Proteste beim Eurovision Song Contest: Volksabstimmung pro Israel
Die Anti-Israel-Proteste sind nicht mehrheitsfähig. Das zeigt die überwältigende Unterstützung für die Israelin Eden Golan beim ESC-Televoting.
D er 68. Eurovision Song Contest (ESC) brachte ein auch in politischer Hinsicht staunenswertes Resultat. Bei den Jurys, also den professionellen Abstimmungsgruppen, wurde das israelische Lied von Eden Golan ins Mittelfeld verwiesen. Bei den eurovisionären Volksabstimmungen jedoch kam die Israelin auf so viele Höchstwertungen wie kein anderer Song – auch aus Ländern, in denen seit dem 7. Oktober 2023 propalästinensisch agiert wird. Eden Golan wurde hervorragende Fünfte.
Das sind wichtige Hinweise, dass es um die Mainstreamigkeit der hamasgewogenen Proteste an Unis und im Kulturbetrieb nicht weit bestellt ist. Offenbar sind weite Teile des europäischen Publikums (und Anrainerstaaten) nicht bereit, Israel zu dämonisieren. Vielmehr reagiert das televotende Publikum – in seiner Anzahl kaum weniger gewichtig als die Schar der EU-Parlamentswählenden am 9. Juni – empfindlich auf menschenverachtende Attacken gegen eine Sängerin aus Israel.
Notiert werden muss auch, dass es eine starke Gruppe unter den ESC-Künstlerinnen* gab, die mit zur Verteufelung der Israelin beigetragen hat. Eine Irin zählte dazu, eine Griechin, ein Niederländer, ein Franzose und ein* Schweizer.
Sie berufen sich auf ihre Empfindsamkeit, scheuen vor offenem Diss gegen ihre Künstlerkollegin aber nicht zurück und sind doch kaum mehr als ästhetisch-egozentrischer Mob. Die Pfiffe verletzten die Gebote von Fairness, Respekt und Menschenfreundlichkeit. Es waren moralisch dreckige Kommentare per Pfeifattacken.
Einzige Forderung: Ausgrenzung
Alles in allem: Nie war der ESC aufgeheizter als dieses Jahr. Die Demonstrantinnen* für den Ausschluss Israels in Malmö gaben ihren Überzeugungen Ausdruck. Gut so, in einem liberalen Gefüge muss das möglich sein. Die Polizei hat zugleich umsichtig dafür gesorgt, dass militante Trupps die ESC-Arena nicht stürmen konnten.
Der Wiener Schriftsteller Doron Rabinovici bemerkte während der ESC-Übertragung auf X/Twitter, es sei zum Verzweifeln, dass die Protestierenden nur Ausgrenzung zu fordern wüssten. Warum würde kein hamasloses Palästina gefordert, mit einem öffentlich-rechtlichen Sender, der selbst am ESC teilnimmt – ganz ohne Hass, einfach darauf setzend, mit guter Musik um Sympathien zu werben? Das ist eine gute und wichtige Frage.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Geopolitik der US-Wahlen
Am Ende der alten Welt
US-Präsidentschaftswahlen
Warum wählen sie Trump?
Krieg im Libanon
Netanjahu erhöht den Einsatz