Energiekrise: Nicht jeder ist bedürftig

Die Gaspreise werden weiter stark ansteigen. Ärmeren sollte geholfen – das Prinzip Gießkanne à la Tankrabatt aber unbedingt vermieden werden.

Ein Gasherd mit Flamme

Steigende Gaspreise: Statt alle BürgerInnen ein bisschen zu entlasten, sollte die Hilfe gezielt dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht wird Foto: imago

Es lohnt einen Rückblick: Kaum hatte Putin seinen Ukrainekrieg im Februar begonnen, wurde lautstark verlangt, dass der Westen ein Gas­embargo beschließen solle. Auch die CDU war ganz vorn dabei. Ihr Chef Friedrich Merz forderte die Bundesregierung ultimativ auf, dass sie kein Gas mehr durch die Pipeline Nord Stream 1 beziehen solle.

Merz’ Wunsch dürfte in Erfüllung gehen. Allerdings dreht nicht die Bundesrepublik den Gashahn ab, sondern Putin sorgt dafür, dass kaum noch Energie in Deutschland ankommt. Momentan liefert Nord Stream 1 nur noch 40 Prozent der normalen Menge; demnächst könnte gar kein Gas mehr fließen. Doch jetzt freut sich auch die CDU nicht mehr, dass wir „unabhängig“ von Russland werden. Stattdessen hat inzwischen ganz Deutschland begriffen, dass viele Heizungen und auch wichtige Wirtschaftsbranchen nur mit Gas laufen.

Die Machtverhältnisse sind leider unschön: Wir brauchen Energie, aber Russland kann seinen Krieg auch ohne unsere Dollars oder Euros führen. Dieses Machtgefälle wird Putin ausnutzen und das Gas zur Waffe machen. Die Frage ist jetzt nur noch, ob die Energie so knapp wird, dass Gas staatlich ratio­niert werden muss – oder ob es „nur“ sehr teuer wird.

Selbst das beste Szenario ist für viele Verbraucher bedrohlich, denn die Gaspreise werden sich mindestens verdoppeln oder auch verdreifachen, wie die Bundesnetzagentur warnt. Gerade ärmere Haushalte können diese Zusatzkosten nicht stemmen. Was also tun?

Wichtig wäre, dass sich der Staat vom Prinzip Gießkanne verabschiedet. Statt alle BürgerInnen ein bisschen zu entlasten, sollte die Hilfe gezielt dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht wird. Also bei Hartz-IV-Empfängern, armen Rentnern oder geringverdienenden Familien. Keinesfalls sollte es nach dem „Tankrabatt“ einen generellen „Gasrabatt“ geben, von dem auch Hausbesitzer profitieren, die sich die steigenden Heizkosten mühelos leisten könnten.

Dazu nur eine Zahl: Die Deutschen sitzen auf Ersparnissen von sieben Billionen Euro. Nicht jeder ist bedürftig.

Statt alle BürgerInnen ein bisschen zu entlasten, sollte die Hilfe gezielt dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht wird.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

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