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Gasknappheit in DeutschlandFür's Klima kein Problem

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Kohle statt Gas? Unter'm Strich ist das für Umwelt nicht schädlicher. Zudem erhöhen die Preise den Druck zum Umstieg auf Alternativen.

Eine Gas-Alternative? Braunkohlekraftwerk Neurath in Nordrhein-Westfalen Foto: Federico Gambarini/dpa

F ür viele Ver­brau­che­r*in­nen bedeutet die drohende Gasknappheit ernste Schwierigkeiten. Schon die Reduktion der Lieferungen aus Russland hat die Gaspreise im Großhandel deutlich steigen lassen; sollte Putin das Gas komplett abdrehen, droht ein weiterer Preissprung. Wer keine bösen Überraschungen erleben will, sollte nach Möglichkeit schon jetzt Geld zurücklegen, denn mit etwas Verzögerung wird sich dieser Anstieg auch in den Rechnungen der Ver­brau­che­r*in­nen niederschlagen, und zwar deutlich.

Für den Klimaschutz ist die aktuelle Entwicklung dagegen, anders als in der politischen Debatte oft dargestellt, kein großes Problem. Zwar trifft es zu, dass in der nächsten Zeit die Nutzung von Gaskraftwerken zur Stromerzeugung reduziert wird und dafür ältere Kohlekraftwerke länger am Netz bleiben. Doch erstens sind die Strommengen, um die es dabei geht, relativ gering. Und zweitens ist die lange gültige Annahme, dass Gaskraftwerke fürs Klima deutlich besser sind als Kohlekraftwerke, durch neue Studien überholt.

Denn beim Verstromen von Gas entsteht zwar weniger CO2 als bei der Kohlenutzung. Doch wenn man berücksichtigt, dass bei der Förderung und dem Transport von Erdgas erhebliche Mengen des extrem klimaschädlichen Methans in die Atmosphäre gelangen, schrumpft der Klimavorteil von Erdgas oder verschwindet – je nach Art der Gasförderung – sogar komplett.

Während der Ersatz der Gaskraftwerke also allenfalls eine geringe Verschlechterung der Klimabilanz bedeutet, dürfte sich diese an anderer Stelle deutlich verbessern. Denn die hohen Energiepreise erhöhen fast überall den Druck, den Verbrauch zu senken und auf Alternativen umzusteigen. In der Industrie sorgen die gestiegenen Kosten dafür, dass plötzlich viele Effizienzmaßnahmen rentabel werden, auf die die Unternehmen bisher verzichtet haben.

Mie­te­r*in­nen und das Klima gleichermaßen schützen

Die aktuellen Benzin- und Dieselpreise machen den Verbrennungsmotor im Vergleich zum E-Auto so unattraktiv, dass es fast egal erscheint, ab wann neue Verbrenner verboten werden. Und Gasrechnungen, die auf das 3- bis 5-Fache des bisherigen Werts steigen, dürften auch jene Haus­be­sit­ze­r*in­nen vom Vorteil einer Wärmepumpe oder einer energetischen Sanierung überzeugen, denen der Klimaschutz allein als Argument dafür bisher nicht ausreichte.

Ein Problem gibt es vor allem bei Mietwohnungen, in denen die Be­woh­ne­r*in­nen die hohen Energiepreise bezahlen müssen, aber keinen Einfluss auf die Art der Heizung und die Dämmung des Gebäudes haben. Hier muss der Staat mit klaren Vorgaben eingreifen, um den Bedarf an fossiler Energie zu senken – und damit Mie­te­r*in­nen und Klima gleichermaßen zu schützen.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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23 Kommentare

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  • Verfünffachung der Heizkosten!



    Leute mit kleinem Einkommen werden das niemals schaffen.



    Die Sanktionen bringen unseren Kleinen Leute um.



    Für eine Ideologie die unverantwortlich ist.



    Nicht irgendwelche Gegner Deutschlands sind die Bedrohung



    sondern die eigene Regierung mit ihrem erbarmungslosen Ideologie-Getue.

  • "Zudem erhöhen die Preise den Druck zum Umstieg auf Alternativen."

    taz-FDP 🤪

  • Sollte es stimmen, dass Habeck die Steigerung der Kohleverstromung zeitlich hinter die NRW-Wahl gestellt hat, also das eigene Wahlergebnis wichtiger als der Füllstand der Gasspeicher war, es wäre ein Skandal!

  • "Und Gasrechnungen, die auf das 3- bis 5-Fache des bisherigen Werts steigen, dürften auch jene Haus­be­sit­ze­r*in­nen vom Vorteil einer Wärmepumpe oder einer energetischen Sanierung überzeugen, denen der Klimaschutz allein als Argument dafür bisher nicht ausreichte."



    - welch traumhafte Argumentation!



    Sie klingt stark nach:" Die Inflation ist super für die Sozialkassen, weil sie auch jene Hartzer vom Arbeiten überzeugt, denen der Arbeitswille allein bisher nicht gereicht hat."



    Da fallen die vielen mathematischen und wissenschaftlichen Gletscherspalten dieses Schreibwerks garnicht mehr auf...

  • Der Ukraine Konflikt beschleunigt lediglich das vorhersagbare Ergebnis der deutschen Energiepolitik, für dessen ideologischen Ansatz die russischen Gaslieferungen das Fundament waren. Den Rückfall auf die Kohle als auch nicht schlimmer als Gas darzustellen ist schon sportlich. Sorry, aber hier scheut jemand wohl keine geistige Verrenkung, um sich die Situation schön zu reden. Das löst keine Probleme. Aber was soll's, der nächste Winter kommt bestimmt. Wir werden dann merken, dass hohe Preise zwar zu mehr Sparsamkeit führen, dies jedoch praktisch keine Auswirkungen auf den Primärenergiebedarf haben wird. Fragt endlich die Ingenieure und lasst den Ideologiescheiß weg, wenn ihr das CO2-Problem lösen wollt.

    • @Nachtsonne:

      Wer wartet darauf gefragt zu werden?



      Kein Ing wird an der Mitwirkung gehindert.

  • Ah, DAS ist die viel beschworene Energiewende: Vom Gas zur Kohle!



    JETZT kapiere ich auch den Sinn der Wärmepumpen!

  • Dass Erdgas fürs Klima nicht viel besser als Kohle ist (wegen Methan) ist schon lange bekannt, weshalb die deutsche Energiewende mit Erdgas als Backup für unzuverlässige Windkraft+PV im Ausland auch keine Begeisterung ausgelöst hat.



    In Deutschland hat man die schädlichen Effekte fürs Klima ignoriert, damit die Energiewende wie eine Klimaschutzmaßnahme aussieht und der Atomausstieg vertretbar.

  • Gas ist, ganz einfach, nicht umweltfreundlich.



    Sieht so harmlos aus, ist es aber nicht.



    Greenwashing mit durchsichtigem Gas ging leichter als mir schwarzer oder brauner Kohle.



    Sch...egal was, unterm Strich kommt zuviel CO2 und Methan raus.

  • O-Ton M. Kreutzfeld:



    "die Be­woh­ne­r*in­nen die hohen Energiepreise bezahlen müssen,... Hier muss der Staat mit klaren Vorgaben eingreifen... – und damit Mie­te­r*in­nen ...schützen."

    Wie lange soll das denn dauern, bis ausgerechnet dieser Staat sich mit "klaren Vorgaben" gg die tangierten Finazinteressen der Gegenseite durchringen wird?!



    Die Sanktionen zwar waren so mir nichts dir nichts, von heute auf morgen angesetzt. Aber Kleineinkommen-Bezieher zu schützen, war doch schon immer mit jede Menge Schwierigkeiten torpediert worden.



    Mieter vor zu hohen Kosten schützen?



    Die Botschaft hör ich wohl....

  • Irgendwie eine verharmlosende Darstellung der Klimaproblematik, wenn immer wieder davon geschrieben wird, dass ein Druck über die Preise die 'Verbraucher' schon auf den richtigen Kurs bringt. Diese Marktgläubigkeit scheitert doch jetzt an allen Fronten: Schon der Benzinrabatt wurde von den und beherrschenden 'Verteilern' zu einer weiteren inflationstreibenden Bereicherung ausgenutzt. Wer garantiert denn in einem marktgläubigen System, dass das Gleiche nicht auch bei EON, RWE & Co passiert ? Den letzten beissen die Hunde und macht Reiche noch reicher. Wir stellen ja jetzt schon fest, dass die Instrumente für die Erneuerbaren, Solarpaneele, Akkus, und Windkraftbausteine auf dem Weltmarkt an uns vorbei versteigert werden, zumal 'wir' mit unseren Schuldenlasten die Segnungen der Klimarettung gar nicht mehr bezahlen können. Die Unternehmen gehen dahin, wo das Kapital sitzt und wenn es dazu führt, dass die Scheichs in ihrem Drang, ihre Reichtümer zu verwerten, selbst Wasserstoff produzieren, aber das Öl so lange wie möglich noch am Laufen halten. Da ist keine Solidarität zu erwarten. Müssen WIR jetzt Kriege anzetteln ?

  • Natürlich ist Kohle nicht viel schlimmer als Gas. Beides sind fossile Brennstoffe und FFF und lange vorher schon die Umweltbewegung der 80er, 90er, 2000er hat gefordert, von fossilen Brennstoffen abzulassen. Im Westen nichts Neues also.



    Aufregend (wörtlich vor allem) ist bei der jetzigen Ukraine-Hysterie allerdings, dass es jetzt quasi gar kein Halten mehr gibt. Gas, Kohle, Atom, Fracking alles prima. Ein Rückschritt in der Umweltpolitik um 40 Jahre. Das hat der Ukraine-Krieg gezeigt. War alles sinnlos, wofür wir jahrzehntelang auf die Straße gegangen sind.

  • Gestern noch gefeierte "Brückentechnologie" und heute noch schlechter als Braunkohle?

    Wollt ihr mich ver******? Sie drehen sich die Dinge, so wie sie ihnen passen. Ich will es mal ganz deutlich sagen: DAS PROJEKT KLIMARETTUNG IST ENTGÜLTIG GESCHEITERT, WENN EIN GRÜNER MINISTER DIE KOHLEKRAFTWERKE WIEDER HOCHFÄHRT _BASTA!!!!!

  • Leider ist es doch so, dass die meisten Länder der Welt unseren Umbau als ziemlich wahnsinnig ansehen. Die werden dem Beispiel auch nicht folgen, schon gar nicht, wenn sie Kohlenlagerstätten haben - Südafrika, Indonesien, Australien, Russland, Tschechien, Ungarn.

    Für mich liegt die Zukunft eher in der Geothermie und der Photovoltaik. Aber erst in 10-20 Jahren.



    Das Geschäft und das Know How für Innovationen werden wir uns, wie üblich, von den anderen abjagen lassen.

  • Gaskraftwerke fürs Klima deutlich besser sind als Kohlekraftwerke ?

    Naja, geschrieben wird viel.



    Mein Kenntnisstand ist, dass die etwas weniger CO2 ausstoßen.

    Viel wichtiger ist die Frage, wie kann es sein, dass die Lobbyorganisation Greenpeace CCS - Carbon, Capture and Storage, in ganz Europa verhindert hat?



    Es gab EU-Direktiven. Jedes EU-Land hatte die Pflicht, dies umzusetzen. In Deutschland gibt es tatsächlich ein Gesetz. Das hat man so gestrickt, dass es jedem Unternehmer unmöglich ist, hier auch nur einen Blumentopf zu gewinnen.

    Mit einem Mal war das alles vom Tisch? Wie das?



    Und dann holt sich Baerbock auch noch die Ex-Greenpeace Chefin ins Boot.



    Wer bestimmt demnächst? Der Taubenzüchterverein? Die vereinigten Kanu-Freunde?

    • @cuba libre:

      Sehr wichtiger Kommentar, Herr Kreutzfeldt, danke.



      Und was das CCS betrifft: Richtig, eine grosse Fehlentwicklung diese Technologie so zu verzwergen. Es wird gar nichts anderes übrig bleiben, als das CO2 der Luft zu entnehmen (s. bspw. Climeworks) um die Klimaziele einigermassen zu erreichen. Anstatt hier voll Gas zu geben - har, har - agieren mal wieder v.a. Bedenkenträger.

  • Dann können wir die Kumpels also wieder in den Schacht schicken? Gut, die gibt es nicht mehr. Aber Kohle aus ausbeuterischen Verhältnissen genug. Und transportiert wird per Diesel. Erstmal noch ein paar E-Körper gekauft, die zwei Pubertierenden brauche ich nicht im Bett. Die drei Kleinen mögen nebst Hund wärmen. Klarstellung, der Schwedenofen wärmt ohnehin die Bude für täglichen Bedarf. Holz liegt vor der Haustür.

  • Der Hauptgrund für den Umstieg von Kohle auf Gas bei der Stromerzeugung ist, dass sich Gasturbinen innerhalb kürzester Zeit hoch- und runterfahren lassen. Das ist im Lastfolgebetrieb, bei wechselhafter Verfügbarkeit von Wind und Sonne ein grosser Vorteil.



    Kohlekrafterke reagieren wesentlich träger. Besonders gilt dies für Braunkohlekraftwerke.

  • Fracking ist eine Alternative, von der man nur noch selten hört. Doch damit kann man sich für Jahrzehnte unabhängig von Putin machen.

  • Zwar trifft es zu, dass in der nächsten Zeit die Nutzung von Gaskraftwerken zur Stromerzeugung reduziert wird und dafür ältere Kohlekraftwerke länger am Netz bleiben. Doch erstens sind die Strommengen, um die es dabei geht, relativ gering. Und zweitens ist die lange gültige Annahme, dass Gaskraftwerke fürs Klima deutlich besser sind als Kohlekraftwerke, durch neue Studien überholt.

    Wenn das stimmt, frage ich mich, wer in der Vergangenheit geschmiert wurde, um uns abhängiger von Gas zu machen...

    • @Strolch:

      // Und zweitens ist die lange gültige Annahme, dass Gaskraftwerke fürs Klima deutlich besser sind als Kohlekraftwerke, durch neue Studien überholt //

      Na ja, bei Gaskraftwerken hat man etwa die Hälfte des CO2-Ausstoßes als bei Kohle. Da braucht es wahrlich keine Studien.

    • @Strolch:

      Genau, Gas war doch der heiße Scheiß in Sachen Brückentechnologie.

  • Keine Bange, die kommenden Verteilungskämpfe und -kriege werden diesen Klimavorteil schon wieder ruck-zuck wettmachen...