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Neue Aktionen der Letzten GenerationMit oranger Farbe gegen Luxus

Die Letzte Generation konzentriert sich auf Aktionen gegen Superreiche. Damit erregt sie weniger Aufmerksamkeit als mit Straßenblockaden.

Bringt wenig öffentliche Aufmerksamkeit: farblich veränderte Bar in einem Luxushotel auf Sylt Foto: dpa

Berlin taz | Während New York vergangene Woche infolge der Waldbrände in Kanada in Ockergelb getaucht wurde, machte sich auf der deutschen Ferieninsel Sylt eine andere Farbe breit: Ein Warn-Orange verhüllte am Dienstag einen Privatjet und am Donnerstag die Bar des Fünfsternehotels „Miramar“. Zwei Aktionen der Letzten Generation, die mit ihren Protesten vorerst auf die Exzess-Emissionen der Superreichen aufmerksam machen will.

Die öffentliche Resonanz war vergleichsweise gering. Die Bewegungsforscherin Nina-Kathrin Wienkoop erklärt den geringen Anklang damit, dass schlicht zu wenige Personen betroffen seien. „Die Ak­ti­vis­t*in­nen treffen mit ihren aktuellen Aktionen gegen ‚Superreiche‘ nur eine kleine und sehr partikuläre Gruppe der Bevölkerung.“ Es wundere sie daher nicht, dass dies bislang weniger Aufmerksamkeit in den Medien bekomme, erklärt die Forscherin des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung (ipb).

Dabei wiederholt sich eine Dynamik, die schon öfter zu beobachten war. Als die Gruppe im März mit einem Feuerwehrauto orange Farbe auf das Bundesverkehrsministerium sprühte, verzeichnete der Begriff „Letzte Generation“ bei Google eine der geringsten Aufruf-Raten dieses Frühjahrs. Wenig anders sah es aus, als sich Ak­ti­vis­t:in­nen im Dezember an die Einfahrten zur Tiefgarage des Bundestags klebten. Der Begriff trendete dagegen, als die bayerische Polizei eine bundesweite Razzia anordnete oder als der Verkehr der Hauptstadt in Teilen lahmgelegt wurde.

Der Protestforscher Dieter Rucht begrüßt die Ausrichtung der Proteste auf vermögende Gruppen, auch wenn sie weniger Aufmerksamkeit auf sich ziehen: „Damit werden die individuellen Hauptverursacher für den CO2-Aus­stoß adressiert“, sagte der Soziologe, der ebenfalls am ipb forscht. Allerdings komme dieser Schritt „reichlich spät“.

Zeit, sich an die Liebe von Jesus zu kleben

Am Sonntag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekanntgegeben, dass der Letzten Generation 580 Straftaten zugeordnet werden. Ansonsten ist die Gruppe am Wochenende überwiegend auf dem Kirchentag in Nürnberg in Erscheinung getreten. In Nürnberg debattierte Sprecherin Carla Hinrichs mit Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne). Habeck kritisierte die Letzte Generation, deren Protest „keine Hilfe beim Klimaschutz“ sei.

Zuspruch erhielt die Gruppe dagegen von klerikaler Seite: „Wir sind alle die Letzte Generation“, sagte der Pastor Quinton Ceasar während des Abschlussgottesdienstes, jetzt sei die Zeit, „uns an die befreiende Liebe von Jesus zu kleben“.

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25 Kommentare

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  • Eine Aktion, über die die Fossilien sich freuen werden.

  • Ich bin auch mal gespannt was die Eintreibung von Vermögenssteuer bei den Alleinerziehenden alles so an Verbesserungen im Alltag einbringt.



    Allein schon das Tempolimit würde ja bedeuten, dass Du Dich auf der "Autobahn" gar nicht so stressen musst, dass das Gehirn in so einer Anspannung gerät, sondern Du kannst ja entspannter rollen. Noch entspannter sogar in öffentlich-rechtlichen Sammeltaxis zwischen Stadt und Land.



    Die fetten Jahre sind vorbei.



    Übrigens knallt die Polizei im Abschiebelager Ellwagen Ostalb auch ohne Anklopfen in die Behausungen rein.

    • @Land of plenty:

      "Ich bin auch mal gespannt was die Eintreibung von Vermögenssteuer bei den Alleinerziehenden alles so an Verbesserungen im Alltag einbringt."



      Gar keine.

      "Allein schon das Tempolimit würde ja bedeuten, dass Du Dich auf der "Autobahn" gar nicht so stressen musst, dass das Gehirn in so einer Anspannung gerät, sondern Du kannst ja entspannter rollen."



      Kann ich so aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Gerade in Ländern wie Österreich oder Holland bilden sich häufig unfassbare Kolonnen von Autos, die mit etwas über 100 km/H vor sich hinschleichen. Nix mit Entspannung, eher Stress pur, der Verkehr ist unglaublich dicht. Da freue ich mich jedesmal wenn ich in D fahre und die Geschwindkeitsgebote aufgehoben sind. Man merkt richtig wie sich der Verkehr entzerrt, weil diejenigen, die schnell fahren wollen, sich zügig entfernen und mehr Platz für "Otto Normalautofahrer" bleibt.

      "Die fetten Jahre sind vorbei."



      Die einen sagen so, die anderen sagen so ;-)

      • @Tom Tailor:

        Sie geben sich Illusionen hin.

        • @Land of plenty:

          Das denke ich nicht :D

  • Ich bin gespannt, was die Unterstützer der letzten Generation sagen würden, wenn man bei ihnen einbricht und ihre Wohnungen "farblich verändert".

  • Letzte Generation macht Straßenblockaden: Taugt nichts, betrifft unschuldige Pendler, sollen dahin gehen, wo es was bringt.

    Letzte Generation setzt das um, was andere Menschen empfehlen: NOOOOO YOU CANNOT DO THAT!

    Bei den erneuten Kritiken habe ich das Gefühl, LG wird es nie recht machen oder macht es nach Ratschlägen gar schlimmer. Mensch will LG (cyber)mobben.

    • @Troll Eulenspiegel:

      LG kann es natürlich niemandem Recht machen, denn die Kernaussage ist: Du musst selbst was ändern, damit sich was ändert!



      Das will halt niemand. Deswegen macht LG immer alles falsch.

      • @Herma Huhn:

        Wäre es dann nicht Zeit das die LG ihr Tuen grundsätzlich hinterfragt, bzw. ihre Vorstellungen nicht mehr jedem Dahergelaufenen unter die Nase reibt ?

    • @Troll Eulenspiegel:

      Nein weil die LG sich immer Privatpersonen als Ziel aussucht!



      Egal ob Arm, Mittelschicht oder Reich, Proteste gegen Privatpersonen kommen nie gut an, vor allem weil man nicht gegen die Meinung sondern ihre Lebensweise angreift

      Ja die Letzte Generation kann es kaum noch zu Beliebtheit schaffen, dafür haben sie zu viel Mist gebaut und machen es weiterhin.

      • @Walterismus:

        Man kann auch nur Personen, auch rechtlich, zur Verantwortung ziehen. Menschen beschleunigen die Klimakatastrophe. Was wollen die sonst tun, eine Ölpipeline mit Trillerpfeifen anbrüllen?

  • Also frei nach dem Johannesevangelium (Kapitel 14:18): "Denn ich klebe und ihr sollt auch kleben" ...

  • Erfolg einer aktion wird heutzutage nur mit der anzahl an google aufrufen gemessen?



    Apropos gemessen. Eine aktion, auf sylt, wird mit hunderten strassenblockaden verglichen? Hier in der Provinz haben die strassenblockaden nach zwei, drei tagen der berliner blockadewochen, keinen mehr interessiert, schon gar nicht, welche einzelnen strassen betroffen waren.

  • Herr Habeck, Sie enttäuschen mich.

    Klar, an dem Posten, den Sie besetzen haben Sie einen anderen Job. Ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie sich au die Strasse kleben. Ihre Sache ist, schwierige Kompromisse zu schliessen. Das mache Sie, angesichts der erschwerten Bedingungen, gar nicht mal schlecht. Besser jedenfalls als ich es je könnte.

    Die Menschen der LG so zu diskreditieren allerdings... das ist ein unnötiger Tiefschlag.

    • @tomás zerolo:

      Man muss die Wahrheit auch mal ertragen können.

      Es kann ja nicht immer nur der Habeck den Abwasch machen, den Einkauf erledigen und die Bude putzen.

      Irgendwann ist es halt genug und die LG muss aus der WG ausziehen.

  • Natürlich erzeugt das weniger Aufmerksamkeit. So wie ein Taschendieb weniger Mediales Echo erzeugt wie ein Massenmörder. Trotzdem bevorzuge ich den Dieb.



    Aufmerksamkeit ist keine valide Währung für "gut" oder "effektiv". Oft genau das Gegenteil.



    Die Aktionen treffen allerdings nur einen sehr kleinen Teil der Schuldigen. Man sollte sich bei den Vorständen an den Privatadressen oder den Firmenzentralen austoben, als an Allgemeinplätzen wie Leihflugzeuge oder Hotels.



    Aber es geht in die richtige Richtung.

    • @Hefra1957:

      " Privatadressen oder den Firmenzentralen austoben"



      ------------------------------------------

      Mit Wachen vor dem Privatgebäude oder Firmenhauptsitz ? Prinzip "Kauft nicht bei Reichen". Finde ich spannend, würde ich gerne sehen !

      • @SeppW:

        Oder: "Geht nicht mehr für Großkonzerne arbeiten!" ...

  • Ich persönlich begrüße die Ausrichtung der Proteste auf vermögende Gruppen, auch wenn sie weniger mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Damit werden die individuellen Hauptverursacher für den CO2-Aus­stoß adressiert und zum Nachdenken gebracht.

    • @C.O.Zwei:

      Diese vermögenden Gruppen mögen große Egoisten mit großem persönlichem CO2- Fußabdruck sein - aber die vielen Millionen Normalos emmitieren das ~Hundertefache. Insofern halte ich es nach wie vor für korrekt, der Gesellschaft höchstpersönlich den Spiegel vorzuhalten. Da hat Ingo recht. Wobei das eine das andere selbstverständlich nicht ausschließt. Die reichen Armleuchter sollen nicht in Ruhe gelssen werden. Orangene Flugzeuge, die doof am Boden Trübsal blasen, finde ich gut.

    • @C.O.Zwei:

      Die superreichen 'individuellen Hauptverursacher' von CO2 produzieren in DE zusammen etwa soviel wie eine Großstadt. Ds ist zwar nicht wenig, aber auch wenn die alle morgen klimaneutral wären, hätten wir noch immer ein massives Klimaproblem weil die deutschen Durchschnittsemissionen vier- bis fünfmal so hoch sind wie sie sein dürften und dieser Durchschnitt eben nur marginal durch die statistischen Verzerrungen einer vierstelligen Zahl an Superreichen zustande kommt. Aber statt umzusteuern wird noch immer so getan als müssten nur die anderen etwas tun. Ich denke Oxfam hat dem Klimaschutz mit der Studie zu den Superreichen einen Superbärendienst erwiesen in dem sie super Argumente dafür liefern, dass die normalreichen Durchschnittsdeutschen ihre Mitverantwortung für die Klimakatastrophe super einfach abschieben können.

      • @Ingo Bernable:

        Und? Was wollen Sie damit über die Aktionen der Bärendienstleister LG aussagen?

      • @Ingo Bernable:

        Ja, sehe ich auch so. Jetzt kann sich die Debatte bequem zu den Exzessen der Superreichen verschieben und kaum einer fühlt sich noch genötigt, über das eigene Verhalten nachzudenken."Aber die sind doch viel schlimmer!"



        Trotzdem gut, auch dort Aktionen zu machen - aber wer so lebt, kommt doch nicht mehr ins Nachdenken...



        Derweil täglicher Autowahnsinn auf glühend heißen Straßen und nichts ändert sich. Auch da kommt wohl niemand ins Nachdenken. Ganz schön zun Verzweifeln, die Lage...

    • @C.O.Zwei:

      Vielleicht war das Miramar schlicht das



      falsche Objekt, ein alter Kasten in



      Westerland - ein „Luxusressort in



      Westerland“ schon ein Widerspruch



      in sich, Spießigkeit, etwas Schickimischi



      u. ziemlich hohe Preise machen noch



      kein Luxus-Ressort für Superreiche, die



      ja getroffen werden sollten. Genausogut



      hätte die LG Farbe in einer „alten



      Bahnhofkneipe“ (Bewertung aus Booking.com) versprühen können.



      Westerland gehört medial den Punks,



      nicht den Superreichen. Die muß



      man woanders suchen, zB Cote dÀzur.

      • @Hubertus Behr:

        Ach, wenn da rein Privatjet rumsteht, ist das schon die richtige Adresse.



        Nächstes mal dann vielleicht ein Luxushotel in Hamburg an der Alster. "The Fontenay" würde mir da einfallen, aber ich hab nichts gesagt...