Debatte über Atemmasken: Einfach mal den Mund verhüllen?
Ist eine Maskenpflicht sinnvoll oder Quatsch: Ein AfD-Antrag erhitzt die Gemüter im Gesundheitsausschuss.
Auf der Sitzung des Gesundheitsausschusses am Montag kam der Antrag als letzter Tagesordnungspunkt zur Abstimmung: Die AfD forderte, der Senat solle die Corona-Eindämmungsverordnung durch eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes – vulgo: Atemmaske – im öffentlichen Raum erweitern und alles tun, um die Verfügbarkeit solcher Masken zu fördern. Da die aktuelle Kontaktsperre in absehbarer Zeit wieder gelockert werde, müssten „Alternativen herangezogen werden“, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.
Nun ließe sich sagen: Wenn die AfD mal einen Antrag ohne rechtspopulistischen Duktus formuliert, der die aktuelle Politik nicht konterkariert, sondern zu ergänzen sucht, könnte es sich um die Methode handeln, die im Netz als „Trollen“ bekannt ist. Und da es gute Gründe für eine Ächtung der AfD gibt, hätte Rot-Rot-Grün im Ausschuss vielleicht besser den Daumen nach unten gedreht, ohne viel drumherumzureden. Leider passierte genau das.
Namentlich der Ausschussvorsitzende Wolfgang Albers (Linke) meinte, als Arzt quasi ex cathedra den Antrag ins Lächerliche ziehen zu müssen. Mit ziemlich schlechten Argumenten. „Solche Masken zu tragen“ – Albers bezog sich auf den „normalen“ Mund-Nasen-Schutz im Gegensatz zu den teuren, dicht abschließenden FFP-Masken – „ist nur eine Höflichkeitsgeste. Diese Masken haben wahrscheinlich keine virologische und epidemiologische Wirkung, da können Sie sich genauso gut eine venezianische Maske schnitzen.“
Dass auch solche Masken mehr als nur „vermeintlichen Schutz“ (Albers) bieten, diese Erkenntnis setzt sich aber zunehmend durch. Zuallererst im Sinne des „Fremdschutzes“: Das Robert-Koch-Institut (RKI) weist auf seiner Webseite darauf hin, „ein Mund-Nasen-Schutz (MNS) oder bei der gegenwärtigen Knappheit eine textile Barriere im Sinne eines MNS“ könne infektiöse Tröpfchen erkrankter TrägerInnen abfangen. Und: „Nicht jeder, der mit Sars-CoV-2 infiziert ist, bemerkt das auch. In der Regel sind Betroffene bereits mit sehr leichten Symptomen ansteckend.“
Maskenpflicht wäre nur logisch
Schon aus Gründen der Logik heißt das, dass eine Maskenpflicht die Übertragungsrate senken würde. Zum sogenannten Selbstschutz – dem Schutz der TrägerIn vor den Viren anderer – schreibt das RKI hingegen nicht, dieser sei auszuschließen. Es gebe nur „keine hinreichenden Belege dafür“. Allerdings haben Studien auch hier begrenzten Schutz nachgewiesen.
Albers manövrierte sich in einen Widerspruch, indem er aus einer in Prä-Corona-Zeiten verfassten Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Umgang mit Mund-Nasen-Schutz vorlas. Darin heißt es, beim Abnehmen der Maske sei Vorsicht geboten, weil die Außenseite potenziell erregerhaltig sei. Zusammen mit weiteren Verhaltensregeln (etwa, dass die Maske anschließend luftdicht verschlossen aufbewahrt werden müsse) sollte das illustrieren, wie unpraktikabel eine Maskenpflicht sei.
Dem FDP-Abgeordneten Florian Kluckert platzte daraufhin der Kragen. Wenn die Außenseite kontaminiert sei, bedeute das doch, dass die Maske infektiöses Material abgefangen habe: „Es ist doch auf jeden Fall besser, wenn ich diese Viren nicht in den Mund bekommen habe!“ Albers’ Argumentation sei „genauso logisch, wie wenn Sie sagten, Händewaschen schützt nicht vor Ansteckung, nur weil es vielleicht nicht jeder schafft, damit hundert Prozent der Erreger zu entfernen“.
Wolfgang Albers argumentierte auch noch, man „könne nicht zur Ordnungswidrigkeit definieren, was aus wissenschaftlicher Sicht möglicherweise keinen Sinn macht“. Es lasse sich nicht „strafbewehren“, wenn jemand seine Maske beispielsweise zu lange trage: „Sie müssten dann jede Maske auf ihre Feuchtigkeit prüfen.“ Eine Vorstellung, die sich wieder auf die – vermeintlich maßgeblichen – BfArM-Empfehlungen bezog.
Ende Februar, als die Corona-Welle vor Berlin stand, hatte Albers der taz übrigens in einem Interview gesagt, die gerade erfolgte Absage der ITB habe keine objektiven Gründe, sondern sei dem „grassierenden Aktionismus“ geschuldet: „Da hätten wir auch die Berlinale absagen müssen, und es dürfte kein Hertha-Spiel und kein Gottesdienst mehr stattfinden.“
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