Letzte Generation staut in 26 Städten: Klima-Blockade bundesweit
Die Letzte Generation hat eine ihrer größten Aktionen gestartet. Grund für die Proteste: Die Regierung breche das Klimaschutzgesetz.
![Protest mit Plakat auf einer Straße. Protest mit Plakat auf einer Straße.](https://taz.de/picture/6391055/14/33208184-1.jpeg)
In Berlin demonstrierten nach Angaben der Polizei an fünf verschiedenen Stellen Aktivist:innen der Klimaschutzgruppe. Erheblichen Stau verursachten acht Aktivist:innen am Kreisverkehr um die Siegessäule im Bezirk Tiergarten. Vier von ihnen klebten sich um 8 Uhr auf der Straße fest und blockierten dadurch die Hofjägerallee und die Straße des 17. Juni in Richtung Brandenburger Tor. Laut dpa versuchten einige Autofahrer:innen, die Blockade zu umgehen, indem sie über die Bürgersteige fuhren. Gegen 11 Uhr waren alle Blockaden in Berlin aufgelöst, teilte die Polizei mit.
In München protestierten acht Aktivist:innen ab 7.45 Uhr auf der Fahrbahn am Stachus in der Innenstadt, gegen 10.30 Uhr konnte die Polizei die Fahrbahn wieder freigeben. Auch in Nürnberg, Freiburg, Ulm, Braunschweig, Dresden, Leipzig und Potsdam blockierte die Letzte Generation vielbefahrene Straßen am Morgen. Einem Sprecher der Letzten Generation zufolge sollen die Blockaden den Tag über in verschiedenen Städten weiterlaufen.
Die Aktivist:innen waren bei ihren Protesten als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) maskiert. Sie trugen Schilder mit der Aufschrift „Wir brechen das Gesetz.“
„Friedlicher Widerstand ist demokratische Pflicht“
Die Letzte Generation argumentiert, dass die Bundesregierung ihr eigenes Klimaschutzgesetz missachtet: Das Verkehrsministerium müsse nach Paragraph 8 Klimaschutzgesetz bis zum kommenden Montag ein Klimaschutzsofortprogramm vorlegen, da es seine CO2-Reduktionsziele erneut deutlich verfehlt habe. Minister Wissing weigere sich aber und Kanzler Scholz bestärke ihn dabei, sagte ein Sprecher der Letzten Generation der taz. „Es ist unsere demokratische Pflicht, dagegen friedlich Widerstand zu leisten“, betonte Carla Rochel, eine Sprecherin der Gruppe.
Die Stadt Nürnberg versuchte, die Blockaden zu verhindern, indem sie unangemeldete Versammlungen per Allgemeinverfügung für zweieinhalb Wochen verbot. Am Donnerstag teilte die Stadt mit, dass „bei nicht angezeigten Versammlungen der Gruppe ‚Letzte Generation‘ oder ähnlichen Versammlungen zum Klimaprotest keine Fahrbahnen benutzt werden dürfen und sich teilnehmende Personen nicht ankleben, festketten, festbinden oder niederlassen dürfen“.
Verstöße würden mit Geldbußen bis 3.000 Euro, für die Anführer:innen der Proteste sogar mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet. Rechtzeitig angezeigte Klimaproteste, Versammlungen und Demonstrationen seien aber nicht betroffen. Seit einer Woche sind auch in Stuttgart auf 150 Straßen im Stadtgebiet Blockaden von Klimaaktivist:innen bis Ende des Jahres untersagt. Ende 2022 verfügte München ein ähnliches Verbot für einen Monat.
Nach der Klebe-Aktion am Düsseldorfer Flughafen am Vortag prüft der Airport inzwischen mögliche Ansprüche auf Schadenersatz. „Wir behalten uns rechtliche Schritte vor“, sagte ein Sprecher am Freitag. Die Höhe des entstandenen Schadens sei noch unklar. Am Donnerstag hatten sich sieben Aktivist:innen auf dem Rollfeld festgeklebt. Die Folge waren Flugausfälle und -verspätungen. Eine ähnliche Aktion hatte es auch am Hamburger Flughafen gegeben.
48 Flüge in Düsseldorf annulliert
In Düsseldorf wurden nach Angaben des Sprechers insgesamt 48 Flüge annulliert und zwei umgeleitet. Bis in den Abend habe es bei vielen der insgesamt 480 Flüge Verspätungen gegeben, in Einzelfällen bis zu 90 Minuten.
Sprecherin Lina Johnsen rechtfertigte die Aktion am Donnerstagabend in den ARD-“Tagesthemen“: „Wir steuern auf eine unglaublich große Katastrophe zu, und die Bundesregierung schafft es nicht, auf die Bremse zu treten.“ Auch sie fände die Blockaden nervig und gönne allen Menschen ihren wohlverdienten Urlaub, sagte Johnsen.
Zu einer Umfrage, nach der 85 Prozent der Deutschen die Proteste der Letzten Generation ablehnen, betonte sie: „Unsere Rolle als Protestierende ist es nicht, Mehrheiten für den Klimaschutz zu schaffen, die sowieso schon da sind. Es scheitert an der Umsetzung der Lösungen, nicht an Mehrheiten in der Bevölkerung.“ Den Vorwurf, dass einige Protestformen der Letzten Generationen kriminell seien, wehrte die Aktivistin ab. Was kriminell sei, müssten am Ende die Gerichte entscheiden. Zu den Flughafen-Blockaden liege noch kein Gerichtsbeschluss vor.
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