Gespräch zwischen Putin und Scholz: Ganz ordentlich gelaufen
Beim Gespräch zwischen Scholz und Putin gab es kaum Annäherung. Aber immerhin ist eine gesichtswahrende Lösung des Ukraine-Konflikts in Sicht.
K einer hat erwartet, dass sich Olaf Scholz und Wladimir Putin nach dem Antrittsbesuch des Kanzlers in Moskau mit Bruderkuss verabschieden würden. Dafür ist die Lage zu bedrohlich, sind die Positionen zu unterschiedlich. Aber immerhin: Putin hat seinen Gast auch nicht aus dem Kreml geschmissen und ist weiter zum Dialog bereit. Insofern ist der Besuch des Bundeskanzlers ganz ordentlich gelaufen.
Natürlich sind die Probleme nach wie vor ungelöst: Russland hat die Ukraine praktisch umzingelt, 130.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen, Kriegsschiffe ins Schwarze Meer verlegt und probt gemeinsame Manöver mit Belarus. Im Donbass herrscht seit Jahren Bürgerkrieg mit mittlerweile 14.000 Toten. Russland hat die Krim annektiert und wird sie wohl auf absehbare Zeit auch nicht herausrücken.
Auf der anderen Seite hat sich die Nato seit Anfang der 1990er Jahre immer weiter nach Osten erweitert und 14 neue Mitglieder vor allem unter den ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts gewonnen. Auch das gehört zum Bild. Als Boris Jelzin einst von russischen Sicherheitsinteressen sprach, wurde er belächelt. Nun, da Putin Maximalforderungen stellt und seine Armee aufmarschieren lässt, will plötzlich jeder mit ihm reden. Vielleicht hätte die jetzige Situation vermieden werden können, wenn auch der Westen in der Vergangenheit etwas genauer zugehört hätte.
Aber das ist Spekulation. Jetzt kommt es darauf an, einen Krieg zu verhindern. Und das geht nur über für alle Seiten gesichtswahrende Auswege. Zunächst für die Ukrainer, die sich zu Recht bedroht sehen. Dass Scholz dem ukrainischen Präsidenten Selenski das Versprechen abgenommen hat, wieder in den Minsker Prozess einzusteigen und die notwendigen Gesetze zum Autonomiestatus, zu Wahlen und zur Verfassungsänderung vorzubereiten, ist ein wichtiger Schritt.
Das Gesicht zu wahren muss auch für Putin möglich sein. Auch wenn es schwerfällt bei einem Präsidenten, der sich derzeit in der Pose des Überlegenen gefällt und andere wie Bittsteller behandelt. Alle Angebote, die Scholz mitbrachte, hat er als zu wenig zurückgewiesen oder bestenfalls mit einem Kopfnicken quittiert. Nato-Mitgliedschaft Ukraine stehe nicht auf der Tagesordnung? Ist uns zu wenig. Krieg verhindern? Der Westen hat doch selbst Krieg auf dem Balkan geführt.
Scholz hat auf alle Sticheleien und kleinen Bösartigkeiten seines Gastgebers mit der nötigen Contenance reagiert und dabei auch noch mal klar gemacht, dass ein Einmarsch in die Ukraine weitreichende Konsequenzen haben werde. Sogar das Wort „Nord Stream“ hat er ausgesprochen, wenn auch nicht im selben Atemzug.
Und immerhin: Die russische Seite meldet, dass einige der an der Grenze zur Ukraine zusammengezogenen Einheiten in die Kasernen zurückkehren. Das sind kleine Zeichen des Goodwills. Aber auf solche kommt es gerade an.
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