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Prozesse gegen Trump in den USAMichelle Obama hatte unrecht

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Die Ver­tei­di­ge­r:in­nen der Demokratie suchen nach Mitteln gegen Rechtspopulismus. Überheblichkeit hilft nicht.

Eine Unterstützerin von Donald Trump vor dem Gericht in Washington am 3.8.2023 Foto: Kevin Wurm/reuters

A uf dem Nominierungsparteitag der Demokraten im Jahr 2016 gab Michelle Obama ihr Motto gegen Donald Trump aus: „When they go low, we go high“ – Wenn die anderen niedere Instinkte adressieren, agieren wir erst recht mit Anstand. Der Parteitag bebte in emotionaler Einigkeit, aber Hillary Clinton verlor die Wahl gegen Donald Trump. Der Impuls war damals so falsch wie heute.

Jetzt steht Trump mit seiner Erzählung von der gestohlenen Wahl und Eingriffen in dieselbe vor Gericht. 2020 bereitete seine Erzählung den Weg für den Sturm auf das Kapitol und für einen materiell werdenden Angriff auf die Demokratie. Im beginnenden Wahlkampf wird es ihm voraussichtlich nicht schaden.

Noch ohne nominiert zu sein, liegt Trump gleichauf mit dem amtierenden Präsidenten. 17 Prozent derjenigen, die ihn Joe Biden gegenüber vorziehen, unterstützen Trump sogar, obwohl sie denken, dass er genau dessen schuldig ist, was ihm die Anklage vorwirft.

Die Debatte darüber, ob es Trump nun hilft oder schadet, gleich vor mehreren Gerichten zu stehen, ist nutzlos. Die Demokratie hat keine Wahl. Sie muss sich mit demokratischen Mitteln verteidigen. Was soll sie, die Demokratie, denn sonst tun?

Doch ihre Mehrheit in der Bevölkerung erodiert, nicht nur in den USA. Der antidemokratische Populismus hat seinen jüngsten Siegeszug mit der Hyperglobalisierung und der Hyperdigitalisierung begonnen. Migrationsfeindlichkeit, Rassismus – und Hass auf die vom nationalen Level längst entkoppelten, hochgebildeten, wohlbegüterten, gendernden und Geschlechtskategorien aufhebenden Eliten – sind ihre Kennzeichen.

Mehrheiten finden sich nicht in der Elite

Und wieder suchen die Verteidiger.innen der Demokratie nach einem Rezept dagegen. Was gegen diese Bewegung nicht hilft, ist Überheblichkeit: Überheblichkeit gegenüber dem Wunsch nach homogenem Zusammenhalt in einer sich neu sortierenden Welt, gegenüber Unterprivilegierung und autoritären Charakteren.

Auch sieben Jahre später hat die progressive Elite noch keinen Umgang mit dem antidemokratischen Hass gefunden. Dieser ist weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen. Nur die Mehrheiten für die Demokratie findet man eben nicht in der Elite alleine.

Michelle Obamas Worte von 2016 berühren den emotionalen Kern der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Wenn man sie wörtlich nimmt, zeichnet sie das Bild eines niederen Pöbels, unmoralisch und undemokratisch. Die liberale Elite dagegen residiert als Essenz der Demokratie darüber und trägt weiße Handschuhe. Mit weißen Handschuhen werden die Verteidiger.innen der Demokratie aber 2024 möglicherweise wieder als zweite ins Ziel laufen. Die Gefahr ist real.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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46 Kommentare

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  • "Wenn die anderen niedere Instinkte adressieren, agieren wir erst recht mit Anstand. Der Parteitag bebte in emotionaler Einigkeit, aber Hillary Clinton verlor die Wahl gegen Donald Trump. Der Impuls war damals so falsch wie heute."



    //



    Im WDR Hörfunk hat sich Claus Kleber anders geäußert zu Ursachen der verlorenen Wahl:



    wdrmedien-a.akamaihd.net/medp/podcast/weltweit/fsk0/296/2966965/wdr5morgenechointerview_2023-08-05_25jahrespaeterdieclintonlewinskyaffaere_wdr5.mp3



    //



    Er ließ keine Zweifel offen, dass er auch Bill Clintons Anteil an diesen Umständen sieht. Das Wort Anstand war aber nicht das, was er für ihn reklamierte.

  • Das Establishment der Demokratischen Partei als "die progressive Elite" zu bezeichnen ist allerdings völlig falsch.



    Als progressiv werden Beute wie Bernie Sanders und AOC bezeichnet. Parteieliten wie Clinton, Biden und Obama werden den "Liberals" zugerechnet. Das ist ein wesentlicher Unterschied.

    • @Einspruch:

      Ah, die "wahre" Elite gibt sich Mühe, sich von der Möchtegern-Elite zu distanzieren. Das hilft bestimmt - vor allem wenn man sich die Zahlen von Sanders & Co. bei Trumps Klientel anschaut (bzw. wie dort Ablehnung in Hass umschlägt). Der Elfenbeinturm scheint immer noch nicht hoch genug zu sein...

  • Touche , aber wo ist der Lösungsansatz?

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Überheblichkeit hilft nicht.“ Ja. „Don’t wrestle with pigs.” heißt es. Aber der Ringkampf muss angenommen werden. Und dazu muss klar sein, dass auf der Gegenposition kein Schwein kämpft – auch wenn er/sie/es so aussieht. Es bleibt schwierig und schmierig. Die Klugen müssen ihre Klugheit verstecken, damit sie nicht als überheblich gelten. Klugheit und Intelligenz sind bekanntermaßen die Eigenschaften, von denen niemand behauptet, davon zu wenig bekommen zu haben, im Gegensatz zu Vermögen, Gehalt usw.



    „Wenn jemand klüger ist als wir,



    macht uns das selten nur Pläsier,



    doch die Gewissheit, dass sie dümmer –



    erfreut fast immer.“



    Zum ersten Teil des Merkspruchs von Wilhelm Busch gilt aber heute: Wenn jemand klüger ist als wir, behaupten wir, sie/er sei überheblich. Dagegen kämpfen die Klugen vergeblich.



    Die größte Angst der Menschen ist die Verlustangst. Darum werden die, die glauben, dass sie noch etwas zu verlieren haben, so gut erreicht mit der Behauptung: „Die [Eliten] wollen Euch etwas [alles], wofür Ihr doch hart gearbeitet habt [sogar eure Ehre], wegnehmen.“ Ratlos zurück nach Berlin.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      "Die Klugen müssen ihre Klugheit verstecken, damit sie nicht als überheblich gelten."

      Genau solche "Erkenntnisse" sind gelebte, paternalistische Überheblichkeit, die nämlich Klugheit implizit mit dem erhobenen Zeigefinger verbindet, der dem selbsterklärt Klügeren den Dümmeren gegenüber vermeintlich eigentlich zusteht. Dieser erhobene Zeigefinger ist aber genau KEIN Zeichen von Klugheit. Die erfordert, sein Hirn so weit anzustrengen, dass man Andersdenkenden auch eine Lösung bietet, die nicht nur die eigenen Prioritäten berücksichtigt.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Normalo:

        Kluge Menschen können sich dumm stellen. Umgekehrt klappt das offensichtlich nicht.

        • @95820 (Profil gelöscht):

          Kluge Menschen erkennen, dass es nicht reicht und letztlich respektlos ist, sich nur dumm zu stellen - genau so wie der erhobene Zeigefinger. "Empathie" ist das Zauberwort. Hat man die - und die Demut, sie auch "Dummen" oder "Verblendeten" gegenüber zu zeigen - , ist Alles möglich.

          • 9G
            95820 (Profil gelöscht)
            @Normalo:

            Zeigefinger werd´ ich nicht mehr heben,



            werde nur noch einfach leben.



            Und Lösungen für jedermann?



            Da trau ich mich erst gar nicht ran.



            Da könnt‘ ich mir beim „Andersdenken“



            viel zu leicht das Hirn verrenken.



            Dann werd´ ich etwas Demut zeigen -



            und schweigen.

  • Man kann den Populismus als Feind der Demokratie verstehen, aber dann muss man ihn auch auf der rechten und ebenso auf der linken Seite eindämmen. Wenn die Rechten denken, sie könnten die staatsbürgerlichen Rechte von Immigranten aushebeln, muss man das verhindern. Wenn die linken Bildungsschichten es "cool" finden, Antifa und ähnliche Strömungen toll zu finden, dann ist das eben auch ein Abschied vom demokratischen Prinzip. Nur eben von der gebildeten Mittelschicht aus. Prinzipien sind wichtig.

  • Für mich einer der wichtigsten Beiträge dieses Jahr in der TAZ. Sehr gut! Wäre schön diesen thematischen Faden weiter zu spinnen.



    Nämlich: Wie kann die demokratische Mehrheit rechtsradikale Strömungen jenseits der 10, besser 5 % Marke drücken.



    Der zentrale Ansatz scheint, dass die thematisch abgehobene Elite (wäre jetzt nicht meine Wortwahhl, aber letztlich trifft es das) sich mal einbremst, zurücknimmt und die Themen in den Vordergrund nimmt, die von weiten Teile der Bevölkerung als Problem wahrgenommen wird.



    Es ist eben nicht das Problem welches E-Auto wie gefördert wird, sondern dass ich überhaupt ein bezahlbares Auto habe mit dem ich zur Arbeit komme oder mein Zeugs erledigen kann.



    Es ist eben nicht das Problem ob ich einen Body Positivity oder Body Neutrality Blickwinkel entwickle, sondern wie kriege ich meine Kinders planbar zur Kita oder zur Schule und mein Beruf unter einen Hut.



    Es ist nicht das Problem, ob der Kapitalismus am Ende und Degrowth die Zukunft ist, sondern wie kann ich mal bezahlbar in Urlaub fahren?



    Es ist auch nicht das Problem, dass wir viele Flüchtlinge aufnehmen, sondern dass die Menschen jederzeit sehen, dass Ihnen dadurch keine Nachteile entstehen.



    Dass überhaupt Themen, die häufig auch noch in der Fachwelt dynamischen Veränderungen unterworfen sind wie Gendersprache, Geschlechtskategorisierungen... an prominenter Stelle diskutiert werden und gleichzeitig die Inflation den Leuten die Luft zum Atmen nimmt. Das alles ist suboptimal!



    Die erfolgreiche Anti Woke Kampagne der Rechten in den USA zeigt die Richtung.



    Und eins ist klar: Mit Klassenkämpferischen Texten aus der Mottenkiste des bösen Unternehmers und Verteilungsungerechtigkeiten weil das System so gemein ist und böse Profiteure... kommen wir hier keinen Schritt weiter. Im Gegenteil: Die Diskussion scheint Teil des Problems, da derlei Theoriediskussion den Leuten im Alltag nullkommanull weiter helfen.

    • @Tom Farmer:

      Jaaa ... Aber



      dazu gehören doch unbedingt Obergrenzen:



      - mehr Beteiligung der Überreichen



      - keine Tesla. Mercedesse, BMW subventionieren



      - Solaranlagen Förderung nach oben deckeln



      etc. etc. etc.



      Ja und dann sagen , was mit dem Geld gemacht wird



      - kleine E Autos noch mehr fördern



      - Solaranlagen für die ärmeren reichen Leute



      - Strikte Milliarden-Planung aus der Vermögenssteuerung/CO-Besteuerung und Ausgleichszahlungen direkt an Arme über Erhöhung des Bürgergeldes



      Da Überreiche immer noch soooo viel mehr verbrauchen als Mittelschicht abwärts verbrauchen - endlich mal Verursacherprinzip - und da sind wir eben bei Verteilungsgerechtigkeit, dem unsäglichen FDP-Gießkannenprinzip etc.



      Aber ja mehr direkte Kommunikation durch direkten Austausch des Ausgleiches der Klimaschädigung von oben nach unten - als imer wieder mehr derselben Kommunikation , auch das sind ja mur Beschwörungsformeln. Poltiksprech und ja auch Medienkommunikation - so viel Aufmerksamkeit für Rechtsradikale, aber zu wenig für da oben ...

      • @Evelyn Schwirkus:

        Das scheint für mich sehr problematisch das so umzusetzen ohne dass das von Rechts ausgenutzt wird: 'Steuererhöhung für uns Leistungsträger um den Klimaklebern und sonstigen Tunichtguten entgegenzukommen'. Bringt weitere 5% für AfD, Trump und Konsorten.



        Aktuelle Probleme sind mit aktuellen Mitteln zu lösen.

    • @Tom Farmer:

      "Es ist eben nicht das Problem welches E-Auto wie gefördert wird, sondern dass ich überhaupt ein bezahlbares Auto habe mit dem ich zur Arbeit komme oder mein Zeugs erledigen kann. "



      das ist der Punkt! und genau das versteht linksliberal nicht. In dieser Klientel (da zähle ich mich übrigens auch zu) ist Geld da, sich über das WIE Gedanken zu machen, nicht das OB.

      • @nutzer:

        @Tom Farmer doch ich denke schon, das die Verteilungsgerechtigkeit und das System dazu gehört. Weil die Allokation des Geldes im Finanzsektor ein Problem ist, das sich real auswirkt. Und diverse angesprochene Probleme, genau daher rühren.



        Jubelnachrichten über eine wachsende Wirtschaft, aber unterdurchschnittliche Lohnabschlüsse und eine marode Infrastruktur passen nicht zusammen, das eine ist aber der Grund für das andere.

        • @nutzer:

          Hey Nutzer, Vielleicht zur Ergänzung wer wo steht. Für mich der Beweis, dass das politisch und wählerseitig letztlich nicht die Hauptrolle spielt, das mit der Verteilung.



          www.zeit.de/wirtsc...ahrnehmung-umfrage

          • @Tom Farmer:

            ich denke schon, gerade diese verzerrte Selbstwahrnehmung, ich gehöre zur Mittelschicht aber irgendwie muß ich dennoch knappsen, ist ein wesentlicher Antriebsfaktor für die Unzufriedenheit. Ich glaube das heißt kognitive Dissonanz.



            Wäre diesen Menschen bewußt, dass sie nicht Teil der Mittelschicht sind, Teilhaber der Jubelnachrichten a la die Wirtschaft brummt, dann ließen sich die eigenen Problemfelder benennen.



            Durch den Irrglauben dazuzugehören, ist das aber nicht möglich, Folge, es werden Ersatzschuldige gesucht....



            Für mich der Unterschied zwischen Rechtsdenker und Linksdenker, rechts glaubt dazuzugehören und erkennt nicht die Problemursachen, weil man sich als Teil der oberen wähnt und nach unten abgrenzt. Linksdenker erkennen, wo man steht und können die eigenen Probleme benennen und die Ursachen zumindest (vermuten). Natürlich ist das arg idealisiert, aber diese Wahrnehmungsverzerrung ist meines Erachtens ein wesentlicher Grund für den Rechtspopulismus. Es ist tatsächlich nicht der messbare Wohlstand, (wahre Armut ist zum Glück doch relativ selten) sondern der gespürte Unterschied zur gesellschaftlichen Wahrnehmung. Das ist auch der Grund weshalb wohlhabendere Menschen sich ebenso benachteiligt fühlen können.

        • @nutzer:

          Den Leuten ist es letztlich (fast) egal wie die Verteilungsgerechtigkeit, also der Gini Koeffizient steht, solange die ihr Leben so leben können wie sie es wollen.



          Ich sehe es doch an mir selbst. Mir geht's gut, so will ich leben. Ob es welche gibt die hundert oder tausend mal reicher sind als ich... egal. Und so geht's jedem. Erst wenn ich eingeschränkt werde individuell, dann regt sich mein Widerstand, und das ist derzeit eben zu den eingangs genannten Themen zu beobachten... "die reden über Klimatheorien und Genderstudies im Öffentlichrechtlichen was mich 20€ pro Monat kostet und ich kann mir den Weg zur Arbeit nicht mehr leisten und mein Vermieter steht mir wegen Mieterhöhung auf dem Hals"

          • @Tom Farmer:

            da stimme ich vollkommen überein!

          • @Tom Farmer:

            Das wird sich aber nicht kosmetisch weg-sanieren lassen. Sie brauchen vermutlich nicht noch ein bisschen mehr Wohngeld hier und ein kleine Überweisung dort. Da ist - gerade jetzt bei all den anstehenden Problemen - eine konzertierte Aktion fällig: Bildungs- und Gesundheitssystem müssen funktionieren, man muss zur Arbeit kommen etc.

            Eine sichere Mietwohnung behält man bestimmt nicht, wenn sich das System so weiter entwickelt, wie es das gerade rasant tut. Da laufen die Räder gegeneinander. Der Rechtsruck ist letztlich nur ein Symptom, das auf Tieferes verweist. Wie sagte Warren Buffet so schön: 'There's class warfare, all right, but it's my class, the rich class, that's making war, and we're winning.'

  • Analytisch ganz schwach! Es gibt eben nicht die zwei Gruppen („Elite“, linksliberal, „oben“ vs. „abgehängt“, Trumpist, „unten“). Wenn die Verfechter:innen der Demokratie sich das zu eigen machen und sich darüber zerstreiten, haben sie schon verloren. Lösungen und Hoffnung müssten sie anbieten, und zwar so, dass man sie auch versteht, das ist richtig.



    Das Angebot, dass man ein gutes Leben in Anstand führen kann und die glaubhafte Drohung, dass man ohne Anstand scheitern wird: Das fehlt! Trump für seine Verbrechen zu bestrafen, auch wirtschaftlich, so dass es ihm wehtut, würde helfen, aber die andere Seite darf nicht vernachlässigt bleiben: Auch mit einem Durchschnittsverdienst muss man sich ein bisschen was leisten können. Und das wird vermutlich ohne Umverteilung, ohne Abkehr von der Pareto-Optimalität, kurzum mit der FDP und deren Brüdern und Schwestern im Geiste, nicht gehen.

  • Naja, so viel besser läuft es hier ja nun nicht.....



    Das klingt zwar alles toll: Anstand waren, Überheblichkeit gegenüber wunsch nach Zusammenhalt, moralische Appelle....

    Darum gehts halt einfach nicht. Trump und Konsorten sind der Aufschrei der Abgehängten. Sie sind bereits am Boden, denen kann alles egal sein. Und dann sind da noch ein paar die sehen wie sie von all dem profitieren können. Ein paar platte "empörende" Parolen, und schon machen die Medien die Pressearbeit: "Schaut auf den Pöbel, den Bodensatz! So sind WIR nicht!" ... und schon hängt man diejenigen nochmal ab, und schon sehen sie sich bestätigt in ihrer Rolle.

    Ob Demokratie oder Diktatur: Es erheben sich immer diejenigen, die vom System abgehängt wurden. Und ganz natürlich stoßen sie sich als ersten an diejenige, die vom System gerade profitieren und besonders beschützt werden.

    Der Ansatz einfach dagegen zu sein war und ist schon immer falsch gewesen. Zuhören, mitnehmen, abholen. Allerdings bevor sie sich dagegen weigern. Das Kind ist schon im Brunnen.

  • "dem Wunsch nach homogenem Zusammenhalt in einer sich neu sortierenden Welt, gegenüber Unterprivilegierung und autoritären Charakteren."



    der Wunsch nach Homogenität ist Folge der Unterprivilegiertheit in einigen Bevölkerungsschichten in einer durch und durch neoliberalen Wirtschaftsordnung. Die Mehrheit der Unterprivilegierten ist noch nicht diesen Reflexen verfallen, aber die Probleme der Kapitalallokation in den oberen Schichten und die Übermacht der Finanzmärkte die auch in demokratische Strukturen undemokratisch hineinwirken ist unterschwellig vielen bewußt.



    Wenn die Antwort nicht von links kommt und zwar wirklich von links, nicht linksliberal, wird es weiter so laufen.



    Linksliberale Demokratieschwüre bringen nichts, Menschen glauben an die Demokratie, wenn sie sich vertreten fühlen, nicht durch moralische Appelle.



    Und: diese ganze white supremicy schei..e, der ganze weiße Rassimus sind in der Masse Symptome nicht der Grund für den Rechtsdrall in der westl. Welt. Ursache ist die ungerechte Verteilung des Wohlstands.

    • @nutzer:

      Jaja, schlimme 'Elite' gegen arme 'Unterprivilegierte': Trump und AfD werden nun aber nicht überwiegend von den gänzlich Abgehängten gewählt. Die alte Klassenkampfformel aus dem 19./frühen 20 Jht. funktioniert nun (leider) nicht mehr.

      • @hamann:

        Ne nicht Elite. Nicht die böse Regierung, das sind wirtschaftliche Prozesse, die Ansammlung von Kapital im Finanzsektor, der durch die notwendige Geldanlage, man könnte auch sagen Spekulation realwirtschaftliche Verwerfungen hervorruft, die alle spüren.



        Der Immobilienboom des letzten Jahrzehnts, war nicht nachfragegetrieben (jedenfalls nicht durch Nachfrage von realen Personen) der Boom war investitionsgetrieben, Finanzinvestoren, die Anlagemöglichkeiten gesucht haben.



        Das ein Teil der Wirtschaft ebenfalls so tickt ist auch wahr, daher kommt doch das Geld das die afd verprasst. Die Masse, die demokratisch relevante Wählerschaft die die afd nach oben bringt ist aber nicht aus der Wirtschaft. Das sind auch nicht die prekären, das sind die Menschen die Unsicherheit spüren, die Verlustängste haben und davon gibt es im neoliberalen Individualkapitalismus ne ganz Menge.

      • @hamann:

        Die Gruppe der AfD-Wähler ist auch nicht homogen. Das Angebot bedient ein breites Feld, dockt an traditionelle Wurzeln an und zieht sich durch alle Schichten bis weit in die jüngere Generation. Die AfD ist auch kein reines Ost-Phänomen. Und sie ist eine vermeintliche Möglichkeit für ein Konglomerat aus Unzufriedenen, die sich nicht mehr gehört und vertreten fühlen.

        Wenn die einzige Schule 30 km entfernt liegt, baufällig ist und Unterricht in Masse ausfällt, werden Leute sauer, die auf diese Schule angewiesen sind. Wenn kein Arzt mehr in der Nähe ist, das Krankenhaus kaputtgespart wird und die Kinderstation schließt, werden Leute wütend. Wenn der Bus in den Schulferien überhaupt nicht mehr fährt, ... etc.

        Die Leute zahlen Steuern, damit ihre Infrastruktur erhalten bleibt. Doch das passiert nicht. Der Klimawandel ist bereits da. Es stehen Probleme an, die nur gemeinsam gelöst werden können. Doch viele Menschen haben das Gefühl, alleingelassen zu werden. Das muss man nicht ernst nehmen. Man kann sich darüber amüsieren. Doch @NUTZER scheint mir hier auf dem richtigen Weg. (Und nein, ich bin keine AfD-Sympathisantin, ich verhätschele auch nichts, ich finde es nur wichtig, etwas nachzuvollziehen, um überhaupt Lösungsmöglichkeiten entwickeln zu können - das Abgehobene bringt niemanden weiter - die "Eliten" finden sich schon - siehe Merz und Konsorten.)

    • @nutzer:

      100%.



      Genau das ist die nicht beantwortete neue soziale Frage.



      Daran wagt sich kein Joe Biden und auch kein Olaf Scholz.



      Es fehlt auf beiden Seiten des Atlantiks eine Person, die diese "Frage" aufwirft, erklärt und keine Angst hat die Antwort darauf mit und für die normalen Menschen durchzusetzen.



      Robert Habeck hat Talent dafür aber die seit Jahrzehnten zementierte strukturelle Macht der Reichen, Reaktionären und Steuerdiebe (via Springerpresse, Reichengesetzgebung, Lobbysteuerung jedes Gesetzentwurfs) erscheint (und ist in der Realität) als ein so unüberwindbares Gebirge, dass auch die Anständigen längst aufgegeben haben sich in der Politik zu verheizen.



      Das Gefühl und die reale Erfahrung der (politischen) Handlungsunfähigkeit (Heizungsgesetz wird durch fdp und springer feldzugmässig zerbombt/ Kindergrundsicherung, Verkehrswende und (demnächst) Krankenhausreform werden durch fdp/lobbies/springer durch Nichtfinanzierung blockiert) verhindern jeden Versuch Politik für die Menschen (oder für die Rettung des Weltklimas?) zu machen.



      Daher gibt es nur noch Halbherzige und Kompromissler und keine echten Politikerinnen mit einer Vision, die diesse auch dem einfachen Mann oder der Frau kommunizieren können.



      Bernie Sanders ist da noch der letzte Mohikaner.

    • @nutzer:

      Ja. Das ist wohl so. Aber wie? Wirklich wie in die Änderung dieser Entwicklung? Diesem abgef….ten Wahnsinn. Ich weiß nämlich schon nicht mehr wo wirklich links ist. Echt! Was ist der Weg? Wo der erste Schritt?

      • @earthgirl:

        ein erster Schritt wäre mal sprachlich auf die Pauke zu hauen und sich nicht in wohlüberlegter Kritik, die möglichst differenziert und nicht anecken soll zu verlieren.



        In der Politik kommt die Maximalbotschaft durch, die feine (und meist auch berechtigte) Kritik versandet.



        Zu sagen es ist schei..e, dass... Über die Lösung kann man dann streiten, aber erstmal das Fass aufmachen.



        Und genau das tut die Linke nicht.

  • Die Aussage von Michelle Obama ist moralisch gut, hilft nur nicht, die Rechte zu stoppen. M.M nach können nur Warnungen vor dem ökonomischen Chaos und Niedergang die rechte Entwicklung stoppen. Teile der deutschen Wirtschaft warnen deshalb vor den Konsequenzen rechter Abschottung. Dem gegenüber steht jedoch ein diffuser Revanchismus gegenüber "den Eliten", der AFD-Wähler wie die Lemminge über die Klippe in den selbstgewählten Tod stürzen lässt.

    • @Rinaldo:

      "M.M nach können nur Warnungen vor dem ökonomischen Chaos und Niedergang die rechte Entwicklung stoppen."

      Hat in GB super funktioniert.

      Was funktionieren würde, wäre eine Politik, die beim größten Teil der Bevölkerung ankommt. In D (und den USA) ist eine Solche aber mit den Regierenden nicht möglich. Die Lasten der aktuellen Probleme werden auf den unteren Teil der Gesellschaft abgewälzt, während man sich scheut, z.B. eine vernünftige Erbschaftssteuer durchzusetzen. Oder man diskutiert eine Industriestrompreis, gestützt mit Steuermitteln, während viele Bürger kaum ihre Stromrechnung zahlen können und die Energieversorger satte Gewinne einfahren. Das ist Politik weit von den Bürgern entfernt.

      Von Geldausgaben für Spinnereien wie Pissoirs für Frauen mal ganz abgesehen. Dafür spart man dann lieber bei Kindern...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        "Von Geldausgaben für Spinnereien wie Pissoirs für Frauen mal ganz abgesehen. Dafür spart man dann lieber bei Kindern..."

        Das ist das Wording der AfD der jetzigen Politik gegenüber.

  • Ich frage mich schon länger, was gegen diese Entwicklung helfen kann. MUSS!

    Es passiert auch hier. Zulauf AFD. Überheblichkeit führt zu noch mehr in die Richtung.



    Was hilft? Ich weiß es nicht, brauche schon für mein bisschen potentiellen AFDwähler:innen zuhören viel Nerven.

    Und es geht um die Geschichte, die Einflüsse der Menschen, um Erfahrungen auch aus den Herkunftsfamilien. Um Ängste. Je mehr ich schreibe umso unmöglicher scheint aufhalten. Kein Mensch ist besser als der andere. Ich weiß das und ich versuche, das zu leben. Aber wie begegne ich Menschen, die mit menschenverachtenden Worten und vielleicht auch Taten unterwegs sind?

    Was macht Menschenstimmenfänger:innen erfolgreich woraus dann ihre Macht erwächst.

  • Wenn man das so liest, könnte man denken, es wäre außer einer ominösen "Elite" niemand mehr da, den Antidemokraten Einhalt zu bieten.



    Es ist doch auch viel mehr so, dass es auch "Eliten" sind, die die rechten Umtriebe orchestrieren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Autorin wirklich denkt, das sich auf der rechten Seiten da ganz von selbst eine Art Graswurzelbewegung organisiert.



    Die elitären Feinde der Demokratie äußern sich ja ziemlich offen und da keine Zusammenhänge herzustellen wäre schon fahrlässig.

    • @Axel Schäfer:

      Natürlich weiß die Autorin das, aber darum geht es im Artikel nicht.

    • @Axel Schäfer:

      Ja, neh?

    • @Axel Schäfer:

      Das ist ja das Wahnwitzige am rechten Kulturkampf: Er wird von reichen Eliten finanziert und gesteuert und Trump hat Politik für die Reichen gemacht. Aber erst der Autoritarismus und der Nationalismus machen den Unterschied. Die sind beide attraktiv für die Underdogs, oder was sich dafür hält und auch für neureiche Milliardäre mit polit. Ambitionen.



      Hannah Arendt stellte ja bereits fest, dass es nicht die Extremisten sind, die die Stimmung zum Kippen bringen, sondern die gebildeten Schichten, die sich Vorteile versprechen.



      Was zählt da schon eine Lüge von einer gestohlenen Wahl. Es ist nur eine Lüge von vielen. Daher auch die Abneigung gegen die freie Presse und Represson ggn. polit. Gegner ...

  • ich kann es nur wiederholen, wer dem Showman Trump eine Bühne bietet ist selber Schuld. Und, was die "Elite" angeht - was für eine Elite ist denn das, die des Geldes und der Klasse? Wer sich selbst und seine Blase als "progressive Elite" betrachtet ist arrogant, uneinsichtig, wahrscheinlich nicht besonders intelligent und will selbst an der Macht - an den Futtertrögen bleiben. Ein Rezept für eine Revolution., und wer sich da wundert, der ist selber Schuld.

  • Nachtrag: Die Argumentation des Artikels ist in sich rund und nachvollziehbar.



    Aber ich verstehe den Tenor dennoch nicht: Die "elitären weißen Handschuhe" sollten also besser gegen was bitte ausgetauscht werden? Ist das jetzt die Aufforderung, genauso unmoralisch und demokratieverachtend zu handeln?

    • @willifit:

      Ich denke, man muss glaubwürdig gegen die unheilige Allianz aus Geld und Politik kämpfen und die soziale Frage stellen.

      Leider ist die Stelle im politischen Spektrum gerade nicht bzw. unglaubwürdig besetzt.

    • @willifit:

      Das war auch mein erster Gedanke - was ist denn für den Autor jetzt die Konsequenz bzw. Handlungsempfehlung?

      • @TerryX:

        Es sollte natürlich „die Autorin“ heißen….

      • @TerryX:

        Er empfiehlt NICHT überheblich zu werden bzw. nicht überheblich zu bleiben.

        Ein guter Ratschlag. Wobei damit natürlich immer noch offen ist, was man tun soll. Verständnis für die Lage der anderen, statt Überheblichkeit wäre schonmal ein guter Ansatz.

  • "... „When they go low, we go high“ – Wenn die anderen niedere Instinkte adressieren, agieren wir erst recht mit Anstand. Der Parteitag bebte in emotionaler Einigkeit, aber Hillary Clinton verlor die Wahl gegen Donald Trump. Der Impuls war damals so falsch wie heute...."



    Das verstehe ich nicht🙁. Warum ist Anstand in dem Zusammenhang der falsche Impuls?

    • @willifit:

      www.drmodler.de/bu...noranten-sprechen/



      Herr Modler übt seit Jahren in der Praxis mit Menschen, die „Wissen und Anstand“ haben, aber doch „oft Diskussionen verlieren“. In diesem Buch nimmt der den Wahlkampf Trumps vs. Hillary Clinton als explizites Beispiel und analysiert, was Clinton aus der Machtperspektive (Durchsetzen, Ideen umsetzen, andere mitreißen, sich gegen (Trumpsche) Idiotie whren …) alles falsch macht.



      Macht die „Linke / Gebildete / Progressive / an andere Gruppen Denkende“ leider oft. Täglich zu se-hen auf der Startseite von Youtube (aktuell: Reichelt, AfD-Fans, …) und an anderen Orten. Der Base Talk ist mächtiger als das Argument (High Talk), der Move Talk noch mächtiger als der Base Talk …).

      • @Eokdipl:

        Danke, interessanter Link!