Fernreisen von Klimaaktivist*innen: Weltentdecker in der Zwickmühle
Fürs Klima demonstrieren und in den Kurzurlaub fliegen – das passt nicht zusammen. Hilft nur der Reiseverzicht oder ist ein Kompromiss möglich?
Oft steckt die junge Generation regelrecht in einem Dilemma: Einerseits möchten wir die Welt entdecken und in weit entfernte Länder reisen, doch gleichzeitig wollen die meisten das Klima schützen. Viele von uns träumen davon, durch die Welt zu reisen, und noch scheint es alltäglich, mal eben in den Flieger zu steigen, eine Städtetour oder ein Kurztrip nach Spanien. Nachdem ich auf der Fridays-for-Future-Demonstration war, fiel mir auf dem Nachhauseweg ein Werbeplakat von easyJet auf. Dieses Plakat hatte die Aufschrift: „Generation easyJet“, dazu drei Mittzwanziger am Strand. Ob die heute 13- bis 18-Jährigen die nächste Generation easyJet sein werden oder ob die Fridays-for-Future-Demos ein Umdenken bewirken?
Es ist jedenfalls klar: Freitags für Klimaschutz demonstrieren zu gehen und samstags in einen Flieger für einen Kurztrip zu steigen ist nicht miteinander vereinbar. Folglich streichen wir also die Kurztrips, für die ein Ticket an die spanische Küste weniger kostet als die Zugfahrt nach Hamburg, von der Bucketlist. Was aber ist mit den Träumen von der großen weiten Welt? Es ist ja nicht nur so, dass Reisen Spaß macht. Reisen bildet, das Entdecken anderer Kulturen, das Kennenlernen anderer Menschen und Länder macht weltoffen, man wird im besten Fall sogar zum Kosmopoliten.
Oder geht es doch? Gibt es Alternativen oder wenigstens einen Kompromiss? Nachhaltiges Reisen und CO2-Kompensation sind hier die Stichworte.
Nachhaltiger Tourismus steht für die Idee, bewusst und gleichzeitig erlebnisreich zu reisen. Bewusst im Sinne von Ressourcen schonen, die Kultur der bereisten Länder schützen und den Menschen in den Zielländern ein lebenswertes Auskommen zu ermöglichen. Es geht also nicht nur um die Anreise, sondern auch den Aufenthalt.
14, ist Schüler an einem Berliner Gymnasium im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Er war bereits als Schülerpraktikant bei der taz am Wochenende tätig.
Es muss nicht immer das Flugzeug sein
Große Teile der Bevölkerung sagen aus, sie würden sehr gerne nachhaltig reisen, doch das sei ihnen einfach zu teuer. Eine Umfrage der Lüneburger Leuphana Universität im Rahmen des Projektes „Green Travel Transformation“ zeigte, dass 54 Prozent ihre Urlaubsreise gerne nachhaltig gestalten würden, doch letztendlich achteten nur 7 Prozent sehr darauf und nur bei 26 Prozent war es zumindest ein Aspekt unter vielen, bei den meisten spielten also andere Aspekte eine größere Rolle.
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Die größte Rolle spielt wohl oft der Geldbeutel. Nicht nur bei der Generation Lowcostcarrier. Hier muss umgedacht werden. Das fängt bei der Anreise an. Es muss nicht immer das Flugzeug sein. Innerhalb Deutschlands ist die Bahn die beste Möglichkeit. Das bedeutet aber auch, dass ein Flug von Berlin nach München nicht mehr günstiger sein darf als die Bahnfahrt. Die Preispolitik der Billigfluglinien bestimmt die der ganzen Luftfahrtindustrie. Preisbestimmend sollte sein, wie lang der Flug und wie hoch die CO2-Emission ist.
Die Forderung der Klimaaktivisten nach einer CO2-Steuer ergibt Sinn, denn sie bietet einen Anreiz, seine Emissionen zu reduzieren. Das Umweltbundesamt schlägt eine Steuer von 180 Euro pro Tonnen Kohlendioxid vor. Ein Flug von Berlin nach Mallorca würde dadurch 173 Euro teurer – wodurch sich mancher den spontanen Kurztrip sicher überlegen würde. Ein Flug von Berlin nach Köln verteuertet sich um 38 Euro. Wer diese Strecke mit dem Auto fährt, schadet der Umwelt sogar noch mehr – und müsste 47 Euro mehr zahlen. Am besten schneidet die Bahnfahrt ab. Sie würde darum nur 9 Euro teurer.
Alternative oder Kompromiss?
Auf die Forderungen muss die Politik nun reagieren. In einem Klimakabinett wollen die verantwortlichen Minister nun einen Plan ausarbeiten. Der Verkehrsminister muss noch unter Druck gesetzt werden, denn der Verkehrssektor, ist der einzige, in dem seit 1990 noch gar kein Treibhausgas eingespart wurde.
Die Kosten müssen nicht komplett auf den Verbraucher abgewälzt werden. Wer den Gewinn mit den Reisenden macht, kann anteilig auch zur Kasse gebeten werden. Zusätzlich muss eine Kompensation der pro Flug und Passagier verursachten CO2-Emissionen Pflicht werden. Auf freiwilliger Basis passiert zu wenig. Die bekannteste Organisation für CO2-Kompensation ist Atmosfair. Hier werden die Emissionen einer Flugreise per Rechner und der Betrag für deren Ausgleich ermittelt. Mit den Spenden werden dann weltweit Klimaschutzprojekte unterstützt. Konzerne und Unternehmen, die ein hohes Reiseaufkommen haben, müssen als Erstes zur Kompensation verpflichtet werden.
Um nochmal Bezug zu der Leitfrage zu nehmen, Alternative oder Kompromiss? Muss, wer die Welt entdecken will, künftig mit dem Rad nach China reisen oder den Traum begraben?
Wer radikal denkt, darf nicht fliegen. Denn Kompensation heißt nicht, dass das CO2 weggespendet wird. Manchmal ist aber der Kompromiss ein Anfang, bis es klimaneutrale Flugzeuge gibt. Kompromiss heißt: so wenig Flüge wie möglich, also Kurzstrecken mit der Bahn zurücklegen, Videokonferenzen – und die wenigen Flüge, die man sich aufgrund der CO2-Steuer dann noch ab und zu leistet, kompensieren.
Wer weiterhin fliegt, muss umso mehr versuchen, in anderen Lebensbereichen nachhaltig und bewusst zu leben, um so etwas für den Klimaschutz zu tun und sein klimaverträgliches Jahresbudget an 2,3 Tonnen CO2 nicht zu überschreiten. So viel darf nach Berechnungen des Weltklimarats jeder Mensch ausstoßen, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. Jeder kann und muss etwas für den Klimaschutz tun: Schafft eure Autos in den Städten ab, nutzt Elektroautos und Car-Sharing und achtet darauf, woher der Strom stammt, den ihr benutzt.
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