Abhöraktion bei der „Letzten Generation“: Rücksichtslos und illegal

Das Pressetelefon der „Letzten Generation“ wurde abgehört. Das macht selbst nach der impliziten Logik der Er­mitt­le­r:in­nen keinen Sinn.

Klimaaktivisten der Lezten Generation sitzen auf einer Straße, vor sich sind die Ziffern 6 und 7 mit Kreide auf den Asphalt gemalt

Bloße Straßenblockaden reichen noch nicht für eine konspirative Struktur Foto: Kay Nietfeld/dpa

Schon lange vor den Durchsuchungen bei Mitgliedern der Letzten Generation (LG) im Mai ließ das Bayerische Landeskriminalamt Telefonanschlüsse überwachen, inklusive des Pressetelefons der Gruppe. Das war zumindest teilweise illegal und zeigt, mit welcher Rücksichtslosigkeit die bayerische Justiz vorgeht.

Es ging um 12 private Mobiltelefone und das Pressetelefon der Letzten Generation, einen Berliner Festnetzanschluss. Das Amtsgericht München hat die Aktion vorab abgesegnet und mindestens einmal verlängert, so die Süddeutsche Zeitung. Die Anschlüsse wurden vom 13. Oktober bis zum 26. April überwacht, vielleicht auch noch heute. Die Überwachung ist Teil des Ermittlungsverfahrens gegen die LG-Mitglieder als „kriminelle Vereinigung“. Dabei wollen die Er­mitt­le­r:in­nen vor allem die Finanzierung der Gruppe unterbinden. Im Mai wurden bereits die LG-Spendenkonten als „Tatmittel“ beschlagnahmt.

Weil das Amtsgericht München immer wieder die „konspirative“ Struktur der LG beton, mag es noch vertretbar sein, die Mobiltelefone wichtiger Ak­ti­vis­t:in­nen zu überwachen, um zum Beispiel herauszufinden, wer die bisher unbekannten Mitglieder LG-“Kernteams“ sind, das die strategischen Entscheidungen trifft. Beim Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung ist so etwas möglich, bei bloßen Straßenblockaden nicht.

Wie aber sieht es mit der Überwachung des Pressetelefons aus? Hier sind ja unweigerlich auch völlig unbeteiligte Jour­na­lis­t:in­nen betroffen. Laut Strafprozessordnung ist deshalb die Verhältnismäßigkeit besonders streng zu prüfen. Die ist zwar angesichts der oft brachialen Rhetorik der Letzten Generation nicht von vornherein zu verneinen. Doch das Abhören des Pressetelefons macht selbst nach der impliziten Logik der Er­mitt­le­r:in­nen keinen Sinn. Eine konspirative Gruppe teilt ihre internen Draht­zie­he­r:in­nen ganz sicher nicht der Presse mit. Das Abhören des Pressetelefons war also abwegig und daher unverhältnismäßig und illegal.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.