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Debatte um Migration„Blühende Landschaften“ in Afrika

Damit weniger Menschen nach Europa fliehen, schlagen SPD-Politiker aus Thüringen afrikanisch-europäische Flüchtlingscamps vor.

Thüringens SPD-Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee macht sich Gedanken, wieviel Klimaschutz akzeptiert ist Foto: Martin Schutt/dpa

Berlin taz | Sie wollen die „Mehrheitsgesellschaft in den Blick nehmen“ und sich auf das „Machbare“ konzentrieren“ – die im Januar in Thüringen neugegründete konservative SPD-Strömung der Seeheimer. Als zentral sehen sie die Frage an, wie Migration gesteuert und die Aufnahme von Geflüchteten begrenzt werden könne. Und da hat der Kreis um Katja Böhler, Staatssekretärin im Thüringer Wirtschaftsministerium, und Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee streitbare Ideen, die weit über das politische Tagesgeschäft hinausgehen.

Böhler und Tiefensee schlagen in der taz prosperierende Flüchtlingsstädte, sogenannte Future Cities, entlang der Fluchtrouten vor, in denen Menschen auf Dauer eine Heimat finden. Es sei an der Zeit, das Thema Migration grundsätzlicher und größer zu denken, so Böhler. „Der Migrationsdruck wird in den kommenden Jahren steigen, weil ganze Gebiete wegen des Klimawandels unbewohnbar werden.“ Deshalb müsse man jetzt anfangen, darüber nachzudenken, wo Menschen, die wegen Dürre oder Hungersnöten, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen aus ihrer Heimat fliehen müssen, dauerhaft unterkommen könnten.

Die Unterbringung in Lagern an den EU-Außengrenzen, wie sie das Gemeinsame Europäische Asylsystem vorsieht, greift aus ihrer Sicht zu kurz. „Uns geht es nicht darum, Menschen in großem Stil zurückzuführen und unter haftähnlichen Bedingungen in Lagern unterzubringen“, so Böhler. „Sondern Räume zu schaffen, wo Menschen, die fliehen, ein rechtsstaatliches Asylverfahren außerhalb der EU erhalten und wo sie bleiben können und eine Perspektive haben.“

Die SPD-Politiker*innen regen eine von EU und Afrikanischer Union getragene Initiative zur Gründung solcher „Zukunftsstädte“ an. „Wir können uns afrikanisch-europäische Städte mit Ansiedlungsanreizen und Sonderwirtschaftszonen vorstellen, wo Unternehmen investieren, Jobs entstehen und Menschen ausgebildet werden“, erläutert Böhler. Diese sollten in enger Zusammenarbeit mit den Ländern vor Ort entwickelt werden.

Fast 1 Milliarde weniger für Entwicklung

Böhler war zuvor für verschiedene Entwicklungsorganisationen tätig, darunter den Verein „Partnerschaft für Afrika“. Ins Rampenlicht geriet der Verein vor Jahren wegen umstrittener Zuweisungen von Geldern seitens des damals FDP-geführten Entwicklungsministeriums. Auch derzeit ist der Etat des Entwicklungsministeriums wieder Thema, gehört das Haus von SPD-Ministerin Svenja Schulze doch zu jenen, die in diesem Jahr am stärksten sparen müssen. Fast 1 Milliarde Euro fallen weg, unter anderem bei der Initiative „Geflüchtete und Aufnahmeländer“, was Entwicklungsorganisationen scharf kritisieren. An Zukunftsstädte ist da momentan wohl kaum zu denken.

Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Böhler überlegt, wo Klimaflüchtlinge künftig leben sollen. Vielleicht in Future Cities? Foto: Freistaat Thüringen

Bei der Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels und den notwendigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft raten die Thüringer Seeheimer wiederum zur Mäßigung. „Die Politik verzichtet auf die Rolle des Musterschülers, sie setzt sich zukünftig realistische Ziele“, heißt es im Gründungspapier. Es gehe nicht darum, beim Klimaschutz zurückzurudern oder das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 in Frage zu stellen, meint Tiefensee im Gespräch. „Aber wir befürchten, dass wir dieses Ziel nicht erreichen, weil die Akzeptanz der Bevölkerung verlorengeht.“

Gerade im Osten sei der Begriff der Transformation seit der Wende negativ besetzt. Tiefensee nennt als Beispiel das Heizungsgesetz und fordert: „Wir sollten künftig tunlichst vermeiden, die Belastungen für die Menschen nicht mitzudenken.“ Gleichzeitig hält der Wirtschaftsminister massive öffentliche Investitionen für notwendig. „Wir brauchen dringend eine Reform der Schuldenbremse“, so Tiefensee. Und sieht dies auch als unabdinglich an, sollte es zu einer Neuauflage der Ampel kommen.

Laut Umfragen hätte die Ampel derzeit aber keine Mehrheit. In Thüringen, wo im September gewählt wird, liegt die SPD im einstelligen Bereich. Die Neu-Seeheimer fordern auch eine „politische Neuausrichtung und Prioritätensetzung innerhalb der SPD“.

Droht der Thüringer SPD also das gleiche Szenario wie der Linken im Bund, die sich gerade in das Bündnis Sahra Wagenknecht und eine Rest-Linke gespalten hat? Auf keinen Fall, erklären Böhler und Tiefensee, sei es ihr Anliegen, die SPD zu spalten „Das wäre in der Tat ein Bärendienst.“ Und führen SPD-Chef Lars Klingbeil ins Feld. „Lars ist auch Seeheimer. Und niemand spricht von Spaltung.“

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39 Kommentare

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  • Neokolonialismus. Die Afrikaner freuen sich schon.

  • "Libyen hat sogar ein Abkommen mit der EU, trotzdem treiben beide Staaten die Menschen zurück in die Wüste,"

    Warum "trotzdem"? Das ist doch genau das, was die EU von ihnen erwartet.

  • Wohin das führt, wenn sich andere Länder alles rausziehen, was als Fachkräfte anderswo gebraucht werden könnte, sieht man an Thüringen! Von der „Future City“ Jena profitiert nun wer genau?

  • Die Einflussnehmer in den Gebieten, Russland und die Golfmonarchien werden das zu verhindern wissen, die wollen fossile Brennstoffe verkaufen und den Westen destabilisieren.



    Macht sich bei den Seeheimern eigentlich mal einer Gedanken wie das funktioniern soll oder ist man jetzt komplett auf Unionskurs, irgendwas reinblöken, von dem man weiß es wird nicht funktionieren?



    Versucht doch erstmal mit den Menschen, die schon hier sind was sinnvolles anzufangen, überall fehlt Personal, da muss man aus- und weiterbilden, integrieren und sicher auch manchmal Abstriche machen aber das ist realistisch und nicht so ein Quatsch. Ich warte jetzt nur noch da drauf, das die Pläne von der Trockenkegung des Mittelmeers aufgewärmt werden.



    Schaut euch bitte mal in der Realwelt um.

  • taz: "... im Januar in Thüringen neugegründete konservative SPD-Strömung der Seeheimer."

    Ist das jetzt ein 'CDU/CSU-' oder sogar 'AfD-Lightprodukt', wo dem Normalprodukt der Nährstoffanteil in mindestens einem Nährstoffbereich reduziert wurde? Also vielleicht etwas weniger rechte Parolen?

    Wenn man keine Geflüchteten haben will, dann kann man das doch ganz schnell hinbekommen - man muss in deren Herkunftsländern nur für soziale Gerechtigkeit sorgen und auch endlich mal dafür sorgen, dass es keinen Krieg auf der Welt mehr gibt. Aber das geht natürlich nicht, denn mit der Ausbeutung armer Länder sind die Industriestaaten ja schließlich reich geworden und wollen auch weiterhin reich bleiben. Und mit der todbringenden Rüstungsindustrie können die Industriestaaten bekanntlich ja auch sehr viel Geld machen.

    taz: "Damit weniger Menschen nach Europa fliehen, schlagen SPD-Politiker aus Thüringen afrikanisch-europäische Flüchtlingscamps vor."

    Spätestens wenn sich 100 Millionen Afrikaner auf den Weg nach Europa machen, weil ihre Süßwasserquellen durch den Klimawandel versiegt sind, werden die Bürger in den europäischen Ländern merken, dass man sich beizeiten lieber mal intelligentere Politiker hätte wählen sollen.

  • Ich gründe ein Tourismus-Startup und nenne es "Future Flight Routes". Da entwickle ich entlang der heute üblichen Fluchtrouten durch afrikanische Krisengebiete und auch über die gängigen Meerrouten touristische Reisen im ganz realen Flucht-Style, da gucken wir uns von der Ladefläche oder auch mal per Fußmarsch die potenziellen Locations für die Future Cities an.



    Zielgruppe sind Politiker aller Ebenen und andere Entscheidungsträger bzw. potenzielle Investoren.

    (Entschuldigt mich kurz - ich muss erst noch kotzen gehen!)



    Meine erste Marketingkampagne starte ich vorm Thüringer Landtag. Das wird der Knaller!

  • Was Hänschen nicht lernt lernt Hans nimmermehr...

    Wir wissen es schon lange aber wir ignorieren es. Handeln hat immer Konsequenzen. Das gilt auch für den Wohlstand.



    Schafft die Reichen ab.

    • @Tom Lehner:

      "Schafft die Reichen ab."



      Die Reichen lassen sich nicht "abschaffen", vorher verlassen sie dieses Land, was täglich geschieht.



      Alleine tausende Ärzte und IT-Fachkräfte verlassen jährlich Deutschland und verdienen deutlich mehr Geld im Ausland.



      Milliardäre und Unternehmer haben ihren Wohnsitz und die Holding ihrer Firma ins Ausland verlegt.



      Wenn sie die Reichen hier "abschaffen" ist noch weniger Geld für die "Armen" da.

      • @Rudi Hamm:

        Man kann durchaus einen Teil des Vermögens behalten, wenn die Reichen stiften gehen. Gibt es sogar in den USA.

    • @Tom Lehner:

      "Schafft die Reichen ab." Hat man z. B. in der DDR gemacht. Hatte den Effekt, dass alle arm waren. Und zwar weit ärmer als es Hartz IV je vermocht hätte. Wirtschaft ist eben nicht nur ne Kneipe....

      • @Samvim:

        Früher gab es auch "Reiche" oder "Reichere". Aber die Diskrepanz zwischen Gering- und Bestverdiener*Innen ist in einem ungesunden Maße auseinandergeklafft und steht in keinem Verhältnis zur Leistung. Zudem sind die Möglichkeiten der Bestverdienenden Steuern zu sparen, bzw. gar nicht zu entrichten immer weiterentwickelt worden.

        Das gilt im Übrigen auch für Staatsgeschenke an Unternehmen oder die Übernahme der Verluste für Spekulationsgeschäft der Finanzjongleure.

      • @Samvim:

        " Hat man z. B. in der DDR gemacht. Hatte den Effekt, dass alle arm waren."

        Komisch. Ich bin in der DDR aufgewachsen. Beide Elternteile Arbeiter. Wir haben nicht im Luxus gelebt, aber arm waren wir nicht. So wie alle in meiner Schulklasse.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Ja, wenn alle arm sind verliert sich das Gefühl arm zu sein schon ein wenig.



          Aber objektiv war der durchschnittliche DDR-Bürger sehr arm, vor allem aus heutiger Sicht. Auch ich bin ein Kind der DDR und allein der bauliche Zustand der Häuser in denen wir wohnen mussten wäre anderswo nicht zulässig gewesen. Dazu waren nur Grundnahrungsmittel regelmäßig erhältlich, von komplexeren Konsumgütern ganz zu schweigen, ein fast mittelalterlich anmutender Gesundheitssektor etc.



          etc.



          Würde man einem Flüchtling heute solche Lebensumstände zumuten, würde das BVerfG zu recht einschreiten.

          • @Samvim:

            Es muss zwei Staaten namens DDR gegeben haben.

            Ja. Der Wohlstand war nicht so wie heute. Aber Armut ist etwas ganz anderes. Fragen Sie mal in der Schlange an der nächsten Tafel.

    • @Tom Lehner:

      "Schafft die Reichen ab."

      Das klingt ein bischen brutal, zumindest aber nach Systemveränderung.

      Dabei lassen sich Lösungen durchaus auch im bestehenden System finden. Ein Mindesteinkommen haben wir ja bereits eingeführt. Vielleich sollten wir uns mal ein Maximaleinkommen vornehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da absolut nichts gibt, was demokratisch mehrheitsfähig wäre.

      • @Al Dente:

        Das ist provokant, aber das bräuchte kein anderes System.



        Unternehmensbesteuerung, Einkommenssteuer zurück auf Kohl Niveau. Und den Finger in die Wunde soziale Verantwortung.



        Subventionen und Geldgeschenke an Unternehmen zurückfahren und den Finanzmark am Nasenring durch die Börse ziehen.

    • @Tom Lehner:

      Guter beitrag

  • Angesichts der Kritik in den meisten Kommentaren hier schlage ich vor, die Sache mal zuerst aus der Perspektive der Menschen, die sich auf die Flucht begeben zu sehen: was soll an dem Gedanken verkehrt sein, näher an ihrer Heimat Möglichkeiten, Orte zu schaffen, an denen sie in Frieden leben und arbeiten können?

    Als Trump Präsident wurde (und dann nochmal nach dem Brexit) haben einige Verwandte von mir sich erfolgreich um die deutsche Staatsbürgerschaft bemüht, die die Nazis ihrem Vater geraubt hatten, ich habe sie dabei unterstützt.

    Aber kann wan heute jewandem raten, als Jude Sicherheit in Deutschland zu suchen? Bei der jüngsten Landratswahl in Thüringen stand einem homogenen Block aus AfD-Wählern von fast 50% ein informelles Bündnis von CDU bis Linke entgegen, das knapp die Wahl des CDU-Kandidaten möglich gemacht hat - wem kann wan denn sagen 'komm her, hier bist du sicher'?

    Für sehr viele auf der Flucht kommen Tunesien und Libyen, bevor sie ihr Leben auf dem Mittelmeer riskieren - Libyen hat sogar ein Abkommen mit der EU, trotzdem treiben beide Staaten die Menschen zurück in die Wüste, wenn sie nicht in Lagern vergewaltigt und gefoltert werden, bevor sie irgendwann auf seeuntüchtige Boote verbracht werden.

    Auf See laufen dann Organisationen wie SOS Humanity nach dem neuen "Rückführungsverbesserungsgesetz"(!) der Ampel (der Union war's nicht grausam genug) Gefahr, sich strafbar zu machen, wenn sie Minderjährige retten - angesichts dieser Realität soll es zynisch sein, tragfähige Alternativen auch nur anzudenken?

    Ein solche Idee könnte - wäre es z.B. mit dem etwas in der Versenkung verschwundenen Projekt Desertec de.m.wikipedia.org/wiki/Desertec gekoppelt - u.U. sogar ein Erfolgskonzept für Afrika sein, ähnlich wie seinerzeit das Ruhrgebiet, nur Sonne statt Kohle: der Vorschlag sollte nicht vorschnell in die AfD-Tonne gekloppt werden (zumal gar nicht sicher ist, dass die (und andere) überhaupt für Prosperität, Macht für Afrik über Energie wäre.

    • @ke1ner:

      Die Idee hinter dieser Idee ist, dass die Leute nicht mehr nach Hamburg und Paris wollen, weil sie dort in diesen Inseln landen. Und weil sie sich dort waschen können und es auch zu Essen gibt. Und das ganze Konstrukt ist extrem sonderbar, weil es den Gastgeberstaaten eine entwurzelte, multikulturelle Bevölkerung einbringt, wo neue Machtstrukturen entstehen, entstehen müssen. Das hat nicht mal mit der AfD zu tun, es ist einfach weltfremd, es schlägt die dänischen und britischen Ruanda-Ideen bei weitem. Wahrscheinlich denken die Seeheimer an Inseln? Es gibt viele Menschen, die über einen langen Zeitraum wandern, dass sie irgendwo kleben bleiben, wo es gut ist, funktioniert nicht, es gibt in Deutschland arabische Asylbewerber, die feste Arbeitsstellen in den Golf-Staaten hatten, die trotzdem dort wegziehen. Es gibt gute Gründe für Wanderungen und der Antrieb ist eine Not oder eine Perspektivlosigkeit. Und das stoppt man nicht mit merkwürdigen Gebieten in Afrika, wo 'Wohlstand' existieren soll. Und Afrikaner ziehen schon RIchtung Wohlstand, gibt viele afrikanische Ausländer in Cote d'Ivoire oder Südafrika, das führt auch dort immer wieder zu Spannungen. Außerdem frage ich mich, welcher afrikanische Staat das Risiko eingehen wird.

    • @ke1ner:

      "...was soll an dem Gedanken verkehrt sein, näher an ihrer Heimat Möglichkeiten, Orte zu schaffen, an denen sie in Frieden leben und arbeiten können?"

      Eigentlich müssten solche Orte in ihrer Heimat sein. Afrika ist ja nicht gerade klein. "Näher" ist also auch noch weit von zu Hause.

      Der größere Denkfehler ist aber, dass Europäer einfach mal ein paar Städte bauen können. Noch dazu welche nach unseren Regeln. Da denken einige noch wie Kolonialherren.

  • Da bleibt die spannende Frage, wo in aller Welt will das sozialdemokratische Duo die angedachten künstlichen Inseln des Wohlstands wie wirklich errichten, entwickeln und bewahren? Das ginge gesichert ja nur als exterritoriale Enklaven Europas. Ich vermute, die politische Realität bietet da gar keinen entsprechenden Spielraum.

    • @vieldenker:

      Die Inseln des Wohlstands sind keine Inseln des Wohlstands, sondern es wären Gebiete, wo es was zu Essen und Hygiene gäbe, mehr nicht. Das orientiert sich klar an den Standards von Afrika, also Staaten wie Mali oder Nigeria. Damit ist nicht das Niveau von Zürich oder Mailand gemeint.

    • @vieldenker:

      Die hätte das Königreich Spanien mit Ceuta und Mellila(oder so ähnlich). Allerdings wird dort versucht, "Unerwünschte" abzuhalten.

    • @vieldenker:

      ach was rekolonialisieren wir einfach einen Teil Afrikas.

      Ceuta und Mellila oder die Canaren sind doch auch "Europa", warum nicht noch etwas mehr?

      Das neue Land darf natürlich nur faktisch unter militärischer Kontrolle sein, sonst gäbe es ja das Recht auf freien Personenverkehr und das wollen wir auf keinen Fall.

      Dann können wir dort auch wieder richtig billige Arbeitskraft bekommen.

      Scherz beiseite.

      Was wir an Stelle dieses Blödsinns machen sollten:

      Wenn wir den Ländern Afrikas ermöglichen die eigenen Rohstoffe im Land zu verarbeiten und dabei helfen EE, Speicher und öffentlichen Nahverkehr auszubauen und den Agrarsektor nachhaltig zu gestalten, könnten wir zum ersten mal in der Menschheitsgeschichte echtes "grünes Wachstum" erleben.

      Ich meine das nicht einseitig. Auch in den Ländern Afrikas gibt es jede Menge Knowhow. Konstruktionen die Physikalisch, wie eine natürliche Klimaanlage ohne Strom funktionieren wären ein Beispiel.

      Wir könnten lernen wie eine nachhaltige Wirtschaft aussieht, weil keine massive fossile Industrie ersetzt werden muss, anders als in den reichen Industrieländern.

      Die Transformation, die wir benötigen ist grundlegend.

  • Das klingt echt verrückt und für mich auch ein wenig neokolonial.



    Sahel-Staaten kalkulieren ganz fest ein, dass sie einen Teil ihrer jungen männlichen Bevölkerung exportieren können. Die (Rück)Überweisungen an die Familie sind für diese Länder wichtig. Und die Geburten schlagen die wirtschaftlichen Möglichkeiten dort, wenn diese jungen Männer, dann nichts überweisen, sondern im Niemandsland in Städten landen, wo es eigentlich nichts zu holen gibt, weil diese Orte von vornerheit so konzipiert sind, dass die Menschen dort vor allem nicht weiterziehen können und sollen, dann werden sie politisch Druck machen, dass diese 'Städte' verschwinden.

    Und die Probleme in armen Ländern hängen auch mit den lokalen politischen Kulturen und Machtstrukturen zusammen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass afrikanische Staaten sich dafür im großen Stil hergeben, weil es auch eine Veränderung der Bevölkerung bringt und zwar auf Dauer und nachhaltig, ein schwaches arabisches Land wie Mauretanien könnte komplett west- bzw. schwazrafrikanisch werden, die lokalen Machthaber müssten dann irgendwann verschwinden. Ein starkes Land wie Algerien, wird so ein Projekt nicht machen, weil es ihnen nur Ärger bringt.

    Ich verstehe bei diesen Überlegungen nicht recht, was das Sozialdemokratische daran sein soll?

    Dänemark hat kaum noch Asylbewerber, die da sind, sollen aber nach Ruanda gebracht werden. Ist das der Ansatz?

    Deutschland hat viel Zuzug, der im Prinzip absorbierbar und nutzbar wäre, wenn man nicht plötzlich dagegen wäre. Dann kommt man mit Ideen, die Ruanda klein machen, diese Städte wären ja praktisch Protektorate der EU. Wo ginge das bitte schön wirklich? Und welche Folgen würde das haben? Was passiert, wenn sich diese Menschen bewaffnen und ausbrechen wollen?

  • Wie nennt man sowas? Koloniale Nostalgie

    • @hamann:

      Keine Angst, mehr als Nostalgie (der 150jährigen Deutschen?) kommt nicht dabei rum. Die Zeiten in denen die Europäer in Afrika sagen wo es langgeht, sind lange vorbei...

  • Denken darf man, vor allem wenn man nicht nur an sich selber denken. Den Quatsch mit der gestressten Mehrheitsgesellschaft hätte man sich allerdings sparen können. Wir brauchen Einwanderung und wir können uns nicht nur die Rosinen rauspicken oder gar anderen, ärmeren Ländern ihre Fachkräfte abwerben. Integration kostet aber richtig Geld, wenn man es vernünftig macht. Die angedachten "Future Cities" kosten aber noch viel mehr Geld, und sie haben zweifelhaften Nutzen. Wenn sie funktionieren, wenn sie prosperieren, werden sie Migration verstärken. Die Gastländer dieser Zentren werden massiv verändert und wahrscheinlich destabilisiert. Wenn ein Wohlstandsgefälle entsteht, aber natürlich bereits beim Transfer. Das macht kein Staat mit, auch nicht für noch so viel Geld. Ideen wie die hier genannten sind einfach schon arg westlich gedacht, sehr nach den eigenen Bedürfnissen.

    • @Benedikt Bräutigam:

      War da etwas anderes zu erwarten, also wir bieten paar Brotkrumen, aber am Ende wird es nur zum Selbstzweck? Westlicher Imperialismus funktioniert weiterhin wie gedruckt, nur weil man es nun mehr "beschönt" ist immer noch dasselbe am Ende das Ziel.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Wir brauchen Einwanderung und wir können uns nicht nur die Rosinen rauspicken oder gar anderen, ärmeren Ländern ihre Fachkräfte abwerben."

      Das ist aber der Plan. Die glauben ernsthaft, sie tun damit etwas Gutes.

      Statt die Menschen, die in D sind oder von allein kommen durch eine vernünftige Bildungspolitik zu Fachkräften auszubilden, will man anderen Ländern dringend benötigte Fachkräfte abwerben. Das Prinzip Headhunter im großen Maßstab...

  • Das ist, in der Tat, ein Thema, das weit über das Tagesgeschäft hinausgeht.



    Tatsache ist nämlich, dass die meisten Flüchtlinge weltweit Binnenflüchtlinge sind und viele arme Länder deutlich mehr Flüchtlinge beherbergen als z.B. die EU.



    Gerne werden ja Zustände in deutschen



    Asylunterkünften kritisiert.



    Im internationalen Vergleich sind die Problemchen allerdings lachhaft.



    Ausreichender Zugang zu Trinkwasser, sanitären Anlagen, ausreichende Verpflegung und Schutz vor sexuellen Übergriffen, sind Probleme in Flüchtlingslagern weltweit.



    Dass hier Entwicklungshilfe auch gezielt eingesetzt wird, ist eine humane Position.



    Ein Beispiel für diese zukunftsgerichtete Arbeit ist Haiti, wo aus einer Bewältigung einer Krisensituationen eine Verstetigung der Arbeit des THW und anderer Hilfsorganisationen wurde, die langfristig die oben genannten Probleme angehen.



    Die Position des "neuen Seeheimer Kreises" wird hier ja nur angerissen und ist nur im Gesamten zu bewerten.



    Was gerade im Gazastreifen stattfindet, wirft auch ein Schlaglicht darauf, was seit Jahrzehnten stattfand: Humanitäre Hilfe, die weit über Ernährung hinausging.



    Schulen und Ausbildung sind hier Teil der Entwicklungshilfe.



    Diese Ausweitung der Unterstützung muss auch in Zukunft Teil der Friedensarbeit sein.



    Das bedeutet natürlich auch, dass sehr Vieles, das zerstört wurde, wieder aufgebaut werden muss.



    Im praktischen, wie im übertragenen Sinne.



    Denn auch das UNHCR, sein Hochkommissariat und die palästinensische Unterorganisation steht in der Kritik.



    Hier steht Aufklärung an erster Stelle um verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen.



    Perspektiven vor Ort zu entwickeln war schon immer Grundstein der Entwicklungszusammenarbeit.



    Es ist klar, dass sich hier, auch in Zukunft, Vieles an den Klimawandel und daraus folgende Umstände anpassen muss.



    Die gerade in Marokko erweiterten Weiterbildungszentren sind eine positive Entwicklung.



    Wenn Menschen von hier aus nach Europa starten, ist es nicht mehr lebensgefährlich.

  • "Future Cities" ???

    Ich zitiere dazu mal einen schon etwas "älteren" (klaren) Denker:

    "Es gibt eine Art von leerem Geschwätz, dem man durch Neuigkeit des Ausdrucks, unerwartete Metaphern das Ansehen von Fülle gibt. Im Scherz geht es an, im Ernst ist es unverzeihlich."



    Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799)

    Ich persönlich bin kein Befürworter offener Grenzen. Wir sollten die Nothilfe für Verfolgte (Asyl) oder auf andere Weise durch Gewalt Bedrohte (Krieg etc.) nicht zu einer Sozialhilfe/Wohlfahrtshilfe für alle auf der Welt ausweiten, die es irgendwie zu uns schaffen. Weil wir das irgendwann selbst nicht mehr schaffen, nicht allein finanziell, sondern auch (gesellschaftlich) mental. Und nicht zuletzt, weil wir damit völlig allein dastehen würden. Mit ziemlicher Sicherheit würde kein anderer Staat unserem "Vorbild" folgen.

    Aber - für jene, die wir (durchaus begründbar) nicht bei uns aufnehmen wollen, die man aber auch nicht zurückschicken kann, weil ihre Herkunftsländer sie nicht zurücknehmen wollen oder die Herkunft nicht geklärt werden kann, kommt das einer Deportation gleich. Und wenn die Bevölkerung in den "Aufnahmeländern" nicht gefragt wird, dann ist das eine neue Art von Kolonisation.

    Für mich gibt es viele nachvollziehbare Gründe, nicht alle Menschen die es wünschen/wollen, bei uns aufzunehmen, aber "Future Cities" ordne ich (in einem ziemlich weiten Rahmen) irgendwo zwischen komplett "gaga" und dem Basteln von zivilisatorischen Zeitbomben ein, die dann (zuerst) in Afrika explodieren.

    "Future Cities" - irre!

    • @Al Dente:

      Internierungslager bleiben welche auch wemmer se annerschd nennt.



      Das Schlimme ist, daß solche (durch die UNO getragene) Einrichtungen erstmal ne "Verbesserung" darstellen würden, wenn sich Europa um Infrastruktur etc. kümmert.

    • @Al Dente:

      ""Future Cities" ordne ich (in einem ziemlich weiten Rahmen) irgendwo zwischen komplett "gaga" und dem Basteln von zivilisatorischen Zeitbomben ein, die dann (zuerst) in Afrika explodieren."

      Ich hätts nicht so gut formulieren können.

  • "Wir können uns afrikanisch-europäische Städte mit Ansiedlungsanreizen und Sonderwirtschaftszonen vorstellen"



    - und die können wir uns überall vorstellen, nur nicht in Europa... 🤷‍♂️😂



    Mal abgesehen davon, dass die komplette Idee völlig hanebüchen ist - aber spätestens die geografischen Realitäten würden derlei Ideen absurdum führen. Denn ein kurzer Blick auf den Globus genügt, sämtliche Fluchtrouten verlaufen Richtung Europa durch Wüsten 🏜



    Hoppla, Future Cities im Sand und unter sengender Sonne gründen, Stichwort Trinkwasser und Nahrungsmittel, ach komm egal - das klappt garantiert, grad entlang der Sahel wirds bestimmt nicht trockener 🤦‍♂️



    Da störts dann auch nicht weiter das neben dem Sandmalus sämtliche Fluchtrouten gen Europa leider auch noch größtenteils durch eher instabile oder diktarorisch angehauchte Staaten führen - Future Cities in Lybien, Algerien oder Syrien, etc...



    An Zynismus ist diese "Idee" schwer zu übertreffen, Hut ab.

  • Cool. Der Westen fliegt gerade aus immer mehr afrikanischen Ländern raus und die wollen dort Städte bauen. Wie weit kann man jenseits der Realität leben?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Es ist schon irgendwie lustig, ich meine Thüringen ist ein Bundesland, wo ohnehin immer weniger Menschen leben werden. Für wen wird denn da in Zukunft Politik gemacht? Der demografische Wandel wird da auch wieder eine Transformation einleiten, sofern es nicht schon lägst passiert.

  • Also wie die Lager, die die AfD will — nur etwas netter? Wer hat es da nicht verstanden, dass eine Übernahme der Positionen der Rechtsextremen immer die Rechtsextremen stärkt?

    • @Arne Babenhauserheide:

      So siehts aus.

      Ich kenne 2 Entitäten auf der Welt, die bewiesen haben, dass sie so eine Idee umsetzen könnten, ohne dass es innerhalb eines Jahres eine humanitäre Katastrophe von groteskem Ausmaß wird:



      Die UNO, und Jordanien.

      Und weder die einen noch die anderen sollen hier involviert sein.