Grüne in der Kritik: Zweifelhafte Vielflieger-Zahlen
Die Grünen bekämpfen den Flugverkehr, doch ihre WählerInnen fliegen angeblich am meisten. Stimmt diese Aussage überhaupt?
Doch so eindeutig, wie die Überschriften klingen, ist die Realität keineswegs. Grundlage für die Aussage ist eine repräsentative Umfrage, die die Forschungsgruppe Wahlen Ende Juni im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft durchgeführt hatte. Darin wurden die TeilnehmerInnen unter anderem gefragt, ob sie in den letzten zwölf Monaten geflogen seien. Von jenen, die nach eigener Aussage mit den Grünen sympathisieren, bejahten das 46 Prozent und damit minimal mehr als bei den FDP-AnhängerInnen mit 45 Prozent. Die Union kam auf 40 Prozent, die Linke auf 32, die SPD auf 31 und die AfD auf 26 Prozent.
Allerdings ging es, wie gesagt, nur um die Frage, ob in den letzten zwölf Monaten überhaupt ein Flugzeug genutzt wurde; die Anzahl und die Länge der Flüge wurde nicht abgefragt. Wer am meisten oder am häufigsten geflogen ist, lässt sich aus dem Wert darum nicht ablesen. Weitere Ergebnisse der gleichen Umfrage sprechen eher gegen die Interpretation, dass dies die AnhängerInnen der Grünen sind: So bevorzugen nur 20 Prozent von ihnen für längere Strecken das Flugzeug, während 53 Prozent am liebsten Bahn fahren. Bei den SympathisantInnen von SPD, Union und FDP bevorzugen dagegen 26 bis 29 Prozent das Flugzeug und nur 38 bis 42 Prozent die Bahn.
Zustimmung zu höheren Preisen
Auch wenn unklar bleibt, wer nun am meisten fliegt – in jedem Fall dürften Maßnahmen, die den Flugverkehr verteuern, auch viele Grünen-WählerInnen treffen. Genau das fordern die Grünen aber: Um Inlandsflüge bis 2035 „weitestgehend obsolet“ zu machen, soll nicht nur die Bahn schneller und billiger werden, heißt es in einem Papier aus der Grünen-Bundestagsfraktion, das diese Woche bekannt wurde. Zudem soll auf Kerosin für Inlandsflüge künftig eine Steuer erhoben werden. Sie soll schrittweise den Satz von 65 Cent pro Liter erreichen, der auch bei Benzin gilt. Fliegen würde damit spürbar teurer.
Doch dass die Partei damit massenhaft WählerInnen verliert, ist nicht zu befürchten. Denn die Umfrage enthält auch diese Information: Dass die Preise für Flugtickets „im Großen und Ganzen zu niedrig“ sind, finden 40 Prozent aller Befragten – aber satte 56 Prozent der Grünen-Fans.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“