Debatte ums Feuerwerk an Silvester: Böller für die deutsche Seele
Die Niederlande verbieten Böller zu Silvester. Und in Deutschland? Da fürchtet man den Verzicht auf den letzten Funken Freude.
Zu Beginn direkt ein Outing: Ich liebe Feuerwerk und Böller. Ich liebe Knallerbsen, Pyro-Cracker, Riesenfrösche, Feuerwerksvulkane, Raketen. Das Beste war für mich als Kind der Tag vor Silvester. Da gingen mein Vater und ich in den Supermarkt und machten den Einkaufswagen mit den aufgezählten Knallern voll. Um Mitternacht wurde dann gezündet.
Als vor einigen Tagen bekannt wurde, dass die Niederlande als erstes europäisches Land in diesem Jahr ein vollständiges Feuerwerksverbot zu Silvester ausgesprochen haben, ging die alljährliche Diskussion auch in Deutschland los. Nur zum Verständnis: In den Niederlanden dürfen Böller und Raketen nun weder gekauft noch gezündet werden, um so während der Coronapandemie Krankenhäuser und Kliniken zu entlasten. Das leuchtet sogar mir als Böllerfreak ein.
In der Welt behauptete nun ein Autor, wer ein Verbot fordere, ignoriere die geplagte deutsche Seele. Der emotionale Schaden eines Verbots sei zu groß. Die Politik könne den Menschen durchaus zutrauen, sich rücksichtsvoll zu verhalten, heißt es außerdem. Hat ja bislang so gut geklappt mit der Eigenverantwortung in der Pandemie.
Es muss schon schlimm sein, so eine geplagte deutsche Seele zu sein. Es bleibt einem halt auch wenig: Den SUV soll man nicht mehr fahren, über antisemitische und rassistische Witze darf man nicht mehr lachen, die Klimakrise muss man sich von einem Kind erklären lassen, vor Mund und Nase muss man sich einen Lappen hängen und jetzt werden einem also noch die Böller, das letzte Fünkchen Spaß in diesem Jahr, genommen. Seufz.
Immer auf die deutsche Seele
Das Leiden der deutschen Seele. Oder: deutsche Seele, du Opfer. Schon komisch, dass es am Ende immer die deutsche Seele ist, die so viel ertragen muss.
Ob man nun für oder gegen Geböller ist – so wirklich geht es darum in diesem Jahr nicht. Konzentrieren wir uns also auf das Wesentliche. Wir sind in der Pandemie, Leute, möchte man gerne schreien. Das Krankenhauspersonal wird’s euch danken.
Aber die sind diesem Land ja erfahrungsgemäß eh eher egal. Sollen sie also in der Silvesternacht noch ein paar zerfetzte Hände und ausgeschossene Augen behandeln. Vielleicht gibt’s später 500 Euro Silvesterbonus, der macht dann wieder alles wett.
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