ist es mit den Kinderkliniken bergab gegangen. Ärz­t:in­nen haben die Politik vergeblich vor dem gewarnt, was jetzt dort herrscht: akuter Notstand.

Kein Bett mehr frei? Kind in einem Krankenhaus in München Foto: Cavan Images/imago

B undesweite Verlegungen Schwerkranker nach dem Kleeblattprinzip, Aussetzen der Personaluntergrenze, Verschiebung planbarer Behandlungen – all das, so die Hoffnung, ist Schnee von gestern. Mit Wucht kommt es zurück und trifft diesmal die Kleinsten. Den Kinderkliniken macht aktuell die RSV-Infektionswelle zu schaffen. Jetzt, wo von Pandemie kaum noch die Rede ist. „Schon wieder eine Krise?“, stöhnen manche. „Wundert ihr euch wirklich?“, möchte man zurückrufen.

Es schnürt einem die Kehle zu, wenn man Geschichten aus den Kinderkrankenhäusern hört. Berliner Ärz­t:in­nen berichten von einer Masse an kleinen Pa­ti­en­t*in­nen und einer Krankheitsschwere, die den vergangenen schlimmen Winter schon jetzt deutlich übersteige. Sie berichten von zu wenig Sauerstoffgeräten, von Patient*innen, die auf dem Flur untergebracht und behandelt werden müssen, von Verlegungen bis nach Hannover und von Familien, die sie nach Hause schicken mit dem Hinweis, erst wiederzukommen, wenn es noch schlimmer wird. Und das, obwohl ihr Kind schon jetzt in stationäre Behandlung gehört.

Es ist eine Katastrophe mit Ansage. Seit 2004 werden fast alle Krankenhausleistungen mit sogenannten Fallpauschalen vergütet. Sie richten sich vor allem nach der gestellten Diagnose, nicht nach dem tatsächlichen Zeit- und Personalaufwand. Besonders bittere Folgen hatte diese Reform für die Kinder- und Jugendmedizin, wo fürs Blutabnehmen schon mal eine halbe Stunde draufgeht, und wo nicht nur kleine Patient*innen, sondern auch besorgte Eltern versorgt werden wollen.

Wirtschaftlich wurde die Kinderheilkunde ein Desaster für die Kliniken. Es wurden Betten abgebaut und ganze Stationen geschlossen. Diese Entwicklung verschärft sich deutlich sichtbar seit Jahren, und das ist nur einer der fatalen Systemfehler. Laut Kinder- und Jugendärzteverband mangelt es seit Mitte der 1990er Jahre an Studienplätzen.

Der Traumberuf wurde unattraktiv

Mit der Einführung der generalistischen Pflegeausbildung im Jahr 2020 wurde die Ausbildung zur Kin­der­kran­ken­pfle­ge­r*in ersetzt und damit eine Beschäftigung auf den Kinderstationen erklärtermaßen unattraktiver. Es gibt Stationen, die kleine Kinder nicht mehr ohne ihre Eltern aufnehmen, weil sie deren Versorgung nicht gewährleisten können.

Die Arbeitsbedingungen auf den unter Pflegekräftemangel ächzenden Stationen sind so belastend geworden, dass sich Beschäftigte in lange Krankheit oder andere Jobs verabschieden. Und wenn in saisonalen Krankheitswellen zu den hohen Pa­ti­en­t*in­nen­zah­len auch noch Infektionen bei den ohnehin zu wenigen Beschäftigten dazukommen, dann schafft das ausgezehrte System das einfach nicht.

In Berlin haben Kin­der­ärz­t*in­nen schon im vergangenen Winter einen Brandbrief an Landes- und Bundespolitik geschrieben, weil die Zustände so nicht mehr haltbar sind. Im September folgte ein zweiter Brandbrief mit der Befürchtung, dass es diesen Herbst und Winter noch schlimmer kommen werde. „Muss echt erst ein Kind sterben?“, fragte damals die Kinderärztin Songül Yürek, Mitin­itia­torin des Brandbriefes, im taz-Interview.

Und nun ist er da, der Katastrophenherbst. Ein Berliner Kinderarzt berichtet von einem Säugling, der nach Brandenburg verlegt werden sollte, weil in Berlin kein Bett mehr frei war. Er sei in so schlechtem Zustand dort angekommen, dass man ihn zur Intensivbehandlung wieder nach Berlin zurückfuhr. Dort sei er gestorben. Es ist eine der Geschichten, bei denen man nicht weiß, ob das Kind ohne den langen Transport, ohne die Überlastung des Systems überlebt hätte.

Arbeitsverhältnisse wie im Krisengebiet

Es ist eine der Geschichten, die den einstigen Traumberuf in der Kinder- und Jugendmedizin zeitweise zur Hölle machen. Im Moment sind in Deutschlands Rettungsstellen und Kinderstationen junge As­sis­tenz­ärz­t*in­nen zum Teil ganz allein für Dutzende schwerkranke Kinder zuständig und müssen Entscheidungen treffen, die ihr Erfahrungslevel weit überschreiten. Ärz­t*in­nen klagen über Arbeitsverhältnisse wie im Krisengebiet, über traumatische Erfahrungen.

Welche langfristigen Folgen das haben wird, ist kaum absehbar. Schon im vergangenen Winter konnten einzelne Kinder nicht mehr angemessen versorgt werden, inzwischen sei es der Großteil. Immer wieder haben die Ärz­t:in­nen gemahnt. Niemand der Verantwortlichen in der Politik kann sagen, er oder sie habe es nicht gehört. Am Freitag wurde im Bundestag endlich ein Gesetz beschlossen, dass die Leistungen der Kinder- und Jugendmedizin auskömmlicher finanzieren soll.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Ab 1. Januar 2023 und vorerst für zwei Jahre. Das ist immerhin eine Perspektive, nur: Selbst wenn man sofort investiert, wird es dauern, bis sich die Arbeitsbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten spürbar verbessern. Drei bis fünf Jahre schätzen die Ex­per­t*in­nen aus den Kliniken und fordern mehr sofortige Anstrengungen. Die Herbst-Winterwelle hat gerade erst angefangen, im vergangenen Winter zog sie sich bis Februar.

Wer jetzt noch länger wegschaut, muss sich der Frage, ob Kinder ohne die Überlastung des Systems noch leben würden, ganz persönlich stellen. Muss erst ein Kind sterben? Über diesen Punkt sind wir schon hinaus.

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Manuela Heim
Gesundheit und Soziales
Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.
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32 Kommentare

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  • @THÜRINGER

    ...der sagt auch "Denken Second". Und das sehr glaubwürdig :-)

    • @tomás zerolo:

      "Denken" ROFL Klar doch der Gesundheitsminister heißt Lindner und der Papst heißt Scholz. In welchen Second Life werden solche Zusammenhänge gebastelt? In Twitterhausen?

  • Tja. Das kommt heraus, wenn man der Meinung ist, dass ein KH genauso geführt werden sollte wie eine Wurstfabrik. Wenn man vergisst, dass dort Menschen versorgt werden und und Gesundheit kein Preisschild haben dürfte. Totalversagen in Politik und Gesellschaft. Die erstere hat Angst, die zweitere interessiert sich nur für Konsum und 3x im Jahr in den Urlaub fliegen.



    Jetzt baden es die Kleinsten aus und alle wundern sich, ich nicht.

  • "Selbstverschuldeter Skandal"



    Wie soll ich das verstehen ?

    Sind die Kinder die unter dem Skandal leiden etwa selber schuld ?

    Würde mich doch sehr wundern.

    Wer von Versagern regiert wird braucht nicht nach Schuldigen zu suchen.

    • 6G
      650228 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      Und wer ebensolche immer wieder wählt, auch nicht.

  • Wie sagt doch unser "Profi" Herr Lindner doch immer ? :



    "Privat geht vor Staat" !!



    Egal, wo man hinschaut, geht es mit der Privatisierung von Aufgaben des Gemeinwohls (Trinkwasserversorgung, Energieversorgung, Gesundheitssystem, Pflegeheime usw. usw. ) rasant bergab.



    = steigende Preise ... sinkende Leistungen.



    Hauptsache der Profit der Investoren stimmt ! (z.B. ca. 8...10-prozentige Renditen im Bereich bei Altenheimen, einem chronisch unterfinanzierten Bereich !!)

    • @Thüringer:

      Weiterer Zynismus könnte dann so klingen: "Warum haben die Leute keine Privatversicherung abgeschlossen? Sind ihnen ihre Kinder so wenig wert?"

      • @Uranus:

        Das gerade Anarchisten von einem Überminister fantasieren und selbst vom Förderalismus (Gesundheit ist in den Ländern angesiedelt) nicht mehr wissen wollen ist traurig & amüsant.

        Ist Lindner nun auch Gesundheitsminister und verantwortlich für die Gesundheitspolitik der Länder?



        Haben sich Grüne und SPD nun vollständig aus der Regierungsverantwortung geschlichen. Haben die sowie Linkspartei und CDU nun nur noch null Verantwortung?

  • Warm gibt es keine Maskenpflicht in allen Bereichen die mit Kindern zu tun haben? Das wurde doch nun schon ein paar Jahre eingeübt!

    Maskenpflicht in Kindergärten und Grundschulen. Maskenpflicht für Eltern mit Kleinkindern!

  • 6G
    650228 (Profil gelöscht)

    Das ist eine echte Katastrophe. Und trotzdem werden die dafür verantwortlichen Parteien immer noch gewählt 🤯

    • @650228 (Profil gelöscht):

      Von mir nicht !

  • Ich stelle mir gerade vor, das Deutschland einst das System der DIN-Normen erfunden hat und damit weltweit eine Führungsrolle eingenommen hatte.

    Wenn man sich vorstellt , wieviel Weitblick und Konsequenz damals dafür notwendig war und wie blind die Politik (alle Parteien) in den letzten Jahrzehnten agiert hat, dann bekommt man einen Eindruck davon, wie tief Deutschland und seine politische Elite gesunken sind.

  • Ja, es ist ein Desaster wohin uns die neoliberale CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜN Regierung die letzten 25 Jahre geführt hat.

    Renditeoptimierung, Privatisierung von Kliniken, Ausbeutung von Pflegekräften, ausquetschen von "Human Resourses" wo es nur geht.

    Der entfesselte Turbokapitalismus wütet und wütet.

    Und nun frist diese perverse, jahrzehntelange Politk der Ausbeutung des einfachen Volkes ihre Kinder.

    Und keiner will's gewesen sein.

    Wenn es 100 Milliarden Sondervermögen für das Töten (Bundeswehr) gibt, sollten auch 100 Milliarden Sondervermögen für das Leben (Gesundheitsbereich) möglich sein, oder?

    Müssen nur wollen... .

  • Zuerst Bettenabbau und Personalreduzierung, dann Personalvergraulung, dann das große Gejammer während der Coronakrise, einhergehend mit noch mehr Personalverlust, jetzt Personalverschiebung zu Lasten der Erwachsenen, und später?

    Zu vermuten ist, daß der üble Kreislauf fortgesetzt wird. Aus der ehemaligen Bekämpfung von Krankheiten wird nun über Begriffsklaubereien aller Art eine Bekämpfung der Kranken. Das reiht sich dann auch bestens in die Strategien zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Armut ein, die sich schon seit Jahren mehr als eine Bekämpfung der Arbeitslosen und der Armen offenbart.

    Doch etwas Hoffnung ist in Sicht. Wenn diese Problematik nunmehr auch zunehmend den Mittelstand trifft, dann wird schneller reagiert, und die Politik denkt nicht nur über Entlastungsmaßnahmen nach, sondern verwirklicht sie auch.

    Doch leider - wie es sich immer wieder zeigt - entwickeln sich daraus drei Klassen: Die ganz Reichen, die üppig "entlastet" werden, die Gutverdiener, die mittelmäßig entlastet werden, und die Armen und Schwächsten, denen Entlastungen als Wohltaten verkauft werden, die aber gleichzeitig sicherstellen, daß solche Wohltaten nicht dort ankommen, wo sie eigentlich ankommen sollten.

    Es ist falsch, den Fokus lediglich auf einzelne Bereiche zu richten. Der Wurm kriecht durch alle Bereiche und wird durch immer mehr politische Fehlentscheidungen weiter gemästet.

  • Kinder interessieren niemanden und bislang war es Herrn Lauterbach wichtiger öffentlichkeitswirksam den Konsum von Gras zu legalisieren als das marode Gesundheitssystem zu reformieren. Ich arbeite jetzt seit 14 Jahren in einer Kinderklinik und langsam aber sicher komme ich an den Punkt an dem ich nicht mehr kann.



    Gesundheitspolitiker, egal ob auf Landes- oder auf Bundesebene, waren in dieser Zeit durchweg eine Zumutung. Nach und vor jeder Wahl wird groß getönt, was sich jetzt alles ändern wird und es passiert doch nichts. Das mediale Interesse wird bei nächster Gelegenheit auch wieder verschwunden sein und nächstes Jahr gibt es dann wieder für ein paar Wochen große Aufregung, bis Putin dann im nächsten Land einmarschiert oder etwas in der Art.



    Jeder der ernsthaft glaubt, dass sich daran etwas ändert hat sie nicht mehr alle beisammen. Aber Lauterbach ist unter all den inkompetenten Fehlbesetzungen die sein Amt in den vergangenen Jahren ertragen musste wirklich eine besonders große Zumutung. Ihm allein die Schuld zu geben ist aber auch falsch. Nicht alles hängt an den DRGs. Mindestens genauso dramatisch ist die neue generalisierte Ausbildung an der Lauterbach meines Wissens nach keinen Anteil hatte. Diese Ausbildung nennt sich zwar "Generalistik" ignoriert die Existenz von Kindern aber in den ersten zwei Ausbildungsjahren aber weitgehend. Nur wer will kann sich im dritten Jahr auf Kinder spezialisieren, falls das ausbildende Haus das überhaupt anbietet. Die theoretische Ausbildung sieht dabei nicht besser aus. Viele unserer Auszubildenden haben vom RS Virus zum ersten Mal etwas in der Zeitung gelesen, weil der Schwerpunkt in der Berufsschule auf internistischer Medizin und Geriatrie liegt.



    Das schlimme an der ganzen Situation ist auch, dass Politiker die Konsequenzen ihrer Fehler nie am eigenen Leib spüren. Kommt ein Karl Lauterbach mit seinen Kindern in ein Krankenhaus, wird der rote Teppich ausgerollt und er muss keine Angst haben, dass seine Kinder abgewiesen werde

  • 2G
    2284 (Profil gelöscht)

    "Das ist immerhin eine Perspektive, nur: Selbst wenn man sofort investiert, wird es dauern, bis sich die Arbeitsbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten spürbar verbessern."

    Mensch, hätte es nur vor, sagen wir mal, knapp 3 Jahren ein großes Ereignis gegeben, was den Notstand in den Kliniken offenbar gemacht hätte. Dann hätte man reagieren können, um jetzt, knapp 3 Jahre später besser dazustehen...

  • Tja.



    Was soll man sagen?



    Zu behaupten wir würden von Idioten regiert ist natürlich grundverkehrt.



    Es sind keine Idioten.



    Es sind Versager:innen.



    Und niemand in den Parlamenten soll sagen: "Kann ich doch nichts für"



    denn Mehrheiten bei Gesetzesvorhaben kommen durch "Ja"-Stimmen zu Stande.

    • @Bolzkopf:

      Diese Aussage wird der Tragweite nicht gerecht. Es sind vielmehr Täter:Innen.

  • Man hat solche Zustände seit Jahren in Kauf genommen, irgendwie und halbwegs ist es ja immer gut gegangen, und jetzt hat man leider Pech gehabt. Gewollt hat es niemand, nein, natürlich nicht, aber man kann ja auch nicht einfach Kapazitäten vorhalten, die dann vielleicht nicht gebraucht werden. Man muss doch wirtschaftlich arbeiten, es müssen ja Gewinne gemacht und Steuern gesenkt werden. Was im Kern fehlt sind Pflegekräfte, ein Import solcher Kräfte wird nicht reichen, und ohnehin ist es eine Schande, wenn Deutschland fertig Ausgebildete aus ihren Herkunftsländern weglockt. Solches Gastarbeiter- Denken, vor allem bei FDP und Union grassierend, kann vor allem bei hochqualifizierten Berufen wie in der Pflege und in der Kinderpflege schon mal gar nicht helfen. Die Politik muss endlich generell von der ständigen Notlöserei weg, die in den Krankenhäusern gerade sehr beispielhaft die Arbeitnehmer verbraucht, sie krank maaht und demotiviert.

  • Der eigentliche Skandal ist, dass wir das Gesundheitssystem kommerzialisiert haben. Wie bitte sollen Gewinnerzielung und Gesundheitsversorgung am Ende bitte schön deckungsgleich sein? Können wir mit diesem Schwachsinn mal aufhören?

    Ganz zu schweigen davon, dass für die Kinder kein Sondervermögen unter tobendem Applaus im Bundestag frei gemacht wird. Und die selben Leute sich zur gleichen Zeit lieber über die Besonderheit des deutschen Passes echauffieren. So viel zu unseren Christlich-Abendländischen Werten.

  • Ich hoffe es gibt Verbände die auf Totschlag durch Unterlassung klagen, wenn jemand fachkundiges sagt "du musst das Beatmungsgerät vorbereiten sonst stirbt der" und die Antwort ist "nö, ist mir zu teuer" und dann stirbt der, das ist doch dann kriminell, oder nicht? Ich kann doch auch nicht jemanden der vor meinen Augen überfahren wurde liegenlassen mit dem Kommentar, "Zeit ist Geld und Notruf wählen kostet Zeit, Erste Hilfe noch mehr, vergiss es also". Da bekomme ich Ärger.

  • Danke für den hervorragenden Bericht!

    Lauterbach betonte in seiner Rede im Bundestag, dass im Gesundheitsbereich nicht dieselben Kriterien wie bei Lidl und Aldi herrschen dürfen. Die Reform beginne mit einem neuen Gesetz in der Kindermedizin.



    Dass ist nicht mehr als der Schlag eines Schmetterlings, denn privaten Konzernen gehören zig Kliniken, sie existieren, um Gewinn zu machen, ein Prinzip das in der Krankenhausversorgung nichts zu suchen hat.



    In Schleswig-Holstein kämpfen viele kleine Kliniken ums Überleben, in Niedersachsen sollen mit einer Refom etliche eingespart werden und zusätzlich Gesundheitszentren entstehen. Doch wer betreibt die kapitalintensiven Zentren? Vermutlich private Konzerne.

    Viele Facharztpatienten wissen gar nicht, dass Facharztpraxen in Massen von Finanzinvestoren aufgekauft werden. Der NDR entlarvte das Spekulationsinteresse: Geschätzt arbeitet mittlerweile etwa ein Fünftel aller ambulant tätigen Augenärzte in Ketten von Finanz-Investoren. Das ist die Perversion unseres Gesundheitssystem in Reinform.

    Wir brauchen dringend eine Diskussion und Bürger-Bewegung, um die Krankenhauskonzerne und Ketten von Facharztpraxen aus der Last, enormen Gewinn machen zu müssen, zu befreien.

    Lauterbach blinkt in die richtige Richtung, aber kommt nicht auf die Idee, das ökonomische Gewinnprinzip im Bereich von Konzernen und Fachärztepraxen-Ketten von Finanzinvestoren infragezustellen. Warum wohl? Die Lobby der Konzerne weiß sicher warum.

    daserste.ndr.de/pa...arztpraxen112.html

  • "Selbstverschuldet" ist natürlich ein weiter Begriff.

    Die letztlich entscheiden haben vermutlich nicht darunter zu leiden.

    Aber ja, wir könnten andere Parteien wählen (Pro Tip: die FDP ist nicht dabei), wir könnten mit auf die Strasse gehen, wenn die Pfleger*innen mal wieder demonstrieren...

  • *IRONIE ON*: Warum nicht auch in diesem Fall Maskenpflicht, Abstandsgebot, Handhygiene, impfstoffforschung Impfpflicht und Lockdown? Nur so lässt sich eine Überlastung des Gesundheitssystems abwenden. RSV Leugner sind konsequent auszugrenzen. Es geht um das Leben der Schwächsten! *IRONIE OFF*. Ich komme bis heute nicht darüber hinweg, WIE über Corona (und insbesondere die Impfpflicht) diskutiert worden ist (auch und gerade hier in der Taz!). Seitdem ist mir klar, wie schnell der liberale Staat ins Autoritäre abgleiten kann. Im obigen Beitrag werden dagegen endlich die entscheidenden Probleme benannt: Personalmangel, Geldmangel und der Zwang zur wirtschaftlicher Effizienz im Gesundheitssystem. Das war bei Corona nicht anders: Nicht ein paar Prozent Ungeimpfte führten zu einer Überlastung des Gesundheitssystems, sondern exakt die oben beschriebenen Ursachen. So wurden mitten in der Pandemie ca. 6000 (!) Krankenhausbetten abgebaut, weil kein Personal da war! Aber diskutiert wurde natürlich über eine "Pandemie der Ungeimpften" ... wie gesagt, ich komme nicht darüber hinweg. Und wenn wir über die aktuelle RSV Welle sprechen, dürfen wir nicht verschweigen, dass diese auch eine unbeabsichtigte Nebenfolge der Corona Maßnahmen ist. Weil sich die Jüngsten nach deren Wegfall nun alle auf einen Schlag anstecken und leider krank werden. Das gehört genauso zur Wahrheit, wie die Corona Maßnahmen notwendig waren. Zum Glück dürfte sich das Problem nächstes Jahr nicht im selben Ausmaß wiederholen, weil die Kinder dann gegen RSV teilimmunisiert sind. Meine erneute Hochachtung gilt den Leistungen des medizinischen Personals. Dessen nächste Gehaltserhöhung kann gar nicht hoch genug ausfallen und ich bin gerne bereit, meinen finanziellen Beitrag dazu zu leisten.

    • @Running Man:

      Wie sind eigentlich Ungeimpfte und Impfgegner*innen für den Schutz von Vulnerablen und für den Schutz vor LongCovid und PostCovid eingetreten? Wie haben sie das Fluten des Gesundheitssystems mit Corona-Erkrankten verhindern wollen? Ich denke nicht, dass Sie für die Zahlung eines so extrem hohen Beitrages bereit wären, der erforderlich gewesen wäre, um die extrem hohe Zahl an Erkrankten zu versorgen, die es gegeben hätte, hätten mehr Menschen sich nicht impft lassen und Hygiene- Maßnahmen nicht eingehalten. Zumal es soviel notwendiges Personal gar nicht gegeben hätte -auch nicht, wenn die Personalausstattung vor Corona besser gewesen wäre.

    • @Running Man:

      Um die Refinanzierung und die Personalausstattung im Gesundheitssystem stand es bereits vor der Pandemie schlecht. Es gibt seit längerem Proteste und Streiks von Gewerkschafter*innen im Gesundheitsbereich. Ebenso ist wahr, dass der Status Ungeimpft im Vergleich zu aktuellem Imfstatus einen deutlichen Unterschied im Verlauf und im medizinischen Behandlungsbedarf macht, wie bspw. folgendem Bericht zu entnehmen ist:



      "Deutsches Ärzteblatt



      Omikron: Hospitalisie­rungsrisiko bei Ungeimpften 12 Mal so hoch wie bei 3-fach-Geimpften



      Montag, 21. März 2022



      Atlanta – Auch bei bereits gegen Corona geimpften Menschen kann eine SARS-CoV-2-Infektion einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen. Aber bei Ungeimpften ist das Hospitalisierungsrisiko um das 12-fache höher, selbst bei Menschen ohne Auffrischungsimpfung ist es noch um das 3-fache erhöht.



      Dies zeigt eine Bericht der US-amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) in ihrem Morbidity and Mortality Weekly Report ..."



      www.aerzteblatt.de...i-3-fach-Geimpften

  • Doppelmoral



    Ja, es muss wieder mehr Geld für das Gesundheitssystem in die Hand genommen werden. Ja, Pflegekräfte und Krankenpersonal muss wieder attraktiv sein.



    Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass dies viel Geld kostet, welches sich die Krankenkassenbeiträge teurer macht.



    Und genau hier kommt das Problem: Der Bürger will mehr Leistung, aber keine steigende KK-Beiträge. Der Politiker hat Angst, Wählerstimmen zu verlieren und erhöht die Beiträge nicht. Und am Schluss haben wir genau den Pfusch, de wir jetzt haben.



    Mit Gesundheitssystem mit Steuern zu finanzieren ist letztlich auch nicht anderes als eine Erhöhung des KK-Beitrages, auch dies zahlt der Steuerzahler.



    Einzig wäre jetzt endlich der Moment gekommen, dass JEDER (Beamte, Selbstständige,...) auch in die gesetzliche KK zahlen müssen.

    • @Rudi Hamm:

      Ja, es bedarf eines Endes der Zwei-Klassen-Medizin! Es ist zu bezweifeln, dass dies neoliberalisierte SPD und Lauterbach, FDP & Co wollen.

    • @Rudi Hamm:

      Es sind vor allem die Arbeitgeber, die keine höheren KK-Beiträge möchten.

  • "Die Revolution beginnt mit dem heutigen Gesetz", so Karl Lauterbach gestern im Bundestag. Und weiter " Gewinne dürften nicht auf dem Rücken von Kindern, Pflegekräften und Hebammen gemacht werden. Das Gleichgewicht zwischen Medizin und Ökonomie solle wieder hergestellt werden."



    (Quelle Twitter @Phoenix)



    Man möchte brechen. Der Mann, der das Fallpauschalensystem maßgeblich vorantrieb und das alles auf dem Rücken der Menschen zugunsten der Reichen...

    Was kommt noch? Schröder bejubelt Bürgergeld? Steinmeier geißelt USA für Guantanamo? Schäuble prangert illegale Parteispenden an?

    • @Nansen:

      Hinweis zu Ihrem Vorwurf, dass Lauterbach "das Fallpauschalensystem maßgeblich vorantrieb".

      www.br.de/nachrich...sollen-weg,TL9RAu1



      Und weiter schreibt der "Tagesspiegel" Lauterbach über Klinik-Finanzierung: „Die Entökonomisierung muss in der Kindermedizin beginnen“

      Gesundheitsminister Karl Lauterbach will die Finanzierung deutscher Krankenhäuser grundsätzlich reformieren. Das Fallpauschalen-System habe sich überlebt. Ich bin kein Verteidiger Lauterbachs, aber man sollte schon dann alles miteinbeziehen.