Griechische Reparationsforderungen: Erbärmliche deutsche Haltung
Griechenland beharrt auf der Begleichung der Schäden im Zweiten Weltkrieg. Die Nachfahren der Täter haben bis heute nur warme Worte übrig.
D ieser Dienstag ist ein Tag der Trauer in Griechenland – und der Wut. Distomo, Kalavryta, Kandanos, Lyngiades oder Viannos – das sind nur einige exemplarische Namen von Orten, in denen Wehrmacht und Waffen-SS vom 6. April 1941 an wüteten. Insgesamt wurden 1.770 Dörfer zerstört, etwa 500.000 Griechinnen und Griechen verloren ihr Leben, darunter fast 90 Prozent der jüdischen Bevölkerung.
Die unvorstellbaren Verbrechen Nazideutschlands haben sich fest in das Gedächtnis der griechischen Bevölkerung eingebrannt. Aber leider viel zu wenig in das kollektive Gedächtnis Deutschlands.
Wer gehofft hatte, mit dem Wechsel von der linken Tsipras- zur konservativen Mitsotakis-Regierung würde Athen auf seine Ansprüche an Deutschland verzichten, sieht sich enttäuscht. Immer noch beharren die Griechen auf einer finanziellen Schuldenbegleichung für die an ihnen begangenen Verbrechen. Was wir nicht bräuchten, so formulierte es unlängst ein CSU-Abgeordneter im Bundestag, sei „das Aufwärmen alter Debatten“.
So sieht das sowohl die Bundesregierung als auch eine ganz große Parlamentsmehrheit – von der AfD und der FDP bis zur Union und der SPD, die erst gerade wieder Anträge der Linkspartei und der Grünen abgelehnt haben, die eine Abkehr von der bisherigen schroffen Verweigerungshaltung fordern. Sie sollten sich schämen.
Die griechischen Forderungen nach Reparationen und Entschädigungen wurden über Jahrzehnte von der deutschen Seite erst mit dem Verweis auf einen noch ausstehenden Friedensvertrag vertagt, dann trickreich umgangen und schließlich einseitig als erledigt betrachtet. Nicht einmal zur Rückzahlung einer Zwangsanleihe, die die deutschen Besatzer Griechenland abgepresst hatten, ist die Bundesrepublik bereit.
Dass die Nachfahren der Täter für die Nachfahren der Opfer bis heute nicht viel mehr als warme Worte übrig haben, ist schlicht erbärmlich. Es reicht nicht, sich nur verbal zu seiner historischen Verantwortung zu bekennen. Es sollte endlich Schluss sein mit der erinnerungspolitischen Schnäppchenmentalität.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml