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Anwältin Stella Assange über Ehemann„Julian kämpft ums Überleben“

Seit vier Jahren ist Wikileaks-Gründer Julian Assange in England im Gefängnis. Seine Anwältin und Ehefrau Stella Assange über die verheerenden Haftbedingungen.

„Julian ist ein politischer Gefangener“: Stella Assange bei einer Demo in London im April 2022 Foto: Tom Nicholson/reuters
Interview von Rob Savelberg

taz: Heute jährt sich die Verhaftung von Ihrem Ehemann, Julian Assange, zum vierten Mal. Wie war seine Stimmung, als Sie ihn das letzte Mal gesehen haben?

Stella Assange: Er kämpft um sein Überleben. Er befindet sich seit vier Jahren in einer Hochsicherheitseinrichtung in Belmarsh. Ohne verurteilt worden zu sein. Und auch im Vereinigten Königreich wurde er noch nicht angeklagt. Er ist in Auslieferungshaft, die von den USA beantragt wurde. Ohne Enddatum.

Wie oft können Sie ihn derzeit in London sehen?

Ein- bis zweimal pro Woche. Es ist das strengste Gefängnis in Großbritannien. Es gibt unterschiedliche Rangordnungen. Aber diesem Gefängnis mangelt es an Geld, Personal und Ausrüstung. Es ist einfacher, jeden als gefährlichen Kriminellen zu behandeln. Auf dem Papier hat Julian bestimmte Rechte. Zum Beispiel, jeden Tag Besuch zu empfangen. Und in Untersuchungshaft zu arbeiten. Aber in Wirklichkeit wird er wie ein Sträfling behandelt. Er hat die Einschränkungen eines Schwerverbrechers.

Wie kann man sich seinen Alltag im Gefängnis vorstellen, wie groß ist beispielsweise seine Zelle?

Sie ist drei mal zwei Meter groß. Er muss mindestens 20 Stunden pro Tag in der Zelle bleiben. Besucher dürfen 75 Minuten bleiben. Die Häftlinge dürfen höchstens eine Stunde lang nach draußen. Dann muss er sich Essen holen und es in der Zelle alleine essen. Alle paar Tage darf er duschen. Es gibt einen gemeinsamen Fernsehraum, und er erhält Bücher. Jeden Tag darf er telefonieren. Es gibt einen Computer, aber ohne Internet- oder Schreibfunktion. Eine Art pdf-Reader. Einmal in vier Jahren durfte er ins Fitnessstudio gehen. Und einmal zum Fußballspielen, als der Minister zu Besuch kam.

Vor einem Jahr haben Sie Assange im Gefängnis geheiratet. Sie haben zwei gemeinsame Kinder. Wie ist das für sie, dass ihr Vater so lange im Gefängnis sitzt?

Es ist hart. Sie sind jetzt vier und fünf. Aber wir machen es so positiv und lustig wie möglich. Sie sind alt genug, um Erinnerungen zu entwickeln. Und wir wissen nicht, wie lange wir zusammen sein können. Denn Julian könnte innerhalb weniger Wochen abgeschoben werden.

Dann müssten Sie ihn in den USA treffen.

In den USA wird er in extremer Isolation leben. Wir würden ihn nur einmal im Monat sehen.

Wie unterscheiden sich die Gefängnisse in den USA von denen im Vereinigten Königreich?

In den USA sind jeden Tag achtzigtausend Menschen in ständiger Isolation. Das kommt oft vor, und das ist laut UNO Folter. Die Bedingungen sind schrecklich. Es gibt medizinische Informationen aus der Auslieferungsanhörung, dass Julians Leben in den USA ­enden wird.

Wie das?

Es wird dazu führen, dass er Suizid begeht. In Großbritannien kann er mich und seine Kinder empfangen und sich gegen die Auslieferung wehren. Hier ist er nicht zu ­einer schrecklichen Hölle verdammt.

Ihr Mann wird seit vier Jahren in Großbritannien festgehalten, davor war er lange in der ecuadorianischen Botschaft mit politischem Asyl und konnte nicht nach draußen gehen. Warum ist er weiterhin inhaftiert?

Julian ist ein politischer Gefangener. Und er bleibt so lange im Gefängnis, wenn verschiedene Länder damit weiter durchkommen. Meine Familienmitglieder und ich sprechen mit der Presse und finden das inakzeptabel. Kein demokratisches oder freies Land steckt Menschen für ihre Ideen oder die Veröffentlichung der Wahrheit ins Gefängnis.

Er hat über Kriegsverbrechen im Irak, in Afghanistan und in Guantanamo Bay berichtet. Warum ist das den USA und Großbritannien ein Dorn im Auge?

Weil er aufgedeckt hat, was sie falsch gemacht haben. Und dann wird ein bekannter Trick angewandt: Man lenkt von den eigenen Verbrechen ab und gibt dem Messenger die Schuld. Natürlich sollten die Vereinigten Staaten Personen strafrechtlich verfolgen, die für das US-Militär arbeiteten und die zwei Reuters-Reporter und zehn weitere Zivilisten aus einem Hubschrauber heraus töteten. Diese Kriegsverbrechen konnten auf Videobeweisen von einer Straße in Bagdad aus beobachtet werden. Die einzige Person, die für die Veröffentlichung von US-Kriegsverbrechen an abertausenden irakischen Zivilisten ins Gefängnis kam, war Julian Assange.

Kürzlich haben sich führende Tageszeitungen aus aller Welt öffentlich Sorgen um Julian Assange gemacht. Hat sich die Unterstützung für Ihren Ehemann in letzter Zeit verändert?

Es gibt einen großen Unterschied. Es gibt eine Menge Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty Interna­tio­nal, Human Rights Watch und Reporter ohne Grenzen. Dem Europarat, von dem UN-Hochkommissar. Und von Staatsoberhäuptern, wie denen von Mexiko und Brasilien. Der australische Premierminister hält Ju­lians Haftzeit nun für zu lang. Genug ist genug, sagte er. Der Premierminister sieht nicht ein, wozu das alles gut sein soll. Julian sollte freigelassen werden.

Glauben Sie, dass die Pressefreiheit gefährdet ist?

Die Pressefreiheit ist immer in Gefahr. Die Zeitungen haben nur langsam herausgefunden, was Julian eigentlich vorgeworfen wurde. Und die Trump-Administration hat dem Espionage Act neues Leben eingehaucht. Dieser gilt nun für den Empfang, den Besitz und die Weitergabe von Verschlusssachen an die Öffentlichkeit. Das wird jetzt als Verbrechen betrachtet.

Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1917.

Ja, und es war absichtlich vage formuliert. Tatsächlich hatte die Regierung es nie gegen die Presse eingesetzt. Bis Präsident Obama es aggressiv gegen die Quellen von Journalisten einsetzte, gegen Whistleblower wie Chelsea Manning und Edward Snowden. Aber nicht gegen Julian Assange und Wikileaks. Selbst während des Kalten Kriegs, als geheime Verteidigungsinformationen an die Öffentlichkeit gelangten, war dieses Gesetz nicht angewandt worden. Präsident Trump jedoch wollte die Presse auf diese Weise angreifen.

Im Interview: Stella Assange

Die Menschenrechtsanwältin kämpft für die Freilassung ihres Ehemanns Julian Assange. Mit dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks hat sie zwei Kinder, die ihren Vater noch nie in Freiheit gesehen haben.

Es geht um den Unterschied zwischen Whistleblowern und Verlegern.

Ja. Ein Teil der Verwirrung und Unklarheit besteht darin, dass Wikileaks und Julian als Whistleblower angesehen wurden. Er ist kein Hinweisgeber, kein Insider, sondern ein Verleger. Er hat Informationen von Whistleblowern erhalten. Das ist der Kern des journalistischen Geschäfts, Informationen zu veröffentlichen, wenn sie wichtig sind. Die konzeptionelle Faulheit, Julian als Whistleblower zu sehen, seine Aktivitäten als ununterscheidbar von anderen Medien zu betrachten, hat dazu geführt, dass sein Fall missverstanden wurde.

Wie meinen Sie das?

Es wurde angenommen, dass Julian des Whistleblowings beschuldigt wird. Das ist er aber nicht. Er ist als Verleger angeklagt worden. Aus diesem Grund haben Le Monde, The Guardian und The New York Times vor kurzem eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Darin erklären sie, dass das Verfahren gegen Wikileaks ein Verfahren gegen die Presse und die journalistische Tätigkeit ist. Die US-Regierung betrachtet die Kommunikation mit solchen Hinweisgebern als Verschwörung.

Stella Assange beim taz lab

Beim taz lab am 22. April reden Stella Assange und Julians Freund Andy Müller-Maguhn in einer Veranstaltung der taz Panter Stiftung um 9 Uhr über den Stand im Kampf um die Freiheit des Whistleblowers. Tickets gibt's hier.

Wie wird es weitergehen?

Wir warten im Vereinigten Königreich ab, ob der High Court eine Berufung zulässt. Danach gibt es noch den Obersten Gerichtshof und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Aber nach dem Brexit ist unklar, ob das Vereinigte Königreich diesen Gerichtshof noch akzeptieren wird. Auf dem europäischen Kontinent gibt es mehr Rechtsverständnis.

Sie brauchen politische Verbündete, um Ihrem Mann zu helfen. Was ist Ihr Plan?

Ich finde es leicht, Verbündete zu finden. Denn Julian steht für demokratische Grundbedingungen. Die freie Presse, die Missstände anprangert, die Regierungen beobachtet, wenn Verbrechen begangen werden, die Beweise der Opfer zeigt. Er hat Missbrauch und Folter ertragen. Was er getan hat, war ein Ausdruck von Demokratie und Pressefreiheit in Reinkultur. Die Gegenreaktion gegen ihn ist das Gegenteil. Es ist nicht so, dass wir uns mit ihm zusammensetzen können und dann wird alles wieder normal. Nein, der Fall von Julian ist ein Präzedenzfall. Jeder muss sich damit auseinandersetzen. Es ist ein neues Paradigma­: Man kann jemanden ins Gefängnis werfen, wenn er die Wahrheit aufdeckt. Wenn er Informationen veröffentlicht, die zeigen, dass der Staat seine Macht missbraucht.

Der ehemalige CIA-Chef Mike Pompeo sieht Wikileaks als Staatsfeind.

Jetzt wird er in der CIA, im nationalen Sicherheitsrat und in der Regierung nicht mehr ernst genommen. Pompeo hat angeblich Pläne gemacht, Julian zu entführen und zu töten. Aber dazu kam es nicht, weil es Gegen­kräfte gab, auch in der Trump-Administration. Die sagten, das sei geistesgestört. In allen amerikanischen Regierungen war dies sehr umstritten und unpopulär.

Muss sich die Regierung Biden zu diesem Fall positionieren?

Ja, in der Tat. Denn dieser Fall stellt eine wichtige Veränderung in den USA dar. Es gab einen Konsens über die Pressefreiheit. Aber jetzt gibt es Präzedenzfälle, und man darf nicht vergessen: Die USA sind eine Supermacht. Aber es gab wichtige Schutzmechanismen für die Presse- und Meinungsfreiheit. Dieser Fall reißt ein großes Loch in den Ersten Verfassungszusatz. Bidens Regierung muss sich entscheiden, ob sie der Trump-Linie folgt und die Pressefreiheit untergräbt, oder der Obama-Linie, bei der die Presse nicht geknebelt wird. Aber jetzt stehen Wahlen an, und die Dinge laufen nicht gut für die Demokraten. Dieser Fall wird immer als Druckmittel eingesetzt werden. Die Existenz dieses Falles hängt wie ein Damoklesschwert über der Presse.

Was ist die Konsequenz?

Schon jetzt sagen Anwälte den Medien, wenn es um sensibles Material von Whistleblowern geht: Ihr könnt das nicht veröffentlichen. Kümmert euch einfach um den Fall Assange. Sie riskieren eine Gefängnisstrafe oder teure Gerichtsverfahren. Das ist das neue Umfeld für die Presse, in dem wir leben.

Passiert das bereits oder ist es nur eine Drohung?

Die Existenz der neuen Vorschriften, die eine Anklage wegen einer Veröffentlichung vorsehen, ist eine Bedrohung. Jeder Verleger muss eine Risikoanalyse machen, ob es sich lohnt. Das bestimmt die Entscheidungen in den Redaktionen.

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46 Kommentare

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  • > Spätestens ab da hat Assange sich sein Schicksal in meinen Augen redlich verdient.

    in den USA bedeutet Demokratie, "der Feind meines Feindes ..." Mehr ist ja auch nicht drin, wenn es systembedingt nur 2 Kandidaten/Parteien gibt.

    Assange hat da dem Falschen ans Bein gepisst, und das zur falschen Zeit = Stab gebrochen, der darf ruhig in Isolationshaft beenden, was sich so "Leben" schimpft?

    ok, soviel mal zu "Demokratie & Freiheit".

    PS. ob Clinton besser gewesen wäre, wissen wir nicht mal.

  • Man kann sich trefflich über die Kriegsverbrechen der USA auslassen, weil man dabei so schön auf olle Kamellen wie Vietnam zurückgreifen kann.

    Fest steht aber dabei, dass es aus der Sicht der Demokratie und der Freiheit zu allen Zeiten richtig war, dem expansiven Pseudokommunismus des Ostens Einhalt zu gebieten, denn nicht erst heute zeigt sich, dass es sich um autokratische Regime handelte und handelt, die mit Kommunismus nichts am Hut haben. Und nicht erst heute zeigt sich auch, dass die sogenannten Imperialisten in Moskau und Peking saßen und sitzen.

    In diesen Autokratien sind wie man am Beispiel Russlands sieht Kriegsverbrechen staatlicherseits angeordnet und werden belohnt.

    Assange hat diesem Kampf gegen Autokratien einen Bärendienst erwiesen, nicht nur in dem er in den USA mit seine Leaks dem Autokraten Trump zur Macht verholfen hat.

    Spätestens ab da hat Assange sich sein Schicksal in meinen Augen redlich verdient.

  • taz: "Natürlich sollten die Vereinigten Staaten Personen strafrechtlich verfolgen, die für das US-Militär arbeiteten und die zwei Reuters-Reporter und zehn weitere Zivilisten aus einem Hubschrauber heraus töteten. Diese Kriegsverbrechen konnten auf Videobeweisen von einer Straße in Bagdad aus beobachtet werden."

    Wer ein Kriegsverbrecher ist, das bestimmen aber immer noch die USA; denn wer nicht nur über die größte Wirtschaftsmacht, sondern auch über die größte Militärmacht verfügt, der kann sich seine eigenen "Gesetze" machen und duldet auch keinen Widerspruch.

    In der Kabarettsendung *Die Anstalt* haben sich Sherlock Holmes und Dr. Watson den Fall 'Assange' aber einmal genauer angeschaut.

    ***Wie Julian Assange ein Kriegsverbrechen aufdeckte | Die Anstalt, 2020*** www.youtube.com/watch?v=SF_bP-tAyeU

  • Ich möchte daran erinnern, dass Julian Assange 2012 von Russia Today eine Fernsehsendung bekam, in der er in 12 halbstündigen Sendungen seine conspiracy of the state-Vorstellungen mitteilte. „In der ersten Folge seiner Sendung begrüßte Assange Mitte April 2012 den libanesischen Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah im Video-Chat.“ de.wikipedia.org/wiki/Julian_Assange



    Genau deshalb waren 2011ff zu Zeiten von Occupy Wall Street und "Goldman Sachs-Deal mit Griechenland löste Eurokrise aus" (DWN 2012) der Großteil der Anhänger Assanges 9-11-Truther: die Vorstellung von der Verschwörung der Herrschaft, des Westens gegen die Welt und die Überwachung, um gegen uns Krieg zu führen.



    Diese Vorstellungen sind bis heute präsent und gehen m.E. in die Weltsicht der Corona-Rebellen ein.



    Luke Harding, einer der von Assange-Anhängern besonders Beschuldigten, zeigte, wie nach einer editierten Veröffentlichung zu Militärpolitiken der USA, Assange eine uneditierte Version veröffentlichte, die somit seine InformantInnen gefährdete.



    Genau dieses Verhalten führte zur Festnahme von Chelsea Manning.

  • Die relativ neue Mitte-Links-Regierung Australiens hat endlich den Mut, sich bei den Brit:innen für Assange einzusetzen und ihm die Heimreise zu ermöglichen - ohne ihn an die USA ausliefern zu wollen. Und das nach über 10 Jahren Verfolgung.

  • 6G
    663803 (Profil gelöscht)

    es gab eine Zeit da konnten Politiker und Mächtige noch sagen: `das mit den Durchstechereien muß aufhören`..... inzwischen gibt es soviel Möglichkeiten sich zu informieren, dass selbst so mancher Geheimdienst nicht genau weiß welcher Teil an Desinformation eine Kampagne eines anderen Landes ist ..... Ich sehe nicht inwiefern Bellingcat sehr viel anders vorgeht als Assange es tat .... er wählte regelmäßiger die Form der Publikation, was eher der Zeit und der damaligen digitalen Möglichkeiten geschuldet ist. Vermutlich hätte er sich spätestens 2015 entscheiden müssen wie er seine Firma weiterhin aufstellen möchte, was eine fiktive Überlegung ist, da er da bereits 3 Jahre in einer Botschaft weilte.

  • Edward Snowden würde gerne politisches Asyl in Deutschland erhalten. Sicher auch Assange.



    Politisch rührt sich in Deutschland trotz weltweiter Ehrungen für Snowden und Assange nichts.



    Baerbock, die mit ihrer feministischen Außenpolitik frischen Wind in die verkrusteten Strukturen der Außenpolitik bringt, knickte in ihrem politischen Engagement im Fall Assange ein, sobald sie an der Macht war.



    Sie richtet sich nach der Entscheidung der Bundesregierung aus dem Jahr 2014, die eine Einreise von Snowden nach Deutschland aufgrund von Asyl ausgeschlossen hatte. Offiziell, um das Staatswohl nicht zu gefährden. In einem laut Deutschlandfunk geleakten Regierungsgutachten steht der wohl wahre Grund: das Verhältnis zu den USA wäre dadurch sehr wahrscheinlich schwer und dauerhaft belastet.

    Die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel verdankt Snowden erfahren zu haben, dass sie von den USA auf dem Handy abgehört wurde.



    Kein Dank und keine Hilfe für Snowden bisher von Merkel für Snowden, der u. a. für sie Freiheit und lebenslanges Gefängnis riskierte.



    Snowden wäre schon lange in US-Haft, wenn er nicht in Russland Asyl erhalten hätte.



    Christian Lindner erinnert regelmäßig auf Twitter an den in Russland inhaftierten Nawalny.



    Das ist Lindner hoch anzurechnen.



    Doch Snowden und Assange werden von ihm niemals ein derartige politische Unterstützung erhalten!

    Denn fast alle westlichen Demokratien halten sich zu den Fällen Snowden und Assange bedeckt, obwohl sie massives Unrecht der USA aufdeckten.

    Es dürfte China und Russland leicht fallen, diese politische westliche Doppelmoral anzuprangern, wenn z. B. autoritäre afrikanische und asiatische Staaten Zweifel am Vorbild westlicher Demokratien haben und darüber nachdenken, sich lieber China und Russland stärker politisch zuzuwenden.

    Gäbe es heute Dichter vom Format Schillers oder Heines, würden deren Theaterstücke über Snowden und Assange längst auf allen Bühnen aufgeführt. Doch dem ist nicht so. Warum?

    • @Lindenberg:

      Wären Snowden und Assange Russen, wären sie schon lange tot. Die Frage wäre nur: Polonium, Blei oder Fenstersturz?

      • @Suryo:

        Vielleicht, wahrscheinlich aber weniger als 175 Jahre Gefängnis. Das politische Gefangene in USA (einschl. Guantanamo) besser behandelt werden als in Russland halte ich für ein Gerücht.

        • @paul meder:

          Gerade Sie halten sich doch sonst nicht viel mit Fakten auf (siehe Russland), was haben Sie da gegen Gerüchte?

      • 6G
        663803 (Profil gelöscht)
        @Suryo:

        Wäre Assange in Australien geblieben, was hätte Australien getan? Warum läßt UK ihn nicht zurück in sein Land Reisen.

      • 6G
        663803 (Profil gelöscht)
        @Suryo:

        Wären die beiden Russen hätten sie eine andere Form der Öffentlichwirksamkeit gewählt; Snowden ging es um Fehlentwicklungen innerhalb einer Behörde die dazu verpflichtet ist den größten Teil seiner Arbeit geheim zu halten. Assange wollte Fehlferhalten und Vertuschung bzgl. Kriegshandlungen der Amerikaner aufdecken und hinterfragen. Die Kurzintervention Krieg im Irak war auf Grund einer Lüge vor der UNO herbeigeführt worden und der US Außenminister Powell war resolut und fordernd, aber nicht überzeugend für die Mitglieder des UN-Rates. No boots on the ground war eine wichtige Bedingung. Im übrigen hat Powell später zugegeben, das dieser Auftritt bzw. Rede vor der UN nicht richtig war.

      • @Suryo:

        Sind sie aber nicht, Russen. Von daher sollten wir Assange und Snowden doch gemäß unserer ständig betonten überlegenen Moral behandeln, oder nicht?

        • @resto:

          Es stand Assange doch jederzeit frei, sich einem fairen Gerichtsverfahren zu stellen. Aus irgendeinem Grund hat der Mann, der meint, dass afghanische Informanten den Tod verdient hätten, aber keine Lust, seinen Heroismus auch auf die Konsequenzen seines Handelns auszudehnen. Was meinte er denn, was passieren würde? Aussetzung der geltenden Gesetze für ihn? So wünschenswert das wäre, es war und ist einfach nicht die Rechtslage.

        • @resto:

          Wer ist wir?

  • Besten Dank an die taz für dieses Interview, in den anderen Medien wird dieses Thema fast totgeschwiegen.

    Noch schlimmer finde ich dass kein Regierungschef des Wertewesten sich für die Freilassung von Assange einsetzt.

    Die Angst vor den Amerikanern muss sehr gross sein, traurig aber wahr.

  • „Und die Trump-Administration hat dem Espionage Act neues Leben eingehaucht. Dieser gilt nun für den Empfang, den Besitz und die Weitergabe von Verschlusssachen an die Öffentlichkeit. Das wird jetzt als Verbrechen betrachtet.“

    Ironie der Geschichte - Wikileaks hat bekanntlich im Auftrag des russischen Geheimdienstes massiv Trump geholfen, als es kompromittierende Informationen über Hillary Clinton veröffentlichte.

    • @Suryo:

      Assange wird seit 2012 von verschieden amerikanischen Präsidenten gejagt. Da war an die Kandidatur Trumps noch nicht zu denken. Er brauchte also bestimmt keine Aufträge aus Moskau, um Daten im amerikanischen Wahlkampf zu veröffentlichen.

      Und was hat er veröffentlicht? Mails die zeigten, dass Frau Clinton ihre Wähler belügt. Hätte sie sie nicht geschrieben, wäre alles gut gewesen. Es ist schon interessant, dass in den Augen mancher Mittbürger nicht die die Bösen sind, die Verbrechen begehen und lügen, sondern die, es aufdecken.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Okay, Clinton hatte gelogen.

        Und deswegen hilft man lieber Trump? Mittels Infos, die vom russischen Geheimdienst stammen?

        In welcher Wahnwelt ist das die logische oder gar noch moralischere Vorgehensweise?

        • @Suryo:

          "Mittels Infos, die vom russischen Geheimdienst stammen?"

          Woher wollen Sie das wissen?

          Und ja. Es ist Aufgabe von Journalisten, es öffentlich zu machen, wenn ihnen bekannt wird, dass Politiker gelogen haben. Egal wo die Information herstammt. Sonst brauchen wir keinen Journalismus. Dann können wir auch auf Propaganda a la Putin umschalten.

          Assange hat einfach nur seine Arbeit gemacht. Verfolgt wird er aber nicht wegen der Wahl. Verfolgt wurde er schon vorher wegen der Veröffentlichungen über US-Verbrechen im Irak.

          "... auch nur atemberaubende moralische Kälte von Ihnen mitbekommen."

          Dito.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Wer soll's denn sonst gewesen sein?

            Russland selbst brüstet sich doch damit. Erinnern Sie sich noch an die stehenden Ovationen in der Duma, nachdem die Nachricht vom Wahlsieg Trumps eintraf? Da applaudierte man dem russischen Geheimdienst.

    • 6G
      663803 (Profil gelöscht)
      @Suryo:

      Ich bin heute noch sprachlos und mir stockt der Atem wenn ich über den Lebensverlauf von Manning lese---- Er inzwischen Sie hat auf Fehlentwicklungen hingewiesen und wurde an den Pranger gestellt, weil zu viele andere an dieser falschen Vorgehensweise verdienen wollten. Wenn Personen, die ihre Reputation gefährdet sehen, weil sie ebenso wie ihre gesellschaftlichen Vorteile heilig sind wird es zermürbend und einsam um einen und gleichzeitig bläst einem sehr strenger und kalter Wind ums Gesicht.

    • 6G
      663803 (Profil gelöscht)
      @Suryo:

      wenn zwei das gleiche tun ist es nicht das selbe ---- Obama hat zwei Personen im militärischen Dienst der Gerichtsbarkeit überstellt und zum Ende seiner Amtszeit mit einem Erlaß die Haftbedingungen für beide gemildert (wenn ich mich richtig erinnere). Die Verbindungen und Handlungsweisen von Trump zur Presse waren schon immer schmutziger und subversiver, viele haben oft den Sprachgebrauch gewählt: das ist PR die ihm nutzen soll ---- das Trump ins Weiße Haus einziehen konnte war ein Fehler in der amerikanischen Geschichte

      • @663803 (Profil gelöscht):

        Ja, und diesen Fehler kann man eben auch Wikileaks anlasten, das Trump massive Wahlkampfhilfe geleistet hatte ("Her emails!" Lock her up!"). Und das auch noch, in dem es sich zum nützlichen Idioten des faschistoiden Russlands machte.

        Im übrigen habe ich sämtliche persönliche Sympathien für Assange verloren, als er damals - der Guardian bezeugt es - nicht die geringsten Probleme damit hatte, dass afghanische Informanten in Lebensgefahr gebracht wurden: "Das sind Kollaborateure, die haben [den Tod] verdient."

        Warum genau soll man mit so einem eiskalten Egomanen, der offenbar in erster Linie die Welt brennen sehen will, Mitleid haben?

        • @Suryo:

          Was genau hatten die ausländischen Soldaten nochmal in Afghanistan zu erledigen, wie lange waren Diese dort, wieviele Tote hat dieser Einsatz gekostet und was waren die Erfolge des Einsatzes? Wieviele Zivilisten waren seit Herbst 2001 in Lebensgefahr (Drohnen, Kollateralschaden) z.T. weil afghanische Informanten falsche oder unvollständige Informationen weitergegeben hatten? Haben sie auch Probleme damit, das ukrainische Informanten Informationen an Russland weitergeben? Oder ist ein Informant nur schützenswert wenn er mit der richtigen Seite kollaboriert?

          • @paul meder:

            "Oder ist ein Informant nur schützenswert wenn er mit der richtigen Seite kollaboriert?"

            Ja, natürlich. Denn es gibt richtige und falsche Seiten.

            Vor allem in der Ukraine, aber Sie, "Paul Meder", stehen ja ausweislich Ihrer Kommentare auch eher auf Russlands Seite.

            • @Suryo:

              Und ihre Kommentare erinnern mich immer an Bild -Schlagzeilen.



              Ich stehe auch nicht " eher auf Russlands Seite" mir geht es "eher" um die vielen sinnlosen Opfer auf beiden Seiten. Ob Russe oder Ukrainer, die meisten jungen Menschen wollen eigentlich lieber leben als für ein Wertegeschwafel zu sterben. Frieden wäre möglich!

              • @paul meder:

                Alle Opfer dieses Krieges sind Russlands Schuld, denn es hat diesen Krieg ja angefangen.

                Unschuldig sind in erster Linie alle Ukrainer, und ganz besonders die Zivilisten.

                Sinnlos ist der Angriff der Russen, aber nicht die Verteidigung der Ukrainer.

            • @Suryo:

              Ihre Antwort ist leider genau so xxx wie die meisten Ihrer Kommentare. In Afghanistan wurden von der "richtigen" Seite schwere Verbrechen vollzogen!



              Die Anklage und die Androhung von 175 Jahren Haft gegen Assange ist ein massiver Angriff auf die Pressefreiheit.



              Die von Wikileaks in einem Video dokumentierten Morde (auch an Kindern!) wurden nie verfolgt und sind mit den Taten von Kopfabschneidern in Syrien und jetzt in der Ukraine zu vergleichen.

        • @Suryo:

          Danke für diesen Kontrapunkt zur allgemeinen Heldenverehrung.

  • Wenn es Julian Assange helfen würde, wirkungsvolle Worte in die Kommentarspalten zu schicken, dann würde ich das sofort tun.

    So aber kann ich auch nur rufen: Was einem Menschen durch Entzug seiner Freiheit über diese grausamen vier Jahre angetan wurde, das ist mehr als genug!

    Entlasst ihn endlich in Freiheit! Gefängnis erzieht nicht - es foltert und zerstört; besonders einen Menschen, der sich nichts vorzuwerfen hat, als der Wahrheit ans Licht zu verholfen zu haben. Er könnte einer Nation zu vielen Einsichten verhelfen, die daraus ein besseres Land machen könnten.

    Aber dazu braucht es Einsichten. Und diese scheinen zu fehlen.

    Deshalb übe ich mich in Solidarität - und schweige.

    • @noevil:

      Bravo 👏👏👏

  • Irgendwann wird er tot sein und bekommt ein Denkmal. Denn die Presse wird auch nach Jahren des Unrechts weiterhin betreten wegschauen statt ernsthaft Druck zu machen, und unser Außenministerium hat eh ganz andere Prioritäten. Westl. Länder, die sich sonst gerne Demokratien und Rechtsstaaten mit Pressefreiheit nennen, haben bereits enormen Schaden genommen durch den Fall. Jeder Aushilfsdiktator kann auf den Umgang mit Assange als Präzedenzfall verweisen. Ist die blinde Akzeptanz der USA-Agenda das wert? Um die großen "Freunde" nicht zu verärgern?

  • 6G
    669197 (Profil gelöscht)

    Die Wahrheit ist selten beliebt.

  • Zitat: "Tatsächlich hatte die Regierung es (das Gesetz von 1917) nie gegen die Presse eingesetzt. Bis Präsident Obama es aggressiv gegen die Quellen von Journalisten einsetzte..."

    Da also fing Assanges Unglück an! In mancher Beziehung hat Trump erstaunlich konsequent lediglich die Politik Obamas fortgeführt.

    Obama ist also schon alleine aufgrunddessen leider auch in keiner Beziehung ein guter Präsident gewesen. Wer in der Wiege der westlichen Demokratie so antidemokratisch regiert und dann noch zu "den Demokraten" gehört, der sollte sich eins schämen. Obama hat das Recht verloren, Trump schäl anzusehen.

    Und Biden? Blind für Alles außer die Ukraine? Oder mitschuld?

    • 6G
      663803 (Profil gelöscht)
      @Uwe Kulick:

      Die politische Großlage verträgt nicht mehr als zwei bis drei Brandherde …. Will heißen, es paßt jetzt nicht, dass solche Themen hochgekocht werden. Das mag man gut finden oder nicht, Einsatz für diese Einzelpersonen ist jetzt wohl am besten über Anwälte geboten. Man weiß ja wieviel Humanismus bei Politikern in der Regierung erhalten bleibt.

  • Wer sich zu Recht über die Festnahme Gershkovich' [1] aufregt, der sollte es auch über die Behandlung Assanges tun. Sonst wird es unglaubwürdig.

    [1] www.theguardian.co...all-street-journal

    • @tomás zerolo:

      Solange die EU-Kommission glaubt, die Behandlung Navalny's im Straflager oder die der Uiguren in Xinjiang kritisieren zu können, ohne sich um den Dreck vor der eigenen Haustüre zu kümmern, scheint in Brüssel ja alles gut zu sein. Man sieht sich auf der Seite der Guten...

      • @Grenzgänger:

        Umgekehrt wird erst recht ein Schuh draus: wer meint, man müsse erst Assange freilassen (er befindet sich übrigens nicht mehr in der EU), bevor man Chinas Quasigenozid kritisieren darf, der hat in Wahrheit nichts gegen Genozid.

        • @Suryo:

          Man muss in beiden Fällen gleich handeln. Sonst wird man nicht ernst genommen. Menschenrechte nicht nur einfordern, wenn es nützlich ist.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Das sagt ja die richtige.

            • @Suryo:

              Ja. Frau sollte eben nicht eindimensional denken. Einen "festen Standpunkt" von dem aus die Welt in schwarz und weiß geteilt wird, verlangte man in der DDR von den Menschen. In einer Demokratie sollte es anders sein.

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Es gibt richtig und falsch, schwarz und weiß, gut und böse.

                Sie versuchen sich, mittels einer falschen Neutralität als intellektuell und moralisch erhaben darzustellen. Bislang habe ich aber weder gute Faktenkenntnisse, noch logische Argumente und auch nur atemberaubende moralische Kälte von Ihnen mitbekommen. Sorry.

                • @Suryo:

                  "Es gibt richtig und falsch, schwarz und weiß, gut und böse."

                  Im Märchen. Im richtigen Leben liegt vieles dazwischen. Aber natürlich ist es anders einfacher. Und besonders einfach ist es, aus sicherer Entfernung mit den anderen Wölfen zu heulen.

    • 6G
      663803 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      in der Tat es mutet sehr irritierend an, dass ein reicher Staat mit westlichen Werten die gleiche Knute anwendet wie ein repressiver mit Veränderung zu diktatorischen Mitteln

      • @663803 (Profil gelöscht):

        In Russland wäre er schon längst "ge-Fensterstürzt" worden.

        Aber trotzdem, die immense Strafandrohung ist hier das Problem, anderenfalls hätte er sich längst einem Prozess stellen können. Er hat schon lange genug gesessen, selbst wenn man ihn für schuldig hielte...