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Dorothee Bär bei „Hart aber Fair“Erste Unionspolitikerin sägt leise am Klimaziel

Die CSU-Politikerin Dorothee Bär warnt vor „strammen Jahreszahlen“ beim Klimaziel. Der Rückhalt für Klimaschutz in der Union bröckelt also weiter.

Bereit für die Schleifung der Klimaziele? Dorothee Bär, stellvertretenden Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Foto: Heiko Becker/reuters

Berlin taz | Mit Stichtagen müsse man aufpassen, sagt Dorothee Bär (CSU), als sie am Montagabend bei „Hart aber fair“ nach dem deutschen Klimaziel gefragt wird. Moderator Louis Klamroth fragt nach: Klimaneutralität 2045, wie es im Gesetz steht, ja oder nein? „Ich würde nicht immer diese ganz starren Jahreszahlen nehmen“, antwortet Bär. Ein glühendes Bekenntnis klingt anders.

Christian Lindner (FDP) grinst derweil: Seine Partei hat in ihrem Wahlprogramm das deutsche Klimaziel längst abgeräumt. Die FDP setzt aufs europäische Ziel, erst 2050 weniger CO2 auszustoßen als gebunden wird.

Die Union verspricht in ihrem Wahlprogramm, Klimaneutralität 2045 „fest im Blick“ zu haben. Das klang zwar noch 2021 verbindlicher – da wollte sie Klimaneutralität 2045 „verbindlich umsetzen“ –, aber immerhin taucht ein festes Datum auf.

So deutlich wie Bär hat das aus der Führungsriege von CDU/CSU bisher niemand angezweifelt. Auch Bär selbst rudert auf Nachfrage der taz zurück. Ohne auf ihre Wendung „stramme Jahreszahlen“ einzugehen, schreibt sie: „Klimapolitik muss Umwelt, starke Wirtschaft und soziale Aspekte miteinander verbinden.“ Im Rahmen dessen habe man die Klimaneutralität bis 2045 „fest im Blick“. Da ist es wieder.

Dass Bär sich auf das Wahlprogramm zurückzieht, lässt zwei Deutungen zu: Entweder sie sieht ihre Äußerung bei „Hart aber fair“ als Fehler, hat Grenzen ausgetestet und zieht jetzt zurück. Oder sie findet, „fest im Blick“ bedeute, Klimaneutralität ein paar Jährchen später sei auch okay.

In jedem Fall zeigt Bärs Auftritt, dass auch in der Union der Rückhalt für das deutsche Klimaziel bröckelt.

Direkte Folgen hätte eine Verschiebung des Klimaziels kaum: Wie viel CO2 Industrie, Stromerzeuger, Verkehr und Gebäude ausstoßen dürfen, wird bald auf europäischer Ebene geregelt. Übrig bleiben nur Emissionen von Landwirtschaft und Natur.

Fatal hingegen ist das politische Signal nach Europa. Dort tun sich Rechtsextreme und konservative Staats­che­f*in­nen zusammen, um Klimaschutz zu verhindern und zurückzudrehen. Gibt Deutschland sein Ziel auf, werden halbwegs klimarealistische Ver­hand­le­r*in­nen auf EU-Ebene enorm geschwächt.

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5 Kommentare

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  • Da sägen auch andere dran. Das Jahr 2045 ist willkürlich festgelegt worden. Genauso das europäische 2050. Mich würde schon interessieren, was denn passiert, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Eventuell wird dann anders gerechnet damit man in die Nähe kommt. Die letzten 20% werden die schwersten sein. Ich selbst bin für die 95% bis Jahr XXXX. Alles andere ist Wunschdenken.

  • Das übliche, schönklingende, aber inhaltlich toxische PolitikerInnen-Gerede:



    „Klimapolitik muss Umwelt, starke Wirtschaft und soziale Aspekte miteinander verbinden.“



    Auf deutsch:



    Klima- und Umweltschutz müssen sich den Interessen der Unternehmen und der Weiter-so-Bequemlichkeit der Bevölkerung unterordnen.



    Aber das Klima wird sich nicht unterordnen. Darum sind PolitikerInnen wie Bär Sargnägel für unsere Zukunft.

  • Dorothee Bär (CSU) betont bei hartaberfair ARD Sendung 10.2.2025 fehlenden Lohnabstand von Arbeitnehmern und Bürgergeldempfängern existenzsicherndes Einkommen zu sichern nach dem eine Allparteien Allianz mit GrünRot Bundesregierung 2003 voran im Wege Arbeitsmarktreform Agenda Agenda 2010 größten Niedriglohnbereich in EU geschaffen unterschiedliche Kategorien von Arbeitnehmern in selben Betrieben seitdem Alltag ist, jene mit Tariflohn, Urlaubs-, Weihnachtsgeld Boni, Bildungsurlaub, betriebliche Altersversorgung, Mitbestimmung und jene ohne dies alles, während private, staatliche Arbeitgeber anlasslose Lohnsubvention ohne Bedürftigkeitsnachweis noch Businessplan zulasten Restvermögens vor dem Schonvermögen der Arbeitnehmer für private Altersvorsorge zugunsten subventionjerter Exportwirtschaft zulasten Binnenkaufkraft erhalten statt durch deren Anhebung Binnenwirtschaft als Wachstumsmotor zu sichern wenn es in Außenwirtschaft durch Protektionismus im Welthandel daran fehlt, notwendige Klimatransformation der Wirtschaft dennoch auf die Agenda gehört. Dazu passt Dorothea Baers Einlassung nicht "Klimapolitik muss Umwelt, starke Wirtschaft und soziale Aspekte miteinander verbinden.“

    • @Joachim Petrick:

      Der Punkt ist ein unschätzbar wertvolles Satzzeichen. So kann ich das nicht lesen.

  • Die CSU wollte vor den letzten Wahlen, bei der sie Angst vor FFF hatte, in Bayern das Euro-Ziel 2050 klimaneutral zu sein überübererfüllen, 2040 sollte es soweit sein. Dieser Wahlkamptrick wurde auch schon im Sinne der sprichwörtlichen Söderschen Flexibilität abgeräumt.