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Fortschreitende Radikalisierung der AfDVölkisches Denken führt zum Verbot

Die AfD wird immer radikaler und ist stolz darauf. Erste Stimmen fordern ein Parteiverbot. Was würde das bedeuten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Protestgraffiti gegen die AfD in Hamburg Foto: Hanno Bode/imago

Wer fordert ein Verbot der AfD?

Die lauteste Stimme ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz aus Chemnitz. Aber auch in anderen Parteien gibt es Verbots­befür­wor­ter:in­nen, etwa die sächsische-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke). Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz sieht ein AfD-Verbot immerhin als „allerletztes Mittel“. Bisher handelt es sich aber um Einzelstimmen.

Wer entscheidet, ob eine Partei verboten wird?

Das Bundesverfassungsgericht, konkret der Zweite Senat unter Vizepräsidentin Doris König. Erforderlich ist eine Zweidrittelmehrheit der acht Rich­ter:in­nen.

Wer kann ein Parteiverbot beantragen?

Nur Bundestag, Bundesrat und/oder die Bundesregierung können einen Verbotsantrag stellen. Ob sie dies tun, ist eine politische Entscheidung. Sie können darauf verzichten, selbst wenn die rechtlichen Voraussetzungen für ein Verbot gegeben wären.

Was sind die Kriterien für ein Parteiverbot?

Eine Partei kann verboten werden, wenn sie darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) zu beseitigen und zu beeinträchtigen. In seinem NPD-Urteil von 2017 hat das Bundesverfassungsgericht dies konkretisiert: Die fdGO habe vor allem drei Grundprinzipien: den Schutz der Menschenwürde, die Demokratie und den Rechtsstaat.

Damit unvereinbar ist laut Bundesverfassungsgericht ein völkisches Denken, das von einem ethnisch homogenen Staatsvolk ausgeht, in das man nur hineingeboren werden kann. Dies stehe im Widerspruch zum Volksbegriff des Grundgesetzes, wonach alle deutschen Staatsbürger unabhängig von sonstigen Merkmalen wie Hautfarbe oder Religion zusammen das deutsche Volk bilden. Das völkische Denken verletze die Menschenwürde und das Demokratieprinzip, weil es eingebürgerte Deutsche nicht als gleichwertig anerkennt.

Außerdem verletzt das völkische Denken die Menschenwürde, weil es Menschen generell nicht als gleichberechtigt ansieht. Vor allem wegen ihres völkischen Denkens wurde die Politik der NPD 2017 als verfassungswidrig eingestuft.

Kommt es darauf an, ob eine Partei und/oder ihre An­hän­ge­r:in­nen Gewalt anwenden?

Nein, darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist ein „planvolles Handeln“, um die Ziele zu erreichen. Nicht ausreichend ist nur das bloße Bekenntnis zu verfassungswidrigen Zielen.

Welche Bedeutung hat es, dass die Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann an den Umsturzplänen der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß beteiligt war?

Soweit bisher ersichtlich, ist Malsack-Winkemann die einzige AfD-Funktionärin, die an der mutmaßlichen terroristischen Vereinigung beteiligt war. Das offen antidemokratische Vorhaben der Gruppe kann also nicht der AfD zugerechnet werden. Die AfD verharmlost die Gruppe zwar, sympathisiert aber nicht mit ihr.

Welche Bedeutung hat es, dass die AfD die EU auflösen will und Klimaschutz skeptisch sieht?

Die AfD vertritt viele Positionen, die sie unter dem geltenden Grundgesetz nicht verwirklichen kann. So ist die deutsche EU-Mitgliedschaft im Grundgesetz ausdrücklich festgeschrieben. Und das Bundesverfassungsgericht hat dem Staatsziel Umweltschutz auch ein Klimaschutzgebot entnommen.

Um ihre Politik verwirklichen zu können, müsste die AfD also an vielen Stellen zunächst eine Änderung des Grundgesetzes erreichen. Das aber ist legitim und rechtfertigt kein Parteiverbot. Auch wer etwa die Schuldenbremse abschaffen oder aufweichen will, müsste dafür zunächst das Grundgesetz ändern.

Erfüllt die AfD heute bereits die Voraussetzungen für ein Parteiverbot?

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat dies in einem Gutachten vor einigen Wochen bejaht. Das Institut stellte dabei vor allem auf eine „rassistische national-völkische Ausrichtung“ der AfD ab, die eine „geschlossene und homogene Gesellschaft propagiert, in der Menschen unter Bezugnahme auf das Kriterium der Kultur in ein ‚Uns‘ und ‚die anderen‘ unterteilt und hierarchisiert werden“.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD-Bundespartei bisher als „Verdachtsfall“ eingestuft. Das Verwaltungsgericht Köln hat dies im März 2022 bestätigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die AfD hat Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt, das noch nicht entschieden hat. Sollte der Verfassungsschutz die AfD-Bundespartei eines Tages als „gesichert extremistische Bestrebung“ einstufen, wäre dies gleichbedeutend mit der Aussage, dass er ein Verbot der AfD für möglich hält. Denn die Kriterien sind weitgehend identisch.

In einigen Bundesländern wie Thüringen und Brandenburg werden die dortigen Landesverbände der AfD oder des AfD-Jugendverbandes Junge Alternative von den jeweiligen Landesämtern für Verfassungsschutz bereits als „gesicherte extremistische Bestrebung“ eingestuft.

Kann auch ein einzelner AfD-Landesverband verboten werden?

Laut Gesetz kann das Verbot „auf einen rechtlich oder organisatorisch selbstständigen Teil einer Partei beschränkt werden“. Demnach könnte ein AfD-Landesverband, der die Voraussetzungen erfüllt, verboten werden, während andere Landesverbände, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, weiterarbeiten könnten.

Welche Lehren lassen sich aus den beiden gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD ziehen?

Das erste Verbotsverfahren scheiterte 2003, weil zu viele V-Leute in den Gremien der NPD saßen. Das Bundesverfassungsgericht verlangt deshalb, dass während des Verfahrens in den Bundes- und Landesvorständen der Partei keine staatlichen Spitzel sitzen. Beim zweiten Anlauf scheiterte ein NPD-Verbot 2017 an deren mangelnder Relevanz. Die Politik der NPD sei verfassungswidrig, die Partei habe aber nicht das Potenzial, ihre Ziele umzusetzen. Für die AfD, die auf dem Weg ist, stimmenstärkste Partei Deutschlands zu werden, ist dieses Kriterium irrelevant.

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31 Kommentare

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  • Es ist schon bemerkenswert, wenn selbst ein Rechtspopulist wie Salvini zu der Einschätzung gelangt, man könne nicht mit der afd zusammen arbeiten.

    Die afd, gestartet als Bürgerliche Partei, ist mittlerweile zu einer Gruppierung mutiert, die in ihrer Kern-Ideologie in der Tradition der NSDAP steht. Allerdings gelingt es ihr bislang, ihre Antidemokratische Gesinnung hinter geschickten Formulierungen zu verbergen.

    Was mich erschreckt,ist diederzeit vorherrschende Hilflosigkeit und Naivität im Umgang mit diesen Antidemokraten.Offenbar hat unsere Gesellschaft die verstörenden und traumatischen Ereignisse des dritten Reichs noch nicht überwunden (und fürchet unbewusst, dass dann demnächst die Gestapo vor ihrer Tür steht)..

    Umso wichtiger sind deshalb jetzt MUT und KONSEQUENZ..

    Es muss eine klare Grenze geben, ab der das Menschen verachtende Treiben und die Antidemokratischen Bestrebungen der afd nicht mehr toleriert werden.!

    Denn eines muss klar sein: wenn wir es zulassen, dass die afd in Thüringen oder sonstwo Zugriff auf Behörden bekommt, wird sie Dinge in Gang bringen, die nicht oder nur schwer reversibel sind, wie z.B.:

    - eine rassitische Ausrichtung der Sicherheitsbehörden.



    - eine Beschneidung der Pressefreiheit



    - eine "Neuausrichtung des Verfassungsschutzes (dann gegen ihre Feinde)



    - die immense Gefahr des Zugriffs und Mißbrauchs von Behörden- und sonstigen Daten, zwecks Erstellung von "Feindeslisten".



    - eine gezielte Vergabe von Machtpositionen an ihre Parteigenossen verbunden mit dem Ausschluss Andersdenkender von Einflussmöglichkkeiten aller Art.



    - etc tt.



    - vor allem aber würde sie die Bürger einschüchtern und dadurch die freie Meinungsäußerung im Keim ersticken..

    Ob ein Verbot der beste Weg ist, den neuen/alten Ungeist zu vereiteln, kann man diskutieren. Aber eines muss klar sein: wenn die afd rote Linien überschreitet und anstrebt die Demokratie zu zerschlagen..dann braucht es ein unmissverständliches Signal..an den Höcke-Zirkel und seine Wähler..

    • @Wunderwelt:

      "Umso wichtiger sind deshalb jetzt MUT und KONSEQUENZ.."

      "MUT und KONSEQUENZ" - geht das auch ein wenig konkreter?

      Was soll bspw. passieren in jenen Gremien, die von einem Bürgermeister oder Landrat der AfD geführt werden?

      Soll die Linkspartei in Thüringen mit der CDU koalieren, wenn das die einzig noch mögliche Mehrheits-Koalition ist, oder soll die die Linkspartei ein Minderheitsregierung unter Führung der CDU mit wählen?

  • 1G
    14231 (Profil gelöscht)

    Ich denke, unbequeme politische Stimmen per Verbot aus den Parlamenten zu verbannen, ist grundsätzlich keine sinnvolle Idee. Alles was man damit erreicht, ist, die Aktivitäten einer politischen Bewegung auf die außerpalamentarische Ebene zu drängen. Dort entziehen sich Einblicke in ihre Strukturen erst recht der Öffentlichkeit was eine Radikalisierung eher begünstigt.

    Die AfD zu verbieten mag ihren Gegnern eine wohlige Befriedigung verschaffen und der politischen Konkurrenz einen kampflosen Sieg bescheren, der Gesellschaft kann es allerdings eher Schaden zufügen. Die unter AfD-Anhängern beliebte Opfererzählung würde ein Partei-Verbot genauso bekräftigen wie die These, dass die Bundesrepublik gar keine Demokratie, also auch nicht legitimiert sei.

    Ich hielt schon das ewige Theater um eine Bundestagsvizepräsidentschaft der AfD für kontraproduktiv. Jede gescheiterte Wahl stellte für die AfD eine nützliche Bühne dar, ohne wirklich irgendetwas machen zu müssen.

    • @14231 (Profil gelöscht):

      Weil es einen Marsch auf Berlin o.ä. geben könnte, erlauben "wir" lieber Anti-Demokrat*innen/Nazis sich zur Wahl stellen zu lassen und vertrauen dem Merzschen Brandmäuerchen[1], dass die AFD keine Macht bekäme? Als Demokrat*in akzeptierte mensch dann auch konsequenterweise, sollten diejenigen die Wahlen gewinnen, die die Grundrechte einschränken und die Demokratie abschaffen wollen?



      Mit dem Antifaschismus in Deutschland ist es offenbar nicht weit her. Die Nazis lachen sich ins Fäustchen, ob der "Wehrhaftigkeit" der Demokratie. Wäre die antidemokratische Partei links, würde wohl bereits ganz anders reagiert worden.



      [1] www.der-postillon....randmauer.html?m=1

  • Waaas? Jetzt schon? Die Rechten sind doch voll harmlos. Die wollen doch bloß spielen. Was für Hysteriker*innen! Das bisschen Rassismus, äh, Abstiegsangst. Außerdem werden die Ossis von den einen Wessis gemobbt und von den anderen verführt. Die paar Nazis, äh, Demokrat*innen. Das bisschen Nazi-Netzwerk, äh, Netzwerk von aufrechten Demokrat*innen. Die paar Morde, äh, Verzweiflungstaten von verängstigten Einzeltäter*innen, die paar Morddrohungen, äh, Spiel-Anfragen und was für Mordlisten, äh, die könn' doch gar nich schreiben ...

  • Danke - anschließe mich. But.

    Geschätzter Herr Christian Rath.



    Sie werden verzeihn. Mal entre nous but not only! Gell.



    “Fortschreitende Radikalisierung der AfD“ - mit Verlaub “Radikalisierung“???



    Mit Verlaub - Sie sind doch ein gebildeter Mensch und der deutschen Sprache mächtig.



    Sie wissen doch nur zugenau - Zuschnitt Organisation & vor allem das in der AfD zutage tretende verlautbarte Denken -



    EXTREMISTISCH IST •



    Und im Gegenteil - gerade nicht! Woll.



    RADIKAL - d.h. “zur Wurzel gehend ist!“



    Daran besteht doch gar kein Zweifel!



    Frage also - Warum bringens dann Ihre durchweg geschätzte Schreibe mit Ihrem Denken in Einklang?!



    Nun ist ja noch nicht aller Tage Abend!



    Also Dank im Voraus.



    Un - nischt for unjut - wa.

    unterm——-



    Zum Gutachten Robert Kempner zum Verbot NSDAP & den Fehlgriff von Brüning ein andermal.

    • @Lowandorder:

      Hola - da fehlt ein - “nicht“ -

      “Frage also - Warum bringens dann Ihre durchweg geschätzte Schreibe nicht mit Ihrem Denken in Einklang?!“



      So! Stimmt der Satz • Gellewelle.

  • Man sollte mit einem solchen Anlauf höchst vorsichtig sein. Wenn man das Verbotsverfahren anstößt und es schief geht, dann wäre das nicht nur peinlich, sondern würde von der AfD wohl auch als Siegel für Verfassungstreue uminterpretiert werden.



    Die Partei lebt in meiner Wahrnehmung primär davon antagonisiert zu werden. Erst durch den massiven, politischen und medialen Gegenwind konnte sich die AfD zur Protestpartei stilisieren und dieser Stellung verdankt sie ja die Mehrheit ihrer potenziellen Wähler.

    Aus meiner Sicht ist deshalb eine Lösung ohne Parteiverbot vorzuziehen. Nötig wäre dazu vor allem ein unaufgeregter Umgang mit der AfD. Es muss klar sein, dass viele Handlungen dieser Partei das Ziel verfolgen emotionale Reaktionen zu provozieren. Das ist etwas das vor allem Medien und Medientreibende verinnerlichen müssten.

    • @Julius Anderson:

      Die Partei lebt IMHO weitestgehend von einer völlig abstrusen Selbstwahrnehmung ihrer Wähler.



      Die halten sich alle - vollkommen unabhängig von ihren eigenen Positionen für politisch in der Mitte stehend oder maximal ein ganz klein wenig konservativ.



      Entsprechendes gilt dann natürlich auch für Höcke und jeden anderen AfD-Funktionär. Ob diese nun eine Umkehr in die Zeit vor 1945 fordern, den Holocaust für einen Fliegenschiss halten, oder Flüchtlinge beim Grenzübertritt abknallen wollen, ist völlig unerheblich

    • @Julius Anderson:

      "Protestpartei"



      Wer regelmäßig immer wieder Protest wählt ist Stammwähler und Überzeugungstäter.



      "ein unaufgeregter Umgang mit der AfD"



      Wäre diese Partei nicht irgendwie auch am Ziel wenn sich niemand mehr über die all die menschenfeindlichen, NS-verharmlosenden und rechtsradikalen Ausfälle die regelmäßig aus ihren Reihen geäußert werden aufregt, wenn es am Ende gar keinen entschiedenen Widerspruch mehr gibt wenn dieses braune Pack die Grundwerte dieser Gesellschaft einmal mehr in den Dreck zieht?

  • Ich stelle mir die Frage nach dem Sinn eines AfD Verbots.



    Auf der einen Seite wäre dies ein harter Schlag gegen die extreme Rechte in Deutschland: spontan wäre enorm viel Geld weg, die Mandate wären weg, AfD Mitglieder in Polizei und Bundeswehr würden ihre Jobs verlieren, die riesige Bühne, die diese Partei hat, wäre weg.

    Andererseits würde ein AfD Verbot nur zu einer Atempause führen, von der ich nicht glaube, dass die demokratischen Parteien (zählen wir großzügig CDU und CSU) sie nutzen würden, um der AfD durch eine gemeinwohlorientiertere Politik die Grundlage zu entziehen. Die Leute, die diese Partei wählen (würden) sind dann nicht von heute auf morgen weg. Netzwerke bleiben bestehen und eine neue Partei würde relativ schnell wieder aufgebaut und auch erfolgreich werden.



    Die AfD ist ein soziales Problem und die lassen sich nicht durch Verbote lösen.

    • @Piratenpunk:

      Würden Sie bitte genauer spezifizieren, was Sie unter "gemeinwohlorientiertere Politik" verstehen?

      • @Kaboom:

        Stärkeren sozialen Ausgleich. Den Strukturwandel sozial gerecht gestalten. So als Beispiele.

  • Das sogenannte "Deutsche Institut für Menschenrechte" ist genau wie der Verfassungsschutz ein Teil des Staates, nur nicht als Behörde, sondern als angeblich unanhängige Stiftung organisiert.



    Völkisch als Vorwurf ist doch ein äußerst dehnbarer Begriff.



    Das was der AfD hier als "völkische Politik" vorgeworfen wird, enspricht weitestgehend dem bis 1999 gültigen Staatsbürgerrecht.

    • @Don Geraldo:

      "Völkisch als Vorwurf ist doch ein äußerst dehnbarer Begriff."

      Nö. Es gibt eine klare Definition für "völkisch". Und die ist klar rechtsradikal konnotiert. Kann man in jedem Lexikon nachlesen.

      "Das was der AfD hier als "völkische Politik" vorgeworfen wird, enspricht weitestgehend dem bis 1999 gültigen Staatsbürgerrecht."

      Nö. Nach dem 2. Weltkrieg gab es in D kein rechtsradikal motiviertes "Staatsbürgerrecht". Und schon gar nicht vertritt die AfD eines, das es in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg schon mal gab.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Das wird die AfD verboten, und dann?

    Die Wähler und Mitglieder sind ja nicht weg. Dann wird sich die nächste Partei gründen und weiter machen.

  • Die Stärke der AfD liegt in der Schwäche der etablierten Parteien, auch der Opposition wie Linke und CDU. Die schließlich auch in der Regierung von Bund und Ländern zu finden waren und sind.



    Das Programm, Ziele und Personal der AfD sind weitgehend unbekannt.



    Das betrifft auch die "Radikalisierung", sie ist möglich, weil sie ignoriert wird, während die Partei das Protestpotential der Bevölkerung voll ausschöpfen kann.

    Das Problem der etablierten Parteien ist ihre zunehmende Entfernung und Entfremdung von der Bevölkerung. Wir erleben die Durchsetzung von Politik, die aus dem Wechselspiel von Medien und Parteien entsteht. Abgekoppelt von der Wirklichkeit und damit auch von den Bedürfnissen und Nöten, entstehen aus Begriffen und Bildern, von zunehmender Eindringlichkeit und Dramatik, Probleme, die nur durch die beteiligten Akteure gelöst werden können. Da es jedoch keine Lösung geben kann, weil es die Beteiligten entbehrlich machen würde, folgt auf die eine Krise, die nächste Krise.

    Und die Bevölkerung bleibt zurück, ihre Bedürfnisse bleiben ignoriert, und sie sind zusätzlich traumatisiert durch diese Inszenierung.

    Die AfD profitiert von dieser schlechten Politik, mehr nicht. Wer auf Kritik an seiner Politik nur mit dem Verbot der Kritik antworten kann, denn mehr ist es nicht, hat das Wesen von Politik nicht verstanden.

    Was hier sichtbar wird, erinnert an die Worte von Brecht.



    "Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?"

    • @Octarine:

      "Die AfD profitiert von dieser schlechten Politik, mehr nicht."

      Genau. Wer das Bildungssystem vernachlässigt, der wird dafür schlechte Bildung ernten. Gute Bildung hilft aber nunmal gegen Faschismus. Wir sehen die Katastrophe, in die uns die Bildungspolitik hineingeritten hat: Kaum noch Lehrer. Das Lehrer-Bashing hat auch aufgehört, seit klar ist, dass das echt keiner mehr machen will. Mittel dagegen? Größere Klassen, einfachere Ausbildung. Aha?

      Jede andere Branche wüsste: Kleinere Klassen, mehr Geld, dann kommen wieder Lehrer. Aber die Situation ist so in die Tonne geritten worden, dass das einfach gar nicht mehr geht! Alle Schulen laufen mit Unterbesetzung, Lehrer werden abgeordnet und unterrichten an zwei Schulen. Ein modernes Bildungssystem ist derzeit nicht einmal mehr mit Unmengen von Geld denkbar, weil es dermaßen runtergerockt wurde. Dazu noch ein Ausbildungssystem, dass einen auf die Realität der Schulen gar nicht richtig vorbereitet. Dazu eine Bürokratie, als wäre das die Hauptaufgabe eines Lehrers.

      Und das ist ja nur ein Beispiel.

      Weiterhin: Wohnungsbau/-markt in der Hand von Großunternehmen, soziale Ungerechtigkeit (während manche Fantasten von E-Fuels schwafeln, können andere mit einer Familie nicht mal mehr den Nahverkehr bezahlen), eine FDP, die völlig offen notwendige Projekte blockiert und sabotiert und scheinbar mehr Macht hat als die Koalitionspartner, eine Grüne Partei, die ihre Kernideale einfach aufgibt, ein SPD, die schon lange keine Arbeiter mehr vertritt, eine CDU, die nicht kapiert, dass die alten Herren der Partei nicht mehr ziehen. Auch kurios: Koalitionszwang bei Abstimmungen. Bitte was? In meinen Augen undemokratisch.

      Die Klimakrise wird zwar inzwischen generell akzeptiert, aber echte Schritte werden auf eine Art diskutiert, als wären sie nicht inhaltlich wichtig. Kein Wunder, wenn viele einfach nicht wahr haben wollen, dass es so ist: Die Politik nimmt's ja selbst nicht ernst.

      Lösung: Zu Idealen stehen und auch mal verlieren.

    • @Octarine:

      "Und die Bevölkerung bleibt zurück, ihre Bedürfnisse bleiben ignoriert, und sie sind zusätzlich traumatisiert durch diese Inszenierung."

      Mit "die Bevölkerung" meine Sie vermutlich die 20%, die aktuell rechtsradikal wählen würden. Die restlichen 80% können damit nicht gemeint sein, denn sie haben seit Jahrzehnten ihre demokratische Gewinnung bewiesen. Und ihre Bedürfnisse wurden auch keineswegs ignoriert.

      • @Kaboom:

        Da stellt sich doch die Frage, wo das politische Personal der rechten Parteien den herkommt?



        Welche Politik, welches Gedankengut seit Beginn dieser Republik ausgeführt und gelebt wurde?

        Das war und ist sehr viel zweifelhafte und wenig demokratische Gesinnung.

        Was die Bedürfnisse angeht, sehen Sie sich die Infrastruktur an, sehen Sie wie die 40 % der Menschen leben, die keine Rücklagen haben.

        • @Octarine:

          Es ist vollkommen irrelevant, wo das Personal der Rechtsextremen herkommt. Relevant ist, wo die Wähler herkommen.

          Und die Behauptung, dass undemokratisches Gedankengut seit "Beginn dieser Republik ausgeführt und gelebt wurde?" ist - sorry - dummes Zeug.

  • "Beim zweiten Anlauf scheiterte ein NPD-Verbot 2017 an deren mangelnder Relevanz. Die Politik der NPD sei verfassungswidrig, die Partei habe aber nicht das Potenzial, ihre Ziele umzusetzen."



    Diese Begründung habe ich nie wirklich verstanden. Entweder ist "verfassungswidrig" verboten oder nicht. Immerhin kann man sich ja das Potential auch noch zukünftig wachsen.Und ab welchem "Grenzwert" ist das Potential hoch genug?

  • "Für die AfD, die auf dem Weg ist, stimmenstärkste Partei Deutschlands zu werden, ist dieses Kriterium irrelevant."



    Wenn sie oder einer ihrer Landesverbände es aber erst einmal ist, dürfte das die Chancen für ein Verbot und dessen tatsächliche Umsetzbarkeit auch nicht gerade befördern.

    • @Ingo Bernable:

      Wenn ich den Beitrag richtig gelesen habe, ist ein AfD-Verbot unter Berücksichtigung der genannten Kriterien ohnehin kaum durchzusetzen, auch wenn es bei einem Verbot einzelner Landesverbände anders aussieht.



      Dieses Szenario einzusetzen als politische Strategie, die AfD insgesamt letztlich an den juristischen Haken zu bekommen - in der Hoffnung, sie würde sich dann als Bundespartei auch weiter radikalisieren -, halte ich für fragwürdig … letztlich ist es doch die schon seit längerem geführte Debatte, ob der AfD eher mit juristischen Mitteln oder auf dem Weg der politischen Auseinandersetzung beizukommen sei. Und auch alleine auf der politischen Ebene werden unterschiedliche Strategien kontrovers diskutiert, wie wir angesichts der Kritik an den Merz-Äußerungen wieder erleben konnten.



      Ich vertrete die Ansicht, hier das eine zu tun ohne das andere zu lassen … wobei ich auf die juristische Strategie eines Parteienverbots weniger Hoffnung setze (s. die gescheiterten Anläufe, die NPD zu verbieten) und das eigentlich auch nicht für maßgeblich halte. Denn: fokussieren wir uns zu sehr auf ein AfD-Verbot, wird möglicherweise der gesellschaftliche Kontext vernachlässigt, der zu einem Erstarken des Faschismus führt. Das dürfte nicht im Interesse einer antifaschistischen Strategie sein.



      Und zum Thema „gesellschaftlicher Kontext“ müsste uns als Linken doch eine Menge einfallen, wo die Dinge im Argen liegen und dringender Veränderungsbedarf besteht, um der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen. Auf jeder Ebene übrigens, von der Kommunal- bis zur Bundespolitik.

    • @Ingo Bernable:

      Doch, gerade dann ist die Wahrscheinlichkeit höher. Je mehr Relevanz im politischen Spielfeld, desto eher ist Karlsruhe motiviert ein Verbot auszusprechen.

      • @SeppW:

        Dass man das in Karlsruhe so handhaben würde ist sicher richtig. Dennoch bleibt es a) aus demokratischer Sicht eben doch nicht ganz unproblematisch eine Partei mit bestehender absoluter Mehrheit zu verbieten und b) muss so ein Verbot dann ja auch umgesetzt werden und zwar von konkreten Menschen deren politische Präferenz in etwa dem der allgemeinen Bevölkerung entsprechen dürfte.

  • Die AfD liegt bei 20%, die CDU bei 28%, aktuelle Umfrage ARD Deutschlandtrend.



    Wie kommt Herr Rath zu der Aussage, diese Partei befinde sich auf dem Weg zur stärksten Partei?

    • 1G
      14231 (Profil gelöscht)
      @Tripler Tobias:

      CDU+CSU haben in Umfragen aktuell ca. 27% (Infratest dimap, Yougov). Die Afd hat 20% (Infratest dimap) bzw. 23% (Yougov).

      Angesichts der genialen Idee, die Bundestagszugehörigkeit einer Partei einzig vom Zweitstimmenergebnis abhängig zu machen, liegt es durchaus im Bereich des möglichen, dass die AfD im Bundestags bald in etwa so stark vertreten ist wie die Unionsparteien.

  • Meine außerirdische Mitbewohnerin - sie macht hier Erdasmus-Semester - findet Germany komisch: alle haben Angst vor Wölfen aber wählen AfD.

  • Auch wenn ich mir wünsche, dass diese Partei möglichst wieder verschwindet, halte ich ein Verbot, selbst wenn gerechtfertigt, strategisch äußerst unklug.

    Man würde damit die Stimmen von 20% der Wähler für ungültig erklären. Das würde die Wahnvorstellung von einigen, wir würden in einer "links-grünen" Diktatur leben, nur verfestigen und verbreiten.

    Außerdem glaube ich würde bei einem Verbot einfach eine neue Partei gegründet werden, die in kürzester Zeit den gleichen Zuspruch erhält. Das Problem wäre damit nur aufgeschoben.

    In einer Demokratie ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen hinter demokratischen Werten stehen. Sonst wird es mit oder ohne Afd schwierig. Ich sehe da leider düster. Der Rechtsruck in der Bevölkerung und den anderen Parteien ist meiner Meinung nach im vollen Gang.

  • "Dies stehe im Widerspruch zum Volksbegriff des Grundgesetzes, wonach alle deutschen Staatsbürger unabhängig von sonstigen Merkmalen wie Hautfarbe oder Religion zusammen das deutsche Volk bilden. Das völkische Denken verletze die Menschenwürde und das Demokratieprinzip, weil es eingebürgerte Deutsche nicht als gleichwertig anerkennt." Damit hat das BVG die eigentliche "Brandmauer" gegen die AfD errichtet, die wir verteidigen müssen (und werden). Ich bin froh, in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben!