Frauen im Berliner Senat: Willkommen im Jahr 2023
Man kann von der Berliner GroKo halten, was man will. Immerhin ist sie divers. Berlin ist vielleicht nicht mehr so sexy wie einst, aber dafür modern.
B erlin ist nicht mehr arm und sexy, Berlin ist modern. Der neue Senat aus CDU und SPD ist weiblicher und diverser als jede Hauptstadtregierung zuvor: 7 Frauen und 4 Männer, eine im Iran geborene Justizsenatorin, ein Kultursenator, der aus einer Diplomatenfamilie aus Tansania kommt, eine Sozialsenatorin, deren Eltern aus der Türkei stammen.
Herzlichen Glückwunsch, Berlin – und willkommen in der Realität. Denn Deutschland ist längst ein Einwanderungsland, ein Viertel der Berliner:innen kommen aus der Türkei, Polen, Vietnam, Russland, Ukraine. In anderen Großstädten hat sogar die Hälfte der Einwohner:innen Migrationshintergrund. Und – man wagt es kaum zu schreiben, so altbacken klingt es – die Hälfte der Menschheit ist weiblich, also sollten Frauen gemäß diesem Anteil an der Bevölkerung auch in politischen Ämtern vertreten sein.
Die Wirklichkeit holt jahrelange Debatten ein: sowohl die über die Frauenquote als auch jene über die Einbindung von Menschen, die nicht in Deutschland geboren wurden oder deren Familien aus verschiedenen Teilen der Welt stammen. Was vor Jahren noch unvorstellbar erschien, wird zur Normalität: Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund haben ähnliche Chancen wie Männer und sogenannte Biodeutsche – in der Berliner Politik sogar in einer konservativen Partei.
Sind Quoten damit hinfällig? Nein. Erst der jahrelange Diskurs über beispielsweise die gesetzliche Beteiligung von Frauen in Führungspositionen und in Parlamenten haben dafür gesorgt, dass in der Hauptstadt nun mehr Frauen als Männer regieren. Gleichstellung heißt aber auch, dass Frauen und Migrant:innen nicht mehr so wie bislang etwa dreimal so gut sein müssen wie ihre Vorgänger, um anerkannt zu sein, sondern sie dürfen auch dieselben Fehler machen wie sie und denselben Unsinn erzählen.
In Berlin geht es schon los: Die neue alte SPD-Innensenatorin Iris Spranger fiel am Montagabend nach den Straßenblockaden der Letzten Generation mit fragwürdigen Kommentaren auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen