Deutsche Panzer in der Ukraine: Lula blockiert Gepardenfütterung

Deutschland hat keine Munition für die an die Ukraine gelieferten Panzer. Der Hersteller Schweiz blockt und Brasilien hält seine Bestände zurück.

Panzer feuert Munition ab

Kein Überschuss: Gepard 2009 vor der Ausmusterung bei einer Gefechtsübung der Bundeswehr Foto: Jörg Sarbach/ap

Es ist wie ein Sinnbild der pannenreichen deutschen Militärhilfe für die Ukraine: Die Bundeswehr liefert der Ukraine Gepard-Flugabwehrpanzer zur Selbstverteidigung – aber sie hat nicht mehr genügend Munition dafür, also muss die in anderen Ländern erbeten werden. Diejenigen, die gefragt werden, wollen nicht – und die, die könnten, werden nicht gefragt.

Unwillig zeigte sich am Montag Brasiliens Präsident Lula da Silva, als er Olaf Scholz empfing. „Brasilien hat kein Interesse am Verkauf von Munition, die in diesem Krieg verwendet werden kann“, erklärte der neugewählte linke Präsident auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem angereisten Bundeskanzler, „Wir sind ein Land, das dem Frieden verpflichtet ist! Wir wollen nicht einmal eine indirekte Teilhabe an diesem Krieg!“

Gepard-Panzer, weltweit auch unter dem englischen Namen Cheetah bekannt, sind im Grunde fahrbare Flugabwehrkanonen: eine Leopard-Panzerkarosserie mit einer radargesteuerten 35-Millimeter-Zwillingskanone zur Flugabwehr obendrauf anstelle der üblichen Panzerkanone. Entwickelt und gebaut wurden sie ursprünglich von Krauss-Maffei in Deutschland, die 35-Millimeter-Kanone samt Munition lieferte die Schweizer Rüstungsschmiede Oerlikon, heute ein Teil von Rheinmetall.

Seit die letzten Bundeswehr-Gepards 2011 ausgemustert wurden, verkauft Deutschland sie an weniger anspruchsvolle Länder – Rumänien, Brasilien, Jordanien, Katar. Brasilien hat vor der Fußball-WM 2014 dreizehn Stück erworben, zur Abwehr von Drohnen. Da sie nie zum Einsatz kamen, ist die Munition aus der Schweiz noch da.

Hervorragend gegen Drohnen

Deutschland hätte sie nun gerne, um seine Gepard-Panzer-Lieferversprechen an die Ukraine zu erfüllen: Von insgesamt 50 im April 2022 zugesagten Panzern wurden im vergangenen Jahr 30 übergeben, mit Munition in unzureichender Menge. Demnächst sollen sieben weitere Folgen; ihre Ausstattung hängt noch in der Luft.

Die Gepards gelten als hervorragend geeignet für den Abschuss iranischer Shaheed-Drohnen, mit denen Russland vorzugsweise zivile Ziele in ukrainischen Städten bombardiert. Unter Präsident Jair Bolsonaro war Brasilien noch bereit, seine Gepard-Munition abzugeben. Lula ist dazu nicht mehr bereit. Einen außenpolitischen Fortschritt darin zu erkennen, den Schutz ukrainischer Zivilisten zu behindern, fällt schwer, was auch den Scholz-Besuch in Brasilien belastet hat.

Verwirrend ist, dass laut Brasiliens Regierung keine förmliche Ausfuhranfrage der deutschen Bundesregierung vorliegt. Aber die wäre erst sinnvoll, wenn Brasilien diese auch mit Ja beantworten könnte. Das ist nicht der Fall: Da die Munition aus der Schweiz kommt, müsste die Schweiz ihre Weitergabe genehmigen. Die Schweizer Neu­tra­lität verbietet das nach bisheriger amtlicher Lesart.

Deswegen konnten auch die bereits von Deutschland gelieferten Geparden nicht ausreichend ausgestattet werden. Zweimal wies die Schweiz entsprechende deutsche Anfragen im vergangenen Jahr ab. Am Schweizer Veto hängt auch Katar, das vor der Fußball-WM 2022 ebenfalls Gepard-Flugabwehrpanzer erwarb und diese dann ebenso wenig brauchte wie Brasilien acht Jahre zuvor; Deutschland wollte sie nun zurückkaufen, aber kann damit ohne grünes Licht aus der Schweiz nichts anfangen.

Ein Parlamentsausschuss in der Schweizer Hauptstadt Bern stimmte zwar vergangene Woche erstmals dafür, das strikte Verbot von Lieferungen Schweizer Rüstungsgüter aus Drittländern in die Ukraine zu lockern, wenn „die Wiederausfuhr des Kriegsmaterials an die Ukraine im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Krieg erfolgt“. Aber ein abschließender Parlamentsbeschluss steht aus. Es sei unklar, ob er noch in diesem Frühjahr erfolgt, meldete am Montag die Basler Zeitung und schrieb, Deutschland „erhält den Druck auf die Schweiz aufrecht“.

Deutschland könnte produzieren

Deutschlands Rüstungsindustrie könnte durchaus selbst Gepard-Munition herstellen. Rheinmetall baut in Celle eine Produktionsanlage auf, aber sie dürfte nicht vor Juni den Betrieb aufnehmen.

Norwegens Rüstungskonzern Nammo wäre nach einem Bericht des Fachjournalisten Björn Müller ebenfalls dazu fähig. Aber die nötigen technischen Daten aus Deutschland seien bislang nicht übermittelt.

Südafrikas Rüstungsfabrikant Denel, eine Rheinmetall-Tochter, stellt 35-mm-Kanonen her und könnte einspringen. Angeblich war dies bei den ersten Gepardenlieferungen der Fall. Aber dafür müsste in Berlin jemand eine neue Bestellung in Südafrika aufgeben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.