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Ehegattensplitting und ElterngeldDie Lebensform ist Privatsache

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Geht es in der Politik um Geld, werden die Klischees ausgepackt. Die Annahme, das Steuersplitting halte Frauen vom Arbeitsmarkt fern, ist übergriffig.

Schlechte Laune bei manchen Ehepaaren, falls die Abschaffung des Ehegattensplittings kommt Foto: Ute Grabowsky/photothek/imago

I mmer dann, wenn Po­li­ti­ke­r:in­nen Lebensformen auf- oder abwerten, um Kürzungen oder Nichtkürzungen zu rechtfertigen, sollten rote Warnlampen angehen. Denn Klischees werden ausgepackt, wenn es in die Interessenlage passt. Das war schon zu Zeiten der strukturellen Massenarbeitslosigkeit um die Jahrtausendwende so, als man Arbeitslosen Faulheit unterstellte, obwohl Jobs knapp waren.

Auch jetzt verlangt der Bundesfinanzminister Einsparungen. Und schon werden die Ressentiments ausgegraben. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil will dem „antiquierten Steuermodell“ des Ehegattensplittings, das nur „die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau“ begünstige, „ein Ende setzen“.

Zur Klarstellung: Das Splitting trägt dazu bei, dass in Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften, in denen ei­ne*r mehr verdient als der andere, nicht mehr Steuern bezahlt werden müssen als in Partnerschaften, in denen beide gleich viel verdienen.

Hat beispielsweise in einer Ehe ei­ne*r der Part­ne­r:in­nen 50.000 und der oder die andere nur 10.000 Euro im Jahr zu versteuerndes Einkommen, so wären bei einer Individualbesteuerung ohne das Splitting 11.816 Euro Steuern fällig. Ein Paar, bei dem beide 30.000 Euro im Jahr verdienen, muss nur 9.902 Euro Steuern entrichten. Den gleichen Steuerbetrag zahlt ein ungleich verdienendes Paar dank des Splittingtarifs, den man freiwillig wählt.

Splitting ist nicht unlogisch

Das Splitting erweitere den „Spielraum“ einer Partnerschaft in der Aufgabenteilung, urteilte das Bundesverfassungsgericht 2013. Es gab schwulen Paaren recht, die den Splittingvorteil für ihre eingetragene Lebenspartnerschaft haben wollten. Wer heiratet oder sich verpartnert, verpflichtet sich zum Unterhalt für den oder die Part­ner:in. Also ist es nicht unlogisch, den zu versteuernden größeren Anteil am Einkommen rechnerisch zu reduzieren und einen Betrag dem oder der Part­ner*in zuzuordnen – nichts anderes geschieht beim Splitting.

Es gibt Reformmodelle von SPD und Grünen, die das Splitting durch eine individuellere Besteuerung ersetzen, bei der die Unterhaltsverpflichtung aber in Form von Freibeträgen berücksichtigt wird. Das würde für manche Ehepaare ­etwas höhere Steuern als bisher bedeuten und etwas mehr Geld für den Staat. Kann man machen für neue Ehen, sollte man aber auch so ansagen und sich das Gerede über irgendwelche „Anreize“ ­sparen.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Das Anreizgerede ist übergriffig

Am Bundesgerichtshof erging 2009 das Urteil, übrigens unter einer Frau als oberster Familienrichterin, die Unterhaltsrechte der ersten Ehefrau nach einer Langzeitehe dramatisch zu mindern, wenn der Mann danach eine zweite Familie gründet. Auch hier war von Anreizen für die ersten Ehefrauen die Rede, sich frühzeitig um einen Job zu bemühen, um selbstständig zu werden. Und die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, will die Witwenrente in der bisherigen Form abschaffen, weil die jetzige Regelung die „Anreize“ reduziere für Ehefrauen, eine eigene Beschäftigung aufzubauen.

Dieses Anreizgerede, die Sorge, das selbst gewählte Splitting halte die Frauen vom Arbeitsmarkt fern, wie Wis­sen­schaft­ler*in­nen behaupten, ist übergriffig. 75 Prozent der Mütter arbeiten, zwei Drittel davon in Teilzeit. Sie brauchen bessere Kinder- und Altenbetreuung, keine finanziellen Verschlechterungen.

Elterngeldkürzung wirkt wie ein Vertrauensbruch

In die ideologische Begleitmusik kritisch hineinhören muss man auch bei der Debatte ums Elterngeld. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) schlägt vor, Paaren mit einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 150.000 Euro im Jahr ab 2024 kein Elterngeld mehr zu gewähren. Das ist im Grunde okay. Das Erziehungsgeld, der Vorläufer des Elterngelds, war sogar auf Paare mit einem Nettojahreseinkommen von unter 30.000 Euro begrenzt.

Allerdings: Die Kürzung kommt sehr schnell mit einem Vorlauf von nur fünf Monaten, immerhin werden bis zu 25.200 Euro mal eben weggestrichen. Das wirkt für sehr gut verdienende Paare wie ein Vertrauensbruch, daher die Empörung. Zur Erinnerung: Mit dem Elterngeld und dessen maximaler Höhe von monatlich 1.800 Euro wurde 2007 eine Leistung eingeführt, die explizit auch akademischen Paaren einen Anreiz bieten sollte, doch bitte Kinder zu bekommen. Es gibt viel Willkür in den politischen Legitimierungen.

Wenn öffentliche Mittel knapp werden, muss Bedarfsgerechtigkseit an erster Stelle stehen, ohne über Lebensformen zu urteilen. Dazu gehört, dass die Mittel- und Oberschicht sich auf Opfer einstellen sollte. Höhere Sozialbeiträge werden kommen, höhere Steuern auf Vermögen und Erbschaften sollten kommen. Statt Ressentiments zu schüren, wäre es besser, den Leuten zu vermitteln, dass Verluste in Grenzen eben dazugehören. Und dass damit nicht alles zu Ende ist.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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43 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Karlsson , Moderator

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentare nun geschlossen. Die Moderation.

  • In Europa ist Deutschland ein Sonderfall mit dem Ehegattensplitting und es hat entegen der Behauptung in diesem Artikel die Arbeitsteilung der Eheleute in hohem Maße gesteuert, zugunsten der "Hausfrauenehe". Die Argumention in diesem Artikel ist typisch für "West-deutsche". Diese Art der Familienbesteuerung bevorzugt die Gutverdienenden. Ich bin ehrlich schockiert so etwas in der TAZ zu lesen.

  • Ich finde es ja eher übergriffig, dass der Staat Familien in die Ehe zwingt, da man als Bedarfsgemeinschaft mit Kindern nur Nachteile hat.

    Wenn das Ehegattensplitting reformiert wird und dafür höhere Freibeträge eingeführt werden, kann ich durchaus damit leben.

  • Kein Wort zu viel, keines zu wenig. Präzise.Endlich einmal wieder ein Artikel in dem man die TAZ als TAZ erkennt. Mehr davon!

  • Mehr dazu



    Emilia Roig: Das Ende der Ehe.

  • Stichwort gemeinsame Veranlagung:



    Dann bitte auch hälftige Aufteilung der Rentenpunkte und Anpassung der Familienversicherung als ob beide jeweils die Hälfte des gemeinsamen Einkommens verdienen würden.



    Alles andere ist Rosinenpickerei oder Subvention.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Danke für die anscheinend erforderliche Klarstellung bez. des verfassungsrechtlich begründeten Zwecks des Splittings.



    Und für die Einordnung dieser Kampagne als übergriffige Einmischung in Privatangelegenheiten.

  • Das Steuersplitting hält vielleicht Frauen in Deutschland nicht vom Arbeitsmarkt fern, aber drängt sie in Teilzeitjobs. Dadurch machen Frauen in Deutschland seltener Karriere und haben am Ende des Berufslebens viel geringere Rentenansprüche. Das schadet nicht nur den betroffenen Frauen, sondern der Gesellschaft insgesamt: die Berufsqualifikation von Frauen, die ähnlich hoch ist wie die der Männer, wird nur zum Teil genutzt und dem Rentensystem fehlen Beiträge.

    Vielen Männern würde es gut tun, wenn sie sich mehr um Haushalt und Kinder kümmern würden, auch für die Familien wäre dies ein Gewinn.

    "Lebensform ist Privatsache" würde ich auch unterschreiben, aber der Staat sollte ein Familienmodell, dass in den 50er Jahren als Idealbild galt, nicht ewig weiter fördern.

    • @Kölner Norden:

      Ihre Argumentation ist genau, die der Artikel präzise und sachlich kritisiert. Vielleicht sollten Sie ihn einfach nochmal lesen. Sollte Ihnen das zu lang dauern hier zwei Kernaussagen:

      1. Das Splitting "fördert" nicht etwa das Ungleich-Verdiener-Modell, es schützt es nur vor progressionsbedingten NACHteilen gegenüber Gleichverdienern.

      2. Nur weil einige politische Denkschulen dieses Modell nicht für zeitgemäß halten, hat der Staat kein Recht, es mit finanziellem Druck zu bekämpfen.

      Was Frau Dribbusch unerwähnt lässt, ist die - tatsächlich vorhandene - Privilegierung von Ehepaare mit "altmodischem" Rollenmodell gegenüber NICHT verheirateten/ verpartnerten Paaren, die ebenso "altmodisch" leben. Da anzusetzen wäre sachgerechter und weniger ideologisch. Aber traditionell lebende Menschen ohne den traditionell dazugehörigen Trauschein sind natürlich nicht so ein schönes Opferbild wie die mit Trauschein ein Feindbild darstellen...

    • @Kölner Norden:

      Wie Frau Dribbusch sehr richtig geschrieben hat: die nicht vorhandene Kinderbetreuung, in geringerem Maße Altersbetreuung, ist das Problem.



      So lange das nicht gelöst ist, ist eine Abschaffung des Splittings schlicht eine Steuererhöhung, sonst nix.

    • @Kölner Norden:

      Die Ursache ist aber nicht die Besteuerung, sondern die Ausbildung der Betroffenen.



      Es landen keine Akademikerinnen und auch keine Ausgebildeten in Minijobs, es sind die die geringqualifiziert sind oder deren Abschlüsse nicht anerkannt sind (z.B. eine mir bekannte Apothekerin aus Polen)



      Schafft man das Splitting ab, werden nicht plötzlich aus Hausfrauen und Minijoberinnen Frauen mit ausreichend bezahlten Jobs und erträglicher Rentenversicherung, ganz im Gegenteil. Und die spätere Besteuerung spielt bei Heranwachsenden ebenfalls keine tragende Rolle, die Rolle als Hausfrau ist das Ergebnis von vorherigen Entscheidungen, meistens fehlende Qualifikation, da gilt es anzusetzen.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @nutzer:

        Es gibt einfach Paare, deren Berufe sich beim erzielbaren Einkommen deutlich unterscheiden, selbst wen sie ähnliche Stundenzahl haben. Diese Partnerschaften dürfen nicht durch steuerliche Ungleichbehandlung gegenüber anderen Paaren benachteiligt werden. Absonsten würde soziale Segregation gefördert.

    • @Kölner Norden:

      ""Lebensform ist Privatsache" würde ich auch unterschreiben, aber der Staat sollte ein Familienmodell, dass in den 50er Jahren als Idealbild galt, nicht ewig weiter fördern."

      ---------

      Und stattdessen ein Familienbild fördern, das nur noch an den Wochenenden und Werktags von 18 Uhr bis 6 Uhr gelebt wird ? Wunderbare Vorstellung, so schön....nostalgisch.

  • Den Stunt von Klingbeil muss man im Kontext von Paus geplanter Reduzierung der Reichenförderung lesen. Während Partnerschaften, die im Jahr 150K Einkommen haben, ganz sicher keine staatliche Unterstützung brauchen, um Nachwuchs zu betreuen, (selbst bei 75K wäre es kein Problem) ist das Ehegattensplitting eine nach wie vor sinnvolle Einrichtung, wie es gut im Artikel beschrieben ist. Denn in den meisten Fällen haben die Partner eben kein gleiches Einkommen, aus unterschiedlichen Gründen, guten wie schlechten, daran ändert die Abschaffung des Ehegattensplittings gar nichts.

    Das Geschwätz von Anreizen bedeutet, dass es uns da draußen ja viel zu gut geht und wir nur nicht motiviert sind, Karriere zu machen.

    Insofern - wenn eine linke! Grüne ausnahmsweise mal was richtig macht und die krasse Subventionsungerechtigkeit in diesem Land etwas abmildern will, sind die sog. Sozen gleich zur Stelle und torpedieren das Vorhaben. Wie man sie seit 120 Jahren mit einer kurzen Ausnahme kennt, links blinken, rechts überholen. Es ist so unendlich sinnlos, denen auch nur eine Minute weiter zuzuhören.

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Mich stört an dem Artikel die Verwendung des Begriffes "übergriffig". Da sollte die Autorin die Kirche mal im Dorf lassen. In diesem Sinne wäre es auch übergriffig, dass ich als Geringverdiener in die Ehe gezwungen werde, um ungerechter Besteuerung zu gehen. Soviel zu dem Argument, Lebensform sei Privatsache. Ich habe Hochachtung vor Menschen, die sich diesen Zwang nicht antun. Ungerecht ist es trotzdem.

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Warum wird man als Geringverdiener in eine Ehe gezwungen? Das Splitting gleicht bestehende Nachteile aus, aber das lässt sich auch über eine eingetragene Partnerschaft regeln.

      Der Grundsatz ist fair: Wer verbindlich Verantwortung füreinander übernimmt, der soll nicht schlechter gestellt werden

    • @2422 (Profil gelöscht):

      Das stimmt so nicht. Freiheit bedeutet das ein Mensch alle Möglichkeiten die er oder sie hat bedient mit allen Konsequenzen die diese Möglichkeiten mit sich bringen. Dann kann er oder sie sich entscheiden und muss mit den Konsequenzen leben. Was sie suchen ist Entscheidung und die Konsequenzen dieser tragen andere

    • @2422 (Profil gelöscht):

      es gibt schlimmere Zwänge, die Ehe kann man auch formal abhaken, Standesamt und fertig. Niemand muß feiern und eiunen Ring tragen, man kann es auch als rein steuerlichen Akt betrachten.

  • Diesem Kommentar kann ich weitgehend zustimmen und freue mich, dass dieses Thema hier so differenziert betrachtet wird. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mit einer Abschaffung des Ehegattensplittings durchaus leben könnte, mir aber ehrlich gesagt die Gegenleistung dafür fehlt, also die konkrete Ansage, was mit dem dadurch gewonnenen Geld erreicht werden soll. Soll es in Sozialleistungen investiert werden, wäre ich dafür. Soll es in Rüstungsgüter fließen oder lediglich einer einseitigen Erhöhung der Staatseinnahmen dienen, wäre ich dagegen.

  • Wow, toll dass die Taz die Sache blickt, während die Zeit voll drauf reinfällt.

    Ergänzen möchte ich:

    Was der Gleichstellung dienen würde, wäre die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze oder die gemeinsame Veranlagung in der Beitragsbemessungsgrenze: Derzeit ist es so, dass es VIEL VIEL günstiger ist, wenn ein Ehepartner viel verdient, weil dieser keine Krankenkassen (ab ca. 60.000) und keine Rentenbeiträge (ab ca. 80.000) zahlen muss.

    Das heißt, wenn ein Partner 60 Stunden die Woche arbeitet (Arbeitsvertrag mit automatischer Überstundenabgeltung) und dafür 120.000€ im Jahr bekommt, dann muss das Paar auf 60.000€ des gemeinsamen Einkommens KEINE Krankenkassenbeiträge von 15,4% zahlen.

    Arbeiten Mann und Frau beide für 60.000, so werden für beide die vollen 15,4% Krankenkassenbeitrag und 18,6 Rentenversicherung fällig.

    Sinnvoll wäre, wenn die Beitragsbemessungsgrenze bei gemeinsamer Veranlagung verdoppelt würde, dafür aber die Rentenpunkte auf beide gemeinsam Veranlagten hälftig aufgeteilt würden.

    DAS würde der Gleichstellung WIRKLICH helfen, das andre mit dem "Ehegattensplitting" (in Wahrheit: gemeinsame Veranlagung) hingegen ist nur ein politisches Schlagwort.

    • @TAE EZR:

      Das ist etwas, was ich auch unterstützen würde, ich gebe aber zwei Dinge zu bedenken:

      1) Ohne gleichzeitige Einführung einer Bürgerversicherung führt dies voraussichtlich dazu, dass alle Spitzenverdiener*innen, die es nicht schon haben, sich in die private Krankenversicherung zurückziehen

      2) Es ist umstritten, ob die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze überhaupt verfassungsgemäß wäre, da hierbei das verfassungsrechtlich festgeschriebene Äquivalenzprinzip verletzt würde. Hier ist ein interessantes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages dazu: www.bundestag.de/r...35-21-pdf-data.pdf

    • @TAE EZR:

      Why, the f..k, braucht man ab der 'Beitragsbemessungsgrenze' keine KV oder RV-Beiträge mehr zu zahlen.



      Kann mir das jemand rational erläutern?



      Die Abgaben in D. sind sehr hoch (z.B. im Vergleich mit Irland)- d.h. Reiche müssten "zuviel" Beiträge (absolut) bezahlen und würden dann verständlicherweise rebellieren?



      Was sollen wir Weniger-Verdienerinnen sagen? Ein %-Satz ist ein %-Satz. Den Ärmeren tut er nur viel mehr weh!



      Auch diese ein schreiende Ungerechtigkeit. Reiche und multinationale Unternehmen haben sich schon lange legal aus der Verantwortung für die Gesellschaft verabschiedet.



      Tax justice now!

      • @So,so:

        Ganz einfach: In der Kranken- und der Rentenversicherung sind die Geldleistungen gedeckelt. Ab Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze würden daher Beiträge gezahlt werden müssen, denen im Zweifel keine Leistungen gegenüber stünden.



        Ich meine es war dereinst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches darauf hinwies, dass das nicht sein darf. Daraufhin wurde die Beitragsbemessungsgrenze erst eingerichtet.

      • @So,so:

        Die Begründung der Beitagsbemessungsgenze in der gesetzlichen Pflege- und Kankenversicherung ist, dass durchschnittliche Krankheitskosten ja bei vielleicht 250€ pro Monat liegen und die Leistungen der Pflegeversicherung für alle gleich sind und es ohne Deckelung sonst eine Steuer wäre, also kein vetretbares Verhältnis Kosten zu Leistung. In der Rentenvesicherung geht man davon aus, dass jemand, der über BBG verdient, davon selbst vorsorgen kann. Durch das Äquivalenzpinzip würden sonst auch höhee Rentenansprüche entstehen, also würde langfristig nichts gespart.

      • @So,so:

        Weil es Renten- und KrankenVERSICHERUNG sind. In einer Versicherung mit unbegrenzten Beitràgen müsstrn die Leistungen ebenso unbegrenzt sein. Das läuft schnell ins Uferlose. Dann doch lieber am Ptogressionstarif rumschrauben.

      • @So,so:

        Die Reichen würden nicht rebellieren, sondern das Versicherungssystem wechseln - weil die private KV für sie dann (sehr) viel günstiger wäre. Wenn man das nicht möchte, wäre ein sinnvoller Weg, das Gesundheitssystem über eine Steuer zu finanzieren, so wie der NHS in UK.

        • @Janz Schlau:

          man könnte auch Privtversicherungen abschaffen

        • @Janz Schlau:

          Das tun wohlhabende in der Realität so oder so, um nicht in der 2ten Klasse bei der Gesundheitsversorgung zu sein.

          Der Grundgedanke ist jedoch nachvollziehbar.

          Aber welche Logik steckt bitte hinter der Grenze beim Beitrag zur Rentenversicherung?

          Ah Google hilft. ^^

          Es geht offiziell darum, dass Krankengeld und Rente nicht ins unermessliche steigen.



          Vor der Einführung der Beitragsbemessungsgrenze lagen die Ausgaben der Krankenkasse für Krankengeld bei bis zu 95% ...lol

          Als Alternative könnte man die Ansprüche von Beitragszahler*innen einfach anpassen und sagen: "es gibt nur maximal X, egal wir viel jemand einzahlt."

        • @Janz Schlau:

          ...oder einfach die PKV abschaffen, bzw. die GKV verpflichtend für alle machen. Wenn jemand meint, er/sie braucht eine zusätzliche private Versicherung steht dem ja nichts im Wege.

  • Als Zusatz zu meinem Kommentar.



    Ich meine Frau Dribbusch und nicht Oertel. Und: "Die Annahme, das Steuersplitting halte Frauen vom Arbeitsmarkt fern, ist übergriffig." das kann nur eine Frau aus der BRD schreiben. Für Frauen aus der ehemaligen DDR ist ihre Argumenation übergriffig.

  • Sehr guter Kommentar. Ich würde nur gerne ergänzen das in dieser für mich nur mit Neid zu begründenden Debatte leider auch Vermögen mit Einkommen vermischt wird. Wenn man in Deutschland zu den besserverdienenden gehört heißt das noch lange nicht das man in einer Villa leben kann. In manchen Regionen kann man sich davon erschreckend wenig leisten.

  • "Das Splitting trägt dazu bei, dass in Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften, in denen ei­ne*r mehr verdient als der andere, nicht mehr Steuern bezahlt werden müssen als in Partnerschaften, in denen beide gleich viel verdienen". Sie scheinen nicht zu verstehen, dass das Splitting vor allem Besserverdiener bevorzugt. Das deutsche Splittingmodell ist eine Sonderfall in Europa. Ganz viele PolitkerInnen haben sich für die Abschaffung eingesetzt - einen Gesetzentwurf gab es dafür in der sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt - dann gab es den Wechsel der FDP zur CDU was ua Ingrid Matthäus-Maier dazu brachte zur SPD zu wechseln, Ihr Kommentar Frau Oertel macht mich sprachlos. Empfehle: www.zeit.de/wirtsc...llung-arbeitsmarkt

  • Vielen Dank für diesen Artikel!

  • > Wer heiratet oder sich verpartnert, verpflichtet sich zum Unterhalt für den oder die Part­ner:in. Also ist es nicht unlogisch, den zu versteuernden größeren Anteil am Einkommen rechnerisch zu reduzieren und einen Betrag dem oder der Part­ner*in zuzuordnen – nichts anderes geschieht beim Splitting.

    Die Logik fällt mir schwer nachzuvollziehen: Weil sich zwei gegenseitig zum Unterhalt verpflichten, zahlen sie weniger Steuern? Wo ist da der Zusammenhang?

    • @Trollator:

      Sie zahlen nicht weniger, sondern nur NICHT MEHR als zwei, die ich Ihren Unterhalt zu gleichen Teilen finanzieren. Das ist der Punkt.

      Das Ehegattensplitting geht davon aus, dass Ehepaare ihr Leben gemeinsam leben und daher auch ihre Lebenshaltungskosten gemeinsam produzieren. Zumindest im gesetzlichen Güterstand stehen ihnen ja auch etwa geschaffene Vermögenswerte gleichermaßen zu. Aus dieser Basis sollte der Staat von dem Geld, das für dieses gemeinsame Leben in Form von Einkommen zur Verfügung steht, auch nicht mehr abgreifen, nur weil ein Partner eben mehr davon ranschafft als der andere.

      Auf den Punkt gebracht bilden Ehepaare eine "Ausgabengemeinschaft", wenn man so will. Also behandelt der Staat sie steuerlich auch umgekehrt als Einkommensgemeinschaft.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Für diesen Artikel war es jetzt an der Zeit. Herzlichen Dank Frau Dribbusch.



    Diese "Übergriffigkeit" habe ich in diesen Diskussionen schon lange und heftig empfunden. Die Partner sagen was sie wollen und nicht der Staat, Der Staat ist nicht Verwertungslogistiker im kapitalistischen Arbeitskräftelager.

  • Klingbeil redet gern bevor er denkt, so auch beim Splitting.

  • Danke für den klaren und fundierten Kommentar!

    Das Splitting ist eine Regelung für Solidargemeinschaften, die Leuten aller Einkommensklassen zugute kommt. Es schafft auch Freiräume, zum Beispiel für das Leben eines Partners als Künstler, das sonst kaum möglich wäre. Zu glauben, dass staatlicher Zwang alle schlechter verdiendenden Partner jeglichen Geschlechts in die richtige Richtung schiebt und sie mal eben ihre großen, aber brotlosen Begabungen, ihre Depressionen oder ihr wichtiges, aber schlecht bezahltes Engagement vergessen lässt, ihnen die passende Stelle zuführt und sie zu braven Steuerzahlern macht -zwangsemanzipiert und glücklich über die neu erreichte Höhe der eigenen Steuern- ist naiv. Diese Möglichkeit schlechtzureden und sie ausgerechnet abschaffen zu wollen, um Besserverdiendene bei Laune zu halten - und das auch noch als sozial zu verkaufen, ist obszön.

  • Vor 12 Jahren schrieb die taz:



    //



    "Abschaffung des Ehegattensplittings



    Die Kommissionsmitglieder fordern daher, Maßnahmen zur Familienförderung nicht mehr vom Ehestatus der Eltern abhängig zu machen, sondern auf die Kinder auszurichten. So würde allein die Abschaffung des Ehegattensplittings für kinderlose Ehepaare etwa 11 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen bringen.



    Dieses Geld sollte in den Ausbau der Kinderbetreuung fließen und in Maßnahmen, um Eltern befristet von Arbeit zu entlasten. Die Kommission sieht es als notwendig an, allen Lebenspartnern die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit zu geben, um Altersarmut zu verhindern. "Das Alleinverdienermodell funktioniert bei der Mittelschicht nicht mehr", sagte SPD-Politikerin Schmidt."



    //



    Hab ich da jetzt irgendwelche wegweisenden Veränderungen verpasst? Es war auch immer von reichlich Betreuungsplätzen (für alle) die Rede und von der Anerkennung der Care-Arbeit (ungleich verteilt). Wer hatte doch gleich so lang 'rumgedoktert' in der Familienpolitik? Der Bundesfinanzminister wäre vielleicht bei Milliardeneinnahmen nicht abgeneigt, aber vielleicht seine Wähler:innen.



    //



    taz.de/Familienbil...der-Zeit/!5120255/



    //



    Familienbilder im Wandel der Zeit, hätte ein Fortsetzungsserie werden können, hatte aber bestimmt zu wenig Quote. Sind nicht Eltern mit erwachsenen Kindern auch steuerrechtlich irgendwie "kinderlos"? Und 11 Milliarden vor 12 Jahren, das ist ja heute ein Vielfaches.

  • ....vielen Dank für diesen super, differenzierten Beitrag, klasse recherchiert - 100 % dabei.

  • Ja, finde ich alles auch.

    +, dass es einer (kapitalistisch organisierten) Gesellschaft nicht gut tut, wenn alle arbeiten.

    Sprich: sich in irgendwelchen Hierarchiepyramiden nach oben kämpfen (möglichst viele über den Tisch ziehen ("Profite maximieren"), günstig einkaufen (z.B. Seltene Erden, die in Afrika Kinder aus dem Boden holen) und in paramilitärisch organisierten Strukturen "professionell" gehorchen (alle. Die ganz oben haben shareholder, denen sie auf Roadshows so einen vom Pferd erzählen müssen, dass sie bei der Stange bleiben)

    Wie gesagt, gut, wenn es Leute, egal welchen Geschlechts, gibt, die nicht durch Arbeit korrumpiert werden.

    P.s. Beim Rückblick auf die DDR, Frauenrechte, wird das ja übrigens eher so gesehen, 'ja, Frauen viel berufstätiger (in allen Berufen) als in der BRD, aber pah, pah, doch nur, weil die die Arbeitskraft brauchten...'

    • @ke1ner:

      In der DDR sind Wohnungen verfallen, es gab überall Mangel und jeder banale Discounter hat mehr Waren im Angebot, als es für Nomalos in der "Zone" je gab. Außerdem wären zu viele ohne "antifaschistischen Schutzwall" ausgewandert oder wäen ohne "Hoch und Guck" aufmüpfig geworden, was ein früheres Ende dieses "Staates" bedeutet hätte. Kapitalismus funktioniert halbwegs als soziale Marktwirtschaft, der real existierende Sozialismus hat in der Praxis noch nie funktioniert, ohne Einsperren schon gar nicht.

  • Ein durchgehend kluge Kommentar. Vielen Dank.