Bessere Haltung von Schwein und Rind: Zulage für Tierwohl ist machbar
Eine Abgabe für bessere Haltungsbedingungen wäre rechtlich möglich, sagt eine Studie. Erreicht werden könnte dies durch eine höhere Mehrwertsteuer.
Die Borchert-Kommission hat eine Tierwohlabgabe ins Gespräch gebracht. 40 Cent mehr pro Kilogramm Fleisch sollen die Verbraucher im Supermarkt bezahlen. Bei Käse wären es 15 Cent, bei Butter 2 Cent. Mit den Einnahmen soll der Bund die Investitionen der Bauern in bessere Ställe und eine Prämie für mehr Tierwohl finanzieren. Zugleich wollen die Experten ein Label einführen, an dem Kunden den Grad des Tierwohls erkennen können.
Verbessern Landwirte die Haltungsbedingungen für Geflügel, Schweine oder Rinder, kostet sie das viel Geld. Ihre Erzeugnisse müssten teurer werden. Gegen Billigangebote aus dem In- und Ausland hätten hiesige Erzeuger kaum eine Chance. „Wir kommen nicht um politische Instrumente herum“, sagt Martin Scheele, der die Studie mit verfasst hat.
Eine rechtssichere Lösung ist nicht ganz einfach. Denn der europäische Binnenmarkt setzt nationalen Alleingängen Grenzen. So ist eine reine Verteuerung des Fleisches zur Förderung heimischer Landwirte beim Einkauf wohl vom Tisch. Es ist nicht zulässig, Angebote aus dem Ausland mit einer Abgabe zu belegen, die anschließend nur den deutschen Landwirten zugutekommt.
Klöckner für parteiübergreifenden Konsens
Stattdessen weist die Studie drei Möglichkeiten zur Finanzierung besserer Haltungsbedingungen aus. Am leichtesten erscheint die Einführung einer Ergänzungsabgabe auf die Einkommensteuer, also einer Zulage für Huhn, Schwein und Rind. Rechtlich wäre dies problemlos. Allerdings erkennen die Autoren darin keine Lenkungswirkung für das Verbraucherverhalten. An der Kasse im Supermarkt würde sich nichts ändern.
Beeinflusst würde das Verbraucherverhalten von einer Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte von derzeit 7 auf 19 Prozent oder aller Lebensmittel auf 10 Prozent. Auch eine reine Tierwohlabgabe pro Kilogramm hätte eine Steuerungswirkung. Beide Varianten müssten jedoch in Einklang mit dem EU-Recht gebracht werden. Das halten die Juristen für möglich, wenn die Zweckbindung der Einnahmen entfällt.
„Für mich geht es nicht um das Ob, wir reden über das Wie“, sagt Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Sie will einen parteiübergreifenden Konsens für den Systemumbau erreichen. Für ein Gesetz noch in dieser Wahlperiode ist die Zeit auch sehr knapp. Ende Juni beendet der Bundestag seine Arbeit praktisch.
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