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Union will Härte gegen Letzte GenerationInnenminister gegen Klebeprotest

Auf der Innenministerkonferenz plädiert die Union für ein härteres Vorgehen. Das BKA sieht eine Hochburg in Baden-Württemberg.

Handabdruck eines Klimaaktivistender letzten Generation auf einet Straße in Berlin, 25.04.2023 Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Sie waren der Aufreger der vergangenen Innenministerkonferenz (IMK) und könnten es auch auf der jetzigen werden, die am Mittwochabend in Berlin starten sollte: die Letzte Generation. Vor allem die Unions-Innenminister:innen fordern hier eine härtere Gangart. Brandenburgs Michael Stübgen (CDU) fordert eine „klare Ansprache und konsequente Maßnahmen“ gegen die Klimaschutzgruppe. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) will die Finanzströme der Gruppe aufhellen und deren „Straftaten-Sponsoring unterbinden“.

Das Bundesinnenministerium von Nancy Faeser (SPD) hat für die IMK eigens ein Lagebild vom BKA erstellen lassen, gut 30 Seiten stark. Nach taz-Informationen werden der Gruppe darin seit 2022 gut 550 Straftaten durch 740 Tatverdächtige zugeordnet, zumeist Nötigungen. Die meisten Ak­ti­vis­t:in­nen gebe es in Baden-Württemberg (160), Berlin (129) sowie NRW und Bayern (je knapp 80). Durch Spenden soll die Gruppe im vergangenen Jahr 890.000 Euro eingenommen haben – von denen sie auch Ordnungs- und Bußgelder bezahlte. Die Ausgaben hätten bei gut 530.000 Euro gelegen. Ein Großteil der Mittel kämen vom Climate Emergency Fund, einer NGO aus den USA.

Die Angaben zur Finanzierung legt auch die Letzte Generation selbst offen. Zudem sind die Zahlen des BKA-Lagebilds teils überholt: Allein die Staatsanwaltschaft Berlin führt inzwischen gut 1.900 Verfahren wegen Aktionen der Letzten Generation.

Bei der Bewertung bleibt das Lagebild offen. Die Frage, ob die Letzte Generation eine kriminelle Vereinigung sei, werde in den Ländern unterschiedlich bewertet, heißt es darin. Eine Verfassungsschutzeinstufung als extremistische Vereinigung sei derzeit nicht vorgesehen.

IMK will Lagebild fortschreiben

In einer Beschlussvorlage für die Innenministerkonferenz, die der taz vorliegt, wird die „Gefährdungsbewertung zu der Gruppierung begrüßt“. Eingebracht wird sie von Faesers Bundesinnenministerium. Den meisten SPD-Innenminister:innen reicht eine Fortschreibung des Lagebilds.

Die Unions-Innenminister wollen dagegen ein schärferes Vorgehen. Es brauche ein einheitliches Vorgehen der Länder gegen die Letzte Generation, sagte Brandenburgs Innenminister Stübgen der taz. „Mit ihren organisierten Straftaten beunruhigen sie zunehmend die Gesellschaft und vergiften die Debatte um Klimaschutzmaßnahmen.“

Auch NRW-Innenminister Reul forderte weitere Schritte – und warnte Kommunen, den Protesten der Letzten Generation nachzugeben. „Für Kommunen, die sich irgendwelchen Ultimaten beugen oder sich die Forderungen der Letzten Generation an die Bundesregierung gar zu eigen machen, habe ich kein Verständnis“, so Reul zur taz.“

Auch Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, sagte der taz, es müssten „alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden“, um Straftaten von Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen „zügig und konsequent zu verhindern und nötigenfalls zu ahnden“. Der BKA-Lagebericht sei „wichtig und richtig“, aber „das reicht freilich nicht aus“, so Strobl. „Unsere Sicherheitsbehörden müssen vertiefte Erkenntnisse über die Strukturen der Letzten Generation gewinnen und ihre Finanzströme aufhellen, um weitere Ermittlungsansätze für eine konsequente und unnachgiebige Strafverfolgung zu erlangen.“ Vor allem müsse man Wege finden, zu verhindern, dass die Gruppe Bußgelder oder Geldstrafen von Ak­ti­vis­t:in­nen finanziell ausgleiche. „Das kann nur gelingen, wenn unsere Sicherheitsbehörden bundesweit noch intensiver Informationen austauschen“, so Strobl zur taz.

Zumindest in Berlin, wo die Letzte Generation zuletzt die meisten Aktionen verübte, wird diese Sichtweise geteilt. Auch die dortige Innensenatorin und IMK-Gastgeberin Iris Spranger (SPD) sagte der taz, man müsse Erkenntnisse zu der Gruppe „vertiefen und Finanzströme nachvollziehen, um daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten“. Das Thema habe für sie eine „hohe Bedeutung“.

Zuletzt hatten Staatsanwaltschaften in München und Neuruppin Ermittlungen gegen die Letzte Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung aufgenommen und bundesweite Razzien durchgeführt. In anderen Ländern wird dieser Anfangsverdacht bisher nicht gesehen.

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15 Kommentare

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  • Genau das brauchen wir! Die volle Härte der Politik und des Gesetztes gegen junge Menschen die sich mit dem Prit Stift aus ihrer Schulzeit an die Fahrbahn bappen!



    Vergesst den Rechtsterrorismus (Rechte „Einzeltäter“ die Politiker erschießen, als Reichsbürger Posten als Richter, Polizisten oder Elitesoldaten haben und die „normalen“ besorgten Bürger die mal wieder mit Fakeln überall verbei“spazieren“ wo jemand wohnt den sie als Ausländer empfinden)

    Vergesst den Linksterrorismus (Wobei als Linksterrorist bei uns jeder gilt, der mal ne Mülltonne angezündet hat.)



    Die wirkliche Gefahr sind diese Schwerverbrecher die Staus verursachen und billigend in Kauf nehmen, dass vernünftige Raser beim Auffahren auf ein Stauende den Tod finden!

  • Es sollte von der Politik, also den Fraktionsvorsitzenden, ganz genau geschaut werden. Wir haben eine Demokratie.



    Machen die Beamten Innenminister*innen wirklich noch ihren Job.



    Auch bei Lina Demonstrationen in Leipzig wächst der Verdacht, dass unangemessene Gewalt von der Polizei selbst durch verdeckte Ermittler provoziert wurde und nun zur Rechtfertigung für Argumente für linke Gewalt verwendet wird.



    Hier muss die Demokratie zeigen, dass sie Macht hat und auch den Mut haben Innenminister*innen zur Verantwortung zu ziehen.



    Vielleicht muss nach dem „Desaster Seehofer“ die Polizei und der Verfassungsschutz völlig neu aufgestellt werden.



    Mut

  • Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, es gibt ganz legale Optionen den fließenden Verkehr quasi zum Erliegen zu bringen, wenn die schwächeren Verkehrsteilnehmer sich zusammentun und nur konsequent ihre Rechte einfordern….

    • @mwinkl02:

      Heute im Bayrischen Rundfunk gehört: 50 % der jungen Generation vertrauen dem Staat, den Politikern und dem Rechtssystem nicht mehr.



      Komisch, oder?

  • Die LG bestreitet in dem verlinkten Transparenzbericht Zahlungseingänge direkte Zuwendungen des Climate Emergency Fund. Auch die Zahlung von Bußgelder und Geldstrafen ist daraus nicht ersichtlich.

    Sollte es zu erheblichen Zuwendungen von Einzelpersonen oder Organisationen von mehr als EUR 20.000 gekommen sein, wäre dies von schenkungsteuerlicher Relevanz. Wenn Bußgelder und Geldstrafen von gemeinnützigen Organisationen gezahlt worden sein sollten, dann hätte dies Folgen für deren Gemeinnützigkeit. Insoweit besteht wohl tatsächlich Klärungsbedarf.

    • @DiMa:

      Zurückliegende Patei-Spenden-Affären, verkappte Korruption, darf aber sein, oder wie jetzt?



      Die LG leistet eindeutig gewaltfreien Widerstand. Sie gehen zumindest recht in der Annahme, dass sofort gehandelt werden muss, was Klimaschutz betrifft.Nur wird auch hier die Realität verkannt: Deutschland wird die Welt nicht retten und steht mit einer höchst kostenintentiven, eher skurril anmutenden Energiewende mit LNG-Gas, importierter Kohle aus Kolumbien doch schon ziemlich dumm da.

      • @POFF KAMITO:

        Weshalb sollten Illegale Parteisenden oder Korruption jetzt okay sein?

        Und ganz unabhängig davon, ob das Ziel der LG jetzt richtig ist oder nicht, der eingeschlagene Weg ist in jedem Fall falsch und der Bericht zeigt auf, dass es noch weitere Ermittlungsbedarfe gibt.

        • @DiMa:

          Wenn gewaltfreier Widerstand finanziell unterstützt wird, wird daraus eine Riesennummer gemacht. Parteispenden und Korruption dagegen bleiben meist ohne sichtliche Konsequenzen für sogenannte „Staatsdiener“, daher der Vergleich.

          Wenn wohlbemerkt -gewaltfreier (!) - Widerstand kriminalisiert und auch instrumentalisiert wird, ist Deutschland wirklich auf einem „guten Weg“.



          Vermutlich verstehen Sie folgendes besser:



          Putin und Xi Jinping lassen recht schön grüßen …

          • @POFF KAMITO:

            Juristisch betrachtet ist diese Form des Widerstandes nicht gewaltfrei und auch das Kammergericht hat in dieser Woche angemerkt, dass die Behinderung einer Vielzahl von Menschen zwecks Erreichung einer größtmöglichen öffentlichen Aufmerksamkeit nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt ist.

            Hier versucht eine vergleichsweise kleine Gruppe durch erpressungsähnliche Handlungen direkten Einfluss auf gewählte Politiker zu nehmen. Das ist nicht so harmlos, wie es bei Ihnen klingt.

            • @DiMa:

              Scheinbar haben die gewählten Politiker das wesentliche nicht verstanden, ansonsten wären ja solche wie auch immer be-oder verurteilten Aktionen vollkommen überflüssig…

              • @POFF KAMITO:

                Weshalb unterstellen Sie dies?

                Woher wollen Sie wissen, dass die gewählten Politiker nicht exakt die Politik umsetzen, für die sie von der Mehrheit gewählt worden sind?

                LG ist in ihrer Radikalität wohl in der Minderheit.

  • Ich will endlich kompetente Innenminister*innen. Ihr üppiges Gehalt rechtfertigt meine Erwartung.

    Sie mögen bitteschön an der richtigen Stelle [1], [2] nach kriminellen Vereinigungen suchen. Innenminister*innen: liefert, statt dumm zu schwatzen.

    [1] taz.de/Neue-Vorwue...sskandal/!5940651/



    [2] taz.de/Wer-bei-CDU...rhindert/!5939349/

    • 6G
      678409 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Unterstützte ich!

  • Na wenn das BKA meint, es gäbe eine Hochburg in Bawü, dann sage ich ganz klar:



    HALLO!

    Und einen Nachtrag an die Leute, dass das Ausspionieren von Menschen illegal ist. Weil wenn das BKA feststellt, es gibt eine Hochburg, dann nur, weil örtliche Aktivitäten mittels Spionage festgestellt wurden.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Seit gestern und der Veröffentlichung des Nationalen Sicherheitsplans oder wie man es beschreiben soll.

      Wissen wir doch das nur China wohl spioniert. Deswegen müssen wir geschützt werden.



      Das die USA und UK seit Jahrzehnten bis heute spioniert. Naja muss man halt alles erdulden. Deswegen vielleicht haben sie ja wirklich nicht spioniert die Deutschen, sondern haben nur wieder von unseren "Freunden" entsprechende Infos erhalten...Dann scheint das ja legitim...NICHT.

      Interessant wie Gewaltenteilung mittlerweile in D funktioniert.