piwik no script img

Wer bei CDU/CSU Klimaschutz verhindertHardliner, Überläufer, Lobbyisten

Wenn Uni­ons­po­li­ti­ke­r:in­nen den Klimaschutz hintertreiben, steckt Geld dahinter – oder Ideologie. Ein paar ausgewählte Beispiele.

Parteizentrale der CDU in Berlin Foto: Imago

Während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter hat Georg Nüßlein die gesetzlich festgelegte Vergütung für eingespeisten Solar- und Windstrom gekippt. Gleichzeitig fiel er mit Nebentätigkeiten auf, etwa im Aufsichtsrat der Sfirion AG, die Dieselkraftwerke und Windparks baut.

Lars Rohwer Foto: Imago

Der 2021 in den Bundestag gewählte Lars Rohwer sitzt im Aufsichtsrat des Braunkohlekonzerns Lausitz Energie Bergbau AG, was ihm gut 10.000 Euro in diesem Jahr einbringt. Im Bundestag sagte er: „Die aktuellen Pläne zum massiven Ausbau von Windkraftanlagen und Photovoltaik machen unsere Netze kaputt.“

2008 wechselte die Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel und Staatsministerin Hildegard Müller an die Spitze des Lobbyverbandes der Energiewirtschaft. Dort kreierte sie die Kampagne „Energie ist nicht schwarz-weiß“, um ein gesellschaftliches Klima zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu kreieren. 2016 wechselte Müller zu RWE, seit 2020 ist sie oberste Autolobbyistin – Präsidentin des „Verbands der Automobilindustrie“. Dafür erhält sie ein Jahressalär von 1 Million Euro, mehr als doppelt so viel, wie einst die Kanzlerin bekam.

Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende Westenergie und Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates Foto: dpa

Einen ähnlichen Weg ging Katherina Reiche. Die Brandenburgerin hat von 2009 bis 2015 als parlamentarische Staatssekretärin die Klimapolitik entscheidend mitgeprägt, bis 2013 im Umweltministerium, bis 2015 im Verkehrsministerium. Im Bundestag erklärte sie 2009 zu den europäischen Klimaschutzzielen im Verkehr: „Brüssel hat die Hersteller von Kleinwagen ganz klar bevorteilt. Die deutschen Hersteller hätten die Hauptlast getragen. Das war nicht Klimapolitik, das war ganz klar Industriepolitik zu Lasten Deutschlands.“ Heute ist sie Managerin beim einstigen Kohlekonzern Eon, wo sie die 100-prozentige Tochter „Westenergie“ leitet, mit knapp 10.000 Mitarbeitern.

Thomas Rachel Foto: Imago

Mitglied des Zukunftsrates der „Westenergie“ ist seit 1. April der CDU-Abgeordnete Thomas Rachel, von 2005 bis 2021 parlamentarischer Staatssekretär im Forschungsministerium und damit langjähriger Kabinettskollege von Reiche. Als solcher hat er 860 Millionen Euro für die Wasserstoff-Modellregion im Rheinischen Revier freigegeben, also dort, wo die Kunden von Reiches „Westenergie“ leben. Vor seiner Zeit als Politiker war Rachel 12 Jahre lang Lobbyist bei der Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Ebenfalls Staatssekretär (Verteidigung) war Friedbert Pflüger, heute ist er Aufsichtsrat bei „Zukunft Gas“ – der „Stimme der Gas- und Wasserstoffwirtschaft“. Der ehemalige Oppositionsführer im Land Berlin hat 2009 eine Beratungsfirma namens Pflüger International GmbH gegründet und den Bau der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 „kommunikativ“ begleitet. Lobbycontrol nennt Pflüger eine Art „Spin-Doktor“ der deutschen Gaspolitik.

Jens Koeppen (CDU) Foto: Imago

Der Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen saß in einer Kommission der schwarz-roten Bundesregierung, die mehrAkzeptanz beim Ausbau von Erneuerbaren organisieren sollte. Koeppen will bundesweit die 10-H-Regel durchsetzen, die bislang nur in Bayern gilt: 200 Meter hohe Anlagen müssten dann zwei Kilometer Abstand zur nächsten Wohnbebauung halten – was den Ausbau der Windkraft im dichtbesiedelten Deutschland beenden würde. Den Kohleausstieg hat Koeppen im Bundestag abgelehnt.

Marie-Luise Dött (CDU) Foto: Imago

Marie-Luise Dött war lange umweltpolitische Sprecherin der Union im Bundestag. Sie komme aus der Wirtschaft und habe die Umweltpolitik gewählt, um „Schlimmeres zu vermeiden“, sagt sie über sich selbst. Den Begriff „Ersatzreligion“ verwendet sie „zur Charakterisierung derjenigen, die versuchen, dem Klimaschutz ein Politikprimat zu geben“. Seit 1995 ist Dött Vorständin in jener Mittelstands- und Wirtschaftsunion MIT, in der auch Carsten Linnemann gegen den Ausbau der Erneuerbaren kämpfte. Aufgefallen mit einem Gesetzentwurf für Umwelt- oder Klimaschutz ist Dött nie.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Mir wird schlecht!

  • Die Frage ist doch warum macht die CDU das ? Geht es hier wirklich um persönliche Vorteilsnahme oder um Geopolitik von der ich recht wenig in der TAz lese. Der Umstieg auf Erneuerebare Energie macht fossile Energie günstiger (Angebot+Nachfrage). Profitieren wird die Industrie davon. Rohstoffverkäufer haben immer weniger Macht als die Konzerne am Ende der Wertschöpfungskette. Die USA dominieren hier mit ihrern digitalen Konzernen und wollen das auch weiterhin. Das Bevölkerungswachstum in Afrika und Asien wird weiter dafür sorgen, dass genug Umwelt vernichtet wird...

  • Umwelt(ver)sprecherin



    CDU.



    Das sind klare Tatsachen, die für sich sprechen.



    Danke für diese sehr interessanten Informationen!

  • ...wie , und die bleiben alle Straffrei ?

  • Monica Griefhahn ehemals SPD und Mitgled bei Greenpeace wechselte zu AIDA Kreuzfahrtflotte.

    Politik ist anscheinend das Sprungbrett zum Geldschaufeln. Politische ursprüngliche Arbeit Nebensache.

  • Korruption in Reinkultur.



    Strafbar in Deutschland? Nö.

  • 6G
    678409 (Profil gelöscht)

    Keine wirkliche Überraschung.

    Vielleicht sollte den christlichen Parteien mal jemand folgendes sagen: In ihrer Bibel sind christliche Gläubige dazu aufgerufen, die Schöpfung und damit die Natur zu bewahren. Der Umweltschutz ist auch für sie also schon ein sehr alter Auftrag.

    Offensichtlich sind das alles nur Scheinchristen in der Union.

    • @678409 (Profil gelöscht):

      .. Sünden kann der Christ doch beichten - ihm wird für ein paar Rosenkreuze fix vergeben, & lustig geht es heiter - weiter...

      • 6G
        678409 (Profil gelöscht)
        @Alex_der_Wunderer:

        Ja, ich überlege, ob man nicht ein Startup gründen sollte, dass Ablassbriefe verkauft. Wäre wahrscheinlich ein super Geschäftsmodell in Bayern. 😉 Die AGD von Storch, die ja auch eine bekennende Christin ist, könnte sich auch gleich wieder freikaufen.

  • Es ist ein Gerücht, das es keine Korruption sei, wenn das Geld hinterher gezahlt wird. Leider glauben dies auch die Richter und Staatsanwälte, vom Gesetzgeber ganz zu schweigen... - ach ja, das sind ja die geschmierten.



    Keine Parteispenden von Firmen, keine Aufsichtratsposten an Politiker, egal in welchem Amt, keine Nebentätigkeiten von Abgeordneten, auch nicht bei Juristen. Die müssen sich entscheiden. Auf zwei Hochzeiten tanzen geht nicht.



    Und gegen 'Abgeordnetenarmut' hilft das Übergangsgeld.

    • 6G
      678409 (Profil gelöscht)
      @Jemandzuhause:

      Unterstütze ich. Und erweitere ich um folgenden Punkt: wenn ein Abgeordneter sein Mandat aufgibt, dann wird dieser erst mal für ein Zeitraum von X Tagen für Tätigkeiten in Lobbyverbänden usw. gesperrt. In der Industrie gibt es solche Klauseln ja auch.