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Proteste beim Eurovision Song ContestVolksabstimmung pro Israel

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Die Anti-Israel-Proteste sind nicht mehrheitsfähig. Das zeigt die überwältigende Unterstützung für die Israelin Eden Golan beim ESC-Televoting.

Die Dämonisierung Israels durch Protestierende spiegelt nicht die Mehrheitsmeinung wider Foto: Reuters

D er 68. Eurovision Song Contest (ESC) brachte ein auch in politischer Hinsicht staunenswertes Resultat. Bei den Jurys, also den professionellen Abstimmungsgruppen, wurde das israelische Lied von Eden Golan ins Mittelfeld verwiesen. Bei den eurovisionären Volksabstimmungen jedoch kam die Israelin auf so viele Höchstwertungen wie kein anderer Song – auch aus Ländern, in denen seit dem 7. Oktober 2023 propalästinensisch agiert wird. Eden Golan wurde hervorragende Fünfte.

Das sind wichtige Hinweise, dass es um die Mainstreamigkeit der hamasgewogenen Proteste an Unis und im Kulturbetrieb nicht weit bestellt ist. Offenbar sind weite Teile des europäischen Publikums (und Anrainerstaaten) nicht bereit, Israel zu dämonisieren. Vielmehr reagiert das televotende Publikum – in seiner Anzahl kaum weniger gewichtig als die Schar der EU-Parlamentswählenden am 9. Juni – empfindlich auf menschenverachtende Attacken gegen eine Sängerin aus Israel.

Notiert werden muss auch, dass es eine starke Gruppe unter den ESC-Künstlerinnen* gab, die mit zur Verteufelung der Israelin beigetragen hat. Eine Irin zählte dazu, eine Griechin, ein Niederländer, ein Franzose und ein* Schweizer.

Sie berufen sich auf ihre Empfindsamkeit, scheuen vor offenem Diss gegen ihre Künstlerkollegin aber nicht zurück und sind doch kaum mehr als ästhetisch-egozentrischer Mob. Die Pfiffe verletzten die Gebote von Fairness, Respekt und Menschenfreundlichkeit. Es waren moralisch dreckige Kommentare per Pfeifattacken.

Einzige Forderung: Ausgrenzung

Alles in allem: Nie war der ESC aufgeheizter als dieses Jahr. Die Demonstrantinnen* für den Ausschluss Israels in Malmö gaben ihren Überzeugungen Ausdruck. Gut so, in einem liberalen Gefüge muss das möglich sein. Die Polizei hat zugleich umsichtig dafür gesorgt, dass militante Trupps die ESC-Arena nicht stürmen konnten.

Der Wiener Schriftsteller Doron Rabinovici bemerkte während der ESC-Übertragung auf X/Twitter, es sei zum Verzweifeln, dass die Protestierenden nur Ausgrenzung zu fordern wüssten. Warum würde kein hamasloses Palästina gefordert, mit einem öffentlich-rechtlichen Sender, der selbst am ESC teilnimmt – ganz ohne Hass, einfach darauf setzend, mit guter Musik um Sympathien zu werben? Das ist eine gute und wichtige Frage.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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42 Kommentare

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  • Eigentlich war es schön zu sehen, dass die jahrelangen Nachbarstaaten-Abstimmungen aus der Mode gekommen sind. Dass dann aber Israel und Ukraine aus Gründen, die nichts mit den jeweiligen wenig überzeugenden Stücken zu tun hatten, so viele Publikumsstimmen bekamen, war wieder ein Rückfall in diese leidige Tradition.

    Mag ja sein, dass viele das Bedürfnis haben, ihre Unterstützung für die jeweiligen Länder auszudrücken. Nur hat das genau gar nichts damit zu tun, was von den jeweiligen Künstlern auf dem ESC geboten wird, sie sind dann nur Aufhänger, und ihre ganze Arbeit, ihr Auftritt, ihre Musik unwichtig und austauschbar. Das ist ein Missbrauch des ganzen Events. Gut, dass es nicht geklappt hat, und mit Nemo jemand gewonnen hat, der wirklich was zu bieten hatte.

    Konsequenterweise könnte man sich die ganzen Auftritte sparen und direkt über die beteiligten Länder abstimmen lassen. Wäre auch kürzer dann.

  • Kurze Frage (mit etwas Whataboutism): Dass Aserbaidschan jüngst tausende von armenischen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben hat, hat wohl niemanden gestört? Ich zumindest hab beim aserbaidschanischen Beitrag im Halbfinale keine Pfiffe gehört.



    Es ist einfach nur beschämend, dass sich einige der Teilnehmenden nicht zu schade waren, gegen Eden Golan zu stänkern. Vor allem in der LBGTQ+-Gemeinde sollte man sich daran erinnern, dass am 7. Oktober auf dem Rave-Festival (Musik!) bestimmt auch eine große Zahl queerer Menschen ermordet wurde.

  • Mich hätten normalerweise keine zehn Pferde dazu gebracht, bei dieser musikalisch unendlich peinlichen Veranstaltung in irgendeiner Form mitzumachen. Aber es war eine Möglichkeit, ein Zeichen gegen den antisemitischen Mob zu setzen.

  • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin

    Es ist ein wichtiges, ja wertvolles Zeichen der Solidarität mit Israel und mit jüdischen Menschen überhaupt.

    Der von der Hamas am 7. Oktober 2023 verübte Terrorangriff beinhaltet den tödlichsten Massenmordanschlag gegen das Judentum seit der Shoah. Anstatt Empathie zu erfahren, wurden Juden fast weltweit zum Freiwild erklärt. Sie durften kaum trauern, geschweige denn ihre gerechtfertigte Wut gehörig zum Ausdruck bringen. Linksradikale gemahnen mit erhobenem Zeigefinger, es sei unfair, die Bevölkerung Gazas mit der Hamas gleichzusetzen. Aber sie nehmen Juden überall, wegen jeglicher vermeintlichen oder tatsächlichen Handlung des Staates Israels, bedenkenlos in Sippenhaft.







    Pro-palästinensische Protestierende begehen Hausfriedensbruch, um Israel die „illegale Besetzung“ vorzuwerfen und Juden von den Hörsälen fernzuhalten. Kulturell aneignende White Saviors gewanden sich in Kufiyas und machen Jagd auf Kippah-Träger. Die „Bürgerrechtsbewegung“ Black Lives Matter feiert die Hamas-Paragliders, von denen friedlich tanzenden Zivilisten überfallen wurden. Die Woke-Community entdeckt ihre Liebe zu einer rechtsextremen islamistischen Terrororganisation, die von Frauen- und LQBTQ-Rechten nachweislich wenig hält. Und auf dem ESC, einem der bedeutendsten europäischen Musikfestivals – nach Sanremo – wurde den Opfern des Rave-Fest-Massakers nicht gebührend gedacht.

    Gerade in Anbetracht solcher menschenverachtenden Widrigkeiten, denen Juden seit den letzten sieben Monaten besonders wieder ausgesetzt sind, macht es ein wenig Hoffnung, dass Menschen auch ausgerechnet aus Deutschland dem Antisemitismus trotzen. Nicht der Zionismus, sondern der Zeitgeist ist gefährlich. Möge diese Geste Schule machen.

    עם ישראל חי

    • @Michaela Dudley:

      White Saviors von mir aus. Aber kulturell Aneignung,weil sie Symbole der Palästinenser unterstützen? Bisschen übertrieben, da die Protestierenden nur so ihre Solidarität ausdrücken können.Und wenn PoC,die keine Palästinenser sind,sich palästinensische Flaggen hüllen,ist das dann auch kulturelle Aneignung???Der sogenannte Zionismus kann auch gefährlich sein und nein,ich ich würde nicht an pro-Palastina Protesten teilnehmen, schon allein weil sich da zu viele Hamas-Anhänger und Salafisten tummeln. Israel hat Zehntausende im Gazastreifen getötet. Das ist nicht in Ordnung. Aber Ausbuhen einer Sängerin geht gar nicht und natürlich stehen nicht alle Juden in der Welt für Netanjahus Politik oder für die Politik Israels. Antisemitismus ist falsch,Israel hingegen darf man kritisieren.

    • @Michaela Dudley:

      Ich kann mich dem, was Michael Dudley sagt, nur anschließen.

    • @Michaela Dudley:

      Danke, bin völlig bei Ihnen!

    • @Michaela Dudley:

      Vielen Dank für diesen Kommentar und auch für den Artikel. Zwei Stimmen sowohl der Empathie als auch der Vernunft in einer Welt, in der der Irrsinn immer mehr zunimmt.

    • @Michaela Dudley:

      Juden und alle Menschen schützen. Ja.

      Den Unterschied zwischen jeweils Jude, Israeli und Netanyahu-Regierung verstehen: eigentlich auch nicht schwer.

    • @Michaela Dudley:

      Danke für Ihren Kommentar , endlich eine Stimme mit Empathie für Juden !

  • Mich erinnert das an ein politisches Seminar von Verdi in Mosbach, einer Kreisstadt in der Nähe von Heilbronn, das den Titel hatte „Die Linke und Israel“ und wo wir Mitte der Woche in Zweiergruppen durch die Innenstadt gehen sollten, um wahllos Bürger anzusprechen, um sie mit der Frage zu konfrontieren, wie sie zu Israel stünden.



    Wir hatten alle ziemlichen Bammel vor der Umfrage, dachten, „Konservative Stadt in Süddeutschland und eine solches Thema“. Aber weit gefehlt. Es gab im Schnitt nicht mehr als 10% der Bevölkerung, die gereizt und kritisch mit dem Thema umgingen. Die allermeisten Bürger betonten ihre Solidarität mit Israel, was absolut ehrlich und nicht aufgesetzt wirkte. Es gab ältere Bürger, die sich noch schmerzhaft an jüdische Freunde ihrer Kindheit erinnerten, die verschleppt wurden und plötzlich nicht mehr da waren.

    • @Ernst Jandl:

      Zufällig schnappte ich auf, dass Öhringen auf der anderen Seite des Neckars sehr intensiv mit seiner Vergangenheit umgeht, jüdische Zeitzeugen einlädt, ...



      Und doch kein Problem hat, die jahrzehntelange Besatzung durch Israel eben auch als völkerrechtswidrig zu benennen.



      Auch wenn Netanyahu das gerne hätte (wie manche Faschos auch), ist Israel nicht das Judentum und auch nicht umgekehrt.

  • Ich wusste gar nicht, dass beim ESC über die israelische Politik abgestimmt wird.



    Ich dachte da geht es um Musik.



    Ich finde es gut, dass sie teilnehmen konnte und ein gutes Ergebnis erzielt hat.



    Dass die Künstlerin der israelischen Regierung nahesteht und für diese angetreten ist, ist mir neu.

    • @TeeTS:

      Genau das ist dass Problem die „Demonstranten“ sind anti Israel und wollten eine unabhängige Künstlerin boykottieren. Ihr Verbrechen: Sie ist Israelin.

      • @Abraham Abrahamovic:

        Ja das ist Blödsinn. Genauso Blödsinn ist es jetzt aber ihr gutes Ergebnis als Triumph oder Unterstützung für die israelische Regierung darzustellen.

  • Volksabstimmung verstehe ich anders.



    Das Televoting ist ein Mehrwertdienst von Dienstleistern der Telekommunikation.



    Mit einer freien und gleichen (Wahl-)Abstimmung hat das eher wenig bis nichts zu tun.



    Für die Stimmabgabe müssten pro Anruf einer Telefonnummer aus dem Deutschen Netz mindestens 0,14€ oder einer SMS 0,20€ bezahlen. Pro Gerät sollen bis zu zwanzig Stimmabgaben möglich gewesen sein. Zitat Eurovision.de: "Das Abstimmen von einem Gerät ist bis zu 20-mal möglich."

    Das Esc-Voting mit einer Volksabstimmung gleichzusetzen dürfte zweifelhaft sein.

    • @Mr.Henry:

      Es ist nicht weniger repräsentativ als eine Demo (wo sich ja auch nur äußert, wem es entsprechend wichtig ist). Aber es nehmen deutlich mehr Leute teil.

    • @Mr.Henry:

      Aber ein Stimmungsbild ist es, gell?



      Nicht repräsentativ, erwartet auch niemand.

  • Ist natürlich subjektiv, aber ich fand Israel von den Fachjurys stark unterbewertet und die Schweiz leicht überbewertet. Habe nichts anderes erwartet von Mitgliedern des Kulturbetriebs

  • Warum gleich eine Abstimmung pro Israel und nicht einfach ein Voting für eine gute und couragierte Sängerin?

    Da interpretiert der gute Autor in seinem Artikel aber einiges in das Ergebnis mit hinein.

    • @Sam Spade:

      Nun, der Sprung sowohl bei der Ukraine wie auch bei Israel war doch wohl statistisch außergewöhnlich.

      Ich würde sagen, die Interpretation des Autors entspricht auch meinem ersten Gedanken, nachdem ich die Zahlen hörte.

    • @Sam Spade:

      Das ist vielleicht ein Problem eines Wettbewerbs, der Nationenvertreter unter Flagge gegeneinander antreten lässt.



      Die Kunst ist von vornherein verdorben, und eigentlich sollte es überraschen oder zumindest traurig stimmen, dass sich jedes Jahr wieder "Künstler" finden, die sich einer Logik von Nationalstaaten unterwerfen, um damit die Menschheit pseudozuvereinen - oder zumindest die europäische Menschheit.

      • @Christian Clauser:

        Ein Wettbewerb — so wie Fußball?

  • Man muss ja niemanden "dämonisieren", der vielleicht einfach nur Kunst machen will. Wenn er aber die Flagge eines Staates benutzt, dessen Handeln indiskutabel ist, muss er sich rechtfertigen. Genauso wie ich von jedem offen als Palästinenser auftretenden Palästinenser verlange, sich von der Hamas zu distanzieren, wie ich von jedem offen als Deutscher auftretenden Deutschen verlange, sich von einem Großteil der deutschen Politik zu distanzieren, verlange ich auch von jedem offen als Israeli auftretendem Israeli, sich vom Handeln zumindest der derzeitigen israelischen Regierung zu distanzieren. Sonst darf ich Kritik an diesen Auftritten äußern, natürlich möglichst konstruktiv und angemessen - und ja, auch ich muss Kritik hinnehmen, darf mich vehement dagegen wehren, aber muss sie im Rahmen der Meinungsfreiheit zulassen und darf dann versuchen, sie differenziert argumentativ auseinandernehmen.

    Wenn mir jemand mit nem Nike-Shirt entgegenkommt, habe ich wohl das Recht, ihn auf die Verfehlungen des Konzerns hinzuweisen, für den er da wirbt

    So ist das mit der Meinungsfreiheit. Das nennt man dann wohl so etwas wie einen "Diskurs". Solch ein Diskurs gebietet wie gesagt, dass sich alle Teilnehmer konstruktiv, wertschätzend, differenziert mit dem Thema und dem Gegenüber auseinandersetzen. Es verbietet sich aber, Meinungsäußerungen, und sei es auch ein unangemessenes Buhen, zu zensieren. Ist das peinlich! Wir sind doch hier nicht im Iran oder in Russland ...



    Das korrekte Vorgehen wäre, das Buhen zu hinterfragen und zu kritisieren und die dahintersteckenden Gefühle und Meinungen zu betrachten. Und man stelle sich vor: das Buhen kann ein falscher Weg sein, ein angemessenes Gefühl oder eine zulässige Meinung auszudrücken.

    Demokratie ist gerecht, haben sie gesagt. Meinungsfreiheit ist Menschenrecht, haben sie gesagt. Hätte man uns doch nur gesagt, dass jeder Teilnehmer Anstrengungen auf sich nehmen muss, um die freiheitlich-demokratische Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Skandal.

    • @Christian Clauser:

      Warum bin ich verpflichtet mich als Künstlerin von der Politik meines Landes zu distanzieren? Zumal es ha sogar sein kann,dass Eden Golan dahinter steht.Alle hatten ihre Flaggen dabei.Von welcher deutschen Politik genau sollen wir Deutschen uns distanzieren?Können Sie da konkreter werden?

    • @Christian Clauser:

      "...wie ich von jedem offen als Deutscher auftretenden Deutschen verlange, sich von einem Großteil der deutschen Politik zu distanzieren,..." Wieso sollte sich ein als "Deutscher" auftretender Deutscher sich von irgendetwas aus seiner Regierung distanzieren? Haben Sie über Ihr "Verlangen" nachgedacht?

      • @Klaus Kuckuck:

        Als Deutscher aufzutreten, ist ein Interesse. Niemand muss das tun. Und wer handelt, muss sich hinterfragen lassen und rechtfertigen können.

    • @Christian Clauser:

      „Es ist toll zu sehen, dass es hier so viele Menschen gibt, die sich für Palästina einsetzen, auch wenn es unter schrecklichen Umständen geschieht", sagt Eden Golan zu den Protesten. Das klingt nicht nach jemanden, der die Politik der gegenwärtigen israelischen Regierung bedingungslos unterstützt.

      • @mlevi:

        Diese Aussage kannte ich auch nicht.

      • @mlevi:

        Mir fällt noch ein: "Störungen haben Vorrang."



        Vielleicht ist auf dem aktuellen Diskussionsstand kein Gesang möglich, sondern man müsste erstmal über die Sache reden. Ob das sein muss? ... der Bedarf ist halt da :)



        Wenn die Organisatoren das nicht zulassen, muss man auch nicht teilnehmen.

      • @mlevi:

        Diese Aussage kannte ich nicht, und sie ist im Ansatz schonmal erfrischend differenziert. Wie gesagt, ich sage nicht, dass es grundsätzlich richtig ist, sie auszubuhen. Es ist aber auch nicht grundsätzlich richtig, an einem Nationenwettbewerb teilzunehmen - wer das tut, muss Meinungen aushalten.

        Und um nochmal zu betonen, dass das für alle gilt: Ich bin froh, dass Menschen gegen Unrechtsstaaten protestieren. Ob die jetzt Deutschland oder Russland oder Israel heißen oder die nichtstaatliche Hamas. Und ja, dass kann man anders nennen, aber manchmal ist Provokation ein Werkzeug, um etwas zu hinterfragen.

        Ich freue mich also, wenn Menschen gegen die Gewalt der israelischen Regierung protestieren. Ich würde mir aber wünschen, dass öfter unterschieden würde zwischen Regierung und Einwohnern (solange sich diese von der Regierung distanzieren!) und zweitens "Pro Palästina" auch heißen würde: kompromisslos "Anti Hamas" und gegen die Gewalt auf allen Seiten, ohne sie gegeneinander abzuwiegen und Leidtragende gegeneinander auszuspielen.

        • @Christian Clauser:

          Ich konnte mit dem Begriff der Nation früher gar nix anfangen. Mit "Nationenwettbewerben" (Stichwort Fußball-WM) auch nicht. Bin da heute etwas nachsichtiger, weil ich glaube gelernt zu haben, dass "Nation" - ob es mir gefällt oder nicht - ein identifikationsstiftender Faktor ist. Noch mehr in Krisenzeiten (Was eine Distanzierung von der Regierung/der Nation schwierig macht. Regierungen nutzen genau das aus und halten einen Konflikt gerne am Kochen, statt ihn zu lösen - ich denke Nethanjau ist da ein prima Beispiel, Hamas auch)



          Ich kann mich nicht freuen, wenn Menschen gegen die Gewalt der israelischen Regierung protestieren, ohne !! dass sie kompromisslos "Anti Hamas" sind und das auch zeigen. Ich kann es verstehen (siehe oben: Krise. Nation. Identität), aber ich freue mich nicht und würde mich in diese Proteste auch nicht einreihen...



          Wo ich dann meine Wut, meinen Ärger meine Verzweiflung gegen die israelische Politik lassen los? Ich weiß es schlicht nicht!

      • @mlevi:

        „Es ist toll zu sehen, dass es hier so viele Menschen gibt, die sich für Palästina einsetzen, auch wenn es unter schrecklichen Umständen geschieht."

        Stimmt. Der Respekt, den Eden Golan der Menschenrechtsbewegung entgegen bringt, den verdient sie auch selber. Es zeigt ihre eigene Menschlichkeit.

        Danke Eden Golan und Glückwunsch zu deinem sehr guten Auftritt und den 5. Platz auf dem ESC 2024!

    • @Christian Clauser:

      Das ist das Problem mit den Mitmenschen. Jeder hat eine individuelle Erwartungshaltung.

      Wenn ein Künstler*in/Sportler*in bei einem Wettbewerb für ihr Land antritt impliziert das nicht, dass er/sie Stellung zu tagespolitischen Ereignissen tätigen muß.

      Es klingt auch etwas anmaßend von anderen zu fordern sich von gewissen Distanzen oder Ereignissen zu distanzieren um nicht ausgeschlossen oder kritisiert zu werden. Wenn ich etwas unter Vorbehalt stelle und anfangs gleich Forderungen erhebe, handle ich aus einer sehr überhöhten moralischen Position heraus und erhebe meist Ansprüche gegen mein Gegenüber, die ich selbst nicht durchweg erfüllen kann.

      Eine Nummer kleiner tut es auch!

      • @Sam Spade:

        Es ist gar nicht so groß. Ich nutze zum Beispiel gerade einen Rucksack von Puma, um nah am Beispiel des Werbe-Shirts zu bleiben.

        Wenn mir jetzt jemand sagt, dass das kacke ist und ich es debranden sollte, bin ich ja wohl in der Pflicht, ihm zu erklären, warum ich es nicht tue oder zumindest dass ich seine Meinung gut verstehe, derzeit aber zu faul bin. Und dann lassen wir uns gegenseitig wieder Menschen sein, versuchen unser Verhalten hier und da zu verbessern, und treffen uns vielleicht sogar irgendwann ohne Wut und Werbung wieder.

        • @Christian Clauser:

          > bin ich ja wohl in der Pflicht

          Nein. So sehr ich viele große Marken ablehne: diese Erwartung finde ich überzogen.

    • @Christian Clauser:

      Na solange sie Nike-Shirt Träger nicht von allem möglichen ausschließen

      • @Paul Anther:

        Es gibt grundsätzlich bessere Möglichkeiten als Exklusion.

        Ich habe schon einige bessere Menschen als mich getroffen - und jeder ist ja besser oder schlechter als irgendwer in irgendwas. Es geht nicht nur um Perfektion, sondern auch um den Anspruch, selbst wenn sie nicht zu erreichen ist.

        Wenn also irgendwann jemand mehr darf als ich, weil er ein besserer Mensch ist, bitte gerne. Es stünde mir frei, mir an ihm ein Beispiel zu nehmen.

        • @Christian Clauser:

          Wenn mir jemand entgegenkommt und sagt „das was du trägst ist Mist“, sage ich ihm wahrscheinlich erstmal: deine Aussage ist übergriffig.

  • "Die Dämonisierung Israels durch Protestierende spiegelt nicht die Mehrheitsmeinung wider".

    Das möchte ich ergänzen mit "... durch Protestierende und Medien ...". Ich habe den Eindruck, dass die jüdische/Israel-Seite in den von mir konsumierten Medien erheblich schlechter wegkommt, als die Gaza-Hamas-palästinensische Seite. Wie das in Fernsehsendungen/Nachrichten/ÖRR ist, weiß ich nicht, da ich nicht fernsehe.

    • @*Sabine*:

      Den Eindruck habe ich in taz/Spiegel/Zeit (um die drei wichtigsten deutschen Medien zu nennen ;-) ) eigentlich nicht.

      Die Hamas kommt nur deutlich seltener vor, weil sie in der Bewertung deutlich weniger komplex ist.

      Außerdem gibt es wohl generell deutlich weniger gesicherte Informationen aus der Hamas als Organisation. Es gibt auch keine palästinensische Opposition, die in Rafah demonstriert.



      Über die Hamas gibt es daher schlichtweg weniger Neues zu schreiben.

      Auch die möglicherweise zu kritisierenden Missetaten der Hamas sind (vermutlich) deutlich schlechter dokumentiert. Unabhängig davon hat Israel momentan mehr aktive Entscheidungsmöglichkeiten als die Hamas. Von daher gibt an Irael alleine mengenmäßig mehr zu kritisieren.

    • @*Sabine*:

      Es gibt in der Tat teilweise auch subtiles, möglicherweise auch unbeabsichtigtes Framing. Der Standard und Der Spiegel bspw. titelten „Greta Thunberg bei propalästinensischen Protesten festgenommen.“ Kann man so schreiben. Der Protest war aber eindeutig GEGEN die Teilnahme ISRAELS gerichtet. Richtiger wäre gewesen „Greta Thunberg bei antiisraelischen Protesten festgenommen“.

      Unabhängig von diesen Protesten: Ob eine pro-Hamas-Demo propalästinensisch im Sinne von „einer besseren Situation für alle Palästinenser zugewandt/förderlich“ ist, ist sehr fraglich. Wird aber regelhaft so bezeichnet.