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Mehrwertsteuer auf TierprodukteFleisch soll teurer werden

Die Zukunftskommission Landwirtschaft rät, die Mehrwertsteuer auf tierische Lebensmittel zu erhöhen. Das soll eine bessere Viehhaltung finanzieren.

Bald mehr wert durch Steuererhöhung? Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin taz | Das wichtigste Beratergremium der Bundesregierung zur Landwirtschaft empfiehlt, mehr Tierschutz mit Hilfe einer höheren Mehrwertsteuer auf Fleisch zu finanzieren. Wenn die Verbraucher Tierwohlprämien für Bauern mitbezahlen müssten, sollte dies über „die Anhebung des bisher reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf tierische Produkte“ geschehen, heißt es in einem Papier der Zukunftskommission Landwirtschaft. Das Gremium, dem zum Beispiel der Deutsche Bauernverband, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Tierschutzbund angehören, will seine Vorschläge am Donnerstag bei einem Treffen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) vortragen.

Die zusätzlichen Einnahmen sollen den Experten zufolge Bauern erhalten, wenn sie in tierfreundlichere Ställe investieren. Auch die laufenden Mehrkosten etwa für Personal sollen subventioniert werden. Ziel ist eine Tierhaltung, die von der Gesellschaft akzeptiert wird. Die aktuellen Haltungsbedingungen werden kritisiert – etwa weil den meisten Schweinen die Ringelschwänze abgeschnitten werden, damit die Tiere sie sich in der Monotonie und Enge ihrer Ställe nicht gegenseitig abbeißen.

Ein Großteil des Viehs kommt nie an die frische Luft. Zudem ist vor allem die Tierhaltung dafür verantwortlich, dass die Landwirtschaft laut Umweltbundesamt 14 Prozent der deutschen Treib­hausgase verursacht. Der Ausstoß könnte sinken, wenn Fleisch und Milchprodukte teurer wären und deshalb weniger gekauft würden. Doch bisher werden diese Nahrungsmittel sogar verbilligt, weil für sie nur 7 Prozent statt der regulären 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden.

Vergleichsweise einfach

Aus der FDP ist Widerstand zu erwarten, den wohl nur Kanzler Scholz brechen könnte

Die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes sei einfacher als eine neue Verbrauchssteuer einzuführen, schreiben die Experten: „Die Umsetzung wäre vergleichsweise einfach, weil kein neues Politikinstrument geschaffen, sondern lediglich ein Steuersatz einer bestehenden Steuer angepasst werden muss.“

Dem hat sich nun auch der ebenfalls in der Kommission vertretene Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) angeschlossen. Der Bioverband hatte eine Mehrwertsteuererhöhung abgelehnt, weil sie die schon jetzt hohen Preise von Fleisch aus besserer Haltung mit Siegeln wie „Bio“ oder „Für mehr Tierschutz“ absolut gesehen stärker verteuert als die billigeren Produkte.

Deshalb hatte die Biobranche eine feste Tierwohlabgabe – zum Beispiel 40 Cent pro Kilogramm Fleisch – bevorzugt. Doch so eine Abgabe wäre schwer mit dem EU-Recht zu vereinbaren gewesen. Deshalb stimmte der BÖLW einem Kompromiss zu: Um den Preisabstand zur konventionellen Ware trotz höherer Mehrwertsteuer zu begrenzen, muss es der Kommission zufolge einen Ausgleich geben. Ökohalter könnten beispielsweise eine höhere Tierwohlprämie erhalten.

Für Haushalte mit geringen Einkommen sieht der Vorschlag eine Kompensation vor, „weil sie durch ihre relativ hohen Ausgabenanteile für Nahrungsmittel überproportional belastet sind“. In Frage komme zum Beispiel, die Grundsicherung und die Einkommensteuer anzupassen. Der Bund könne auch die Mehrwertsteuer „auf bestimmte Produkte“ senken. Ebenfalls denkbar wäre, die Steuer auf tierische Lebensmittel nur „schrittweise“ anzuheben, also nicht sofort auf die vollen 19 Prozent. „Dies entspräche auch der Tatsache, dass der Finanzierungsbedarf für Tierwohlprämien in den ersten Jahren deutlich unterhalb von 1 Milliarde €/Jahr liegen und erst langsam ansteigen wird“, so die Kommission.

Bauernverband stimmt zu – und bremst

Auch der Generalsekretär des Bauernverbands, Bernhard Krüsken, war an der Empfehlung beteiligt. Aber Verbandspräsident Joachim Rukwied erklärte kurz nach Bekanntwerden des Papiers: „Eine Mehrwertsteuererhöhung auf den Regelsatz oder einen Tierwohlcent lehnen wir ab. Das Geld für den Tierwohlumbau muss aus dem Bundeshaushalt kommen.“

Wird die Ampelkoalition die Vorschläge der Kommission in dieser Legislaturperiode umsetzen? Der ehemalige CDU-Bundesagrarminister Jochen Borchert hat an ihnen als Vorsitzender des inzwischen aufgelösten Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung ebenfalls mitgewirkt. Er antwortete der taz am Mittwoch: „Ich bin sehr skeptisch, weil die FDP bei ihren roten Linien ‚Keine neuen Steuern, keine Steuererhöhungen‘ geblieben ist, und ich habe große Zweifel, ob sie jetzt bei der ­Finanzierung der Transformation der Nutztierhaltung einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zustimmt“.

Ernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) begrüßte die Vorschläge der Kom­mis­sion zwar. Aber die FDP könnte ihn stoppen – es sei denn, der ­Kanzler weist sie in die Schranken.

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29 Kommentare

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  • Und muss man der Bundesregierung Mut einreden, dass auch umzusetzen?

  • Eine Erhöhung der MwSt. wird am Tierwohl nchts ändern, ausser dass Fleisch teurer wird. Dann greifen die meisten erst recht zum Billigfleisch. Das kommt dann halt noch mehr von Rumänmien, Bulgarien oder Frankreich, wo das Tierwohl auch nicht an erster Stelle steht. Will man das?

    Andere Länder schaffen hohe Standards mit Tierschutzgesetzen. Diese müssen natürlich auch für Importe gelten. Aber dann kommt wieder der Bürokratieschimmel der EU galoppiert...

  • Aus der Autosteuerdiskussion weiß ich, dass Steuern nicht zweckgebunden sind. Genausowenig wie ich aufgrund der Kfz-Steuer ein Recht auf einen Parkplatz habe, hat das Tier aufgrund der Tierwohlsteuer ein Recht auf bessere Behandlung. Der Staat wird es schon schaffen, die nicht zweckgebundene Steuer für seine eigenen Zwecke zu verwenden.

  • Höhere MWSt auf Fleisch, niedrigere auf Pflanzen. Leider wird das zum Thema Artenschutz nicht helfen, da das Artensterben vor allem mit dem chemischen Pflanzenschutz und mangelndem Fruchtwechsel zu tun hat jund nicht mit schlechter Tierhaltung.



    Zudem wird der Preisdruck auf die Hersteller erhöht wenn mehr Steuern verlangt werden.



    Zudem: Was für eine Bürokratie wird denn wieder nötig sein um Zuschüsse vom Staat zu bekommen, letztlich Subventionen. Dokumentationspflicht, Kontrollen, Anträge, Bewilligung, Auszahlung... ist denn kein Konsens, dass das letztlich den Leuten den Nerv raubt und alles immer ineffizienter wird.



    Und EU Fleisch? Dokumente aus Frankreich usw. einholen? Oder denen das vorenthalten?



    Wenn wir als Gesellschaft etwas nicht mehr wollen, weil es schlicht verboten gehört. Dann muss man es verbieten. Letztlich einfach und sauber der Weg. Mit der EU das ausfechten scheint natürlich seeehr schwierig.

  • Haltungsstandards "pro Tier" nach oben schrauben. Das gibt ein Plus an Qualität und der Preis steigt von selbst.

  • ...wir nehmen unsere Antibiotika lieber immer direkt aus der Packung ein - ist zwar etwas Hochpreisiger , aber es steht im Beipackzettel , was drin ist.



    ...& über die Nebenwirkungen wird Verbraucher auch informiert...

  • Im Grunde genommen völlig richtig, weil

    a) Zu hoher Fleischkonsum die Gesundheit und damit das Gesundheitswesen belastet.

    b) Zu hoher Fleischkonsum eine starke Umweltzerstörung mit sich bring (Böden, Methan, etc...(

    c) Massentierhaltung ethisch "fragwürdig" ist.

    Das leuchtet den meisten ein. Ich befürchte jedoch, dass der gesunde Menschenverstand dem täglichen Griff ins günstige Supermarkt-Fleisch Regal unterliegt.

    • @Benzo:

      Tatsächlich sinkt ja der Fleischverbrauch seit Jahren. Es tut sich also etwas. Nur ändern sich Menschen langsamer, als von anderen Menschen gewünscht.

      Der Startpunkt war eine Gesellschaft, in der exzessiver Fleischkonsum als Zeichen der Überwindung der Kriegsfolgen und des Wohlstandes galt.

  • Besser wäre den Herstellern verpflichtende Maßnahmen zur Einhaltung des Tierwohls aufzuerlegen, dann wirds auch automatisch teurer.



    Mehrwertsteuer rauf bringt dem Tierwohl nichts. Im schlimmsten Fall wird das Geld für den Straßenbau missbraucht.

    • @Max Moor:

      Die Idee klingt gut bis an die Grenze. Da enden dann die Möglichkeiten irgendwen zu irgendwas zu verpflichten.

      Folge: Fleisch bleibt billig, kommt nur nicht mehr aus Deutschland

    • @Max Moor:

      Ja: "Steuern sind nicht zweckgebunden". Sagen die Ökofreunde mir Autofahrer auch immer.

  • Steuern fließen ohne Zweckbindung in den allgemeinen Topf, der schon heute den höchsten Umfang und den größten Verwaltungskopf aller Zeiten aufweist. Versprechen von Berufspolitikern über angeblich zukünftige Wohltaten sind das einzige tatsächlich billige in dieser Sache. Höhere Preise und stärkerer Druck auf die Familienkasse werden den Verbraucher erst recht in die Haltungsklasse 1 treiben. Wenn irgendetwas tatsächlich helfen könnte, dann wären es höhere Erzeugerpreise, die den Bauern eine extensivere Wirtschaft erlauben. Noch mehr Abgaben und noch mehr Druck auf den Erzeugerpreis bewirkt zwangsläufig das Gegenteil.

  • Bürgergeld erhöhen, damit alle sich das teurere Fleisch leisten können?



    Aber es ging doch darum, dass die Leute weniger Fleisch kaufen sollen.



    Statt das Bürgergeld zu erhöhen, sollte eher die Mehrwertsteuer für Milch- und Fleischersatzprodukte reduziert werden, damit diese wie alle anderen Lebensmittel bei 7 % liegen.

    • @Herma Huhn:

      Nee geht es nicht. Es geht in erster Linie darum, dass die Leute kein billiges Fleisch aus Massentierhaltung essen. es geht nicht darum, nur noch die mit dickem Geldbeutel entscheiden, ob sie Fleisch essen können oder nicht. Und es geht nicht darum, in erster Linie Bürgergeldempfänger zum Fleischverzicht zu erziehen.



      Eines der größten Probleme für die Akzeptanz ökologisch verträglicher Politik ist die oftmals fehlende Sozialverträglichkeit.



      Alles über den Preis zu regeln, trifft nunmal nur die, die eh schon jeden Cent umdrehen müssen. Die konsumieren (in der Regel) nur deshalb diesen Dreck, weil sie Bio Lebensmittel schlicht nicht leisten können.

  • Kommen Schweine, die unverschuldet unter dem Existenzminimum leben müssen, so etwa in den Genuss einer durch Steuergelder finanzierten Grunzsicherung?

  • Sehr gut.



    Das gleiche bitte auf Global players und deren Produkte, die in den billigsten Ländern ihre Steuern abführen und durch solche Vorteile die lokale Konkurrenz plattmachen.



    Bitte mit Amazon anfangen.

  • Wenn esum das Tierwohl geht, sollte die Mehrwertsteuer aber nur für solche Produkte erhöht werden, die nicht tierfreundlich produziert worden sind.

    Sonst werden auch die Produkte mit hohem Standard noch unerschwinglicher.

    Der Haken an Steuern ist, dass sie nicht zweckgebunden erhoben werden.

    Es ist also jetzt schon absehbar, dass das Verfahren nicht transparent sein wird und künftige Regierungen die Steuereinnahmen in andere Kanäle leiten werden.

  • Ich esse gern und zu Grillzeiten eher viel Fleisch, nur eben einmal pro Woche, der Preis ist mir egal, wenn es nur beste Qualität ist. OGS kommt da immer dazu.

  • Guter Ansatz, aber das wird wohl nichts bei der dauerblinkenden gelben Warnampel. Wäre mit schwarz-grün wahrscheinlich einfacher umzusetzen.

  • Prima Idee, ich esse eh kein Fleisch, am besten noch dazu eine Zuckersteuer einführen und den Mehrwertsteuersatz auf Obst und Gemüse senken.

    • @Sam Spade:

      Was nu? Zucker höher oder (im Zweifel fructosereiches) Obst niedriger besteuern? ;-)

      • @Normalo:

        Konkret: Produkte denen industriell Zucker beigefügt wird wie Limonaden, Süsswaren, Milcherzeugnisse aber auch Fertigprodukte etc.

    • @Sam Spade:

      Ich esse noch mit Genuss 6 bis 7 kg im Jahr und bezahle gerne, was es wert ist.

    • @Sam Spade:

      Und eine Gemüse- und Obststeuer wegen der vielen Pestizide, eine Sojasteuer wegen der langen Transportwege, eine Palmölsteuer wegen der Abholzungen.



      Sie sehen. alles eine Frage der Perspektive.



      Wobei beim Zucker bin ich auf ihrer Seite.

    • @Sam Spade:

      Die Zuckersteuer wird dann so hoch ausfallen, dass trotz des niedrigeren Mehrwertsteuersatzes auf Obst jenes teurer wird, da Fruchtzucker auch Zucker ist. ;-)

      19 MwSt auf Tierprodukte schliesst schon mal ein Riesensteuerschlupfloch. Endlich sind die Zeiten vorbei, wo Muetter ihren Babies Milch geben, um die 19% MwSt fuer Babynahrung zu umgehen. Scherz beiseite. Ich bin vorsichtig optmistisch, genug Erfahrung Wirtschaftszweige mit hohen Steuern und Abgaben zu dezimieren hat die Ampel ja, warums nicht mal bei Tierprodukten probieren? Wenn dann noch auf den freiwerdenen Flaechen Autokraftstoffe angebaut werden, klingelts gleich doppelt im Steuerbeutel, praktisch eine Win-Win-Situtation.

  • Kann man machen. Aber nur wenn definitiv per Gesetz festgelegt, dass das Geld auch für Tierwohl verwendet wird.

    Fließt es in den allgemeinen Haushalt, kann es sehr schnell in andere Ecken abfließen. Man denke nur an CO2 Abgaben und Klimageld. So eine Veräppelung kann sich unsere Gesellschaft nicht noch einmal leisten.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ich sag nur Schaumweinsteuer, wo ist unsere Hochseeflotte? Wir zahlen das jetzt seit mehr als 100 Jahren, wir müssten eine große Marine haben.... Die Menschen beschweren sich kurz, akzeptieren es und in 5 Jahren wird dann die Förderung für Bauern fürs Tierwohl gestrichen weil die CDU das Geld für die Armee braucht oder die SPD die Rente mit 62 einführen will oder andere Sachen.

      • @Machiavelli:

        Na ja. Unsere Flotte befindet sich ja gern "auf hoher See" fern der Heimat 😉