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Asylpolitik im KoalitionsvertragDer nächste Streit um die Asylpolitik kommt bestimmt

Wenige Stunden nach Präsentation des Koalitionsvertrags diskutierten Migrations-Expert*innen in Berlin. Was bedeutet ein Kanzler Merz für Geflüchtete?

„Wie kann die SPD das schlucken?“ Lars Klingbeil bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Man hätte gern gewusst, was Hans-Eckart Sommer über den Koalitionsvertrag von Union und SPD denkt. Immerhin ist der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht nur für die Umsetzung der Asylpolitik zuständig, sondern hat kürzlich auch die Abschaffung des Asylrechts gefordert. Am Mittwochabend steckt er aber mit der Bahn fest, irgendwo hinter Bamberg, wie es heißt. Sein Platz bei der Podiumsdiskussion des MIDEM-Migrations-Instituts der Technischen Uni Dresden und der Merkator Stiftung bleibt leer.

So ist es den anderen Dis­kus­si­ons­teil­neh­me­r*in­nen überlassen, die Frage zu beantworten, die MIDEM-Chef Hans Vorländer aufwirft: „Neue Bundesregierung, neue Migrationspolitik?“ Konkret diskutiert wird vor allem die Asylpolitik, um Fachkräftemigration geht es kaum. Ohne Sommer fällt Ulrich Weinbrenner die Rolle zu, den Staatsapparat an diesem Abend zu vertreten. Und was der Leiter der Abteilung Migration im Bundesinnenministerium (BMI) zu sagen hat, ist für einen Spitzenbeamten auffallend deutlich.

Etwa: „Das, was im Koalitionsvertrag steht, ist nur eine Seitwärtsbewegung zu dem, was wir jetzt machen.“ Soll heißen: nur eine graduelle Veränderung zu der Flüchtlingspolitik, die ohnehin schon läuft. Er habe mit konkreten Schritten in Richtung von Drittstaatverfahren gerechnet, bei denen Geflüchtete in andere Staaten gebracht werden, dort ihre Asylverfahren durchlaufen und auch bei positivem Entscheid dort bleiben. Im Koalitionsvertrag stehen dazu nur zaghafte Sätze.

Genauso verwundert zeigt sich Weinbrenner darüber, dass nur ein Teil der Dublin-Abschiebungen beim Bund zusammengezogen werden sollen. Bisher sind die Länder zuständig. „Keine groß disruptive Veranstaltung“ sei der Koalitionsvertrag insgesamt, findet Weinbrenner. Überraschend freimütig benennt er auch, was der Preis sein dürfte, wenn Union und SPD wie angekündigt wieder direkt nach Afghanistan abschieben wollen: „Konsularische Vertretung ist das, was die Afghanen fordern“. Zwar keine offizielle Botschaft also, aber eben doch sehr viel Anerkennung für das brutale Regime der Taliban.

Koalitionsvertrag 2025

Am 9. April 2025 hat Schwarz-Rot die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen. Den Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU für die 21. Legislaturperiode finden Sie

„Wie kann die SPD das schlucken?“

Viele andere Ge­sprächs­teil­neh­me­r*in­nen sehen in dem Koalitionsvertrag dagegen durchaus eine ganz neue Qualität. Victoria Rietig, Leiterin des Migrationsprogramms bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik DGAP, spricht von „einigen Klöppern“ im Vertrag. Zwar habe die SPD „ihre Karten gut gespielt“ und etwa die Staatsbürgerschaftsreform von 2023 weitgehend verteidigt. Viele der Pläne in der Asylpolitik seien aber europarechtswidrig, die angekündigten Zurückweisungen an den deutschen Grenzen außerdem de facto das Ende des Schengen-Raums. Auch die Möglichkeit unbegrenzten Ausreisegewahrsams – „dauerhafte Haft“ – für ausländische Straftäter und Gefährder sei ein drastischer Schritt.

Migrationsrechts-Professorin Pauline Endres de Oliveira von der Humboldt-Uni Berlin (HU) sieht die Bundesregierung im „Gleichklang“ mit der restriktiven Politik von EU-Komission und vielen anderen EU-Staaten. „Aber das bedeutet nicht, dass sich die Bundesregierung auf Kooperationsbereitschaft verlassen kann“. Im Zweifel verteidige jeder die nationalen Interessen, insbesondere die Zurückweisungen dürfte das schwierig machen.

Bei diesen beharrt Endres de Oliveira ohnehin darauf, dass sie rechtwidrig sein dürften. „Schon Klagen gegen die Grenzkontrollen, die es bereits gibt, sind immer wieder erfolgreich.“ Und die sind schließlich die Grundbedingung für Zurückweisungen, die dann juristisch selbst noch weitaus heikler seien. Endres de Oliveira beklagt außerdem, dass der Plan, Ukrai­ne­r*in­nen nur noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu zahlen, deren Kinder von angemessener medizinischer Versorgung ausschließe.

Ehrlich erschüttert zeigt sich Christian Joppke, Soziologie-Professor an der Uni Bern. Seit einigen Jahren sei er nicht mehr in Deutschland gewesen, zuletzt, als noch Begriffe wie „Willkommenskultur“ in der Luft lagen. „Schockartig“ habe sich das gesellschaftliche Klima geändert, der Koalitionsvertrag atme den Geist der 90er Jahre. „Wie kann die SPD das schlucken?“

Raphael Bossong von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) deutet die Abschnitte zur Flüchtlingspolitik im Koalitionsvertrag als „Versuch der Befriedung“ des stark emotional aufgeladenen Themas in der Gesellschaft. Das sei vorerst „vielleicht gelungen“. Er sieht aber auch neue Kontroversen heraufziehen, wenn es um die konkrete Umsetzung gehe.

„Der letzte Versuch“?

Offen sei auch, wem die Bundesregierung sich in Europa anschließe: Wie bisher denen, die für eine halbwegs liberale Flüchtlingspolitik eintreten, oder doch der restriktiv-autoritären Allianz um die osteuropäischen Staaten. Auch die vage Ankündigung, die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) nicht nur umzusetzen, sondern weiterzuentwickeln, könne ein Einfallstor für drastische Verschärfungen sein, warnt Bossong: „Diese Schlacht wird zu schlagen sein.“

Hier steigt dann auch wieder Weinbrenner vom BMI ein und klingt plötzlich gar nicht mehr so entspannt: „GEAS ist der letzte Versuch, das individuelle Grundrecht auf Asyl zu erhalten.“ Scheitere die Umsetzung der letzten Reform, dürften immer mehr europäische Regierungen auf ganz andere Methoden setzen. Dann könnte der Schutz für Geflüchtete schnell wieder zu einem Privileg werden, das Staaten nach Gutdünken vergeben – oder vorenthalten. Es ist die Welt, die der abwesende BAMF-Chef Sommer sich wohl wünscht.

Noch einen Hinweis gibt Weinbrenner am Mittwochabend, der für viele wie eine Warnung klingen dürfte: „Ich weiß nicht, wie die Politik auf den nächsten Gewaltfall reagieren wird“. Einen wie den in Aschaffenburg im Januar etwa, nach dem Friedrich Merz plötzlich bereit war, mit der AfD zusammenzuarbeiten, um Zurückweisungen an der Grenze zu fordern. Sicher sei nur, so Weinbrenner: „Es wird einen nächsten Fall geben.“

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44 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Die Frage muss sich auch die SPD stellen, ob sie die arbeitende Bevölkerung als Wähler wiedergewinnen will. Das wird nur mit einer harten Asylpolitik gehen.



    Den Koalitionspartner sollte klar sein, das Europa die Antwort ist die Zuwanderung ins deutsche Sozialsystem zu unterbinden.

  • "Der nächste Streit um die Asylpolitik kommt bestimmt"



    Um die Asylpolitik? Der nächste Streit kommt bestimmt, immer wenn es um Geld, Soziales und "Einwandernde" geht. Lange geht es eh nicht gut.

  • Die SPD hat diese Politik sinngemäß doch schon in der Ampel vorangetrieben. Die "Erfolge" maßen sich in Faesers Grafik wie toll viele Menschen in Not abgeschoben werden konnten, oder gar nicht erst reingelassen wurden. Es wäre schön, wenn die SPD nicht nur de jure, sondern auch de facto, ein Menschenrecht auf Asyl anerkennen würde. Aber so ist es eben nicht. Asylrecht klar! Aber wir lassen halt keinen rein, so ist die Parole.

    Die anderen Punkte des Koalitionsvertrags sind auch kein Grund zum Feiern, aber so sieht's aus. Vielleicht schafft die SPD es, bis zur nächsten Wahl unter 10% zu kommen. Die CDU hat es ja schon geschafft, dass inzwischen Umfragen die AfD vor ihr sehen. Da können sie soviel AfD Politik machen (denn das genau ist ihre Antiasylpolitik) wie sie wollen. Die Leute wählen das Original.

    Wenn wir jetzt schon mit der CDU in der Patsche sitzen, wird es nach der nächsten Wahl grausam - wenn nicht irgendein Wunder geschieht.

  • Eines sollte den Verfechtern einer - mit Verweis auf die Wählerumfragen angeblich alternativlosen - maximal restriktiven Asyl- und Migrationspolitik klar sein: Es wird nie genug sein, sondern ablaufen wie im Märchen von Hase und Igel. Der AfD-Igel wird immer schon da sein, den CDSUSPD-Hasen mit einem vergnügten "Ick bün all hier!" begrüßen und ihn zu einer weiteren Asylverschärfungs-Runde auffordern. Bekanntermaßen ist der Hase am Ende tot.

    • @Klabauta:

      Ist das nicht mit allen politischen Forderungen so? Solange es Verbrechen gibt werden immer Menschen noch mehr Law and Order fordern, solange es Menschen in prekären Verhältnissen gibt werden Leute mehr Sozialhilfe fordern und so weiter. Sollte die Politik Aufgaben die ein nennenswerter Teil der Bevölkerung gar nicht mehr anpacken weil es immer Jemanden gibt der nicht zufrieden ist?

      • @Blechgesicht:

        Was Sie leider nicht berücksichtigen ist, dass Verringerung der Armut zu einem Rückgang der Verbrechen führen würde, also wären mehr Sozialhilfe und höhere Löhne im Dumpinglohnbereich zugleich ein wirksames Mittel zur Verbrechensbekämpfung.

        Resozialisierung statt härterer Strafen hilft übrigens besser gegen Kriminalität. Wer resozialisiert mit einer Perspektive entlassen wird, wird weniger schnell rückfällig als Menschen, die wegen kleiner Vergehen mit Schwerverbrechern eingeknastet und nach der Haft unvorbereitet wieder auf die Straße geschubst wird.

        Ist wie mit Umweltschutz, Prävention kostet etwas Geld, spart am Ende aber sehr viel Geld ein. Dass die "mündigen" Wählenden sich im Februar für den entgegengesetzen Weg entschieden haben (Probleme in die Zukunft verschieben und zu vergrößern, statt Parteien zu wählen, die Ideen erarbeiten, um Probleme möglichst zeitnah zu lösen), ist in meinen Augen nur durch massive rechtsextremistische Indoktrinierung in den sozialen Medien (sowie der Medienhetze, allen voran Springer und Nius) in Verbindung mit unreflektierter Dummheit zu erklären.

        • @Truhe:

          es ging mir nicht um die konkreten Forderungen sondern nur darum aufzuzeigen das es immer Leute gibt die mehr von etwas wollen und das, das kein Alleinstellungsmerkmal der AfD und ihrer Asylpolitik ist und das Politiker sich um das kümmern sollten was sie als wichtig ansehen egal ob irgendjemand noch mehr fordert.

      • @Blechgesicht:

        Die ein nennenswerter Teil der Bevölkerung als wichtig ansieht.

        • @Blechgesicht:

          Es ist ja nun nicht so, dass das Asylrecht seit den Neunzigerjahren nicht immer wieder "reformiert", sprich restriktiver ausgelegt wurde.



          Die Frage ist, wie lange man das durchsichtige Spiel der AfD nicht nur weiter mitspielen will, sondern durch Aussagen wie der von der "Migration als Mutter aller Probleme" (Seehofer) oder einem angeblichen "Notstand", in dem Deutschland sich durch die "unkontrollierte Zuwanderung" befinde, weiter befeuern will.

    • @Klabauta:

      Nur sind wir meilenwert von einer "maximal restriktiven Asyl- und Migrationspolitik" entfernt.



      Sicherlich gibt es etliche, denen es nicht restriktiv genug gehen kann, das mag sein. Der Großteil der Bevölkerung befürwortet nach meiner Wahrnehmung jedoch Zuwanderung. Nur soll diese eben geregelt ablaufen. Gleiches gilt hinsichtlich Asyl für Personen, die dieses auch wirklich benötigen.



      Die Annahme, der Großteil der Bevölkerung sei dafür, am liebsten alle Ausländer rauszuwerfen, entspricht nicht meiner Wahrnehmung.

      • @Katharina Reichenhall:

        Sehe ich auch so.

        Es geht darum vernünftige Wege, abseits von Extrempositionen zu finden. Darum, Lösungen zu finden, denen die demokratische Mehrheit folgen kann. Es wird ein Weg der Mitte sein.

      • @Katharina Reichenhall:

        Meiner Wahrnehmung entspricht das durchaus.

        Zurückweisungen an den Grenzen, Abschiebegefängnisse und -„Zentren“,, Abschiebungen nach Afghanistan oder Syrien, Stopp freiwilliger Aufnahmeprogramme und der Familienzusammenführung… Die Liste der Grausamkeiten ist lang, aber der AfD reicht das natürlich nicht und sie hetzt weiter, und ihre Zustimmungswerte steigen.

        Wie grausam darf‘s denn noch werden?

  • Mit anderen Worten: Die künftige Koalition opfert die vulnerabelsten Gruppen, Geflüchtete, Kinder armer Menschen, Arbeitslose.

    Die saturierte Mehrheit, die damit "befriedet" werden soll, hat noch nicht begriffen, dass sie gut "als nächstes" dran sein kann.

    • @Stavros:

      Manchmal fühle ich mich sehr allein mit meiner Meinung. Anscheinend nicht. Vielen Dank.

      • @Patricia Winter:

        Mir geht es oft genauso und deswegen: Vielen Dank zurück!

        Und ja, anscheinend nicht - vielleicht gibt es viel mehr, sie sind aber gerade nicht so laut.

  • Die Einwanderung in unser Sozialsystem wird durch diese Koalition wohl kaum gebremst. Steuer- und Abgabenerhöhungen werden nebst einer sich weiter verschlechternden Lage in unseren Schulen die unausweichliche Folge sein.

    • @Wellmann Juergen:

      "Die Einwanderung in unser Sozialsystem wird durch diese Koalition wohl kaum gebremst."



      Warum auch? Was haben Sie gegen zusätzliche Beitragszahler?

      • @Encantado:

        Bloß weil da ein + steht ist man noch lange nicht die Schweiz.

        • @FancyBeard:

          "Bloß weil da ein + steht ist man noch lange nicht die Schweiz."



          Plus? Schweiz?



          Erhellen Sie mich, ich verstehe überhaupt nicht, was Sie sagen wollen oder worauf Sie sich beziehen.

    • @Wellmann Juergen:

      Vielleicht gelingt es mir ja ihre Vorurteile durch Fakten zu widerlegen. Das der Bereich Migranten und Bildung vielschichtig ist, können sie dem Beitrag "Migrantenkinder im Bildungssystem" der Bundeszentrale für politische Bildung entnehmen. Einen wesentlichen Punkt des Beitrags nehme ich vorweg.

      Und zwar das eine Ursache ist, das die Kultur des Förderns, besonders im schichttypischen Bereich, in Deutschland erheblich unterentwickelt ist. In Ländern wie Kanada, Dänemark, Norwegen oder der Schweiz, die eine durchdachte Migrationspolitik mit einer darauf abgestimmten Integrationspolitik betreiben ist das schulische Leistungsdefizit gem. OECD Studie nicht einmal halb so groß wie hierzulande.

      Zu ihrer zweiten Aussage nur soviel, eine Studie des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von 2023 kommt zu dem Ergebnis, dass alle Menschen mit Migrationsgeschichte mehr in die Sozialsysteme einzahlen, als sie entnehmen. Das gilt auch für Flüchtlinge. 54 % der Asylsuchenden, die seit sechs Jahren in Deutschland leben sind erwerbstätig, überwiegend in Vollzeit. Details über den Mythos "Zuwanderung ist eine Gefahr für die Sozialsysteme" können sie dem gleichnamigen Beitrag entnehmen.

      • @Sam Spade:

        Wer hier eine Einwanderungspolitik à la Dänemark propagiert, darf nicht mit allzu viel Zustimmung rechnen. Das, was Dänemark unter sozialdemokratischer Regierung praktiziert, gilt hier als AfD-Politik. Da ignoriert man dann auch gerne, dass es den dänischen Sozialdemokraten auf diese Weise gelungen ist, die Dansk Folkeparti von einstmals 21,1 % (2015) auf 2,6 % (2022) herabzudimmen.

        • @Schalamow:

          Der Stimmenverlust der Folkeparti beruhte zum Großteil auf der Zersplitterung im rechten Lager und die damit einhergehenden Neugründungen von rechten Parteien.

          Das die dänischen Sozialdemokraten den Absturz der Folkeparti als Erfolg ihrer Politik verkauft haben gehört nunmal dazu. Trotz einer zunehmend restriktiveren Migrationspolitik ist es im großen und ganzen nicht gelungen das rechte Lager zu schwächen.

          Das zeigen schon die Ergebnisse der letzten Parlamentswahl, bei der die Rechtsaussenparteien Danmarksdemokraterne, Nye Borgerlige und Konservative Folkeparti zusammen über 15% der Stimmen geholt haben. Dazu können noch die Moderaten gezählt werden, die sich zwar als Mitte-Rechts Partei verorten mit ihren politischen Ansichten aber eindeutig nicht mehr dem bürgerlichen Lager zugeordnet werden können. Ihr Stimmenanteil bei der letzten Wahl betrug immerhin 9,3%.

          Das ergibt in der Summe über 24% für das rechte Lager und damit ist nicht rechts-konservativ gemeint.

          Eindämmung sieht anders aus.

      • @Sam Spade:

        Mal abgesehen davon dass 54% nach sechs Jahren kein Wert zum Angeben ist:

        Migrantische Beschäftigung heißt in erster Linie Dönerläden, Barbershops, Sportwettbüros, Lieferdienste etc.

        Zumeist (schein)selbstständige Beschäftigung - also eben keine Sozialversicherung. Das ist nicht nichts, aber es sind eben keine Ärzte, Pflegepersonal, Ingenieure, IT-ler - also die hochqualifizierten Jobs die wir wirklich bräuchten. Ein Mangel an Friseuren oder Dönerläden ist mir jedenfalls nicht in Erinnerung.

        Und zum gern gebrachten Argument dass migrantische Unternehmensgründungen Arbeitsplätze schaffen: Grundsätzlich richtig, aber wieviele ehemalige deutsche Arbeitslose haben Sie schon Döner verkaufen oder in arabischen Barbershops Haareschneiden gesehen?

        Wenn solche Läden mal nicht ethnisch homogen sind, fällt das schon auf.

        • @Chris McZott:

          Personal im Pflegeheim ist aber schon eine typische "migrantische Beschäftigung ". Oder waren Sie noch in einem Pflegeheim oder Krankenhaus zu Besuch?

          • @celcon52:

            Es ist ja trotzdem ein Mangel da - vor allem beim examinierten Personal.

        • @Chris McZott:

          Das es kein "Wert zum Angeben" ist, könnte auch daran liegen, dass ständig nur darüber diskutiert wird, wie man möglichst viele Menschen deportieren kann, statt etwas Geld in die Hand zu nehmen, die Integration zu fördern (dazu gehört übrigens auch der Familiennachzug) und den Geflüchteten die Arbeitsaufnahme zu erleichtern. Gute Ideen bringen uns voran, den narrativen der Neonazis hinterherzulaufen zerstört am Ende nur das, was von der Demokratie noch übrig ist.

          Wie oft muss ich noch darauf hinweisen, dass die Fluchtursachen bekämpft werden müssen und nicht die Geflüchteten, wenn man weniger Asylsuchende hier haben möchte.

          Ihren letzten Absatz verstehe ich nicht, sind Arbeitsplätze für Sie nur Arbeitsplätze, wenn diese von Deutschen besetzt werden? Ist es nicht vielmehr gut, wenn überhaupt Stellen geschaffen werden und sich z. B. durch einen Barbershop mehrere Menschen selbst finanzieren können und eben nicht mehr erwerbslos sind?

          • @Truhe:

            "... die Integration zu fördern (dazu gehört übrigens auch der Familiennachzug) ..."

            In Bezug auf Familiennachzug bin ich anderer Meinung. Ich habe den Eindruck, dass Geflüchtete sich hier in Deutschland dann verstärkt mit den (sozialen und religiösen) Regeln, Gesetzen, Bräuchen ihrer Herkunftsregion einrichten.



            Aus meiner Sicht ist es besser, wenn sich die jungen Geflüchteten um ihre Ausbildung/Studium kümmern und dann, wenn sie zumindest teilweise den Aufenthalt ihrer Familie finanzieren können, diese nachholen.

            Für geflüchtete LGBTQIA+-Menschen ebenso wie für geflüchtete Mädchen/Frauen kann der Familiennachzug sogar ungut enden, je besser sie sich hier integriert haben.

            "... und den Geflüchteten die Arbeitsaufnahme zu erleichtern. ..."

            Wenn ich es richtig weiß, dürfen Geflüchtete, die in einer Asylbewerberunterkunft leben, nach sechs Monaten erwerbstätig sein; leben sie außerhalb davon, nach drei Monaten. So schlecht finde ich das nicht, denn diese Menschen sollen ja auch erst einmal hier ankommen und sich einen ersten Eindruck verschaffen können, "uns" und das Land, ebenso die Sprache und Gebräuche ein wenig kennenlernen können.

            • @*Sabine*:

              Die gesetzlichen Regelungen einer Arbeitserlaubnis für Asylbewerber stehen in Art.61 AsylG. Grundsätzlich ist Asylbewerbern die in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen nach einer Verfahrensdauer von mehr als sechs Monaten eine Arbeitserlaubnis zu erteilen. Das Gesetz sieht aber Möglichkeiten der Einschränkung in bestimmten Fällen vor, wenn zum Beispiel der Antrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.

        • @Chris McZott:

          Das ist Klischeedenken hoch zehn. Und zu meinen, diese Ressentiments auch noch öffentlich weiterverbreiten zu müssen sagt einiges aus über die mentalen Zustände in diesem Land.

          Nur einmal so als Anmerkung, die deutsche Erwerbsquote liegt bei 55,8%. Unterscheidet sich also marginal von der von Migranten.

          Die Anzahl der Migranten an Fachkräften mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung beträgt 6,7 Millionen (Quelle Deutschlandfunk).

          Und was spricht gegen Dönerläden oder Friseure? Die zahlen Löhne und Steuern wie andere Unternehmen auch und tragen dadurch zur Wertschöpfung bei.

          Dann bitte doch auch einmal einen Blick auf einheimische Unternehmen werfen und vergleichen, wie diese ihre Arbeitsverträge gestalten. Von Reinigungskräften über Schlachthausmitarbeiter bis hin zu Saisonarbeitern werden sie dort sehr viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse finden. Demgegenüber dürften die Zustände in vielen Dönerbetrieben gold sein.

          • @Sam Spade:

            Lt. Statista liegt die Erwerbsquote in Deutschland bei 20-64 Jährigen bei 81,3 %!



            Deutschlandfunk:



            Die 6,7 Mio. Arbeitnehmer sind ausländische Arbeitnehmer "Im Gegensatz zu Asylbewerbern müssen Arbeitsmigranten im Regelfall ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren, um in Deutschland leben zu dürfen...Manchmal ist das Visum direkt an einen Arbeitsplatz gekoppelt. Wer dann seinen Job verliert, muss ausreisen."...

            "Ende 2023 rund 1,8 Millionen AusländerInnen arbeitsuchend gemeldet ."



            2024 Anteil der ausländischen Leistungsempfänger Bürgergeld in Deutschland durchschnittlich 47,9%.



            Die Studie zur Einzahlung in Sozialsysteme ist von 2014 und daher veraltet. 2015 Start große Zufluchtswelle!



            Deutschlandfunk:



            "Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Zugewanderte im Schnitt weniger verdienen als Deutsche und ein höheres Risiko haben, zeitweise arbeitslos zu sein. Dadurch erwerben sie im Schnitt geringere Rentenansprüche. Das kann dazu führen, dass ihre Rente später nicht ausreicht und sie Anspruch auf Wohngeld und Grundsicherung im Alltag haben. Das gilt vor allem für Geringqualifizierte, die im Niedriglohnsektor gearbeitet haben."

            Was verdient man denn so in einem Dönerladen?

        • @Chris McZott:

          "Migrantische Beschäftigung heißt in erster Linie Dönerläden, Barbershops, Sportwettbüros, Lieferdienste etc. (...) Ein Mangel an Friseuren oder Dönerläden ist mir jedenfalls nicht in Erinnerung."



          Hört sich nach einer Erfolgsgeschichte an. Das muss jetzt nur noch auf andere Geschäftsfelder übertragen werden.

      • @Sam Spade:

        Kanada, Norwegen, Dänemark und die Schweiz haben keine Zuwanderer aus den schlechtesten Bildungssystemen dieser Welt. Dort haben Migranten im Schnitt höhere Bildungsabschlüsse als die Einheimischen. Hätten wir die gleichen demographischen Daten an der Stelle hätten wir ebenfalls weniger Probleme. Überdachte Migrationspolitik heißt primär Auswahl vor der Einreise so wie in Kanada und Dänemark.

        • @Šarru-kīnu:

          Dänemark und Norwegen selektieren nicht bei der Migration. Das läuft nach dem gleichen Muster ab wie hierzulande. Die größte Gruppe in Norwegen stellen Syrer und Somalier.

          Norwegen und Dänemark legen in der Bildung jedoch sehr viel Wert auf soziale Inklusion. So gibt es z.B. die Gleichberechtigungskurse für Migranten. Hier werden die norwegischen Standards der Gleichstellung von Männern und Frauen vermittelt. Zudem ist das Schulsystem auf eine ganzheitliche Unterstützung von Migranten ausgelegt, bei dem auch die Eltern mit eingebunden werden.

          Das dänische System unterscheidet sich besonders durch die gemeinsame zehnjährige Grundschulzeit und die pädagogische Autonomie der Schulen, verfolgt aber ansonsten ähnliche Ansätze wie in Norwegen.

          Das ihre Argumentation in dieser Hinsicht nicht korrekt ist, beweist schon die Vergleichsstudie zu Pisa in der aufgezeigt wurde, dass der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Dänemark nur halb so groß ist wie in Deutschland.

          Und die Plätze an der Sonne beider Länder bei den Pisastudien zeigen, dass bei entsprechender Ausstattung der Institutionen Migrantenkinder nicht schlechter abschneiden als andere Schüler.

          • @Sam Spade:

            "Dänemark und Norwegen selektieren nicht bei der Migration. Das läuft nach dem gleichen Muster ab wie hierzulande. "



            Bezüglich Dänemark ist das schlicht falsch www.bpb.de/themen/...migrationspolitik/



            Ansonsten reden wir hier über völlig unterschiedliche Ausgangssituationen:



            Dänemark hatte im Dezember 2024 sage und schreibe 155 Asylbewerber de.statista.com/st...rber-in-daenemark/



            Bei Norwegen waren es im Februar 2025 stolze 290 de.statista.com/st...erber-in-norwegen/



            Selbst wenn Sie das auf die jeweilige Bevölkerungszahl umrechnen, ist die Diskrepanz zu Deutschland ganz offensichtlich.

            • @Schalamow:

              "Bezüglich Dänemark ist das schlicht falsch"

              In Dänemark kann jeder Asylbewerber einen Antrag bei der Grenzpolizei, den örtlichen Polizeistellen, am Flughafen oder im Aufnahmezentrum stellen. Da wird nichts vorab selektiert.

              Der Rest ist eine andere Geschichte und zwar vor dem Hintergrund der Asylpolitik Dänemarks. Das wird in dem von ihnen verlinkten Text ja auch ausführlich dargestellt, hat nur nichts mit Selektion in Form einer Vorauswahl zu tun, wie Kanada oder Australien sie betreiben.

              Das die Ausgangssituation in den beiden Ländern eine andere ist als in Deutschland ist unbestreitbar.

              Norwegen ist nicht in der EU und Dänemark ist, mit einigen Ausnahmen, nicht an die EU Asylvereinbarungen gebunden.

              Auf dieser Grundlage lässt sich natürlich eine den nationalen Verhältnissen angepasste Asylpolitik betreiben.

              Beginnt ja schon mit der Einstufung der sicheren Herkunftsländer. Ein Bewohner aus den Maghreb Staaten hat in Norwegen z. B. kaum eine Chance Asyl zu erhalten. Und da dieses auch in den jeweiligen Ländern selbst bekannt ist, versucht man es gar nicht erst. Das ist das Prinzip Abschreckung, was besonders Dänemark intensiv, besser gesagt überzogen betreibt.

          • @Sam Spade:

            Die obligatorische norwegischen Integrationskurse für Flüchtlinge sind tatsächlich eine gute Sache. Den Asylsuchenden wird da nachdrücklich klar gemacht, welche Werte zu akzeptieren sind, wie sie schon gesagt haben. Ansonsten sind in Norwegen die größten Migrantengruppen allerdings aus Polen und Litauen, gefolgt von Pakistanis, die in den 70er Jahren angeworben wurden. Die "Problemklientel" stammt hingegen aus Somalia, Irak, Syrien, das sind aber jeweils etwa soviele wie deutsche Migranten (die ansonsten unauffällig sind). Bemerkenswert ist aber, daß die eingangs geschilderte strenge Integration insbesondere bei jungen Afghanen sehr gut funktioniert. Außerdem werden generell Frauen stark ermächtigt, was auch uneingeschränkt positiv wirkt.

            • @Egil:

              Auf Zuwanderung aus der EU wollte ich mich eigentlich in meinem Kommentar nicht beziehen. Aber bitteschön, dann aber auch die lieben Schweden erwähnen. Besonders bei uns hoch im Norden sehr häufig anzutreffen.

      • @Sam Spade:

        Aus Platzmangel folgen die Links zu meinem Kommentar separat.

        Bundeszentrale für politische Bildung "Migrantenkinder im Bildungssystem" www.bpb.de/shop/ze...elt-benachteiligt/

        Kompetenz Netzwerk "Mythos: Zuwanderung ist eine Gefahr für den Sozialstaat". Beitrag enthält auch Link zu der erwähnten Studie

        www.kn-zusammenleb...er-den-sozialstaat

        • @Sam Spade:

          Wunderbar, da haben Sie Herrn Wellmann aber die Recherchearbeit abgenommen ;-)

          • @Stavros:

            Ich verbuche das unter Aufklärung, in der vagen Hoffnung Vorurteile abbauen zu können.

            • @Sam Spade:

              Ich bedanke mich mal recht herzlich bei Ihnen. In diesem Fall brauch ich die Studien zwar nicht lesen, da unser Kenntnisstand ähnlich ist, aber gerade bei Artikeln oder Kommentaren wo ich stutzig bin, freut mich das immer.



              Leider muss ich aber hinzufügen, dass ich häufig die Vermutung habe, die Studie wurden nicht kritisch gelesen und im manchen Fällen anscheinend noch nicht mal die Mühe gemacht das Fazit der Forscher zu lesen.

              Da geistern dann Studien als Beweis durch den Raum, werden verbreitet und ein Weltbild drauf aufgebaut und im Fazit steht, da hatten wir methodische Schwächen und man müsste es untersuchen, ob sich die Tendenz wirklich belegen lässt.

              Manche sind aber aus meiner subjektiven Sicht gut und haben auch schon mein Denken, dank Menschen wie Ihnen geändert.

              Deswegen danke, es ist ein Aufwand die Studien zu suchen, zu lesen und dann noch zu verlinken.

    • @Wellmann Juergen:

      Kennen Sie die Statistiken über migrantische Beschäftigung? Einfach mal googlen ;-)

    • @Wellmann Juergen:

      Leider wird die "Einwanderung in unser Sozialsystem" gebremst. Da bräuchten wir nämlich Einwanderung, es fehlt an Menschen, die arbeiten und dort einzahlen. Und das könnte Migration bewirken - wenn man die Menschen nicht durch Unmenschlichkeit abschrecken würde.